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Notizen Religion und Muttersprache lautete das Thema eines wisseuschastlichen Preisausschreibens, das Iin Herbst 1928 vom Deutschen Institut für Auslandskunde (Münster) veranstal tet wurde. Nunmehr liegt das Ergebnis vor. Es sind im ganzen D2 Preisarbeiten cingelangt: die Verfasser stammen aus Deutsch land, Oesterreich, Jugoslawien, der Tsechaslowakei, Italien, Polen, Holland, Dänemark, Nordamerika, Brasilien und Süd afrika. Dem Berufe nach sind die Einreicher wissenschaftliche Forscher der verschiedensten Fachgebiete, Erzieher, Geistliche und Studenten. Dem Preisrichterkollegium, das seine Untersuchun gen bereits abgeschlossen hat, gehörten u. a. Univ.-Prof. Dr. I. Lukas (Münster), Univ.-Prof. Dompropft Dr. Mausbach (Mün ster), Univ-Prof. Dr. Georg Schreiber (Münster) und Univ.- Prof. Dr. Walter Schiicking (Kiel) an. Der erste Preis in Höhe van 3000 Mark wurde dem Dozenten an der Deutschen Hoch schule für Politik Dr. Theodor Grentrup (Berlin), der zweite Preis in Höhe von 2000 Mark dem Studenten cand. jur. et phtl. Raimund Meyer (Feldkirch, Vorarlberg), der dritte Preis in Höhe von 1000 Mark einem Einsender aus Jugoslawien zuer kannt. Dem holländischen Missionswissenschaftler Gregor van den Boom aus Breda sprach das Preisrichterkollegium einen Teilpreis in Höhe von 500 Mark zu. Anderen Einsendern wurde mit Rücksicht auf wertvolle Einzclabschnitte ihrer Arbeiten eine besondere Anerkennung, die von einer kleinen Geldzuwendung begleitet war, ausgesprochen. Das grohe Interesse, das dem Preisausschreiben begegnete, zeigt, wie aktuell die Themenstel lung war und wie sehr weite akademische Kreise sich um die Lösung der Probleme der konfessionellen und sprachlichen Min derheiten bemühen. Man darf die Veröffentlichung der preis gekrönten Arbeiten mit Spannung erwarten: vielleicht enthalten sie auch einige Fingerzeige für die politische Praxis. Die Leiden und Bedrückungen, denen konfessionelle und sprachliä>e Minori täten in so vielen europäischen Staaten ausgesetzt sind, würden es jedenfalls dringend notwendig erscheinen lassen, das) neue Ideen in die verknöcherte Minderheitenpolitik von heute Ein gang sinden. Das KardinalKolkegium besteht gegenwärtig aus 59 Mitgliedern. Verstorben sind im Jahre 19M acht Kardinäle: Perosi: Merry del Val; Arcoverde de Albuquerque Eavalcauti; Lucon: Vannutelli: Casanova h Marzol; Akistrangelo un- Charost. Dekan des Hl. Kollegiums ist der Kardinal-Bischof von Albano und Ostia Januarius Granito Pignatcllt di Bel mont« (IM bis 1904 Nuntius in Brüssel, 1904 bis 1911 Nun tius in Wien). Die Orden haben im Hl. Kollegium vertreten: 2. Benediktiner (Sörcdi, Schuster), 3 Dominikaner (Boggiani, Frühivirt, Rouleau), 1 Augustiner-Chorherr (Pisst), l Karmelit (Rossi), 1 Jesuit (Ehrle), 1 Redemptorist (van Rossum), 1 Sale sianer (Hlond), 1 Servil (Lepicier). Die Mehr,zahl stellen dies- mal die Nicht-Italiener (30), während die Italiener nur 20 Mit glieder zählen. Der älteste Kardinal ist derzeit Kardinal Früh wirt (85 Jahre alt), der jüngste der Patriarch von Lissabon Ccrejeira (42 Jahre alt). Sekretär der Kousistorial-Kongre- gotion ist Kardinal Rossi; Präfekt der Konzils-Kongregation Kardinal Sbarclti; Präsekt der Propaganda ist Kardinal van Rossum; Präsekt der NIten-Kougregatlon Kardinal Laurenti; Präkekt der Studien Kongregation Kardinal Bisletl. Im kom menden Frühjahr (März) erwartet man ein päpstliches Kon sistorium; wieviele neue Kardinäle kreiert, iver die Kandi daten sind, ist noch nicht bekannt. Kleine Leipziger (Lhronik ) Leipzigs Einwohnerzahl. Nach der Auszählung der Haushaltungsbogen der Perlonenstandsausnahme vom 12. Okto ber 1!>30, die »unmehr vollständig vorliegt, bclics sich die reine Wohnbevölkerung Leipzigs an dem genannten Tage auf 711191. die Gesamtbevölkerung cinschlietzlich der Anstaltsinsassen, der kasernierten Schutzpolizeibeamten der ledigen Reichswehr angehörigen auf 715 725. ) Ertappter Schausenstertieb. Am Sonntag früh ist cs ge lungen. einen Mann sestzunehmen, der das Schaufenster eines Sportartikelgeschästes in -er Universitätsstratze mit einem Pslasterstein eingeschlagen hatte. Der Täter hatte sich schon eine gan.ze Anzahl von Gegenständen aus der Auslage ungeeignet. Damit dürste wohl der lange gesuchte und viel gefürchtete Schau- senstereinbrccher sichergestcllt sein. ) Autobus gegen Strassenlaterne. An der Ecke der Wi- tenbcrger und Lothringer Strotze wurde ein Autobus infolge Zusammenjtopcs mit einem andern Krastivagen gegen «inen Laternenpfahl geschleudert, der zur Hälste abgebrochen wurde uns beim Sturz einen Kajsenbolen und eine Frau Irasen, die beide nicht unerheblich verletzt wurden. Der stark beschädigte Autobus mutzte abgeschleppt werden. Zur Parlamenlsresorm Löbes Vorschläge Verltn. 25. Januar. Reichstagspräsident Lobe verössentlicht heute im „Vorwärts" (Sir. 39) einen weiteren Aussatz, der sich mit der Reform unseres parlamentarischen Betriebes be- fatzt. In seinen heutigen Aussührungen erörtert er die Behandlung der Vertrauens- und Misstrau ensvoten und macht beachtenswerte Vorschläge sür eine endgültige Regelung. Die Behandlung dieser Anträge, die Reihenfolge ihrer Erledigung und der wiederholt gemachte Versuch, nicht ernstgemeinte Vertrauensanträgo zur Ab stimmung zu bringen, haben bisher immer wieder im Plenum des Reichstages zu lebhaften Auseinandersetzun gen geführt. Präsident Lobe hat also durchaus recht, wem» er sagt, datz hier durch die Geschäftsordnung klare Ver hältnisse geschaffen werden müssen. Präsident Lobe be saht sich vor altem mit den Fragen, die beim Vorliegen mehrerer Anträge — Mihtrauensanträge, Vertrauensan- träge oder sogenannte Villigungsvoten — immer wieder aufgeworfen nnd heftig umstritten werden. Er führt hier zu aus: „Dieser Streit kann meines Erachtens zur Befriedigung aller Teile geklärt werden, wenn die Geschäftsordnung folgende Grundsätze ausspricht: Klare Misstrauensvoten, die den Text des zweiten Satzes des Artikels 54 der Verfassung Wiederholen, kommen unter allen Umständen zu erst zur Abstimmung. Bei ihnen kann über Sinn und Folge kein Streit obwalten; sind sie angenommen, jo ist der Rücktritt der Regierung refp. des Ministers selbstverständlich. Begnügt sich die Opposition mit der Ablehnung der Miss trauensvoten nicht, oder wünschen andere Teile des vauscs eine Entscheidung über sogenannte positive Vertrauensvoten, oder liegen überhaupt nur solche Anträge und keine Misstrauens anträge vor so bezeichnet die Regierung den jenigen Antrag unter mehreren, von dessen Annahme sie ihr weiteres Verbleiben im Amt« abhängig macht, oder verlangt U eber gang zur Tagesordnung... Wenn sodann die Re gierung unter den Billigungs- und Vcrtrauensantriigcn dcn- senigen bezeichnet, von dessen Annahme sie ihr Verbleiben im Amte abhängig macht, oder Uebergang zur Tagesordnung ver langt. so ist zunächst erreicht, datz keine Gruppe einer klaren Entscheidung ausweicheu kann Jeder mann weik: dieser. Azztraa hält oder stürzt je. nach dem Ausfall der Abstimmung die vregierung, i«der Abgeoronere mug ,ny oa» kür oder dagegen erklären, mutz nachher das „Odium" tragen, die Regierung gehalten zu haben, wenn er entsprechend stimmt. Die Regierung, und damit die bisherige Mehrheit des Hauses, kann aber dadurch auch alle nicht ernstgemeinten Anträge bei- seit« schieben, indem sie die Entscheidung bei den anderen her« beisührt, die vorher zur Abstimmung kommen. Eine Entrechtung des Hauses oder der Opposition ist da mit nicht verbunden; denn jeder hat Gelegenheit, seine Stellung zu den verschiedenen Abstimmungen zu wählen. Er weis, auch vorher, datz diese Abstimmung die entscheidende ist. Im übri gen ist dieser Modus in den anderen grossen Ländern mit par lamentarischer Negierungssorm seit Jahrzehnten erprobt. In Frankreich zum Beispiel geht man diesen Weg noch weiter. Die Negierung stellt die Vertrauensfrage nicht nur bei dem Borliegen entsprechender Anträge, sondern knüpft sie an die verschiedensten sachlichen Abst Anungsentscheidungen, wenn sie ihr wichtig genug erscheinen. Sie „stellt die Vertrauensfrage" bei irgendeinem Etatstitel oder einem entscheidenden Para graphen des zur Beratung stehenden Gesetzes. Auch von Eng land haben wir erst dieser Tage gelesen, das, die Regierung ein« negativ ausgefallene Abstimmung — entgegen der all gemein übl'chen Gewohnheit — für nickt folgenschwer genug hielt, um daran Weiterungen wegen ihres Verbleibens zu knüpfen. Ich glaube deshalb, das, auch bei uns diese beiden kurzen Zusätze zu den betreffenden Bestimmungen der Geschäftsordnung den Streit um die „rechtmässige" und „unrechtmässige", die „verfassunasmätziae" nnd „verfassungswidrige" Regierung ons- riiumen könnten." Man kann diesen Ausführungen des Neichstags^äsi- denten nur zustimmen. Insbesondere verdient seine An regung Beachtung, datz die Reichsregierung beim Vorliegen mehrerer Vertrauens- und Villigungsanträge das Recht hat, von sich ans den Antrag zu bezeich nen, dessen Annahme ihr zur weiteren Geschäftsführung ausreichend erscheint. Wir haben schon anlässiich der hesliaen Gesihästsordnungs- debatten, die im Dezember im Reichstag um diese Frage stattsandcn, darauf hingewicsen, datz dieser Weg am ehe sten geeignet ist, klare Verhältnisse zu schassen. Es wäre sehr z» begrützen, wenn diese Methoden Eingang in die Geschäftsordnung des Reichstages finden würden; dann werden sich, wie Löbe am Schlüsse seiner Darlegungen er klärt. die wichtigsten Beratungen fristgerecht und vrdnungs- gcmätz durchführen lassen. 5>U5 «ier l-su5itr Aus dem katholischen Bautzen Silberjubiläum des Binzenzverelns. Bautzen, 26. Januar. Am 8. Dezember 1903 wurde in Bautzen -er Vinzenzverein gegründet, -er aus -er Caritas- arbeit der Gemeinde heute nicht wegzudenkcn ist- Diese 2» Jahre stilles Arbeiten im Dienst« der notleidenden Brüder schilderte Studiendirektor Heidrich anlätzlich der Hauptversammlung am 23. Januar: Neben -er Kleinarbeit in den Familien, ist der Kinderhort — 1909 eingerichtet — eine Hauptsorge des Vereins. In Räumen an der Bahnhofstrasse werden von Borromäerinnen 50—60 Kleinkinder betreut, unterrichtet und gespeist. Erfah rene Kenner leiteten und leiten -en Verein; -ie Vorsitzenden sind Iustizrat Ziesch, Professor Förster un- heute Studien direktor Heidrich. Kasscnführer ist heute Kirchschullehrer Schatze, Echrisliührcr Siudienrat Engler. Eigentliche Mstglie- zählt der Verein gegen 60, aber ein grotzcr Kreis von Förderern gesellt sich dazu und stärkt die alljährliche Geldsammlung. Im anschliehcndcn Tätigkeitsbericht sür 1930 wurde die in. der heutigen Zeit besonders umfangreiche Liebestätigkeil gewürdigt. Der Kassenbericht lässt erkennen, welch hohe Beträge Heuer sür Brot-, Levens,nittcl- und Kohlenhilfe, für Miet- un- Mnuntcr- stützungen ausgegeben wurden; dazu Kaminen noch -ie Auf wendungen für -en Hort. Den diesjährigen Vortrag hielt in zu Herzen gehender Art Domkaplan Ja tz wank über „Dr. Karl Sonnenschein, sein soziales und carstatines Wirken". Mancher Bautzncr, der -en modernen Weltstadtapostel vor wenig Jahren auf -em Wittichauer Katholikentag sprechen hörte, ivar erfreut die Lebensgeschichte dieses seltenen Priesters zu erfahren. Mit An regungen und guten Wünschen für die kommenden 25 Jahre schlotz der Vorsitzende. Der katholische M ä n n e r o e r e. n , Bautzen, be. schloß in einer von 65 Mitgliedern besuchten Sitzung das 44. Vereinsjahr. 23 Versammlungen halten im Berichtsjahr« den Mitgliedern Geselligkeit. Erbauung und Bcreicl-erung -cs Wissens geboten. Die jeweiligen Vorträge bei>ande!I«n Thcme» ans -en Gebieten -er Religion, Staatsbürgerkunde, Sozial. Politik un- des Wirtschaftslebens. Die brauchgcmützen geselligen Veranstaltungen wurden trotz -er Schwere -er Zeit beibehalten, weil die starke Beteiligung die Notwendigkeit gemeinsamer Feierstunden zeigte. 23 Neuausnahmen standen 5 Sterbestill« gegenüber; die Mitgliedcrzahl betrügt heute 221. Die Wahlen brachten gcringsügige Umbesetzungen; wer an den Verein An» schlutz sucht, wendet sich an die Vorsitzenden Psarrer Sprenhei und Kaufmann Müller, Wendischer Graben 30. Im Haushalt sür 1931 wurden wieder namhafte Unterstützungen für caritativ« Aufgaben eingestellt. Antraggemätz wird in Zukunst die Vereins kommunion der Männer feierlich ausgestaltrt. Mit einem anf- klärenden Hinweis aus die Regelung der Kranken- und Fami- lienpslege schloß die Hauptversammlung. Auch die Sonntagaussührung des Carl Engler scheu Mär» chenjingspiels in 4 Bildern „Fritz G u ä> i n d i e >v e I l" in Bautzen, ivar sehr gut besucht. Bor allem halten Freunde Engler- scher Kunst aus der Umgebung Bautzens die Gelegenheit mahr- genommen, sich von Fritz Guckindiewelt ins Märchenland jähren zu lassen. Wieder lieh man sich vom Zauder -er Melodien ge- sangenuehmen, sreulc sich an der Buntheit der Bilder, am Spiel all der vielen Kräste. die das Werk ihres verehrten Meisters lebenswahr gestalteten. Beifall und Blumen ehrten den Koni- ponisten, die Spielleitung und -ie Hauptdarsteller. 1. Die Beilage „Stimmen aus der Lausitz" er scheint am Sonntag, 1. Februar. 'Lieiirage werden bis Don- nerstag 29. Januar erbeten. Oer gelbe un- -er grüne Fa-en Roman von Frank Heller. (16. Fortsetzung) Nachdem er sich das vom Herzen gesprochen und Bunker» kohle in Gestalt von zwei Glas Wein eingenommen hatte, nahm er wieder vollen Kurs gegen Hoffmann-Bang. Ich benützte di« Gelegenheit, um zu fragen: „Wie heitzt der der chinesische Professor?* „Pitz" „Nur dem Namen nach. Er ist viel gereist, verstehst du, war In Indien, China, überall, ist im Frühling heim gekommen und erbot sich, Gratisvorlesungen zu halten. Wurde dankbar ange nommen, warum nicht? Treibt sich in den Nachtcasts herum Aber ein scharfer Kopf, heitzt es, verteufelt scharf." Simon Weel hatte die Offensive gegen Hoffmann-Bang zu Ende geführt und den Bildhauer, der sich in der Pause gellend zu machen suchte, zum Schweigen gebracht. Jetzt sand er Zeil, sich an Brasch und mich zu erinnern. „Hier sitzt ihr und sprecht über China!" sagte er. „Wo für einen Begriff habt ihr eigentlich über China? Wisst ihr, datz China eine ununterbrochene Geschichte ha«, die sünstausend Jahre lang ist? Witzt ihr, datz es das einzige Land ist, das den Krieg verachtet und den Krieger von allen Einwohnern des Staates am tiefsten stellt? Als Indien in den Aberglauben zurücksiel, rettete sich die erhabene Lehre Buddhas nach China hinüber. Witzt ihr, datz die Chinesen alles erfunden haben, dos Pulver, die Vuchdruckerkunst, die Ballons —" „Rabbi", sagte ich, „wir wissen es." „Es sollte mich nicht wundern, wenn sie auch die Detektiv romane erfunden hätten. Wenigstens haben sie seit zweitausend Jahren Zeitungen. Aber die Hauptsache ist nicht, wieviel man er findet, sondern wie man die Erfindungen anwcndet. Mit uns Europäern geht es zu allen Teufeln, nur wegen oll der ver maledeiten Erfindungen. Da lobe ich mir die Chinesen. Erfindun gen, die Unglück bringen müssen — entweder rasch, wie dos Pul ver, oder langsom, wie die Vuchdruckerkunst — haben sie ganz einfach unterdrückt. Haben sie die Detektivromane erfunden, so haben sie sicherlich den Erfinder geköpft, sobald sie ins klare dar über gekommen sind, was er do ausgeheckt Hot. Nein, die Chine sen haben nur einen Fehler. Cs ist unglaublich, datz sie cs aus halten konnten, fünftausend Jahre hindurch Branntwein zu trinken." Herr Pitz mar während Simon Weels Vortrag aufgcstan- den und ging jetzt. Brasch zog seine Uhr. „Sechs", sagte er. „Hallo, jetzt hätte ich bald etwas ver gessen. Hast d» Lust, heute auf eine Redoute zu gehen?" „Eine Redoute?" sagte ich. „Um diese Jahreszeit?" „Es ist das neue Hotel Esplanade, das eine Einweihungs- redoute veranstaltet. Es wird etwas Extrafeines Hast du Lust?" „Topp", sagte ich, „um wieviel Uhr ist es denn?" „Die Geschichte beginnt um neun Uhr. Hier ist eine Ein trittskarte. Treffen wir uns gegen 9 Uhr in der Halle? Ich muh erst noch in die Redaktion hinauf." . „Abgemacht", sagte ich. „Uebrigens habe ich mit dir noch etwas zu besprechen." „Hoffentlich keine ernsten Sachen", sagte Brasch und zog sich den ileberrock an. „Für so entwas ist heute abend keine Zeit!" Er verschwand. Wieviel Zeit ich binnen kurzem ernsten Sachen widmen würde, wusste ich noch nicht VI. Brasch war nicht in der Halle des Esplanade zu sinden, als ich gegen neun Uhr hinkam. Ich hatte ein Kostüm angelegt, das in gewisser Weise nicht des Zusammenhanges mit den Ereignissen des letzten Tages ent behrte. Es mar eines von Onkel Johns alten Kostümen, denn er hatte in seinen Packkisten auch Kostüme nach Hause gebracht Ich hatte als Knabe oftmals darin gespielt, wenn es mir auch damals zu grotz mar. Es hatte bei munteren Gelagen als eine Art Schlafrock gedient. Zu diesem Maskenball hatte ich in der Eile nichts anderes auftreiben können. Aber es mar prachtvoll genug. Es mar ein chinesischer Kaftan mit weiten Aermeln, am Halse offen und überaus geräumig. Im übrigen mar er mit ge stickten Drachen, Lotosblumen und Vögeln überstjt. Sie bedeckten ihn von oben bis unten. Da maren schmarze Drachen, gelbe Drachen, rote Lotosblumen, weihe Lotosblumen, rote Vögel, gelbe Vögel. Ich hatte mich dazu mit seidenen Pantosseln und Beinkleidern versehen, und als ich mich, bevor ich von daheim wegging, in dem Spiegel sah, sand ich mich überaus imponie rend. Ich mar ungeduldig, Braschs Urteil zu hören Aber Brasch mar nicht in der Halle, oder menigstens konnte ich ihn in dem Gemuhle nicht sinden. Ich martete, bis es gegen zehn Uhr war. Dann satzte ich meinen Entschiutz. Brasch Iras ich jeden Tag in der Bodega. Kein Grund, seinethalben die Maskerade zu ver säumen. Ich begab mich in die Säle Das Hotel Esplanade ivar neu eröffnet. Der Architekt hatte freie Hand gehabt, erzählten die Zeitungen, sowohl in bezug auf den Stil wie auf das Material. Das Material ivar auch offenbar das kostbarste und der Stil auserlesen. Man musste eher an einen Tempel als an ein Hotel denken. Aber von dem gewöhnlichen Aussehen des Hotels ivar an diesem Abend nicht viel übrig. Alles ivar mit Dekorationen und Lampen behangen Iil dem richtigen Gefühle, datz der Ban eines grotzen Hotels kein Spatz ist, hatten die Festarrangeure die Schöpfungsgeschichte al» 'Motiv ihrer Dekorationen gewählt. Blau sah das Licht aus dem Dunkel geboren werden, das Chaos sich ordnen, das Leben ent stehen. Die 'Mythologien aller Zeiten hatten herhalten müssen; da waren Szenen aus der biblischen, der griechischen, der baby- lonisctnm. Und in dein Bewusstsein, dah die Frau das Meister werk der Schöpfung ist. hatten die Künstler überall die Amphora linien ihres Körpers angebracht. Aber von all dein sah ich nicht einmal ein Hundertstel, als ich zuerst hereinkam. Die Dekora tionen. das Licht und die lausend bunten Gewänder flössen sür mich zusammen. sFi'sstehnna >ostzl)