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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.05.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110519015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911051901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911051901
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-19
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Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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?slili5(ve Umschau. Gerüchte über üle relchslänüllche verkallungsrelocm. Don unserem Berliner O.-Berichterftatter wird uns gedrahtet: Die Beratung des elsaß-lothringischen Reform werkes ist dadurch in eine neue Phase getreten, daß die verbündeten Regierungen sich geneigt zeigen, auf das Mehr st immenrecht zu verzichten. Ob sie's wirklich tun, ist noch nicht ganz sicher. Da durch würde aber jedenfalls die Bereitwilligkeit der Fortschrittler, an der Reform mitzuarbeiten, erhöht. Anderseits will dem Vernehmen nach derjenige Teil der Freikonjeroatioen, der überhaupt bereit war, dem Gesetze zuzustimmen, auch nach Beseitigung des Mehrstimmenrechies noch nicht zur Opposition über» gehen. Auch die Möglichkeit, daß die Sozialdemo kratie ja sagt, ist durch das Entgegenkommen der Regierung verstärkt, doch macht sie jetzt Schwierig, keilen wegen der Bestimmung, daß das Wahlrecht von einem längeren Aufenthalt in der Gemeinde abhängig sein soll. Die Gegnerschaft der Kon- seroativen wächst natürlich infolge des neuen Schrittes der Regierung, doch rechnet man ja schon sowieso seit längerer Zeit nicht auf deren Zustim mung. Die Parteien bemühen sich, diesmal die Mög lichkeit auszujchließen, daß die Vereinbarungen bei den Abstimmungen nicht gewahrt werden. Man sucht Garantien, wenn möglich in schriftlicher Form, dafür zu schaffen, daß sowohl in der Kommission, als im Plenum ein« genügende Anzahl von Mitgliedern der rn Betracht kommenden Parteien mit ja stimmt. Das gilt namentlich vom Zentrum. Es würde sich nicht empfehlen, daß die anderen Parteien zustimmen, wenn nachher doch noch das Zustandekommen der beiden Vorlagen (Verfassung und Wahlgesetz) in Frage gestellt wäre. Auch die dem Werke geneigten Parteien können ihre Haltung bei einem positiven Erfolge der ganzen Aktion leichter rechtfertigen, als wenn das Werk scheitert. Weiter wird uns gedrahtet: Die der Reform geneigten Parteien scheinen das Wahlrecht zunächst auch ohne die Zustimmung der Regierungen in Las Wahlgesetz hinernschreiben zu wollen. Zn der für Freiragoormittag 10 Uhr an beraumten Sitzung der Kommisson wird sich das Weitere ergeben. wie lteln's mit üem japanischen Sanüelsvertrsye? Viel größere Eile ais der Handelsvertrag mit Schweden, der erst am 1. Dezember d. 2. abläuft und schon in den nächsten Lagen dem Reichstage zu gehen wird, hat die Erledigung des japanischen Handelsvertrages, der im vorigen Sommer zum 17. Juli d. 2. gekündigt worden ist, al>o schon in zwei Monaten avläust. Ucber die Verhandlungen mit dec Lotioer Regierung zum Abschlüsse einer neuen Konvention ist bisher last so gut wie gar nichts rn die Oefsenllichkeit gedrungen. Das taßl die Vermutung gerechtiertigt ericheinen, baß die Unterhandlungen sich schwierig gestalten und es der deutichen Regierung noch nicht mö lich gewesen ist. befriedigende Konzessionen von 2avan zugesichert zu erbalten. Es war dies eigentlich vorauszusehen, nach dem man rn Lotio dein gewaltigen Auiichwunge der japaniichen 2ndustrie in der Tarifresorin Rechnung genügen hatte, indem man zwar keine Hochschutzzölle, aber Loch Finanzzölle in solcher Höhe vorsah, daß die heimische Landesvroduktlon dadurch einen weit härteren schütz als früher genießt. Der deutiche Export mug sich deshalb aus eine Erschwerung des Konkurrenzkampfes in 2apan gefaßt machen, der ohnehin nicht mehr leicht war, wie die Statistik lehrt, wonach unsere Ausiuhr nach dem ostasiatischen 2n,elreiche von 102,4 Millionen 'Marl im Jahre 1007 auf 04,6 Millionen >m Jahre 1008 und au» 77,6 Mill, rm 2ahre 1000 zurückge »angen ist. Man darf ge spannt sein, weichen Ausgang die Verhandlungen haben werden, die, wenn ein neuer Vertrag recht zeitig zustande kommen soll, bald abgeschlossen fern mützren. Zu üem Problem eines Reichsemiyungsamtes äußert sich der Syndikus der Hauplstelle Deutscher Arbeitgeberverbände Dr. Tänzler rn der neuesten Nummer der Halbmonalsickrift „Der Arbeitgeoer" Die Gesellschaft kür sozial« Reform tritt gegenwärtig in Wort und Schrift lebhaft für die Errichtung eines solchen Amtes ein, das verpflichtet sein soll, aui Grund öffentlichen Jnieressis in Arbeitsstrettigkeuen unaufgefordert einzugreisen und im Falle der Nicht einigung einen Schiedsspruch zu fällen. Dr. Tänzler weist uus das Bedenkliche hm, das in einem solchen staatlichen Eingriff liegt. Für die Arbeitgeber bedeutet das euren Eingriff in die Vertragsfrech it, wenn sich die Autorität des Staates hier in rein wirtschaftlichen Fragen geltend macht; wenn auch zurzeit ein Zwang zur Annahme des Schiedsivruches durch die Parteien nicht verlangt wird, so bedcute doch die Veröffentlichung des Urteils des Reichsamtes einen so starken moralischen Druck, daß sich ihm wohl kaum ein Arbeitgeber wird entziehen können, ganz abgesehen davon, daß die Zwangsvurchsetzung des Schiedsspruches für die "Zukunft in Aussicht gestellt wird. Es ist ausgeschlossen, daß eine solche Staats behörde so mir den wirtschaftlichen Verhältnissen ver traut ist, daß sie eine sachgemäße Enticheidung über die zweifellos meist recht kompliziert liegenden Fragen treffen kann; überdies kann eine Regierung, wenn sie nicht lediglich rechtfvrechende Tätigkeit aus übt, wohl nie das Hineinspielen politisäser Erwägun gen vermeiden. Daraus kann ihr nicht einmal ein Vorwurf gemacht werden, der wirtschaftlichen Ge rechtigkeit enijpricht aber eine auf dieser Grundlage gefällte Entsa^idung nicht. Für die Arbeiter bedeutet das Reichseiniaungsamt im Grundsatz« die Verneinung des Streikprinzips; denn wenn eine staatlich« Autorität ihnen sagen kann, dieser Streik ist berechtigt, jener nicht, so stellen sie die Vornahme von Streiks letzten Endes in die Entscheidung des Staates. Der Regierung erwächst mit dem Reichseinigungsamt «nie enorm schwere, verantwor tungsreiche und undankbare Aufgabe, die sicher nicht dazu beitragen wird, da» Verhältnis von Regierung und Regierten besonders harmonisch zu gestalten; im Gegenteil wird sich die Regierung sicher den einen Teil, meist aber alle beide Teile, verfeinden. Für die Allgemeinheit endlich, deren angebliches Interesse an dem einigenden Eintreten drr Staats behörden von den Befürwortern der Idee des Reichv- einigungsamtes so stark ins Treffen geführt wird, wird ein solches Reichsgesetz kaum einen Vorteil be deuten; es mag der Staatsbehörde wohl in einzelnen Fällen möglich sein, eine Entscheidung des Kampfe» hinauszuschieben, den Konflikt ganz aus der Welt zu schaffen, wir- ihr nie gelingen. Ist dies aber der Fall, liegt es in der Natur der Sache, daß die Diffe renzen ausgefochten werden müssen, dann muß die Allgemeinheit ein Interesse daran haben, daß di« Entscheidung so ausfallt. wie es die Konjunktur und die sonstigen Wirtschansfaktoren verlangen, andern falls möchte gerade die Allgemeinheit leicht di« Kosten oe» Ausgleiches zu tragen haben. Aul üem Unüer. Nach einem römischen Telegramm der „Kölnischen Volkszeitung" haben sich der bekannte Münsteraner Rechtsanwalt Dr ten Hompel sowie der ehemalige Subregens vonDillingen, Dr. Franz Wieland, der Verurteilung ihrer Werke durch die Jnderkongregation nicht unterworfen. Dr. Franz Wieland, der wie sein Bruder, der Kaplan Konstantin Wieland, die Leistung des Antimodernisteneides seinerzeit ver weigert hat, ist durch seine wissenschaftlichen Arbeiten auf ideologischem Gebiet bekannt und hat durch ein kirchengeschichtliches Werk, das aus den Index geletzt wurde, in Rom Anstoß erregt, noch ehe das Gra- vamen der Weigerung in Sachen des Antimoder, nisteneides ihn vollends als Modernisten dartat. Dr. ten Hompel hat sich durch seine interkonfessionell versöhnlichen Bestrebungen um die kulturelle Hebung des deutschen Katholizismus — er ist einer der Führer der von Münster vor einigen Jahren ausgegangenen Anti-2ndexbewegung und des Kultur bundes — einen Namen gemacht. Durch sein Eingreifen in die Erörterung des Anttmoder- nisteneides, den er vom kirchenrechtlichen Stand punkt aus als eine unzulässige Neuerung und von religiösem Gesichtspunkt aus als eine bedenkliche und beklagenswerte Einschränkung der Gewissens freiheit bezeichnet hat, wurde er in eine Fehde mit dem als Uoitore an der römischen Rota (päpstlichen Gerichtshof) wirkenden deutschen Prälaten Heiner verwickelt. Heiner griff ihn und alle Männer seines Kreises in einem plumpen persönlichen, an die ge hässigen Streitschriften aus der Theologie des Refor mationszeitalters erinnernden Pasquill in der un vornehmsten Weise an, und der Erfolg war, daß ten Hompels Schrift über den Antimodernisteneid, die zugleich eine glänzende Abfertigung Heiners ent hielt, auf den 2ndex gesetzt wurde. 2hre ehrliche, wissenschaftlich begründete Ueberzeugung ist. sagt die „Straßburger Post", den Herren Dr. ten Hompel und Dr. Franz Wieland wertvoller als das in dem Falle des -nich'd nu-r se üudj>" ir" so gern und reichlich gespendete Lob der klerikalen Presse. Zwei aufrechte, katholische deutsche Männer —, es ist kein Lob für die Kreise, die ihre Anschauungen im stillen durch aus teilen daß es noch nicht einmal zu einem Fähn lein der sieben Aufrechten langt. Deutsches Reich. Leipzig, 19. Mai. * Leipzig und die Servisllaße Wegen Ver setzung der Stadt Leipzig und deren eingemeindete Vororte in die Servis klasse finden gegen wärtig neue Erhebungen statt. — Auf behörd liche Veranlassung wird jedem Offizier und mitt leren Beamten, soweit diese nicht Dienstwohnung haben, ein besonderer Fragebogen zugestellt. Von dein Resultat dieser Ermittlungen wird es voraus sichtlich abhänoen, ob Leipzig vom Bundesrat in die .^-Klasse erhoben wird. Es ist zu hoffen, daß die Erhebungen zu einem für die beteiligten Kreise günstigen Ergebnis führen, da die Grundzahlen, die für den einzelnen Zimmerpreis in Frage kommen, in Leipzig er. eblich überichritten werden. * Aus dem 22. sächsischen Reichstagswahkkreise. Einem Telegramm des „B. T." zufolge hat der naiionalliberale Vertreter des Wahltreiles Reichen bach-Auerbach Stadtrat Merkel-Mylau eine aber malige Kandidatur avgelehnt. * Der Landesparteitag der Forschrittlichen Volks partei im Königreich Sachsen findet am 27. und 28. Mai in Dresden statt. Auf der Ta'esordnung stehen u. a. der Jahresbericht und ein Antrag des Vorstandes, die Zahl der Mitglieder des Landesver bandsvorstandes von 11 auf 15 zu erhöhen, ferner die Wahl der Mitglieder des Vorstandes und des Landesausschusses sowie die Stellungnahme zur nächsten Reichstagswahl. ' Reichsdeutscher Mittelstands-Verband. Der Reichsstaatssekretär des 2nnern Dr. Delbrück empfängt am Freitag im Bundesratszimmer des Reichstages den vorbereitenden Ausschuß zur Grün dung eines Reichsdeutschen Mittelstands-Ver bandes. Die Deputation wird dem Staatssekretär zwei Denkschriften überreichen. Die eine davon beiaßt sich mit den Forderungen des Handwerks und stell! den angemessenen Preis in den Vordergrund gegenüber dem Mindestpreis lbei Submissionen); die andere enthält die Forderungen des Detailhandels. Der Deputation gehören Vorstandsmitglieder der großen gewerblichen Mittelstandsverbände aus allen Teilen des Reiches an. Aus Lachsen sind folgende Herren beteiligt: Architekt Felix Höhne-Leipzia (Vor sitzender des Ausschusses), Stadtrat Hugo Seifert- Leipzig (Vorsitzender des deutschen Zentralverbandes für Handel und Gewerbe), Buchoinderobermeister Paul Unrasch-Dresden (2. Vorsitzender der Mittel standsoereinigung im Königreich Sach en), die Vor standsmitglieder der Sächsischen Mittelstands-Ver einigung: Oberjustizrat Dr. Kühlmorgen-Dresden, Bürgermeister Dr. Eberle-Nossen und Generalsekretär Ludwig Fahrenbach-Leipzig. * * Kaisertage in London. Die Kaiserin besuchte Donnerstag vormittag in Begleitung des Botschafts rates v. Kllhlmann und der Obechofmeisterin Gräfin Brockdorff das deutsche Waisenhaus und das Hospital in Delston, wo sie von Bruno v. Schröder, Sir Hermann Weber, Sir Edqard Speyer und Alexander Siemens empfangen wurde. Die Kaiserin besuchte auch die Kinderabteilung und sprach mit den kleinen Patienten. Vor dem Hospital waren die Kinder deutscher Schulen aufgestellt, die die Kaiserin mit Deutschland, Deutschland über alles" begrüßten. Auch hier unterhielt sich die Kaiserin mit verschiedenen Kindern. Die Abfahrt erfolgte unter großem 2ubel der Kinder. Der Kaiser unternahm Donnerstag vormittag eine Ausfahrt in Begleitung des Obersten Legge. Um 1 Uhr folgte der Kaiser einer Einladung zum Frühstück bei dem Kriegsminister Hal da ne. Die Kaiserin frühstückte mit der königlichen Familie im Buckingham- Palast. * Da» Kronprinzenpaar in Petersburg. Das Kronprinzenpaar ist Donnerstag mittag in Peters burg einqetroffen. Es fand militärischer Empfang statt Die Straßen sind mit Flaggen geschmückt Zum Empfange des Kronprinzen und der Kron prinzessin hatten sich der Staothauptmann, die Spitzen der Militärbehörden und eine Abordnung der Stadtverwaltung eingefunden. Der Kron prinz schritt, nachdem der Stadthauptmann ihn begrüßt hatte, die Front der Ehrenwache ab, die das dritte Leibgarde - Schützenreatment stellte. Währenddessen spielte die Musik die preußische Hymne. Der Bürgermeister überreichte der Kronprinzessin einen Blumenstrauß. Der Kronprinz danlte und ließ sich die Vertreter der Stadtverwal tung vorstellen. Hierauf fuhren die kronprinzlichen Herrschaften zur Kaisergruft, wo der Kronprinz am Sarkophage Alexanders lll. einen Lorbeerkranz und die Kronprinzessin an den Sarkophagen ihrer Großeltern Blumengewinde niederlegten. 2m Neuen Mauioleum legten der Kronprinz und die Kron prinzessin am Sarkophage des Großfürsten Wladi mir einen Kranz nieder und fuhren nach dem Anitschkowpalais zum Beiuch der Kaiserin-Witwe, wo «in Frühstück erngenommen wurde. * Die Budgetkommisfion de» Reichstags beriet über den Gesetzentwurf betreffend Tagegelder, Fuhrtosten und Umzugskosien von Kolonial beamten und beschloß einmütig, daß nicht Kilo meter- und Tagegelder gezahlt, sondern die tatsäch lichen Beförderungsgebühren in Anrechnung kommen sollen. Damit ist der grundsätzliche Teil des Gesetz entwurfes gefallen. * Osfijiersautausch für Grenzgaraisonen. Tin vor kurzem erlaßener Kronbeseyl befaßt sich mit dem Austausch von Offizieren zwilchen den kleinen Grenz- und den dinnenländischen Garnisonen. Daß dieser in Zukunft ein bei weitem regerer als bisher werde, ist der unzweideutig zum Ausdruck ge brachte königliche Wille. Diese Matzregel zeigt daß auch der Kaiser jenen vielfach geäußerten Ansichten beitritt, die in dem allzulangen Verweilen des jungen Offiziers in einem kleinen Grenznest eine Gefährdung seiner geistigen und sittlichen Qualitäten und eine ungerechte Benachteiligung seines Daseins erblicken. Hauptsächlich soll diese Neuerung, der übrigens die knappe Finanzlage des Mtlitärhaushalts und die Sparsamkeit der militärischen Verwaltungsstellen doch einige Beschränkung auferlegen dürften, den jüngeren Offi ierdienstgraden, den Leutnants. Ober leutnants und Hauptleuten zugute kommen, da ja die jüngeren und schnelleren Beförderungsaussichten der Stabsoffiziere an sich schon einen öfteren Garni sonwechsel bedingen. Eine ausreichend günstige pekuniäre Lage towie gediegene Charaktereigen schaften werden übrigen» dem Erlaß zufolge für der artige Versetzungen vorausgesetzt. * Reichstaqswahlvorbereitungen. Trotz des De mentis der Essener Geschäftsstelle des sogenannten Nationalen Vereins werden in Rheinland-Westfalen Bündnisverhanvlungen zwischen Nationalliberalen und Zentrum gepflogen. Das Zentrum soll geneigt sein, rn Bochum-Gelsenkirchen gleich im ersten Wahl gange für den nationalliberalen Kandidaten einzu treten, wenn sich die Nationalliberalen verpflichten, Herrn Trimborn in Köln ebenfalls sofort zu unterstützen. — Die Bauernbündler wollen im Reichs, tagswahlkreise Passau den Baumschulenbesitzer Macht-Eglsee als Kandidaten ausstellen. Zentrums, kandidat ist der Landtagsabgeordnete Professor Dr. Matzinger.— Die Konservativen unterstützen dies mal für Königsberg nicht die fortschrittliche Kan- didatur Gyßling, sondern stellen einen eigenen Kandidaten in der Person des Archivrats Dr. Karge auf. Von den Sozialdemokraten wurde für Königs berg Rechtsanwalt Haase wieder als Reichstags kandidat ausgestellt. — Die Fortschrittliche Volks partei stellte für den Wahlkreis Bochum-Gelsenkirchen den Gewerkschaftssekretär Pieper-Gelsenkirchen auf. -- Für den Wahlkreis Mannheim haben die ver- einwten Liberalen den Heidelberger Professor Gothein, einen Bruder des fortschrittlichen Reichs, tagsabgeordneten, als gemeinsamen Kandidaten aus gestellt. — Der gemäßigt-liberale Hamburger Neichs- tagswablverein von 1884 stellte für die nächste Reichs tagswahl für den ersten und zweiten Ham burger Wahlkreis das Mitglied der Bürgerschaft Johannes Hlisch und für den dritten Wahl kreis Rechtsanwalt Dr. Carl Albrecht als Kan didaten auf. * An dem Ausstand der Bergarbeiter im mittel deutschen Braunkohlengebiet sind etwa 5650 organi sierte Arbeiter beteiligt, bei einer Belegschaft von 12 200 Mann. Eine völlige Betriebseinstellung ist nirgends erfolgt, und das Mitteldeutiche Braun kohlensyndikat ist nach wie vor in der Lage, seine Abnehmer zu befriedigen. Dem Taabaubetrieb tut der Streik fast gar keinen Abbruch. Auch die Werke mit Tiefbau lieferten in den letzten Tagen mehr als zu Anfang der vorigen Woche. Viele Groß- abnehmer, Fabriken usw. haben noch reiche Vorräte so daß die Nachfrage nach Brennmaterial nicht so groß lst. — Am Mittwoch mittag kurz nach 1 Uhr wurden die in den Tagebau eingefahrenen Leute der Gewerkschaft Heureka von etwa 40 Streikenden mit Steinen beworfen, wodurch zwei Mann am Kopse leicht verletzt wurden. Auch Kinder von 10—12 Jahren beteiligten sich an dem Werfen mit Steinen. Die „Altenburger Volkszeitung" kann sich nicht genug darin tun, die Ruhe der Streikenden zu rühmen. Wir sind gespannt, was dieses Blatt zu den angeführten Vorfällen sagen wird. * Exzeße von Streikenden. Die entlaßenen Strei kenden der Niederschlesijchen elektrischen Kleinbahn- gesellichatt in Waidenburg (Schlesien) verübten Donnerstagabend in Altwaiser vor dem Direktions gebäude Maßendemonstrationen. Etwa 2000 Leute lärmten und bewarfen vorüberfahrende Wagen der Elektrischen Bahn mit Steinen. Die Polizei schritt ein und verhaftete 11 Personen. * Bersllgung über Sonntagsruhe. Eine jetzt er gangene preußische Ministerialverfügung gestattet, wie der „2nf." mitgeterlt wird, den Regierungs präsidenten usw. aus Grund der Vorschrift in Ziff 174 der Ausführungsanweisung zur Gewerbeordnung vom 1. Mai 1904 die Erlaubniserteilung, daß am Diens tag, den 26. Dezember d. 2., Arbeiter in Zertungsdruckereien mit solchen Arbeiten, die zur Herstellung der Morgenausgabe für den 27. Dezember erforderlich sind, frühestens von 6 Uhr abends ab beschäftigt werden können. — Wegen der Sonntagsruhe im Barbier- und Friseurgewerbe ist ferner verfügt worden, daß, da in diesem 2ahre der 24. und 31. De>ember auf einen Sonntag fallen, für solche Teile der Bezirke, wo ein Bedürfnis nach Verlängerung der Beschäftigung-zeit an diesen Tagen aniuertennen ist, diese Be chaftigung bis spätestens 6 Uhr abends zu gestatten ist. Be dingung ist hierbei, daß diejenigen Gehilfen und Lehrlinge, die an diesen beiden Sonntagen oder an einem dieser Tage über 2 Uhr nachmittags hinaus beschäftigt werden, entweder an einem der beiden Weihnachtsfeiertage oder am Neujahrstage von aller Arbeit frei zu laßen sind. * Zum Waßer- und Fischereigesetz. Daß dem preußischen Landtage Waßergeietz und Fischereiaejetz nur gemeinsam ooraelegt werden würden, stand von vornherein fest. Wann jedes von ihnen für die Vorlage reif sein würde, war von dem Gange der vorbereitenden Arbeiten abhängig. 2etzt darf als sicher angesehen werden, daß der Wajsergesetz- entwurf im Staatsnunisterium erst fertiggestellt sein wird, wenn es zu seiner Einbringung an den Landtag in der jetzigen Tagung zu spät sein würde. Auch die zweite Lesung dieses Entwurfs in der ein gesetzten Kommission, die vor kur em begonnen hat, wird noch eine geraume Zeit in Anspruch nehmen, da einzelne Ministerien mit einer Reihe von Aende- rungswünschen auswarten werden. Aber auch der Filchereigesetzentwurf ist noch lange nicht derart hergestellt, daß er ohne weiteres an den Landtag gelangen könnte. Aus diesem Grunde ist an eine Einbringung beider in Rede stehenden Gesetzentwürfe während der diesmaligen Tagung nicht zu denten. Dagegen wird beabsichtigt, die Vorlage bald nach der Fertigstellung der Entwürfe vorzunehmen, und zu diesem Zwecke den Landtag schon zum Herbst wieder einzuberufen. * Die Ueberwachung de» gesamten Bestandes der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft an freizü gigen Güterwagen, an stationierten und nicht- stationierten Spezialwagen, an Arbeitswagen sowie an Privatgüterwagen und Privatbahnginerwagen, ist vom 1. April 1910 ab dem Königlichen Eisenbabn- Zentralamt in Berlin übertragen. Anfragen Uber den Bau oder das Gewicht dieser Güterwagen sind daher nicht mehr an die Eigentumsverwaltungen (Königlichen Eiienbahndirektionen), sondern an das Königliche Eisenbahn-Zentralamt Berlin zu richten. Auskunft über die Guterwagen der übrigen Ver waltungen des Deutschen Staatsbahnwagenverbandes (Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden Reichs lande, Mecklenburg, Oldenburg) wird laut amtlicher Bekanntgabe erteilt: für Bayern von dem König lichen Maschinenkonstrultionsamt der Staatseisen« bahnen in München, für Sach en von der Königlichen Eeneraldirektion der Staatseisenbahnen in Dresden, für Württemberg von der Königlichen General direktion der Staatseisenbahnen in Stuttgart, für Baden von der Grohherzoglichen Generaldirektion der Staatseisenbahnen in Karlsruhe, für die Reichslande von der Kaiserlichen Generaldirektion der Reichs eisenbahnen in Strayburg, für Oldenburg von der Großherzoalichen Eisenbahndirettion in Oldenburg und für Mecklenburg von der Großherzoglichen Ee- neraleisenbahndirektlon in Schwerin. * Der 7. ordentliche Delegierteutag des Verein» der Deutschen Kaufleute unabhängige Organisation für Handlungsgehilfen und Gehilfinnen) findet am 21. Mai und folgende Tage in Berlin im „Marine haus" statt. Auf der Tagesordnung stehen u. a zwei Vorträge über das Thema: „Notwendige Reformen des Handelsgesetzbuches." Hierüber referieren die Geschäftsführer Max Hammerstein-Breslau und Hans Görl-Nürnberg. Sodann geben der Vor steher des Vereins Paul Tröger und der Schatz meister Rudolf Menzel den Geschäftsbericht. Ferner wird die „Reichsversicherungsordnung^ und die „Pensionsversicherung der Privatange stellten" zur Sprache kommen. Die Vorträge be ginnen am Sonntag den 21. Mai, vormittags 9 Uhr. Dem Delegiertentag geht eine Generalversammlung der Kranken- und Begräbniskaße des Vereins der Deutschen Kaufleute (Erngeichriebene Hilfslaße Nr. 44) vorauf. * Sozialdemokraten als öffentliche Funktionäre. Nach der zuletzt abgeschlossenen Statistik gab es, wie Eduard Bernstein in einer politischen Zeitschrift auseinanderseut, 274 Sozialdemokraten, die Mitglieder städtischer Magistrate und von Landgemeinde vorständen waren. Zn den 19 Landtagen deutscher Bundesstaaten batte die deutiche Sonal- demokratie Ende 2uni 1009 140 Abgeordnete sitzen. 2etzt ist diese Zahl bereits auf 170 angewachsen. Ueber die Beteiligung der Sozialdemokratie an den Parlamenten der Städte und Landgemeinden außer den obenerwähnten städtischen Magistraten geben folgende Zahlen Auskunft: Ende 2uni 1009 gab es 6157 sozialdemokratische Stadtverordnete und Land gemeindevertreter. Heute hat die Zahl der sozial demokratischen Gemeindevertreter 7000 überschritten. Die Zahl der Sozialdemotraten, die in Deutschland als Arbeitervertretz r in den Verwaltungen, Schieds ämtern und Kuratorien derArbeiterveriicherung und der kommunalen Arbeitsn ach weise öffentliche Funktionen erfüllen, ist nach Bernsteins Angabe mit 15,000 eher zu niedrig als zu hoch gegriffen. Zu dieser Zahl kommen noch mindestens 1000 sozialdemo kratische Ärbeiterbeisitzer in den Gewerbe- und Kaufmannsgerichten. * Ein große» tschechisches Fest in Berlin soll zur Feier der Wiederkehr des Tages, an dem vor 50 Jahren der Verein der Tschechojlawen in Berlin gegründet wurde, stattfinden. Er war der erste tschechische Verein im Auslande. Die tschechischen Blätter berichten, daß in Prag ein besonderer Aus schuß eingeietzi wurde, welchem die Aufgabe zufällt, für die Festtage am 13.. 14. und 15. August einen großen Zuzug von Tschechen aus den Ländern „der böhmischen Krone" unter zahlreicher Beteiligung der Städte, Korporationen und auch Einzelpersonen zu veranstalten. Wenn die Reichsdeutschen in Prag natürlich mtra muic» und bei verschloßenen Türen Feste feiern, bei denen die Polizei nie auswärtigen Zruug gestattet, wird immer zuerst des Monarchen von Oesterreich gedacht; man kann begierig sein, ob die Tschechen in Berlin desgleichen tun. Kuslanü. Frankreich. * Politischer Prozeß. Unter der Anklage Sol daten zum Ungehorsam aufgereizt zu haben, stand am Mittwoch vor dem Schwurgericht in Lharleville der Lederarbeiter Guibaut, weil er eine Anzahl Kinder, die unter seiner Führung einen Ausflug unternahmen, beim Vorbeimarsch eines In fanterieregiments das revolutionäre Lied „Heil dem 17. Regiment" anstimmen ließ. Dieses Lied verherr licht die Meuterei des Regiments während der Winzerunruhen in Südsrankreich. Guibaut erklärte, er lei kein Antimilitarist und habe auch nicht den Besehl gegeben, das Lied anzustim men. 2aur«s, der in diesem Prozeße als Ent lastungszeuge fungierte, erhebt nun in der „Humanit " Einspruch gegen das Vorgehen des Staatsanwalts, der alle unter den Geschworenen befindlichen Arbeiter adgelehnt hatte. * Folgen der Winzerunruhen. Der Gemeinderat von Sedan beschloß, zurückzutreten, falls die zur Aufrechterhaltung der Ordnung in das Champagne gebiet entsandten Soldaten der dortigen Garnison nicht bis Sonnabend zurückgekehrt seien, da durch die lange Abwesenheit der Truppen den Sedaner Kaufleuten großer Schaden zugefügt worden sei. Velflirn. * Der Prozeß der Prinzessin Luise. Advokat 2a spar setzte am Mittwoch seine Rede fort. Er beschäftigte sich hauptsächlich mit den Rechten, die König Leopold mit dem Kongostaat erworben habe, und er behandelte eingehend die Frage, ob seine Güter und Werte in der Kolonie als sein Privateigentum anzusehen seien, da er un zweifelhaft absoluter Herrscher im unabhängigeu Kongostaate gewesen sei. Der belgische Staat könne die Souveränität König Leopolds im Kongo nur auf das Terri- torium beziehen, aber in keinem Falle auf den Besitz von Staatspapieren und Geld. Der Advokat rügte es auf das schärfste, daß der belgische Staat in der Fremde sich Gutachten geholt habe von dem bekannten deuischen Staatsrechtslehrer La band, von dem russischen Staatsrechtslehrer Es wein und von dem ehemaligen Staatsminister Aßer. ohne diese Gutachten, die in dem Prozeß verwandt werden sollten, den Verteidigern der Prinzessin Luise mitzuteilen. Der Advokat erklärte, er müße sich schon das Recht vorbehalten, zu ent» scheiden was er den Gegnern übermitteln wolle. Interessant war, dag Herr Kaspar erklärte, im Bentz der unglücklichen Prinzessin Charlotte be fänden sich auch Kongo-Anteile, und er müße deshalb die Frage aufwerfen, ob der Staat einmal in Betracht aezoaen habe, ob er nicht auf diese Werte Besitzan sprüche erheben könne, denn es sei festgestellt worden, daß die Vermögensverwaltung der Prinzessin Char» lotte diese Werte von König Leopold erhalten hab«.
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