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llnterm Llüe. Roman von -an, v. Taltzweixl-Weimar. (Nachdruck verdaten.) Al» ste dann aber beim Näherkommen auf ihres Heinz langem Gesichte einen so traurig sorgenvollen, abgespannten Ausdruck gewahrte, da war es ihr plötz lich, als trete eine dunkle Wolke vor die lachende Sonne. Sie kam sich so entsetzlich kindisch in ihrer geschmeichelten Eitelkeit vor, daß sie sich ihres Glücks- gesühls schämte und beschloß, ihm vorläufig gar nicht von ihrer Begegnung zu sprechen. Ueber des großen Manne» ernste» Gesicht huschte ein Schein warmer Freude, als er seine Frau erkannte. Freundlich lächelnd schüttelte er ihr das Händchen: „Es ist lieb von dir, Kleines, daß du mir entgegenkommsr." Vera war in dem Bewußtsein, daß ihr Ausgang «inen ganz anderen Zweck gehabt, zu verwirrt, um ihm gleich zu antworten; so gingen sie denn eine Zeitlang schweigend nebeneinander her, bis er Las Schweigen brach, indem er sagte: „Nun, was hat denn mein Kleines währenddessen angefangen?" Da fiel ihr beglückend das schwere Opfer ein, das fie ihn» so tapfer gebracht, und ganz stolz ant wortete sie: „O H^inz, wenn du wüßtest, wie fleißig und ordentlich dein Kleines gewesen ist! Denke nur: alle Bücher habe ich noch einmal durchgerechnet und die Rechnungen sämtlich geordnet, und wenn Ernst heute nachmittag die letzten paar Kleinigkeiten be zahlt, dann ist alles klipp und klar." „Siehst du, Schatz, das ist sehr verständig: aber sage mal: behältst du auch genug Wirtschaftsgeld, um damit bis zum ersten Juli auszukommen?" „Na, gewiß doch, Heinimann! Was denkst du denn? Wird überhaupt von jetzt an alles ganz an ders werden. Du wirst dich noch wundern, welch ein Finanzgenie deine kleine Frau ist!" Zu dieser Aussicht lächelte er zwar etwas weh mütig, fühlte sich aber doch durch die zuversichtlichen Worte seiner Frau gewissermaßen einer weiteren Beranlwortung für Führung des Haushaltes ent hoben. Er hatte ja auch wahrhaftig genug Sorgen und Verantwortung zu tragen! So atmete er er leichtert auf, als er einfach sagt«: „Geb's Gott, Kleines!" Sie aber fühlte sich im Bewußtsein ihrer treff lichen Vorsätze wieder in so gehobener Stimmung, daß sie ihm nun doch voller Stolz ihre Begegnung mit Falkenbcrg erzählte, in ter stillen Hoffnung, da durch noch mehr in der Wertschätzung des geliebten Mannes zu steigen. Ob diese Hoffnung in Erfüllung ging, konnte sie freilich auf dessen Gesicht nicht er kennen, das sehr ernst und nachdenklich blickte, wäh rend er bedächtig sagte: „Es wäre mir eigentlich ganz lieb, ihm etwas näher zu treten. Vielleicht steckt hinter seinem affig manirierren Wesen doch mehr, als man vermutet, und dann hat er als Divi sionsadjutant doch immerhin eine gewisse Bedeutung. Sein Einfluß auf Exzellenz sott nämlich merkwürdi gerweise gar nicht gering sein. Wenn dir's recht ist, Schatz, fordere ich ihn nächstens auf, einmal einen Abend bei uns zu verleben." Das war etwas für Frau Vera: „Rittmeister Falkenberg Hausfreund bei Rottnows! LH, wie wer den sie alle innerlich vor Neid platzen und äußerlich voreinander entrüstet tun und klatschen und schnüf feln, ob sie mir n cht etwas anhängen können! Ich aber werde mir kein Tüttelchen vergeben. Selbst das größte Lästermaul soll mir auch nicht das ge- ringst« nachsagen können! Gefährlich wird mir der Don Juan schon nicht werden; dazu habe ich meinen Heinz viel zu lieb. Und wenn sich etwa der schöne Schmetterling an meinem Lichte die Flügel versengen sollte — um so besser; dann bin ich die interessanteste Persönlichkeit in der ganzen Stadt!" So entstand mit Blitzesschnelle in d«m kleinen, eitlen Kopfe ein ganzer Roman, von dem der da- nebengekende ernste Mann natürlich keine Ahnung batte. In dem Bestreben, ihm seine Ahnungslosig keit zu erhalten und ihn nicht etwa dadurch miß trauisch zu machen, daß sie ihm ihre Freude zu sehr zeigte, begann die kleine Heuchlerin nach kurzem Be sinnen in möglichst gleichgültigem Tone: „Ja, tu's doch! Ich amüsiere mich immer pracht voll über ihn. Er ist ja zum Totschiehen komisch, wenn er sich so in schwülstigen Redensarten ergeht. Dabei nimmt er es auch gar nicht übel, wenn man ihn damit ein wenig neckt." „Treibe es nur nickt zu übermütig, Schatz", warnte ihr Mann, „sooft nimmt er es doch einmal übel, und das wünsche ich durchaus nicht. Ich werde ihn also für einen der nächsten Abende zu uns bitten. — Ueorigens, da fällt mir eben ein: ich habe ganz vergeßen, dir zu erzählen, daß ich für Brunk nach Spandau soll. Der muß seines Herzens wegen nach Nauheim, und deshalb soll ich für ihn auf Schieß schule." Vera klatschte vor Vergnügen in die Hand« und rief: „Ach, Heinimann, mein lieber Heinimann, das ist ja herrlich! Dann gehen wir nach Berlin! Nicht wahr, vierzehn Tag« dauert das Kommando?" Dem Rittmeister tat es leid, ihr die kindliche Freude nehmen zu müssen: aber er konnte nicht an ders, und so unterbrach er denn ihren Jubel mit den bedauernden Worten: „Armes, Kleines, du freust dich leider umsonst. Ueberlege einmal selber: wieviel das kosten würde, wenn du mitkommst. Daran ist ja gar nicht zu denken. — Das siehst du doch ein, Schatz?" Sie aber sah ihn ganz verständnislos an; dann platzte sie heraus: „Aber Heinz, du willst mich doch etwa nicht hier allein lassen?" Er zuckte mitleidig die Achseln: „Ja, einziger Liebling, es wird wohl kaum etwas anderes übrig bleiben." Sie schüttelte noch immer ungläubig das Köpf chen. Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein! Er aber fragte etwas ungeduldig: „Ja, siehst du die Notwendigkeit wirklich nicht selber ein, Kleines?" Nein, das wollte sie nun einmal nicht einsehen, und deshalb hieß es schnell, einen triftigen Grund für ihr Mitkommen finden. „Aber Heinz, ich verstehe dich wirklich nicht. Du mußt doch einsehen, daß es viel teurer kommt, wenn wir doppelte Wirtschaft führen; du in Berlin und ich hier." Er aber ließ diesen Einwand nicht gelten: „Nein, liebes Kind, das habe ich alles schon überlegt: ich wohne bei Onkel Gerhard. Da leb« ich so gut wie umsonst, und kann meine Tagegelder zu Vergnügun gen ausgeben; dich aber kann ich zu dem alten Junggesellen leider nicht mitnchmen. — Wie wär's übrigens, wenn du währenddessen nach Buchwald gingest?" Jetzt erst wurde es der kleinen Frau ganz klar, daß es mit der Trennung wirklich Ernst werden sollte; denn gegen seinen Plan mit dem Onkel ließ sich tat sächlich nichts einwenden. Zweifellos wäre sie in lautes Weinen ausgebrochen, wenn sie nicht seine kühle Verständigung und di« Zumutung, muh Buch wald zu gehen, in Hellen Zorn versetzt hätte, der sich in den trotzigen Worten Luft macht«: „Wenn du mich durchaus nicht mitnehmen willst, dann geh« meinetwegen allein und amüsiere dich so viel du willst; aber mit Buchwald bleive mir vom Leibe; dahin bekommen mich keine zehn Pferde!" Ganz erschrocken Uber ihre Heftigkeit sah Heinz sie an; denn er konnte sich deren Grund gar nicht erklären: „Aber Vera, ich bitte dich, was hast du denn auf einmal gegen Onkel Gerhard?" „Ach was, Onkel Gerhard! — Was soll ich denn gegen den haben? — Mit Herta mag ich nicht zu sammenkommen! — Damit du's weißt." Das verstand er nun erst recht nicht: „Aber um Gottes willen, Herta war ja doch dein« liebste Pen sionsfreundin! Ihr liebtet euch ja wie ein paar Turteltauben!!" „Ja, früher, als ich noch eine kleine, dumme Pute war, die sich noch beliebig gängeln ließ und in Heria Rottnow ihr Ideal sah; jetzt aber bin ich eine ver heiratete Frau und sie eine alte Jungfer!" „Mit zweiundzwanzig Jahren eine alte Jungfer?" „Vierundzwanzig ist sie; sie ist doch zwei Jahre älter als ich, und eine eingebildete alte Jungfer ist sie schon von klein auf gewesen. — Mich verheiratete Frau behandelt sie immer so — so mitleidig herab lassend, als ob ich ein unmündiges Vabi) wäre!! Ich w.'iß gar nicht, was sich die dumme Persan über- harpt einbildet." „Aber Kind, wie kann man so ungerecht sein", mahnte er vorwurfsvoll, worauf sie heftig erwiderte: „Ach was, Kind! Ich bin kein Kind mehr, und nack Buckwald gehe und gehe ich nicht!" Obgleich ihn ihre Heftigkeit ärgerte, tat sic ihm dock anderseits leid und daher suchte er sie zu be ruhigen: „Dann läßt du's eben! Ich werde dich doch nicht zwingen! Wenn's dir lieber ist, dann bleibst du eben hier. Es tut mir ja furchtbar leid, aber du mußt doch nickt denken, daß ich dir unrecht tue! Du weißt doch, wie lieb ich dich habe!" Bei seinen milden Worten war ihr kindischer Zorn schnell verflogen, dafür kam sie sich aber so be jammernswert vor, daß sie die Tränen nicht länger zuriickzuhalten vermochte. Laut aufschluchzend brach sie los: „Ach Heinz, das ist ja schrecklich! Vierzehn Tage ohne dick hier ganz allein in diesem gräßlichen Neste! — Und ick hatte mich doch so auf die Zeit nach der alten Besichtigung gefreut!" Was sollte er machen? Nachgeben durfte er nicht; denn es wäre ein unverantwortlicher Leichtsinn ge wesen, sich die günstige Wohnungsgelegenheit in Berlin entgehen zu lassen. Zudem begann ihr lautes Weinen bereits Aufsehen zu erregen. Ein Glück, daß sie nahe bei ihrer Wohnung waren! Befehlend raunte er ihr zu: „Um Himmels willen, so nimm dich doch zusammen?" und zog sie schnell in die nahe Haustür. Viertes Kapitel. Während sich ihr Mann zu Tische umzog, fand Vera Zeit, sich einigermaßen wieder zurecht zu fin den, was ihr durch den Gedanken, für Berlin doch keine rechte Toilette zu haben, wesentlich erleichtert wurde. Freilich neben der natürlichen Trauer über die lange Trennung von ihrem Manne fühlte sie auch einen kleinen Stachel gegen ihn, indem sie sich ver gegenwärtigte, wie er in den Freuden der Weltstadt schwelgte, während sie hier allein saß und Trübsal blies. Und diesen kleinen Stachel ließ sie Heinz bei Tische durch trotzige» Schweigen und knappe Ant worten fühlen, fo daß er schließlich jed« UnKrhaltung aufgab. Beim Nachtische endlich unterbrach Vera ihrerseits die ungemütliche Stille mit der Frage: „Nun brauchst du doch wenigstens nicht die lang- weilige Uebungsreise mitzumachen?" wobei sie den Gefragten sehr herausfordernd ansah; der aber ließ sich nicht wieder aus d«r Ruhe bringen, sondern ant wortete freundlich: „Doch, Kleines, bis dahin bin ich ja wieder aus Spandau zurück." Gerade diese freundliche Ruhe, mit der er ihr die höchst unwillkommene Auskunft gab, reizte sie noch mehr. Sie lachte kurz auf und fragte spöttisch: „Bist du denn dabei so unentbehrlich, daß du dich davon nicht drücken könntest?" Er tat, als merkte er ihre Gereiztheit gar nicht und antwortete mit voller Ruhe: „Das würde sich ja vielleicht machen lasten: ich will es aber lieber nicht versuchen; denn es könnte mir womöglich bei meinen Vorgesetzten schaden." So, nun hatte sie wenigstens einen triftigen Grund, ihrerseits wegen seiner Rücksichtslosigkeit Vie Beleidigte zu spielen und sie konnte ihm ohne Ge wissensbisse Vorwürfe machen: „Das ist ja wirklich sehr nett! — Also auf mich wird nicht die geringste Rücksicht genommen! Diese ewige Angst, es könnte dir schaden, ist nachgerade schon lächerlich." Wiederum sah sie ihn herausfor dernd und lauernd an. Als sie so eine Weile vergeb lich auf eine Antwort gewartet hatte, begannen ihr wieder die Tränen aufzuftcigen, so daß sie nur müh sam das Weinen zu verhalten mochte, während sie sortfuhr: „Da habe ich ja einen angenehmen Sommer vor mir: Bis zur Besichtigung habe ich ja sowieso nichts von dir, dann gehst du nach Spandau, und kaum wie der zurück, zur Uebungsreise. und dann auf ein Vier- teljahr ins Manöver. Was während der Zeit aus mir wird, das ist dir ganz gleich. Wenn du dich nur gut amüsierst, dann kann ich unterdes sterben und verderben! — Ach, ich arme, verlassene Frau! Warum heiratet man denn überhaupt, wenn einen der Mann doch nicht lieb hat!?" Laut aufschluchzend verbarg sie ihr Gesicht in das Taschentuch. Heinz sah kopfschüttelnd «die kleine, aufgeregte Frau an. Was sollte er mit ihr anfanAen? — Er wußte es nicht. Am schnellsten würde sie sich wohl beruhigen, wenn sie sich selber überlasten blieb. So stand er denn auf und verließ das Zimmer, um sich durch ein kleines Schläfchen für den Nach mittagsdienst zu stärken. Verwundert blickte Vera beim Klappen der sich schließenden Tür auf. — So, also nicht einmal ein paar Worte des Trostes hatte er für sie! — Trotzig wischte sie sich die Tränen aus den Augen. — Er war ia gar nicht wert, daß man seinetwegen weinte! — Und ihm hatte sie ihr ganzes Toilettengeld geopfert! — Nein, es lohnte sich wahrhaftig nicht, auf. dieser schlechten Welt auch noch edelmütig zu sein! — Außerdem brauchte ^e ganz notwendig einen neuen Sonnenschirm; das hatte sie in ihrer dummen Opt'er- sreudigkeit ganz vergessen gehabt. Und etwas bessere Zutaten mußte das alte Sommerkleid auch haben, wenn es nach etwas aussehen sollte; dazu fehlten dann nock unbedingt neue, Helle Handschuhe. Zu alle dem brauchte sie wenigstens dreißig Mark mehr, wie sie berechnet. — Hatte sie sie freiwillig in die Wirt- schaftskaste getan, durfte sie sie auch wieder ohne weiteres herausnehmen. Dann blieben eben einige Rechnungen unbezahlt; was war da weiter bei? sFortsetzung in der Abendausgabe.j heiprix, kittvrztr. 8/10 Telvpbvo ,011,» lierlin — üiimburx. «»,1 8MgkI, MM 60MÜ8V, 8tile!ieIb<Meil ssfeiköi-i-I. v. fi-iessn'svkv Lai'lenljii'oldion kolk», MarineliÄr. S. v«7«1 Inletts, Bcttfeöern. Steppdecken »erde« «euKers-e«. L. Helckara, Dpttttzeenftplche S. 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MM Lrüumatfch« Straß« 17, ««« uud Haiustratze. X — HQoLi LLck»««» «KLI I rAXIZ, LIRF LURHtz, .. ' irr» to/s votte Vagant,«. „7»i Mr — — - — svLur»v»«rr. L,L LI«. orro 3S „ 4S Hk.