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Unter« Liüe. Roman von Han» o. Saktzwedel-Weimar. (Nachdruck verboten ) Fünfte» Kapitel. In den nächsten Tagen tonnte Rittmeister von Rottnow ganz ungestört seine Schwadron exerzieren; dir Vorgesetzten ritten stets im groften Bogen um ihn herum. Infolgedessen blieb er selber ruhig, und diese Ruhe teilt: sich nicht nur seinen Leuten, son dern durch diese auch den Pferden mit. jo dass die Hebungen von Tag zu Tag besser gingen. Wein er diese wohltuende Schonung zu danken hatte, wusste er sehr gut, und er versäumte es auch nicht, dem Divisionsadjutanten bei der ersten Ge legenheit seinen wärmsten Dank dafür auszusprechen, wooei er ihn gleichzeitig >ür einen der namgen Abende einlud. Falkenberg erschien dann auch pünkt lich und gab sich sehr gemütlich und freundschaftlich, ohne jedoch sein komisch manieriertes Wesen irgend zu ändern. Von da an war er ein häufiger und immer gern gesehener Gast bei Rottnows. Ganz so glatt, wie der Rittmeister sich's nach den jüngsten Erfolgen seiner Exerzierkunst gedacht hatte, wollte es doch nicht weiter vorwärts gehen. Immer wieder kamen Tage, an denen cs seiner Meinung nach spottschlecht ging, zumal er seine Ansprüche ganz unwillkürlich selber mehr und mehr steigerte. Je näker der Tag der Besichtigung heranrückte, um so unsicherer erschien ihm der Erfolg seines mühsamen Strebens, um so niedergedrückter und nervöser kam er nach Hause. Da durfte ihm dann natürlich seine kleine Frau mit ihren Nöten und Sorgen nicht kommen, so sehr diese ihr auch über dem Kopfe zusammenzuschlagen drohten' Das Bündel quittierter Rechnungen, das sie damals so unachtsam beisrite geworfen hatte, war ihr abhanden gekommen und lieft sich nicht wieder finden und ebensowenig die damals zurückgestellten Rechnungen, so daft sie nun durchaus nicht mehr wuftte, was eigentlich bezahlt war und was nicht. Immer wieder liefen Rechnungen ein, von welchen sir ersteres mit ziemlicher Bestimmtheit annehmen zu dürfen glaubte, ohne dessen aber ganz sicher zu sein. Thekla wagte sie gar nicht mehr zu fragen, da die ihr gleich bei der ersten leisen Andeutung fast grob geantwortet hatte. So war denn die arme kleine Frau in ihrer hilfs bedürftigen Unselbständigkeit ganz auf sich allein an, gewiesen. Ja. sie muftte sich sogar noch davor hüten, daft ihr Mann nichts non ihren Nöten merkte und sie danach fragte; glücklicherweise aber hatte der für nichts weiter Sinn, wie für seine Besichtigung, und beachtete es daher auch nicht, daft Dera von Tag zu Tag blasier und nervöser wurde. Sie aber konnte diesen Zustand fortwährender Angst und Sorge kaum noch ertragen Sie hatte den Ueberblick über ihre G-ttdrwrbältnisse aänzlich verloren; das Häuflein Wirtschaftsgeld schrumpfte mit erschreckender Ge schwindigkeit zusammen; in jedem Briefe, den sic er hielt, fürchtete sie eine Zahlungsmahnung oder gar Drobung mit einer Klaae zu finden. Nun waren schon bei weitem mrhr Rechnungen eingclausen, als sie äuftcrstenfalls damals von der Bezahlung ausgeschlossen haben konnte. Sie wuftte also ganz genau, daft sie betrogen wurde, ohne aber zu ahnen, von wem, und ohne daher etwas dagegen tun zu können. Endlich aber wurde ihr die Sache doch zu bunt: Es war gerade drei Tage vor der Besichtigung, als sie von ihrem Schuhmacher eine Rechnung er hielt. von der sie sich zufällig mit gröftter Bestimmt- heit erinnerte, sir damals ourch TheUa haben be zahlen zu lassen, daher war sie sofort entschlossen, dieser Angelegenheit auf den Grund zu gehen. Sie schellte Thekla und trat ihr dieses Mal im Vorgefühl rhrrr Sicherheit sehr entschieden entgegen: »Thekla, nun nehmen Sie mal Ihren Gripps zusammen und besinnen Sie sich mal darauf, ob Sie damals, vor eiwa vierzehn Tagen, als Sie die Rechnungen be zahlten, nicht auch bei Reumann eine Rechnung be zahlt Haden!" Als das Mädchen sortjuhr, mit schiefem Kopfe zur Decks aujzusrhen, ohne zu ant worten, wurde sie ungeduldig und fuhr sie an: „Aber, mein Gott, das müssen Sie doch wissen! — Beim Schuster 'Reumann!" Das Mädchen zuckte die Achseln und sagte, indem es die Herrin mit seinen stechenden Augen anjah: „Dann musst:» Sie ja wohl auch die Quittung haben'" Zweifellos war diese Antwort eine beabsichtigte Unverschämtheit und als solche empfand sie auch Vera. Sie erwiderte daher ziemlich heftig: „Reden Sie Loch nicht so dummes Zeug! Sie wissen ja ganz genau, daft ich die Quittungen ver loren habe, deshalb eben muft ich mich auf Sie be rufen können wenn ich zu Nrumann gehe, um den Irrtum oufzuklären." „Das lassen Sie man lieber sein! Bei Neumann bin ich nicht gewesen." „Was? Sie sind nicht bei Neumann gewesen? Ater Thekla, besinnen Eie sich doch!" „Was soll ich mich denn da erst lange besinnen? Neumann ist doch der grosse Stiefelladen in der Wil- helmstrafte; da bin ich überhaupt noch nie in meinem Leben drin gewesen. Das müsste ich doch wissen." „Natürlich müssen Sie das wissen! — Sie sind also bestimmt nicht drin gewesen? Ja, aber um Himmelswillen, Thekla, warum denn nicht?" „Was sollt' ich denn da?" „Mein Gott, fragen Sie doch nicht so dumm! — Die Rechnung sollten Sie bezahlen. Wo haben Sie denn das Geld gelassen?" „Na, ich werd' doch nicht das Geld behalten! — Ich weift von keiner Rechnung was." „Ich weift aber ganz bestimmt, daft ich Ihnen gerade diese Rechnung mitgegeben habe!" „Ach du meine Güte, was Sie auch immer alles wissen wollen, und hrrnach ist es doch nicht wahr. Wo sollt' ich denn das Geld gelassen haben? — Glauben Sie am Ende, daft ich das Geld gestohlen habe?" Da die Herrin mit der Antwort zögerte, trat die freche Person dicht an sir heran und schrie sie förmlich an: »Ja, glauben Sie da«? — Dann sagen Sie's man!" Nun kochte auch in Vera der Zorn auf: „Wenn Sie mir hier ins Gesicht ablrugnen, mar ich ganz genau weiss, dann bleibt mir doch nichts anderes übrig, wie so etwas zu glauben!" „Wie, was glauben? Daß ich gestohlen habe?" „Ja, daß Sie das Geld unterschlagen haben." „Ich unterschlagen? Nanu wird's Tag! Aber dat hat man davon, wenn man in so 'ne liederliche Wirtschaft dient!" Nun war es mit der Besinnung der jungen Frau gänzlich vorbei. Mit bebenden Lippen rief sie zurück: ^.Werden Sie nicht obendrein so unverschämt, Sie freche Person!" „Ach wat — unverschämt! Soll ik mir meine Ehre hier nehmen lassen? Dat braucht sich kener nich gefallen zu lassen, — wenn et och man bloss 'en armet Dienstmädchen ist. — Ne, so wat jibt's nicht! — Suchen Ee sich für Ihren Dienst man lieber irgend- eue von der Strafte; dafor ist so 'ne jrad« sirt genug!" Leichenblass starrte die junge Frau auf das tobende Weibsbild. Jetzt wies sie, am ganzen Leibe zitternd, nach der Tür, indem sie heiser rief: „Hinaus mit Ihnen!" Dann war sie mit ihren Nerven zu Ende und fiel laut aufschluchzend auf den nächsten Sessel, während Thekla mit lautem Hohngelächter die Tür aufrift und wütend wieder hinter sich zuschlug. Vera war so erregt, daft sie sich zunächst gar nicht wieder fassen konnte. Sie saft zusammengekauert und weinte ja» mervoll. Es dauerte eine ganze Weile, ehe das krampfhafte Schluchzen nachlieft, und nun erst ver mochte sie auch wieder zusammenhängend zu denken. Was war denn nun eigentlich geschehen? Richtig, diese furchtbare Person hatte sich unglaublich frech gegen sie benommen und wollte nun fort. Hoffentlich ging sie ohne weitere Auftritte! Zitternd vor Angst u»L Erregung lauschte sie nach der Küche. Eine ge raume Zeit hindurch blieb alles ganz still. Dann wurde eure Tür heftig zugeschlagen und gleich darauf noch eine — das war die Tür von der Küche zum Flur —, und nun klirrte laut die Glastür nach dem Treppenhaus, und dann wieder lautlose Stille. — War der Drache wirklich fort? Vorsichtig spähte Vera durch die leise geöffnete Tür in den Flur und atmete erleichtert auf, als sie dort den grossen Waschkorü- toffer des Mädchens wohlverschnürt sichen sah. Ta bekam sie neuen Mut und ging zur Küche, um nun eigenhändig das Mittagessen zu bereiten. Aber — o weh! — was entdeckte sie hier! Das Herdfeuer war avsgelöscht, die Kochtöpfe lagen auf der Diele umher und da- Essen im Ausguss. D-r war also nichts zu nrachen, sie mussten heute auswärts essen. Was würde Heinz dazu sagen? Ein n^ue: Schreck liess die immer noch aufgeregte klein: Frau erzittern. Wie sollte sie ihrem Manne das Geschehene mitteilen, ohne ihm ihre ganze klüaliche Wittschaftsmisere zu entdecken und wieder ols Lügnerin vor ihn: zu stehen? War sie wirklich ge zwungen, ihm Unwahres zu berichten? Sie hatte sich doch so fest vorgenommen, ihn nie wieder zu belügen. Wenn ihr nur ein rettender Gedanke käme! Während sie sich das kleine Köpfchen zermarterte, war sie in das Wohnzimmer gegangen und hatte sich wieder auf den Fenstersessel niedergekauert. Da soft sie nun und sann und sann uitd konnte zu keinem Entschluss kommen. Plötzlich hörte sie die Treppentür aufschlieften; das konnte nur Heinz sein; und nun stellte er rasselnd den Säbel in den Sabelständer. Gleich darauf öffnete sich die Tür, und er trat ein. Dera aber wuftte immer noch nicht, was sie zu ihm sagen sollte. Sie schnellte empor, fiel ihm um den Hals und barg laut schluchzend ihr Gesicht an seiner Brust. Erschrocken umfasste Heinz die bebende Gestalt und fragt« ängstlich: „Um Gottes willen, was ist denn ge schehen?" „Ach Heinz, lieber, guter Heiiy", kam es schluch zend zurück, „wir Haven heute kein Mittag!" Erleichtert atmete er auf. „Kein Mittag? — Wenn s weiter nichts ist! Das ist doch kein Unglück! Dann essen wir heute eben ausserhalb! — Aber nun sage mal. Kleines, warum gibt's denn heute kein Mittag? Ist alles verbrannt?" Da statt einer Antwort nur heftigeres Schluchzen erfolgte, drückte er Len blonden Kopf sanft etwas zu rück und blickte forschend in das zuckende Gesichtchen. Endlich, immer »och oo» Schluchze» «urtebdrocheu, kam dt« Antwort: „Thekla ist fort.' „Thekla fort?. So plötzlich? Wa» ist denn passiert?" Die kleine Fra» wurde verlegen und stotterte nach einige« Zögern: „Ja, weisst du, sie wurde «rtt so furchtbar grob, und da " „Haft du sie vansgeschnrissen? Was?" „Rausgeschmissen habe ich sie eigentlich nicht. Ich bade ihr nur gründlich die Wahrheit gesaat, und da hat sie mir erklärt, dass sie nicht länger bleiben wolle." „Ja, was soll denn das heissen? Wie ist denn das gekommen? Was hast du ihr eigentlich gesagt?" Da sie nicht antwortete, wurde er misstrauisch und ungeduldig. Schliesslich rief er ärgerlich: „So sprich doch endlich! — Was ist denn losgewesen?" Run erst begann sie zu berichten, zögernd, ängstlich und so unklar, dass es unmöglich war, sich daraus ein Bild zu machen, bis Heinz sie ärgerlick) unterbrach: „Herrgott, Kind, sei Loch nicht so weitschweifig! Ich habe so viel anderes im Kopfe; diese langweilige Rechnungsgeschichte interessiert mich wirklich nicht. Du bist natürlich wieder bummlig gewesen und hast keine Quittungen aufgehoben, das kann ich mir schon denken. Weisst du denn wenigstens genau, dass du Tl-ekla auch diese Rechnung milgegeben hattest?" „Ja, das weift ich ganz genau, und Las unver schämte Frauenzimmer will mir's einfach abstreiten." „Hättest du die Quittung gehabt, dann hätte sie es gar nicht wagen können. So, natürlich! Du kannst ihr ja nichts beweisen! — Hast du sie nun aber trotzdem etwa beschuldigt, daft sie das Geld gestohlen oder unterschlagen hat? Darauf kommt nämlich sehr viel an; denn wenn du ihr ohne Beweis eine unehr liche Handlung vorwirfst, dann hat sie das Recht, wegen einer derartig schweren Belerdigung sofort ihren Dienst zu verlassen. Also bitte, besinne dick) mal genau! Was hast du ihr gesagt?" „Ja, Gott, wie soll ich das noch wissen? Auf die einzelnen Worte kann ich mich nicht mehr besinnen. Das ging alles so fix!" „Auf die einzelnen Worte kommt es ja auch gar nicht an. Du wirst dich aber doch wohl noch besinnen können, ob du ihr vorgcworsen hast, das Geld unter schlagen zu baden?" Was sollte sie darauf antworten? Allerdings hatte sie wohl dem Mädchen jenen Vorwurf gemacht; wenn sie das aber jetzt ihrem Manne sagte, in der gereizten Stimmung, in der er gerade war, dann würde sie schön etwas zu hören bekommen; das durfte sie also gar nicht sagen. Jedenfalls war e» schlauer, vorläufig abzuleugnen; später konnte sie ihm ja dann immer noch bei einer günstigeren Gelegenheit die Wahrheit sagen. Und so erklärte si« dann leidlich sicher: „Ach, wo werd« ich ihr denn so was sagen! Ich fragte sie nur, wie das mit der Rechnung zusammen hinge, und da tat sie gleich so beleidig! und schrie gleich los und sagt« " „Was sie gesagt hat, ist mir ja yonz Wuttt. Damit verschon« mich, bitt«! Also du weisst ganz bestimmt, dass du ihr in keiner Weise eine Unehrlichkeit vorge worfen hast und sie nicht etwa auch entlassen hast?" „Ja, das weiss ich ganz genau." „Na, schön also! Dann werde ich das Frauen zimmer sofort von der Polizei zurückholen lassen." (Fortsetzung in der Abendausgabe.) W 2 SAinuiESH nsus ke!gv kür ÜLS Litt älsssm vsdlsts. Imtlmtitl-kMlelmk- M kittr-kmlir-l!«.. »LMM 181 MLll 1r» äsr l-ktßfS. slvsv ^utomodllrslksv LU8ru- vsoksslL. vs.8 askskvlll8 llsxt 1v äor» sDnetlm- vLren OontLnvrltkll-k'SlAe, äsrsv »HoiIsII ISII tu srdöktsr korm LIvLeddstt, ks8tsn 81tr uvä Islokts HovtLxs vsrslQltzft. — Lkidrsr von Luk vrllLrsu äls MÄ/iLL« Fekike/L/ieL' /c Ikkctc» t-onZtyicmT-' kld. i«n ttk. «Li bbu-/, u kckidt- lll. ct« ran R/buctico- „Ne»,« Konpulvm »»d X SLSLlliu-l'Ldlsttvo, 8ulomouls-^potk«lre, Grtmmatsche Ltratze 17. Tel. 207ö. V00L7 Bekanntmachung. Sämtliche noch im Umlaufe be- findliche TeiWnIdmschreibWtii der Meschen vtrniientnhn, sowobt dieienigen, welche die Stadt- gemeinde Halle a. S. anlässlich des An kaufs der Bahn durch Abstempelung selbstschuldnerisch übernommen hat, als auch die nicht abgesiempelten aus Lei isiquidationssumme einzulösenven Stücke werden hiermit zum 2. Januar 1V12 mit der Maßgabe zur Rückzahlung ge kündigt, daft vou diesem Tag« ab ihr« Berzinjung aufdört. Dir Inhaber dieser Teilschuldver- ichreibnugen werden ausgesordert, die Einlösung der Stücke vom 2. Januar IS 12 ab bei der Stadthauptkasse m Halle a. S. gegen Rückgabe der Schuld. Verschreibungen und der zugehörigen Zins- und Erneuerungsscheine zu be- wirken. Die Einlösung erfolgt ferner: In Halle a. S.: bei dem Bankhanse 11. k. I-ekwaov, « - - Lelodolck 8teelln«r, tu Leist,tg: beider^llgemetnen veuteedea Lrecklt- st-italt, UtellavU üveker st 0». Bo« den zu« 2. Jan»« 1911 ver loste, Sch»ldverjchreibuag«a ist »och an- eingelöst: Buchstabe L. kl. 1139 über 500 Halle a. S.. den i«. Mai 1911. Der Magistrat. Haiesche Rtve. v. Holly. Strassenbahn in Ltgu. »IN, Karl Berndt. SelMlikii! bekommen unck erb. Lio ckurcb m ins ttoeo ^l 8.—, b',eko. 30 mekr. »011,7 t'raa L. Lreed, Erkort, Llomvnstt. 79 tea d. Lockkappeu, Hochs. Appretur f. braune Stiefel, i« Fläschchen geg. 40-H frko.i.Mark. Gebrauchsanweisung beilieg. Hausierer ges. keter t orster, chem. Fabrik, Pirmasens. v»i>» — WWW» ». kernspr. IsttzS. M . 2snti-sl-Nsnungsnv- 2svk«ni>oi-G L Os