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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.05.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110523027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911052302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911052302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-23
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Abend'Ansgabe Bezug-.PreiT MWgerTaMaü Handelszeitung Ämlsvlatt des Aales und -cs Dolizeiamtes der Ltadt Leipzig ,14632 TeU-Anschl. r «S3 114 634 ?>«» Lev,'S« «Ick»»« »«at daalUd Sone» » «»' «org«»». Ldonnemenl»»Lnn<U>m« 8. d« »n'.«k,» Irogrn». 8Uwl,«.Lo«vu,»ie« *«i» Lall<U>m«It»0,n. lowi» PoNäml«» »nd Vnetträaer» 4V1. 414 632 Tel.-Anschl. r 14 833 l 14 694 Mr Levi»» »»v v«r«r»i »urch «1«» Trögri ««» Ep«dtt«»r» r«al tdiltch In» yau» aediaa» « VI «onakl.. L7u Mk. vieNelzahrl. Lei »n>«n> gttialro n La» nohmeitellen ndakdoU 7S Vs. «ouall» >L»t «UNetiLtzrU V«M »», V«l»r tiuierdald Denixüwnd» and der deutichen jitalonirn »»»nenädrl. ».Vt Ml» «»naU. l.A Ml anaichl PoNdelrellaetd ferner m Belgien, Danrmarl. den Donaoooalen, Ilalteir Lnzrmda«» Rlederload«. Noe» «egen. Oenekr,,«. Ungarn BaUland. Schweden. LLweu a Eoanie» 2» alle» üdrrgen Slaair» nni drrek» »nrch dte EelchSttdUell« de» «laue» «LaUltU^ Ln^eiqrn Prei- Mr 2nt»ra» aa» L«v,«a and Umgeb»»« dte lloaltig» Bettterrle S Pt die -ieklame» ,«»l« I Ml., von auewarl» Zv PI. Beklamen U2VMk.. 2n>erar» von Behörden »m amt lichen Teil di» Petiiierl, SU Pt S«Ichäit»an»eig«» mit Platzoarlchrttren » in der Bbenbauegab« im Prell» erhöh!. Rabatt nach Taril Beilagegeduhr lbelami. aaslage ü Mk. g Taulend erki. Poiigedützi. Teildeilag« höher. FeslerielUe Äutiraae können nicdr ,urü<t. gezogen werben Für da, Lrlcheinen an beliimmren Tagen und Plane» wird kern« Garantie übernommen. Änzeige». Ännahme 2,Yanni»,»p« «, bei iämilichcn Filialen a. allen Annoncen» Elvedrlionen br» 2n» und Bu»londe» Druck »nd Verlag de» L«i»,igr» Tage blatt«, S. Pol». Inhaber: Paul Mtrlre». Rtdaklioa und ^«tchdtt.Uell«: Iohannlsgail« L Vanpi-iZilial« Dr«»d«ni Seeltraft« 4. l lTeleohov ILA^ Nr. 142. Vlrnsmg, üen 23. Mai lSll. 105. Ishrgsng. Die vorliegende Aufgabe uwsaßt 6 Seiten. Vie kxpMilmeii cjes Leipriger 7sged!a11e5 uncj cler Leipriger Allgemeinen Leitung besinnen sich nur noch I.6iprig, )okanni8gL886 8, VoräörZebLuäe parterre 1ivk8 im Lsbäuäö ckes IaA6bIatlo8. Die politlkchen Folgen ües psriler Keroplsnunkslls sind noch nicht klar ersichtlich. Die Radikalen und die Sozialistisch-Radikalen geben sich alle erdenkliche Mühe, die von ihren politischen Gegnern behauptete Unumgänglichkeit einer Neubildung des Kabinetts zu. bestreiten. Gerade in dieser schwierigen Situation erwartet man auf seiten der Ministeriellen eine Lerirauenskundgedung der Depunertenkammer. Fol gende Depeschen unterrichten näher über die Stimmung: Paris. 23. Mai. (Tel.) Der Vo.lzugsaus- scyuß der radikalen und sozialistisch- radikalen Partei fahr« in einer außerordent lichen Sitzung einen Beschlußantrag, in dem dem Schmerz über den tragischen Tod Berteaux' und dein Wunsche, nach baldiger Genesung Les Minister- prastdenren Ausdruck gegeben und der „Regierung, welche Lieser mit solcher Energie vertreten", vollstes Vertrauen der von der Partei angestrebten demokra tischen, sozialen und Verhältnisreform ausgesprochen wird. Paris. 23. Mai. (Tel.) Der frühere Minister Vi viani sagte, es sei unmöglich, Lag Frank reich wegen eines Ae r o p l a n u n f a l'l s seine Politik ändere. Paris. 23. Mai. (Tel.) Radikale und soziali stische Deputierte erhoben in r>en Wandelgängen ent schieden Einspruch gegen dre von mehreren Antr ministeriellen ausgestellte Behauptung, daß unter Len gegenwärtigen Verhältnissen eine Kobinet1skrisis unvermeidlich sei. Sic erklärten, das Parlament müsse dem Mini sterium aus zwei Gründen vertrauen und Kredit gewähren, aus Gründen des Taktes und des Gefühls, denn der Ministerpräsident habe ein Recht darauf, daß man ihm gerade jetzt Sympathie ent- gegenbringe, und aus politischen Gründen, denn die Kammer habe dem Ministerium wiederholt ihr Ver trauen bewiesen. Paris, 23. Mai. (Tel.) Gestern abend hat man dem Ministerpräsidenten Monis mitgereilt, daß der Kricgsminister Berteaux anscheinend ver loren ser. Monis war davon sehr schmerzlich berührt. Auf Anraten der Aerzre wird ihm der Tod Berteaux' ersi morgen mitgeteilt werden. politisttze Nachrichten. Ende des Kölner Kaisertages. Köln. 23. Mai. (Tel.) Die Stadt war gestern abend bis in die fernsten Teile auss glänzendste illuminiert. Die Fahrt des Kaiserpaares und der Prinzessin Viktoria Luise aus dem Dampfer „Kron prinzessin Cectlie", auf dem sich auch die spitzen der Behörden einaefunden hatten, bildete einen glanz vollen Abschluß der nunmehr achlwöchigcn Reise des Kaiserpaares, die über Korfu, einige süddeutsche Städte und London hierher geführt hat. Die Fahrt ging zunächst über die Südbrücke bis zur Bismarck- Säule hinaus, dann rhcinabwärts und wieder zur Landungsstelle zurück. Die Ufer erstrahlten allent halben in einem Meere von rotem, grünem, weißem und gelbem Licht. Alle erdenklichen Beleuchtungs effekte waren zur Anwendung gekommen. Schern werfer spielten, Raketen stiegen in die flöhe, ein un unterbrochener Regen von Feuerwertskörpern ergoß sich über das kaiserliche Schiff, und ein Feuerwasser- fall ging von der neuen Rheinbrücke hernieder. Auf den Ufern und unzähligen Dampfern und Booten nahmen Tausende von Menschen Aufstellung. Hurra rufe, die Nationalhymne und andere patriotische Lieder, von Musikkapellen begleitet, vereinten sich zu einem gewaltigen Brausen. — Die Abfahrt der Maje stäten erfolgte um 11 Uhr nach sehr herzlicher Ver abschiedung von den Spitzen der Behörden, die An kunft in Potsdam heute morgen 10 Uhr 1ö Min. Massenaufgebot der Parteien für die reichsliindische Perfassungsfrage. Zur heutigen Verhandlung über die elsaß-lothrin gische Verfassnngsfrage im Reichstage haben alle Parteien telegraphisch ihre Mitglie der zum Erscheinen aufgefordert. Zur Abstimmung über das preußische Feuer bestattungsgesetz. Bei der dritten Lesung des Feuerbestattungsge setzes haben bei der Schlußabstimmung folgende konservative Abgeordnete für das Gesetz ge stimmt: Bauer, Boehmer, Dr. Busse, Braemer, Graf v. Bredow, Dr. v. Brüning, Graf Clairon d'Hausion- ville, v. Ditfurth, Eberhard, v. Eisenhart, Firzlaff, v. Eoßler, Hammer, Hogrefe, Karow, v. Kölichen, v. Kalcksiein, Kunye, Krahmcr, Linewcg, Mentz, Quehl, Reiner Ruhden, Scholz, Frhr. v. Schönaich, Lernau, Siebert, v. Stockhausen, v. Tresckow, Tuercke, v. Walkow, Weißermel, v. Wilcken und v. Wentzel; insgesamt 34 Abgeordnete. Die Freikon» servativen stimmten für das Gesetz mit Aus nahme des Abg. v. Bonin (Stormarn), der Abg. v. Wonna, der sich bei der zweiten Lesung der Stimme enthalten hatte, hatte bei der dritten Lesung gefehlt. Das Zentrum und die Polen stimmten ge schlossen gegen das Gesetz, die gesamte Linke ge schlossen für das Gesetz. Frattionsjubiläum. Am 9. Juni feiert die Fortschrittliche V o lkspartci das fünfzigjährige Juki- läum der Deutschen Fortschrittspartei. Eine Reihe von Parteiveteranen nimmt an der Feier teil. Zum Befinden des Kaisers Franz Josef. Wien, 23. Mai. (Telegramm.) Die „Neue Freie Presse" berichtet: In Hofkreisen verlautet, die Aer.zte des Kaisers lieraten über einen vorübergehenden Auf enthalt des Kaisers in einem südlichen Kurort. Hauptsächlich ist deshalb die gestrige Berufung des Professors v. Neußer nach Gödöllö erfolgt. Ausschreitungen in einer Wahlerversammlung. Lemberg, 23. Mai. (Telegramm.) In einer W ä h le r oe r s a m m l u n g des Paters Senyk. der wegen russophiler Agitation von Geistlichen seines Ämres enthoben wurde, kam es gestern in Livica- Dolna zu b l u t i g e n A u s s ch r c i t u n g e n. wobei ein Bauer getötet wurde. Zum Bergarbeiterausstand in Südwales. London. 23. Mai. (Telegramm.) Tie Be dingungen für die Beendigung des Ausstandes in den Lambrian-Kohlengruben, wie sie in der Konferenz zwischen den Vertretern der Vereinigung der Kohlengrubenbesitzcr von Südwales und denen des Bergarbeitervcrbandes am 15. Mai sestgestellt wurden, sind heute von dem Erekutioausichun des Bergarbeiteroerbandes von Südwals in Erwägung gezogen worden. Da man nicht zu einem einstimmi gen Beschluß zu gelangen vermochte, und sich eine starke Opposition gegen die Bedingungen bemerkbar machte, wurde eine Versammlung von Abgeord neten Les gesamten Kohlengebietes auf den n äch stc n Sonnabend anberaumt, um eine Entscheidung zu treffen. Der Bergarbeiterverband von ganz Großbritannien empfahl die A n nähme der Be dingungen. Sollte man nicht darauf eingehen, so wird er wahrscheinlich die Zahlung der Bei träge an die Ausständigen einstellen, die sich auf 3000 Pfd. Sterl. wöchentlich belaufen. Zurückgezogene Demission. Madrid. 23. Mai. (Telegramm.) Der Mini st e r des Innern, der beabsichtigte, aus Gesundheits rücksichten seine Demission einzureichen, sah da von auf Veranlassung des Ministerpräsidenten ab und nahm einige Tage Urlaub. Eine monarchistische Gegenrevolution in Portugal? London, 23. Mai. (Tel.) Einer hiesigen Blätter meldung zufolge erhielten hier ansässige Portu giesen die Nachricht, daß eine Gegenrevolu tion sorgfältig vorbereitet werde und der Ausbruch in Lissabon unmittelbar bevorstche. Es ist beabsichtigt, den Monarchisten in Oporto oas Zeichen zur Erhebung zu geben. Nitterm Liüe. Roman von Hans o. Saltzwedel-Weimar. (NaLdruck verboten.) Der Rittmeister murmelte ganz verschüchtert etwas non „prachtvoll geschmeckt" und „leider außerstande, mehr zu genießen", als in der sich leise öffnenden Tür die seit einigen Minuten verschwundene Haustochter mit einem brennenden mächtigen Pudding erschien, den sic vorsichtig vor die Mutier hinstellte. Deren Augen leuchteten beim Anblick Les wohl geformten braunen Kegels in stolzer Freude auf, während der Vater mit andachtsvoll gefalteten Hän den jede Bewegung der Tochter ängstlich verfolgte, bis oas Prachtwerk ihrer Kochkunst glücklich gelandet war; dann atmete er erleichtert auf. während die Gattin mit triumphierender Stimme sagte: „Dieser Pudding, Herr Rittmeister, wird auch Ihnen schmecken. Ich kann wohl dreist meiner Vermutung Ausdruck geben, daß sie wohl kaum jemals in Ihrem werten Leben einen besseren Pudding gegessen haben. Als der Herr Domänenrat von Erabelow einstmals bei meinen seligen Eltern war — mein Vater, müssen Sie wissen, war Königlicher Domänenpächter —, also, als dieser vornehme Herr einstmals bei uns zu Tisch« war, da haben wir ihm diesen selbigen Pudding ge macht. und wie er den schmeckte, da sagte er: „Fräu lein Wendland", sagte er. „der ist wunderbar, oer schmeckt wie ein Gedicht. Das Rezept müssen Sie mir für meine Frau aufschreiben!" — Und dann bat er dreimal davon gegessen, und jede neue Portion war immer größer als die vorige. — Ach ja. die schöne Jugendzeit!" Unterdes hatte die Sprecherin ein mächtiges Stück der goldbraunen, reichlich mit Ro sinen gespickten Masse auf den Teller ihres Gastes getan. Dieser dachte: „Platzt er. dann vlatzt er!", griff schwer seufzend heimlich unter den Tisch und öffnete an verborgener Stelle zwei Knöpfe. Nun batte er wieder etwas Luft. „Drauf also, mit Gott für König und Vaterland!" Dennoch gelang es ibm nur mit Hilfe reichlicher Weinspülung. die ganze Portion des schweren Gebäcks herunterzuwürgen. Dieser Wein aber nannte sich Moselwein und war ein edle» Gewächs rätselhafter Herkunft von nerven erschütternder Blume, der in das Blut ging wie aller schwerster Rheinwein oder — etwa neunziaqrädiger Sviritus: der Rittmeister aber hatte, verschmachtet wie er war. nicht wenig von diesem Zeuge getrunken. I Glücklicherweise gab es nach dem Pudding eine I große Kanne voll Mokka, der in seiner wässerigen Dünne wohltätig niederjchlagend wirkte: um so ge fährlicher dagegen war Lic dazu gereichte pechschwarze, saucige Zigarre. Bei de zweiten Taste begann der Hausherr sachte einzunicken, während Mutter und Tochter gleichzeitig ununterbrochen sprachen. Wie aus weiter Ferne kommend, klang das gleich mäßige Geplapper der Frauen unverstanden an Las Ohr des Gastes, dessen Gedanken in dem heißen Kopfe wild durcheinander wirbelten, immer wieder um die beiden Fragen herum: „Was mag mit Vera passiert sein? — Wann endlich wird der Befehl für morgen lammen?" Schließlich konnte er dieses abwartende, tatenlose Hindämmern nicht länger ertragen. Kurz entschlossen sprang er auf und erklärte, er müsse noch zu seinem Wachtmeister hinübergehen. Erschrocken fuhr der Hausherr aus seinem Halbschlummer und sah mit verglasten Augen verständnislos um sich, während die Damen energisch dagegen protestierten, daß der Gast bei dem Wetter und der Dunkelheit so spät noch hin aus wolle. Dieser aber blieb fest dabei, daß ihn seine Pflicht rufe und empfahl sich kurz. In seinem Zimmer schrieb er schnell die für Vera bestimmte Depesche: „Kann erst heute abend kommen. Telegraphiere mir sofort, was los ist. falls Brief nicht unterwegs. Heinz." Dann nahm er Mütze und Um hang und trat zur Tür hinaus in den kleinen Vor garten. Hier traf ihn ein heftiger Windstoß und trieb ihm einen eiskalten, feinen Regen in das erhitzte Ge sicht. Das tat ihm wohl, und er atmete erleichtert auf. Dann versuchte er. in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Grauschwarzer Wasterdunst umgab ihn überall. Wo mochte das Wachtmeisterquartier liegen? Vorsichtig trat er aus dem Gärtchen einige Schritte ins Freie und sah sich dort um. An der linken Haus ecke vorüber erblickte er einen schwachen Lickmchein. In der Richtung mußte Las betreffende Gehöft un gefähr liegen. Nach einigem Umbertappen land er einen Fußsteig, der der Richtung nach wohl dorthin führen konnte. Auf ihm ging er vorsichtig vorwärts; kaum aber war er hundert Schritt weit gekommen, als es unter seinen Füßen raschelte und der Boden weich wurde. Er tastete mit der Hand herunter und fühlte Getreidestoppeln. Nun ging er querfeldein auf das Licht zu. das immer weiter vor ihm mrückzuweichen schien Plötz lich schlug ihm etwas Nasses nm die Beine, dos er dann als Saatlupinen erkannte. Das Wasser das reichlich an Stengeln und Schoten hing, durchnäßte 1 bald seine Knie und lief ihm in die Sticielschäfle. > Aber durch mußte er, das half nun nichts. Vorsichtig mit Händen und Füßen tastend, durchkletterte er einen Graben, der gücklicherweise trocken war. Jenseits kam er auf ein Seradellafeld, und nun lag plötzlich die schwarze Masse des Gehöftes vor ihm; das Licht aber konnte er von hier aus nicht sehen. Gleich dar auf stand er vor einem Bretterzäune. An ihm ent lang tastete er sich bis zur schwarzen Masse, die er für Las Wohnhaus hielt. Die Fenster waren glücklicherweise in Reichhöhc, so daß cr dagegen pochen konnte. Sofort schlug ein Hund im Hause an. und gleich darauf öffnete sich et was weiter rechts eine Tür. in der ein Mann in Dauerntracht erschien. Er leuchtete mit einer hoch gehaltenen Laterne hinaus und fragre mit rauher Stimme, wer draußen sei. worauf der Ankommende erwiderte: „Ich bin der Rittmeister von der hier einauartier- ten schwadron. — Liegt der Wachtmeister Schultz vielleicht bei Ihnen?" „Ah. der Herr Rittmeister!" erscholl es höflich zu rück. „Ja. der Herr Wachtmeister ist hier. Bitte, treten Sic nur ein!" Rottnow folgte der Aufforderung und wurde von dem Bauern rechter Hand in einen großen Raum ge wiesen. aus dem ihm ein dumpfer Geruch nach Men schen. nassen Kleidern und Tabak cntgcgenströmte. Das Zimmer war ganz mit Dunst und Rauch an gefüllt und nur schwach durch eine in der Mitte über dem Tische hängende Lampe erleuchtet. Der Eintretende konnte zunächst nur um den Licht schein herum schattenhaft mehrere Köpfe schimmern sehen; dann unterschied er rings an Len Wänden sitzende und an dem großen Kachelofen stehende dunkle Gestalten. Plötzlich rief dicht neben ihm eine scharfe Stimme: „Achtung!", worauf alle Anwesenden zu sammen- und emporfuhren und in strammer Haltung dastanden. Rottnow trat zu der um den Tisch stehenden Gruppe, in der er jetzt die hohe Gestalt Les Wacht meisters erkannte. Das lange, ernste Gesicht des Mannes sah furcht bar abgespannt aus, und auch die Gesichter der übri gen Unteroffiziere zeigten deutlich Len Ausdruck großer Nebermüdung. „Rührt euch!" Damit löste ter Rittmeister Len allgemeinen Bann, um dann mit der Hand winkend sortzuiahren: ..setzt euch nur wieder und laßt euch nickt stören! — Nun. Wachtmeister, der Befehl immer noch nicht da?" Kus Leipzig unü Nmgegenü. Leipzig, 23. Mai. Wetterbericht der König!. Sachs. Landrswetterwarte zu Dresden. Voraussage für Mittwoch den 21. Mai. Südwestrvind, wolkig, etwas wärmer, kein erheb licher Niederschlag. Fichtelberg: Glän.zender Sonnenuntergang, matter Ausgang. Abend- und Morgenrot. * Jubiläum. Der Klempnerwertmcisler Karl Albert Koch in L.-Thonberg begeht morgen das Jubiläum 2öjähriger ununlerbrochener Tätigkeit in der Fabrik für gesuiidheitstechnische Anlagen von Lou^s Miethe Nachf. in Leipzig. Bayersche Straße 28. * Ein Jubiläum der Autotypie. Auf seinem Land sitz in Emmering-Bruck feiert am 27. Akai Georg Meijenbach. der Erfinder der Autotypie, sein 70. Eeburtstagsfest. Es sind fetzt 30 Jahre, daß er seine ersten Versuche unternahm, nach photographi schen oder sonnigen Originalen aus rein phciomecha- nischem Wege drucksähige Klischees herzustellen. Diese Versuche waren dank seiner reichen Erfahrungen als Kupferstecher und Zinkograph von Erfolg gekrönt, und er verband sich damals mit v. Schmacdel. um mU ihm seine Eriiudung in die Praris einzuführen und weiter auszubauen. Heuie ha- sich die Technik der Autotypie zu einer Welrindustri« ausgestaltet, die Las ganze internationale Illustrationswesen be herrscht. Meisenbach und v. Schmaedel legten den Grund zu der durch ihre hcrvorragcndcnLeistungen bekannten Firma M e i s e n b a ch. R i f s a r t h <K C o., an deren Spitze als einer der ocschästssührenden Teil Haber heute Kommerzienrat August Meijenbach, der Sohn des Erfinders, stehl. Der um die Entwicklung der modernen Reprodutnonstcchniken hochverdiente Jubilar hat sich schon vor längerer Zeit vom Geschäft zurückgezogen. * Adschievsseier. Der vergangene Montag brachte der I. katholischen Bürgerschule, Alexanderstraße, eine Stunde der Wehmut, eine Scheidcstunüe. Der seit herige D irektor D r. p h i l. I o h a n n e s Groll- mutz verabschiedete sich von seiner Lehrerschaft und den Kindern. Ein hartnäckiges Leiden zwang ihn, schon vor Ostern die Würde und Bürde des Dirck torats niedcrzulcgen. Aus diesem Anlaß war ihm auch eine Auszeichnung zu»eil geworden: Der König hatte dem Scheidenden das Ritterkreuz 2. Klasse vom Verdienstorden verliehen, welches ihm am 2. Mai der Königliche Bezirksichulinspektor Oberschulrat Pro- fejfor Dr. Miiller überreichte. Bei der Abschieds ferer waren der katholische Schulvorstand, die katho lischen Kirchengemeinden in ihren Spitzen vertreten, die Kollegien der II., III.. IV. katholiichen Bürger schule hatten ihre Direktoren und Vertreter der Lehrerschaft gesandt. Der Vorsitzende des Schulvor standes, Fabrikant M. Baader, Pfarrer und Superior I. Stranz, der Vertreter der Kirchengemeinde, wuß ten klangvolle Worte der Anerkennung anzuschlagen als Endurteil über Las 18jährige Direktorat, konnten ihm den herzlichsten und innigiten Dank aussprech?n für seine erfolgreiche und gesegnete Wirksamkeil in Schul- und Kirchengemcinde und versicherien ihn des treuen Gedenkens auch in den verdienten Ruhestand hinein. Zn gleich warmen, herzlichen unü ehrenden Worten verabschiedeten sich die Kollegien. Es sprachen Oberlehrer G. Petrich, Dir. Schwermann, Dir. Dr G. Taute und überreichten als äußeren Ausdruck innerer Wertschätzung sinnige und wertvolle Geschenke. „Nein. Herr Rittmeister, wenn der uns hier in diesem abgelegenen Gehöft überhaupt nur findet.' „Er wird doch wohl! Der Gefreite Dudoeck ist ja doch sonst ein ganz schlauer Sohn, und die Ruth ein braves Tier." „Ja, aber bei der Dunkelheit und so abjcits von der großen Straße!" gab der Vizewnchtmeister zu bedenken. „Nun. jedenfalls ist dabei nichis zu machen", erwiderte der Rittmeister beruhigend, „wir müssen eben abwarten. Irgendwie wird cr sich ja wohl bis hierher durchfragen." Darauf setzte er sich neben den Wachtmeister und besprach mit leiser Stimme Schwadronsangelegen- heiten; wobei er ab und zu einen Berittführer auf rief, um ihn nach einzelnen Leuten oder Pferden zu fragen. In dem menfchengefüllten Raunie wurde cs immer stiller. Die leise geführten Gespräche verstummten nach und nach; man hörte nur noch tiefes Atmen und hin und wieder ein kurzes Schnarchen, das aber gleich wieder abbrach. Der ganze Raum war mit bleierner Schläfrigkeit erfüllt. Heiser schlug die laut tickende Wanduhr einmal an Der Rittmeister sah erschrocken empor: „Halb zwölf und immer noch kein Befehl!" Nervös sprang er auf; er konnte die dunstige, schwere Luft nicht länger ertragen und riß ein Fenster auf. Der Regen hatte sich in einen dichten, rieseln» den Nebel verwandelt und der Wind bedeutend nach» gelassen. Jetzt trug er aus weiter Ferne das Wiehern eine» Pferdes durch die stille Nacht herüber. Sofort kam Leben in die schläfrige Gesellschaft. Alle horchten auf, und der alte Sergeant Spiekermann sagte ganz zuversichtlich: „Das war die Ruth!" Diese kühne Behauptung wurde aber von den andern sehr skeptisch ausgenommen: „Was der auch immer wissen will!" — „Nun kennt er schon jedes Pferd am Wiehern!" — „'Nächstens wird cr sie schon am Geruch erkennen wollen!" scholl cs spöttisch durcheinander, während gleichzeitig die verschiedensten Vermutungen laut wurden: „Der Duddcck wird's schon sein; wer sollte denn sonst noch l.Zlumreitcn?" — „Es kann auch Bloch mit seiner Patrouille sein." — „Oder es ist eine feindliche Patrouille." — „Nein, e» ist nur ein Pferd, sonst hätten noch mehr gewiehert." (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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