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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.05.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110520022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911052002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911052002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-20
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Bk^uqS-Prei- Urivica »» «»»»«» »«rch »Irr« Irüari »d So««n»»r, r»»l «»«lich tn» va», grdrachi » VI «»natt, L7u Mt. »trNcliodrt Br« »ni»n> 8>lial«« » >n» «Ltzmrktrllr» «daed«U 7S BI. «»»»U. «L»tr »»ccttltt-rl v«rr» «, P«>, wnrrdal» D»iichlan»» »v brr tzr-Nch» X-lo-n«» »iittcliädct I.« Ott„ «onatl. t^v Bit au»>«hl Bokdrllrllarld strnirr t» Brlgtrir Danrmart. de» ronaokao»«, 2laUr» Lu^rmdora NlrdrrloiUi«. Stör» wrarn ^riirrrr,« . Un«an>, Slutzlaad. kawrdrn. S»wr«« « Evanirrr In allen lU>r»g,n siaaira aoi duckt durch dt« tbelchatt»il«ll» dc» Blau«, «rdalurL. Da» L«r»u««r rag«dlan »ria>rl« «mal tüatlch Sona» » ^«irna«» »»> ««raea». Udonn»m»nr»-«lnnal>m» A»b»»»»«ll» >. v«i anirr«» Iraarra. Acliatcn. ö»«d>»»»re» «urd Lairatzmrkrllrn, >,w„ B«itüm»«ru »ud vncttiaocc». Gt»„t»,rt«»t»»c«t» »Vt. Abend-Auskabe. WpMerTagMaü Handelszeitung. Amtsblatt -es Rates und des Rokizeiamtes -er Stabt Leipzig. Anzeigen.Prei- f«r Intcrai» a»» e»rp«i» und Umgrd», bl» llpaltig» Vrtturtl« Ä PI. dir ArNamr» »«N» l Mt., von aurwarr» Zl> BI. -lrklomrn UAMt.. Inlrral« von Brdördrn lm amt. ltchrn Irtl d„ Pellt,»tir S0 Bt <i«,chälr»an,«igrn ml« Plauvorlchrtltrn » ln drr Adendaur-adr lm Prril« rrhühr Radau nach lactt Brilagrgrdühr Gesamt» auslage ü Mk. v lautend rill. Pallgebübl. Trildrtlag« dohrr. grkettetlt« Äuttraa« können nI<L> ,urLL» arzogrn wrrdrn Für da, Trlchrtnen a« vrlttmmtrn Io,en und Planrn a>trd k»i»a Earantt« Übernommen. Sn,eigen»Annahme I«ya»t»«»I>» bet ISmtllchen stillalen n. allen Annoncen» Erpeditlonrn de. In» und Au,lande» Drnck », Verla, ,«» 8«t»Bl« Da,«» blau«, S. Pol» Indadrr: van« Stlefte» NedakNon »d Arlch4ft,lelr: 2ohanni»,all« ll. -au»«»ftlllal« Dr«,drn: keenrad« 4. 1 (leleoho, 1Ü2U. Nr. 13S. ff" > . Die vorliegende An-gabe umsaßt 6 Seiten. Vie LxpMilmen 6er Lelpriger 7sgedlstte8 un6 6er Leipziger Allgemeinen Teilung bes'm6en sich nur noch l-siprig, loksnni8gL88e 8, VorcterZebäuäe parterre links im 6sdäuäe ckes laAkblattös. psrlsmemsrilche Gerüchte. Aus Berlin wird uns geschrieben: seit einigen Tagen ist im Reichstage das Gerücht verbreitet, Ministerpräsident v. Dethmann Hollweg habe im preußischen Staatsministerium den Entschlich kundgegeben, eine neue Wahlrechtsreform vorlage für Preußen ausarbeiten zu lassen, und auch schon die Grundzüge für die Vorlage ent wickelt, die im Januar nächsten Jahres dem Abgeord- netenhause zugehen solle. Es waren durchaus ernste liberale Kreis«, von denen diese Mitteilungen aus gingen; es ist also nicht daran zu zweifeln, daß dem Gerücht elwas Tatsächliches zugrunde liegt. Das Tatsächliche besteht aber nur darin, daß im Staats- minister'um wiederholt Wahlrechtsfragen erörtert worden sind, und zwar aus Anlaß der elsaß-loth ringischen Verfassungsfrage und der Neuregelung des Wahlrechts für die reichsländische Volksvertretung. Da die Gewährung des allgemeinen Stimmrechts an Elsaß-Lothringen auch auf preußische Verhältnisse nicht ohne Einfluß bleiben kann, so war es unvermeidlich, daß in diesem Zusammenhänge auch die preußische Wahlrechtsreform gestreift wurde, jedoch ist man über akademische Erörterungen nicht hin ausgekommen. In den dem Reichskanzler nahe stehenden Kreisen wird versichert, daß zurzeit noch nicht abzusehcn sei, wann dem preußischen Land tage wieder eine Wahlrechtsreformvorlage zugehen l05. Jahrgang Sonnsvena üen 20. Mal 19N. werden. Die Unternehmer verlangen eine schriftliche Mitteilung darüber, daß die Arbeit in Toesfeld be dingungslos ausgenommen wird, was die Arbeiter für unmöglich erklären. werde, sicher ncht vor den Reichstagswahlen, wahr scheinlich aber erst in der neuen Legislaturperiode des Landtags, der sich jetzt in seiner vorletzten Tagung befindet. Die Möglichkeit sei freilich nicht ganz aus geschlossen, daß der Landtag schon in der nächsten Session sich wieder mit der Wahlrechtsfrage werde be fassen müssen, ganz bestimmt aber seien Erundzüg« für die neu« Vorlage noch nicht aufgestellt. Einem anderen Gerüchte zufolge sollte der Reichstag am 2. Dezember geschlossen und die Neuwahl auf den 15. oder 16. Januar anbe raumt werden. Dies Gerücht ging aus Zentrums kreisen hervor, beruht aber ganz auf Mutmaßung. Im Bundesrat wird an der Auffassung festgehalten, daß die Legislaturperiode des Reichstags erst am 24. Januar abläuft, der Reichstag also bis zu diesem Termin beschäftigt werden könnte. Insbesondere ist das die Auffassung des Reichsjustizamts, das auf die Durchdringung der Strafprozessordnung nach wie vor das grösste Gewicht legt. Don dem Verlauf der Herbstsession wird es abhängen, wann der Reichs tag geschlossen wird. Ergibt sich die Aussichtslosigkeit der Strafprozessordnung, so ist anzunehmen, daß der Reichstag dann alsbald geschlossen und die Neuwahl doch noch für einen Termin vor Weihnachten ausge schrieben wird. Bis jetzt läßt sich aber nach dieser Richtung noch gar nichts sagen. Auch die „Neue pol. Korr." erklärt, daß eine end gültige Festlegung auf das vom Zentrum verkündete Arbeitsprogramm für die Herbsttogung noch nicht stattgefunden habe, geht jedoch nicht soweit, die Mög lichkeit völlig auszuschließcn, das zuletzt doch nach diesem Rezept verfahren wird. Daß sich di« Regierung mit dem Gedanken trägt, für die Herbstsession be sondere Diäten an den Reichstag zu bewilligen, ist schon länger bekannt. Es ist die Rede davon, dass für jeden Abgeordneten 1500 Mark ausgeworfen werden sollen. Eine entsprechende Vorlage müßte noch vor der Pfingstvertagung vom Reichstage verabschie det werden. poiitikche Nachrichten. Mit ein«, Stimme Mehrheit! Berlin, 2V. Mai. (Tel.) Das preussische A b - geordnetenhaus nahm heute in namentliche« Abstimmung das Feuerbestattungsgesetz mit 158 gegen 155 Stimmen in dritter Lesung an. Dafür stimmte die gesamte Linke (Narionallibcrale, Freisinnige und Sozialdemo kraten), die Freikonservativen und ein kleiner Teil der Konservativen, dagegen geschlosse.r das Zentrum und der grösste Teil der Kon servativen. Nochmals der Strassburger Zwischenfall. Strassburg, 20. Mai. (Tel.) Der allgemeine Studentenausschuß hat in einer Sitzung am letzten Mittwoch beschlossen, den bekannten Zwischenfall bei der Einweihung des Kaiser- Wilhelm-Denkmals noch nicht auf sich be ruh e n zu lassen. Dem Rektor wurde mitgeteilt, dass es der Studentenschaft peinlich sein würde, wenn sie weiterhin bei offiziellen Feiern der Univer sität mit dem kommandierenden General v. Fabeck und dem Strassburger Platzkommandanten General leutnant Frhrn. Schuler v. Wenden Zu sammentreffen würde. Haudelsprovisorium mit Japan. Wie wir hören, beabsichtigt man in den Kreisen der verbündeten Regierungen, dem Reichstag noch vor den Pfingstferienein Handelsprooi- sorium mit Japan vorzulegcn, das den verbün deten Regierungen di« Möglichkeit geben soll, die Verhandlungen mit Japan weiter zu führen und zum Abschluss zu bringen. Herrenhaus und Zweckverbandgesetz. Berlin 20. Mai. (Tel.) Die zur Vor beratung der Zweckverbandsgesetze ein gesetzte Herrenhaus kommissron hat gestern beschlossen, die Verhandlungen vorläufig abzubrechen, von der Regierung neues Material zu erbitten und die nächste Sitzung auf den 29. Mai anzuberaumen. Die hierfür in Aussicht genommene Tagung des Ple nums wird erst gegen Mitte Juni erfolgen. Die Ta gung der beiden Häuser des Landtages wird dadurch wesentlich verlängert. Londoner Kaisertage. London, 20. Mai. (Tel.) Die Kaiserin nahm gestern den Tee bei der Prinzessin Christian ein. London, 20. Mai. (Tel.) Der Lord- mayor überreichte gestern nachmittag dem deutschen Botschafter in der Botschaft namens der Mitglieder der deutsch-englischen Freundschaftsgesellschaft ein besonders gebundenes Buch, das den Bericht über die Eröffnungsver sammlung der Gesellschaft im Manfion- honse am 1. Mai enthält und das der Kaiser ent- gegei.zu nehmen geruhte. London, 20. Mai. (Tel.) Zu Ehren des deutschen Kaiserpaares fand gestern abend ein Staatsball im Buckingham- Palast statt, der dem Brauch entsprechend durch eine königliche Quadrille eröffnet wurde, an der das Kaiserpaar und das Köniaspaar teilnahmen, ebenso alle Mitglieder der königlichen Familie, die Damen der Hofgesellschaft und sämtliche Botschafter mir ihren Gemahlinnen. Der wundervolle, in Weiss und Gold gehaltene Dallsaal, von grossen Kriställkandelabern glänzend erhellt, bot einen überaus prächtigen An blick. Die Kaiserin trug ein mattrotes Kleid mit Goldniuster durchwirkt und einen goldenen Gürtel, dazu grosse orientalische Perlen und ein Brillantdiadem mit Perlen. Prinzessin Viktoria Luise hatte ein Kleid aus rosa Chiffon, mit goldenen und silbernen Perlen bestickt, und «inen schwarzen Samtgllrtel. — Kaiser Wilhelm be suchte am späteren Nachmittag den Herzog von Norfolk. 12 000 Mann ausgesperrt. Greven (Westfalen), 20. Mai. (Tel.) Für etwa 12000 christliche Arbeiter in Emsdetten wird die Generalaussperrung perfekt Nachklänge zum Winzerkrieg. F Paris, 20. Mai. (Telegramm.) Die Ver handlungen vor dem Staatsrat über die Ab grenzung der Champagne sind beendet, und der Berichterstatter Charles Blanc hat seine Anträge ausaearbeitet, über die der Staatsrat nun mehr zu beschliessen haben wird. Blanc beantragt, die Bezirke Bar-sur-Aube und Bar-für» Seine in d:e abgegrenzte Champagne einzu- beziehen. Nur will er, dass zwischen den Weinen dieser Gegenden und denen der Marne ein Unter- schied gemacht werd«. Die Bar-Weine sollen Cham- pcrgner schlechtweg, die Marne-Weine dagegen „großer Champagner" genannt werden. Schwedisch-japanische Verträge. Stockholm, 20. Mai. (Tel.) Der Minister des Neusser» Graf Taube und der japanisch« Gesandte Sugimura unterzeichneten gestern einen Handels- und Schiffahrtsvemag sowie eine besondere Zollkonvention zwischen Schweden und Japan. Berde Verträge beruhen auf M e i st b e g ü nst i g u n g. Der jüngste bulgarisch-türkische Grenzzwischenfall. Sofia, 20. Mai. (Telegramm.) Die Ent rüstung über den jüngsten türkisch-bulgarischen Erenzzwischenfall wächst täglich, geschürt durch die Mazedonierpresse, die die chauvinistischen Gefühle des jüngeren O f f i z i e r k o r p s und die Erbitterung der mazedonischen Emigranten auf stachelt. Die Regierung versucht, die Erregung zu dämpfen. Sie ließ alle aufreizenden Todes anzeigen und Nekrologe, die die Kameraden des erschossenen Grenzoffiziers verbreiten wollten, unterdrücken und untersagte ein heut« hier abzu haltendes Requiem, bei dem die mazedonischen Lands mannschaften mit Trauerfahnen demonstriert hätten. Aber die Regierung konnte doch nicht verhindern, daß in dem offiziösen Blatte des Kriegs ministeriums. dem „Wojenni Iswestija", ein flammender Artikel gegen die Türkei mit unterschlüpfte, was, wie verlautet, einen Kon flikt zwischen dem Kriegsminister General Niky- phorow und den andern Kabinettsmitgliedern hervor gerufen hat. In vielen Städten bereitet man Protest versammlungen vor. Di« Folgen des Grenzzwischen- falles lassen sich nicht absehen, wenn nicht di« Türkei schleunig Genugtuung gibt. Chinas Eisenbahnpolitik. London, 20. Mai. (Tel.) Der Korrespon dent der „Times" in Peking meldet, daß China sich nach längerem Zaudern zu einer energischen Eisenbahnpolitik aufgerafft hat. Dies ist dem befähigten Verkehrsminister Scheng Hsuan- huai zuzuschreiben, der den Thron auf die Gefahren hingewiesen hat, die eine Folge der mangelhaften Verbindungen mit den Provinzen sind. Das Ergeb nis seiner Bemühungen war ein gestern abend er gangenes Edikt, das den früheren Dizekönig von Nanking Tua »fang aus der Verbannung zurück ruft. Tuanfong wird Generaldirektor der Hauptlinie. Auch sämtliche Nebenlinien sollen vom Staat gebaut und die von Privatgesellschaften ge bauten Bahnen vom Staate zurückerworben werden. Unterm Liüe. Roman von Hans v. Saltzwedel-Weimar. (NaLdruck verboten.) Dera stand bei diesen Worten vor Schreck das Herz still. Was sollte daraus werden, wenn das Mädchen zurückkam und die Geschichte auf ihre Weise erzählte? Rein, das durfte auf keinen Fall geschehen. And so begann sie dann in ihrer Todesangst zu bitten: „Ach, lieber Heinz, bitte, tu das doch nicht! Lass doch die gräßliche Person laufen! Was haben wir auch davon, wenn sie gezwungen wiedcrkommt? — Doch weiter nichts als wie Unannehmlichkeiten!" Heinz sah das ein und antwortete nach kurzem Hebe rlegen: „Gut, mag die Kanaille lausen, wohin sie will. Ich weiß sowieso nicht, wo mir der Kopf steht. Und nun wollen wir uns schnell ankleiden und in den „Adler" zum Essen gehen!" Damit ging er in sein Ankleidezimmer. De:a cnmete auf: Die Gefahr war ja vorläufig glücklich vorübergegangen, und hernach beim Essen würde Heinz schon in bessere Stimmung kommen, und sie dann Gelegenheit finden, ihm vorsichtig die eigentliche Wahrheit beizubringen. In dieser Hinsicht aber verrechnete sich die kleine Schlaubergerin ganz und gar. Die Laune ihres Mannes wollte sich auch während des Essend durchaus nicht heben; denn das Schwadrons-Exerzieren war heute wieder einmal recht schlecht gegangen. Wäh rend er hastig aß, schalt er auf die Vorgesetzten, die hm sicher das Genick brechen wollten, und sprach die schlimmsten Befürchtungen betreffs der bevorstehen den Besichtigung aus. Mittlerweile war bereits der Kaffe« aufgetragen, und somit keine Zeit mehr zu verlieren, wenn sic ihr Geständnis noch anbringen wollte. So raffte sie denn ihren ganzen Mut zusammen und begann: „Aber lieber Hein», du übertreibst gewiss! Pass mal auf, es wird gewiss olles sehr gut gehen, geradeso wie im vorigen Jahre. Da sagtest du auch noch den Tag vor der Besichtigung: Es kann gar nicht gehen, ich muß reinfallen? und hernach — ging'? wunder schön? Du musst nicht immer nur an den dummen Dienst denken; es gibt doch auch noch anderes? — Sieh mal diese Geschichte mit Thekla zum Bei spiel! " Weiter kam sic nicht. Er hatte bisher ungeduldig zugehört, indem er nervös mit dem Löffel in seiner Kaffeetasse rührte, jetzt unterbrach er sie gereizt: „Um Himmels willen, laß mich doch mit der däm lichen Mädchengeschichte in Ruhe! Ich habe dich doch oorhm schon darum gebeten! Was ist denn da noch viel drüber zu reden? — Das Mädchen ist fort, und du mußt sehen, wo du eine andere herbekommst. Was soll ich noch dabei machen?" Darauf trank er mit einem großen Schlucke seinen Kaffee aus, zahlte und stand auf, indem er sagte: „So, nun muß ich in den Dienst. Geh' du nur gleich ein Mädchen suchen. Adieu, Schatz!" So ging er, und auch sie brach auf, um sich auf die Mädchenjuche zu begeben, während sie bei sich dachte: „Wenn er die Wahrheit nicht hören will — gut! — die Sache ist wohl nun auch erledigt." Sechstes Kapitel. Die so lange gefürchtete Besichtigung vor dem Kommandierenden war gewesen und für den Chef der vierten Eskadron besonders günstig verlaufen. Der hohe Herr hatte ihm sehr anerkennenswerte Worte gesagt, und die übrigen Vorgesetzten hatten sich darauf beeilt, ihm ihre aufrichtigsten Glückwünsche auszusprechen. Sogar der gestrenge Herr Brigadekommandeur war plötzlich des Lobes voll gewesen. Heinz fühlte sich von einer drückenden Last befreit. Nun noch etwas Glück im Manöver, und er konnte ziemlich sicher darauf hoffen, im Frühjahr Divisions adjutant zu werden. So fuhr er denn zwei Tage nach der Besichtigung in sehr gehobener Stimmung gen Berlin, nachdem er noch grossmütig seiner kleinen Frau zum Tröste für ihr einsames Zurückbleiben einen Hundertmarkschein zugesteckt hatte. Dieser blaue Schein war Vera in der Tat in An betracht des verzweifelten Zustandes ihrer Finanzen eine grosse Hilfe; wenn er sie natürlich auch nicht ganz über den Trennungsschmer; hinwegtrösten konnte. Da die Bekannten fast alle auf Urlaub gegangen waren, lebte Vera während der Abwesenheit ihres Manncs ganz besonders einsam und zurückgezogen. Dor dessen Abreise hatte der Gedanke, Rittmeister v. Falkenberg würde ihr vielleicht die Einsamkeit durch häufige Besuche erträglicher zu machen suchen, einen prickelnden Reiz für sie gehabt; jetzt aber, da 7 sie sich wirklich allein fühlte, zitterte sie förmlich da- I vor; denn so sehr sie sich im Schutze des Gatten der I Huldigungen des schönen Kürassiers gefreut, ebenso bangte sic jetzt ohne diesen Schutz davor, und fand es daher sehr taktvoll von ihm, dass er sie während dieser Zeit mit jedem Besuche verschonte. Heinz schrieb oft und immer sehr vergnügte Briefe, welche aber trotzdem der kleinen, verlassenen Frau jedesmal einige Tränlein kosteten, da sie sich bei der Schilderung aller der von ihm erlebten Freu den in ihrem eigenen, entsagungsvollen Dasein gar zu bemitleidenswert vorhin. Anderseits aber gewahrte ihr das Bewußtsein, so selbstlos brav alle Pflichten einer Hausfrau zu er füllen, während der Mann sein Leben in vollen Zügen genoss, eine stolze Befriedigung; besonders da sie merkte, wie sich dank der hundert Mark im Vereine mit ihrem wirklich sehr sparsamen Leben ihre Geld verhältnisse derartig besserten, daß sie bei Rückkehr ihres Gatten alle ihre Schulden bezahlt zu haben hoffen durfte. Fast ebenso stolz war sie auch über die Erfolge, die sie mit der Unterwerfung des neuen, sehr unerfah renen Mädchens erzielte. Sie war ordentlich gerührt über die eigene Bravheit. — Welch stolzes Glück ge währt doch selbstlos treue Pflichterfüllung! Und dann — mit einemmal — nahmen Stolz und Glück ein jähes Ende: Wenige Tage vor seiner Rückkehr schrieb Heinz, er habe von einem Winkeladvokaten die Aufforde rung erhalten, jenem sofort für Thekla Lohn und Kostgeld bis zum ersten Oktober zu senden, da das Mädchen durch eine ungerechtfertigte, schwere Belei digung gezwungen gewesen sei, ihren Dienst äusser der Zeit zu verlassen. Natürlich habe er dem Anwalt sofort zurückgeschrieben, daß er sich zur Erfüllung dieser Forderung in keiner Weise verpflichtet fühle. Beim Lesen dieses Schreibens empfand Vera plötz lich eine dumpfe Angst in sich aufsteigen, die sie sich zunächst nicht recht zu «rklären vermochte; sic hatte nur das unbestimmte Gefühl einer drohenden Gefahr. E'st als sie sich's klarzumachcn versuchte, worin eine solche eigentlich für sie bestehen könnte, begann die Ahnung in ihr aufzudämmern, sie würde gezwungen sein, ihrem Manne noch nachträglich cinzngestehen, daß sie ihm damals nicht die ganze Wahrheit gesagt habe. — falls die dumme Geschichte mit Thekla noch mals zur Sprache käme. Sie mußte dieses daher irgendwie zu verhindern suchen. Ihr erster Gedanke war, dem Mädchen selber unter der Hand die geforderte Summe zu schicken; dann fiel ihr aber «in, daß sie über so viel Geld ja gar nicht verfügen könne. Sir muhte also einen anderen Aus weg suchen. So schrieb sie denn möglichst unbefangen an Heinz, er solle doch lieber das Geld opfern, als sich auf Streitigkeiten mit dem Frauenzimmer einlassen. Sie selber wisse ja auch gar nicht mehr gnau, was sie damals in der Aufregung dem Mädchen alles gesagt habe. Darauf antwortete Heinz postwendend: ganz ab gesehen davon, daß man derartige Unverschämtheiten überhaupt nicht durchgehen lassen dürfe, sei er auch nicht in der Lage, eine derartige Summe ganz unnötig fortzuschmeissen. Käme es wirklich zu einem Prozesse, so müssten sie den ja zweifellos gewinnen; denn sie müsse doch wenigstens noch mit voller Be stimmtheit wissen, daß sie dem Mädchen damals keine Unehrlichkeit vorgeworfen habe; und er selber könne ja auch beschwören, dass sie ihm das unmittelbar nach dem Vorfälle ganz bestimmt versichert habe. Das genüge aber vor Gericht vollkommen. Uebrigens käme er ja übermorgen nach Hause und dann könnten sie die Angelegenheit in aller Ruhe miteinander be sprechen. In aller Ruh« besprechen! Wie bitterer Hohn auf ihren Gemütszustand kamen der Aermsten orese Worte vor. Sie konnte sich seine Ruhe schon denken, wenn sie ihm gestehen würde, daß sie ihn da mals belogen und seither in dem Irrtum erhalten hätte! — Aber was würde ihr anderes übrigbleibcn? Sie hatte zwar nur einen sehr vagen Begriff von einer Gerichtsverhandlung, wußte aber doch, daß die Gerichte es mit der Wahrheit lehr genau nehmen und daß es höchst bedenklich ist, auch nur ich geringsten von ihr abzuweichen. Es war ihr dahev vollkommen klar, daß sie es nicht wagen dürfte, dem Gericht mit derselben Aussage zu kommen, die sie ihrem Manne qemacht hatte, und daß es daher für sie jedenfalls ge raten sei, ihm die volle Wahrheit zu gestehen, bevor er es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen ließ. — Gebeichtet mußte also werden. — davor konnte sie nichts retten. Wie hatte/sie sich noch vor wenigen Tagen auf die Rückkehr ihres geliebten Heinz ge freut! — und jetzt? — Jetzt zitterte sie förmlich davor, in die lieben, treuen Augen zu sehen, die lo traurig und vorwurfsvoll blicken konnten. „Ach lieber, lieber Gott, nur noch dieses einzige Mal laß ihn mir ver zeihen! Rimals wieder merde ich ihm auch nur den geringsten Grund geben, mich so traurig anzuschauen?" betete sie immer wieder, aber auch das Gebet gab ihr nicht Rübe und Frieden. Es waren zwei Tage ichw^rer Seelenpein. welche die kleine Frau bis zur Rückkehr des Gatten verlebte. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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