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Aekeneiir, Bustraa« tonnen »»ch« zurück- aero,«n werden Für da» ikricheinen a» vrstimmlen lagen und Plagen wird ket»« tiarantt» üdrrnommra Snjergen»Annavmr A,tz»»»:»gaft» ch det sämtliche» Filialen ». allen linnoncra» Ervedttione» de» 2a» and Ludtanve» Nr. ISO. Mittwoch, aen Sl. Mai >Sl>. 105. Zshrgsng. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 6 Seiten. vis LxpeMioasn ckes LsipLieor iLKedlnUes ullä cker levipLI§0!' ^llASMSMSN 2vitun§ bollockoa sied uur voeb levlpriß, >IodLllM88LS8S 8, VoiäerxedLaäo purterrv links im Lvdäuäs äss lL§6dlLttss. Die Gedurtensbnshme in Srotzltäüten. die sich im vergangenen Jahre bemerkbar machte, hält auch im lausenden Jahre an. Berechnen wir sür 50 der größten deutschen Städte den Bevölke rungszuwachs ohne Berücksichtigung des Zu- und Wegzuges, so erhalten wir für je 10000 der Ein wohnerzahl im Durchschnitt nachstehenden Geburten überschuß für die einzelnen Monate: 1910 1911 Gegen 1910 Januar 8,3 6,8 —1,5 Februar 8,8 7,8 —1,0 März 9,7 6,5 —3,2 Ganz besonders ungünstig verlief die natürliche Bevölkerungsvermehrung demnach im März, und zwar ist es sowohl die Bewegung der Geburten als der Sterbefälle, die an dieser unerfreulichen Ent wicklung Schuld haben. Bei den 50 Städten, deren Einwohnerzahl sich zu Beginn dieses Jahres auf 14 Millionen Köpfe belief, ist die Zahl der Geburten von 27 030 im März 1910 auf 25 952 im März d. I- gesunken,sie ist somit beträchtlich zurückgegangen. Dagegen hat die Sterblichkeit bedeutend zugenom men: im vorigen Jahre wurden 14 940, in diesem Jahre aber 16 805 Sterbefälle verzeichnet. Als Ge burtenüberschuß ergibt sich in diesem Jahre nur eine Ziffer von 9147 Köpfen, während sie vergangenes Jahr 12 080 betrug. Im ersten Quartal zusammen betrug die Geburtenziffer 79 388 gegen 79 665 im vorigen Jahre, die Zahl der Sterbefälle 49808 gegen 44 775, so daß sich ein Geburtenüberschuß von 29 580 er gibt gegen 34 890 im ersten Quartal 1910. Von den fünfzig Städten haben im März nur wenige einen höheren Geburtenüberschuß als im Vorjahre aufzu weisen: es sind dies, um sie gleich vorwegzunehmen, Hannover, Nürnberg, Stuttgart und Mannheim. Aber auch hier sind die Zunahmen nicht erheblich Dagegen ist in Düffeldorf der Geburtenüberschuß pro 10000 der Bevölkerung von 17,7 auf 10.7 zurückgegangen, in Rixdorf sank er von 16,5 auf 10,6, in Köln von 13,1 auf 8.9, in Duisburg von 20,1 auf 15,4, in Chemnitz von 12,8 auf 7,1. Magdeburg weist einen Geburtenüberschuß von 5,6 auf gegen 9,8 im vergangenen Jahre, Königsberg einen solchen von 5,9 gegen 9,7. In Dortmund stellt er sich auf 14,8 gegen 17,1, in Halle a. S. auf 6,4 gegen 9,7. In der Reichshauptstadt ergibt sich ein Geburten überschuß von 4,1 pro 10 000 gegen 5,2 im März1910. Schsüenerlstzpkttcht bei Einquartierung. Der preußische Kriegsminister hat vor kurzer Zeit eine Entscheidung über die Schadenersatzpflicht des Militärfistus getroffen, die von allgemeinem Interesse ist, zumal es sich dabei um einen Schaden handelt, der gelegentlich einer Einquartierung von einem Sol daten verursacht wurde. In Oberingelheim waren im vorigen Manöver einige Truppenteile des 33 Feldartillerieregiments zu Metz einquartiert. Ein Soldat, der zur Einquartierung gehörte, ließ in der Nacht eine Laterne fallen, durch die sich eine Scheune entzündete. Bei dem Brande, der jetzt entstand, wurde auch der ganze Inhalt der Scheune sowie eine Viehstallung vernichtet. Der Militärfistus ist von dem Besitzer der Scheune um den Ersatz des Materialschadens angegangen worden, den er bei dem Brande erlitten hat. da der Geschädigte annahm, daß der Militärfiskus für die Schäden verantwortlich sei, die Soldaten verursachten, wenn sie sich im Dienst befinden. Für den Ersatz der verbrannten Scheune und der Stallungs iebäude war die Versicherungsgesellschaft haftbar, die allerdings das verbrannte Inventur, beziehungsweise den In halt der Scheune nicht ersetzte. Die Entscheidung des Kriegsministeriums erging nun dahin, daß der Militärfiskus sür den Schadenden ein Soldat bei einer Uebung anrichte, nichthaftba r gemacht werden könne und auch prinzipiell für Schäden solcher Art nicht auflomme. Die Ersatzpflicht bei solchen Schäden hat derjenige Soldat, der den Schaden an gerichtet hat. In diesem Falle ist aber der Soldat völlig mittellos, so daß Ersatz von ihm nicht ge fordert werden kann. Andererseits aber ist der Bürger verpflichtet, ohne Rücksicht auf etwa ent stehende Schäden Einquartierung anzunehmen. Darum ist diese Entscheidung von allgemeinem Interesse, da bisher allgemein angenommen wurde, daß der Mili tärfislus die Verantwortung für die Soldaten über nehme und bei Schädigungen auch dafür aufkomme. Der Ersatz wird aber vom Kriegsministerium nur für den Schaden geleistet, der durch die Manöver den Fluren verursacht worden ist. Änsrchlltilche Zultsnüe in Merida. Kaum hat Diaz Mexiko verlassen, so ist schon voll kommene Anarchie eingetreten. Die Unüberlegtheit, mit der sich die einzelnen Führer bekämpfen, scheint auch auf die Bevölkerung überzugehen. Folgende Telegramme bringen Näheres : New York, 31. Mai. (Tel.) In Cholula ist, wie aus Puebla in Mexiko gemeldet wird, in der vergangenen Nacht ein Aufruhr ausgebrochen. Vierzig Personen wurden getötet, mehrere Kaufläden, Negierungsgebäude und Privathäuser ge plündert. Der Pöbel hat die Herrschaft an sich ge rissen. Die Stadt ist in Gefahr, völlig zer ¬ stört zu werden, da die Aufrührer sie in Brand gesteckt haben. Mexiko, 31. Mai. (Tel.) In San Luis. Potosi und Puebla besteht die Gefahr einer Herrschaft des Pöbels. Die Abschlach- tund von 274 Chinesen in Torreon wird bestätigt. — Madero wird am Donnerstag nächster Woche in Mexiko eintreffen. Ein Anschlag, den Zug Maderos in die Luft zu spren.gen, der von einigen Mitgliedern der sog. Wissenschaftler (Name, der plutokratischen Partei) angezettelt worden war, istverei 1 elt worden. In der Haupt stadt Mexiko herrscht, nach einem weiteren Tele gramm, bisher Ruhe. plllitilche Nachrichten. Zum Befinden des Prinzen Joachim. Berlin, 31. Mai. (Tel.) Heber das Befinden des Prinzen Joachim verlautet, daß die äußeren Schwellungen gestern zwar etwas zurückgewichen sind, daß aber der Bluterguß noch nicht wesent lich zurückgegangen ist. Der Kaiser weilte bis nach 5 Uhr, die Kaiserin bis 7 Uhr bei dem Prinzen. Graf Bcthmann? Eine Berliner Depeschenkorrespondenz meldet, Herr v. Bethmann Hollweg werde zur Be lohnung für die glückliche Vollendung der elsaß- lothringischen Verfassungsreform den Grafen titel erhalten. Diese Möglichkeit ist in der Press« schon wiederholt angedeutet worden. Vorläufig handelt es sich dabei wohl nur um eine allerdings naheliegende Kombination. Zum Befinden des Kaisers Franz Josef. Wien, 31. Mai. (Tel.) Die „Korrespondenz Wil helm" meldet aus Göüöllö: Das Befindendes Kaisers ist anhaltend außerordentlich gut. Die täglichen Spaziergänge und Ausfahrten erfrischen den Monarchen sichtlich. Der Kaiser besteigt leicht und mühelos den Wagen und macht allein bis zwei einhalbstündige Spazierfahrten, wobei er für die Huldigungen des Publikums freundlichst dankt. Nach den Mitteilungen der Hofbeamten sieht der Kaiser zurzeit sehr gut aus, weit besser als je im letzten Winter. Seine Haltung ist frischer, sein Antlitz wird voller. Bei dem persönlichen Verkehr mit den diensttuenden Würdenträgern ist der Kaiser ebenso frisch und impulsiv wie ehedem. Für heute ist die Aüschiedsaufwartung des Ministerpräsidenten Grafen Khuen Hedervary in Aussicht genommen. So sehr zu wünschen wäre, daß diese Mitteilungen völlig den Tatsachen entsprechen, so sehr macht die ganz auffällige offiziöse Betonung der außerordent lichen Frische im Befinden des greisen Kaisers miß trauisch. Tagungsplan des preußischen Landtage». Berlin, 31. Mai. (Tel.) Es wird erwartet, daß der preußische Landtag spätestens am 1. Juli geschlossen werden kann. Er wird im Herbst wieder zusammentreten, um den Wassergesetz entwurf möglichst bald zu beraten. Anfang Dezember wird er bis Anfang Februar vertagt werden. Zum letzten türkisch-bulgarischen Ercnzzwischenfall. Konstantinopel, 31. Mai. (Tel.) Die Blätter melden: Der bulgarische Gesandte sprach dem Kriegsminister sein Bedauern über die Erschießung des türkischen Leutnants bei dem letzten Grenzzwischenfalle aus. Türkisch-montenegrinisches Abkommen. Konstantinopel, 31. Mai. (Tel.) Der mon tenegrinische Geschäftsträger hatte mit dem Minister des Aeußern eine Unterredung, die freundschaft lichen Charakter gehabt haben soll. Wie von montenegrinischer Seite verlautet, bezweckt die Unter redung die Wiederherstellung des beiderseitigen Ver trauens. Das Verlangen der Pforte, daß die Montenegriner etwaige bei den Operationen gegen die Aufständischen über die Grenze gehende Schüsse nicht erwidern sollten, wurde abgelehnt. Dagegen soll die Pforte die Zusicherung gegeben haben, daß die Truppen sich bei den Operationen bemühen werden, nicht wieder an die Grenze heranzukommen. Die Wahlen in Portugal. Lissabon, 31. März. (Tel.) In Lissabon gaben 30 070 Wähler von 59 955 Wahlberechtigten ihre Stimme ab gegen 23 672 Stimmen von 43 190 Wahl berechtigten im Jahre 1910. Im zweiten Lissaboner Wahlkreise erhielt der an erster Stelle stehende Theophils Braga 18378 und Machado S antos 16 537 Stimmen. Der Lachlenrunüklug. Etappe Plauen—Zwickau—Chemnitz. * Leipzig, 31. Mai. Mit dem Zurücklegen der Etappe Plauen — Zwickau — Chemnitz ist der Rundflug glück lich und ohne jeden wesentlichen Unfall beendet worden. In Chemnitz soll sich heute noch ein neuer Flugtag an den Rundflug anschließen. Für die Flug konkurrenzen stehen 16 000 zur Verfügung. An den Wettbewerben werden außer Laitsch, Lind- paintner und Büchner auch Hoffmann und Leutnant Jahnow, der sich für seinen in Dresden beschädigten Apparat eine neue Maschine aus Berlin geholt hat und mit dieser bereits in Chemnitz ein getroffen ist, teilnehmen. Start und Landung. Büchner hat heute früh als Erster den Flugplatz in Plauen verlassen. Er startete um 3 Uhr 38 Min. 1 Sek. Ihm folgte um 3 Uhr 46 Min. 15 Sek. Laitsch, während Lindpaintner um 3 Uhr 50 Min. 48 Sek. startete. In Zwickau traf Büchner als Erster um 4 Uhr 21 Min. auf dem Flugplatz« ein und landete glatt. Seine Weiterfahrt nach Chemnitz erfolgte um 4 Uhr 46 Min. Lindpaintner ist um 4 Uhr 39 Min. in Zwickau gelandet und um 4 Uhr 59 Min. wieder aufgestiegen. Er fuhr drei Schleifen und passierte um 5 Uhr 8 Min. die Startlinie nach Chem nitz. — Laitsch passierte, von Plauen kommend, die Startlinie um 4 Uhr 51 Min. Er fuhr eine Schleife und mußte wegen Motordefktes ungefähr 2(4 Kilometer vom Flugplätze entfernt auf K ö n i g s- walder Flur landen. Der Defekt (Einlaßventtl- bruch) dürfte schnell repariert sein. Am Ziel der Fahrt, auf dem Flugplätze Chemnitz, landete B ü ch ne r um 5 Uhr 26 Min. und Lindpaintner um 5 Uhr 53 Min. glatt. * 40/5 8Z0O 5860 182 5700 1900 rooo L->- Unterm Gitte. Roman von Hans o. Saltzwevel-Weimar. (Nachdruck verboten.) Und dann erzählte er ihr, was weiter geschehen war. Zunächst war er auf zwei Tage in seins alte Garnison gereist, um sich dort abzumelben und seinen Umzug zu besorgen. Der Kommandeur und die Ka meraden hatten ihn sehr zuvorkommend ausgenommen und so getan, als ob nichts oorgefallen wäre. Nur Falkenberg hatte merkwürdigerweise eine Ausnahme gemacht und sich sehr kühl und'ablehnend verhalten. Alle seine Versuch«, eine Aufklärung herbcizusühren, waren an Falkenbergs eisiger Zurückhaltung ge scheitert. Das hatte ihn besonders tief ge schmerzt und gekränkt und seine Niedergeschlagenheit und innere Zerrissenheit noch vermehrt, so daß ihm selbst die neuen Verhältnisse mit ihren verschieden artigen Eindrücken nicht darüber hatten hinweghelfen können. Sein Gemütszustand hatte sich immer mehr verschlimmert, bis ihm eines Tages seine Mutter Veras letzten Brief zugesandt hatte. Da war ihm seine selbstsüchtige Grausamkeit in ihrer ganzen Nackt heit klar zum Bewußtsein gekommen, und gleichzeitig war eine brennende Sehnsucht nach seinem „lieben, kleinen Kameraden" in ihm erwacht. Zwei Tage lang hatte er noch schwer mit seiner Selbstsucht ge rungen. Als er dann aber die Nachricht erhalten hatte, daß seine Frau begnadigt sei und in aller nächster Zeit freikommen würde, da hatte er, ohne sich weiter zu besinnen, sofort sein Abschiedsgesuch ge- schrieben, Urlaub genommen und war die ganze Nacht und den ganzen nächsten Tag ohne Aufenthalt durch gereist. Spät am Abend war er zur Anstalt gekommen und hatte dort vom Pförtner erfahren, daß die Ee- fangen« bereits am nächsten Morgen ganz früh ent lassen wurde. Da war er vorläufig in das Gasthaus gegangen, um ein wenig zu rasten, nach wenigen Stunden aber hatte es ihn wieder zum Anstalts gebäude getrieben. Dort wollte er Veras Kommen erwarten. Während seiner Reis« hatte er Zeit genug gehabt, über ihre gemeinsame Zukunft nachzudenken, und er war dabei zu dem Entschluß gekommen, mit dem Reste seines Vermögens nach Südamerika zu gehen und sich dort anzukaufen oder irgendein Ge schäft anzufangen. Die Mutter hatte er unterwegs durch eine Karte auf sein« heutige Ankunft mit Vera vorbereitet. Fest an ihn geschmiegt, hatte Dera seiner langen Erzählung gelauscht, ohne ihn zu unterbrechen. Längst war es Tag geworden, ein trüber, grauer Regentag. Der Wind heulte noch immer, und der Regen trom melte rastlos gegen die Fenster. Die beioen Wirher- vereinten aber achteten in stiller Seligkeit des Bei sammenseins weder Les Wetters da draußen, noch des Landes, das sie in rasender Elle durchjagten. Zwanzigstes Kapitel. Frau Hclmholdt empfing ihre Kinder auf der Treppe. Zärtlich schloß sie die Schwiegertochter in ihre Arme und sagte mit ihrer milden Stimme: „Mein liebes Kind, das Vergangene lassen wir ver gangen sein und sprechen nie von dem, was geschehen ist, sondern blicken mit Eottvertrauen in die Zu kunft." Darauf umarmte sie auch den Sohn und sah ihn dann einige Augenblicke prüfend an. Da leuchtete es stolz in ihren klaren Augen auf: „Mein lieber Junge, nun hast du gewählt und wirst als ganzer Mann die Folgen zu trogen wissen. Dein Entschluß wird wohl der richtige sein, aber finden mußtest du ihn selber. Gott wende alles zum Guten!" . . . Heinz hatte in den nächsten Tagen alle Hände voll zu tun: galt es doch, den Weg in die dunkle Zu kunft für sich und sein Weib nach Möglichkeit zu ebnen. Tag für Tag war er fast vom Morgen bis zum Abend unterwegs, und Vera war daher mit ihrer Schwiegermutter sehr viel allein So fanden die beiden Frauen vollauf Gelegenheit, sich gegen seitig kennen zu lernen, und schnell erwuchs aus ihrem Verkehr eine innige gegenseitige Zuneigung. Eines Tages fand Heinz in der Zeitung eine Nachricht, aus seiner alten Garnison, die ihn im höchsten Ärade interessierte, ohne daß er sie sich doch recht zu erklären vermochte. Es wurde dort berich tet, daß zwischen den beiden Rittmeistern F. und K. «in Pistolenduell stattgefunden habe, und zwar wegen einer Meinungsverschiedenheit über einen abwesen den Kameraden. Rittmeister K. sei verwundet. Wer die beiden Rittmeister waren, war Heinz sofort klar, lieber wen aber mochten sich die beiden, die sich stets geflissentlich aus dem Wege gingen, in die Haare geraten sein? Zwei Tage vor der Abreise des Paares traf ganz unvermutet Hertha bei der Tante ein. Die durch ihr plötzliches Erscheinen und di: Unkenntnis ihrer Ab sichten verursachte Befangenheit der beiden Frauen wußte sie durch ihr offenes, herzliches Benehmen schnell zu beben. Sie erklärte der Tante, daß sie Heinz unter allen Umständen noch einmal hätte sehen und sprechen müssen und daher entschlossen sei, das Paar bis Ham burg zu begleiten. Zu dem besorgten und miß billigenden Kopfschütteln der alten Dame aber sagte sie mit ernster Zuversicht: „Du brauchst dich um deines Sohnes Ruhe nicht zu sorgen, Tantchen. — Ich bin durch ernste Selbst prüfung nach ehrlichem Kampfe mit mir selber zu der Erkenntnis dessen gekommen, was Ehre und Pflicht Heinz gebieten. Auch weiß ich jetzt, daß Heinz trotz alles Geschehenen in seinem Herzen doch stets seiner Liebe zu Vera treu geblieben ist, und ebenso ist es mir jetzt klar, daß ich auch meiner Zuneigung zu ihm im Grunde genommen wohl eine falsche Deutung gegeben habe. Nun habe ich überwunden und freue mich, daß auch er den rechten Weg gefunden hat. Das sage du ihm, bitte, vorläufig, sobald er kommt, damit er vorbereitet ist auf das, was ich ihm zu sagen habe. Zunächst habe ich mit Vera zu sprechen." Damit faßte sie die junge Frau unter den Arm und führte sie in ihr Zimmer. Dort blieben die beiden noch lange in herzlichem Gespräche und erneuerten ihren einstigen Freundsckmftsbnnd. Als sie dann in das Wohnzimmer zurückkehrten, fanden sie dort Heinz neben seiner Mutter, die bereits Herthas Auf trag ausqerichtet hatte. So konnte er seiner Cousine mit voller Unbefangenheit cntaegentreten. Die aber faßte ihn statt aller Antwort kurz entschlossen beim Kopfe und küßte ihn auf den Mund. Dann sagte sie mit schlichter Herzlichkeit: „So, nun bist du wieder mein lieber, großer Bruder, auf den ich sehr stolz bin. Und hier habe ich dir auch etwas von Pava mitaebracht." Dabei reichte sie ihm einen Bries. Heinz öffnete das Kuvert, trat mit dem Brief an das Fenster und las: „Heinz, mein lieber, alter Junge! Dein alter Onkel war ein rechter Esel, und Du bist ein braver, ehrlicher Kerl, ein rechter Rottnow. Das freut mich ja natürlich von ganzem Herzen: aber jammerschade ist es doch, daß mein liebes, schönes Duchwald nun der kluge Herr Assessor be kommt, und meine arme Hertha von ihrer geliebten Heimat fort muß: denn der Assessor wird sie ja doch wohl nie nehmen. Auch sott er bereits anderweitig versagt sein. So ist also mein schönster Lebensplan für immer gescheitert: aber der liebe Gott wird ja schon wissen, wesbalb das alles so hat kommen müssen, und wir müssen uns als fromme Christen darein fügen, auch darein, daß wir uns nun nie im Leben Wiedersehen werden, indem ich wegen des ver dammten Podagras nicht reisen kann. Du, armer Kerl, gehst jetzt in Deiner Ehren haftigkeit einer schweren Zukunft entgegen. Ich weiß ja, daß Deine Mittel auch nur recht beschränkt sind. Leider kann ich nicht viel zur Besserung Deiner Lage tun: denn ich muß für mein Kind sorgen und darf Buchwald nicht zu hoch belasten. Hunderttausend Mark aber konnte ich Dir doch noch mit gutem Gewissen bei meinem Bankier an weisen. Hole sie Dir nur gleich ab. Du kannst sie ruhig von mir annehmen: denn sie kommen eigent lich noch Deinem Vater -u, indem mir Buchwald dazumal viel zu billig angerechnet worden ist. So, und nun, mein alter, lieber Junge, hehüte Gott Dich und Deine Frau in Eurem neuen Lehen. Vergiß Deinen alten Onkel nicht und schreibe ihm ab und zu, was Ihr dort treibt und wie es Euch geht. Grüße auch Deine kleine Frau recht herzlich und sage ihr, daß ich auch sie lieb habe. Dein treuer Onkel Gerhard." Noch lange, nachdem er den Brief des alten, gütigen Herrn gelesen hatte, blickte Heinz schwelgend zum Fenster hinaus. Wie willkommen und wertvoll ihm in seiner augenblicklickp-n Lage auch das groß mütige Geschenk des Onkels war, noch viel wertvoller war ihm die Gewißheit, daß dieser ehrenhafte Mann seine Handlungsweise als richtig anerkannte, trotz dem sie ihm leinen liebsten Lebensplan und seine schönsten Hoffnungen sür immer zerstörten. Fürwahr, das Andenken an diesen schlichten Mann mit dem großen Herzen sollte ihm Stütze und Stab auf seinem ferneren Lebenswege sein! Auch daß Hertha das richtige Verhältnis zu ihm gefunden hat»« und ihn ohne Bitternis scheiden ließ, erleichterte ihm außerordentlich den Abschied von Heimat und Familie, der trotzdem immer noch genug des Schmerz, lichen und Schweren behielt. Besonders das Scheiden von der Mutter, die für ihr Alter das Letzte verlor, an dem ihr Herz noch hing und woran ihr Dasein noch einen Inhalt hätte haben können, lastete schwer auf Heinz. Mit fast übermenschlicher Seelenftärk« aber wußte die vielgeprüfte alte Frau den tiefen Schmerz zu verbergen, als sie den einzig«» Sohn auf Nimmerwiedersehen einer unsicheren Zukunft ent- qegenziehen lassen mußte. Erst als sie allein war, brach sie laut schluchzend zusammen, und nur im Gebet für das Wohl ihrer geliebten Kinder fand sie Trost und Beruhigung. (Schluß in der Morgen-Ausgabe.)