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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.05.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110530017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911053001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911053001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-30
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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grandiosen Empfang zu bereiten gedenke. Der General antwortete, es würde eine zu große Enttäuschung sür seine Soldaten sein, nicht noch am Abend in He; anzulanaen; er willigte aber ein, eine halbe «stunde zu warten, damit die Würdenträger des . Sultan» ihm entgeaenkommen könnten. Bald darauf erschienen M"Tubut, Et Taieb el Mokri und der Kaid Meschuar, Zeremonienmeister und Pascha der Stadt, um viele Grütze auszutauschen. Trotz ihrer Müdigkeit defilierten die Truppen darauf stolz vor dem General und seiner Standarte unter den alten Mauern der marokkanischen Hauptstadt. Der Moment war wirklich feierlich. Jedermann fühlte, datz er einem großen historischen Ereignis beiwohnte. Muley Hafid sah von einer Bastei herab über eine Stunde lang dem Borbeimarsch strahlenden Auges zu. Die Nacht kampierten die Truppen schon in prächtigen Gärten." * Ueber den Aufenthalt der i Franzosen i« Fei wird weiter gemeldet: Pari», 24. Mai. (Tel.) Die Berichterstatter, die mit dem General Moinier in Fez einge-ogen sind, melden, Sultan Muley Hafid habe dem General beim ersten Empfang gesagt, er wünsche, sich und sein Reich unter französischen Schutz zu stellen, und bitte ihn, in Paris di« Berstärkung seines Heeres auf 50 »00 Mann zu verlangen, um mit den aufständi schen Stämmen gründlich abrechnen zu können. Ge neral Moinier konnte diese Wünsche nur zur Kennt nis nehmen und ihr« Uebermittlung an sein« Regie rung versprechen. — Der Sultan hat in seiner Freud« eine große Verteilung seines im vergangenen Jähre gestifteten Nischan-Ordens vorgenommen, den er bisher nur selten zu verleihen Grund und Gelegen heit hatte. General Moinier erhielt den Grotz- kordon, Konsul Gaillard, Oberst Mangin und der einheimische Führer seiner Mahalla, Den Gabrit, wurden Grotzoffiziere. Auf di« übrigen höheren Offiziere ergötz sich ein Regen von grötzeren und kleineren Sternen, der auch manche Subalternoffi- zicrsbrust erfrischte. Ueder die Haltung Spanien» wird telegraphiert: Ceuta, 29. Mai. (Meldung der „Agcnce Havas".) El Guebbas bracht« der spanischen Negierung offiziell zur Kenntnis, datz er keinerlei Bürg schaft sür die Haltung übernehmen könne, welche die Kadylen gegenüber den fortdauernden Ope rationen der Spanier in der Richtung nach dem In nern Marokkos beobachten würden. Madrid, 29. Mai. (Tel.) Aviano Universal" schreibt: Frankreich wird der Herr Marok kos und Muley Hafids sein. Frankreich ver langt gemätz des Älgecivasvertrages ein festes Protektorat über Marokko. So legt es um den Preis einiger Millionen und einer Promenade nach Fez die Hand auf Marokko, ohne datz sich der ge ringste Einspruch erhebt. l l. Ssupwerlammlmrs Les Oeutllhen Lwttenoereins. Unter Teilnahme de» Prinzen Georg von Bauern trat am Sonntag der „Deutsche Flottenverein in Nürnberg zu seiner diesjährigen Hauptversamm lung zusammen, die von 217 stimmberechtigten Ver tretern aus allen Teilen des deutschen Reiches be sucht war. Das Reichsmarineamt war vertreten durch Kapitän zur See v. Thorbecke, Kapitän leutnant Hu mann und Geh. Admiralttätsrat Dr. Fetisch-Berlin. Die bayrische Staatsregierung war vertreten durch Regierungspräsident v. Blauet- Ansbach und Staatsrat Burckhardt, die Stadt Nürnberg durch Oberbürgermeister Dr. v. Schuh. Ferner waren vertreten der Flottenbund Deutscher Frauen, die Deutsche Kolonialgesellschaft, der Ver ein für das Deutschtum im Auslande, der Deutsche Schulverein und der Kyffhäuserverband Deutscher Studenten. Der Präsident Großadmiral v. Köster- Kiel gedenkt zunächst de» Prinzregent Luitpold von Bayern, dessen 90. Geburtstag ein Freuden tag nicht blos für das Bayerland, sondern für das ganze Vaterland gewesen sei, sowie unseres Kaisers, des Schöpfers unserer Marine, der ihr erst den frischen Geist eingeflötzt habe. Er eröffnet sodann die Verhandlungen mit einem stürmisch aufgenommenen dreifachen Hoch auf den Deutschen Kaiser und die deutschen Landesfürsten. Weiter teilt er dann mit, datz Prinz Heinrich von Preutzeu leider infolge anderweitiger Inanspruch nahme nicht in der Lage sei, an den Verhandlungen teilzunehmen. Der Redner bringt ein dreifaches Hurra aus Prinz Heinrich von Preußen, den hohen Protektor des Flottenvereins aus, und schlägt der Versammlung vor, an den Kaiser, den Prinzen Luitpold von Bayern und den Prinzen Heinrich von Preußen Huldigungstelegramme abzusenden. lLebh. Zustimmung und lebh. Beifall.) Abend während des Festmahls lief eine telegraphische Ant wort des Kaisers mit folgendem Wortlaut ein: „S. M. der Kaiser und König haben den freundlichen Grutz der in Gegenwart eines erlauchten Mitgliedes des Hauses Wittelsbach dort tagenden Hauptver sammlung des Deutschen Flottenvereins huldvollst entgegengenommen und lasten Ew. Exzellenz er suchen. allen Teilnehmern an der Versammlung allerhöchst ihren wärmsten Dank für die treue Kund gebung auszusprechen. Auf allerhöchsten Befehl v. Nalentini." Hierauf nahm zu einer Ansprache das Wort Prinz Georg von Bayern: Meine hochverehrten Herren! Zunächst bitte ich Euer Erzellenz meinen herzlichsten Dank entgegenzunehmen für die überaus liebens würdige Begrüßung. Seien Eie überzeugt, datz ich mit lebhafter aufrichtiger Freude das Protektorat über den bayrischen Landesverband des Deutschen Flottenvereins übernommen habe und empfangen Sie meine Versicherung, daß ich stets meine besten Kräfte daran setzen werde, den Verein zu fördern, in der Voraussetzung, daß der Verein stets sein wahres Ziel verfolgen wird, unbekümmert um das Partei getriebe dasür Sorge zu tragen, daß die Aufklärung und Belehrung über den Zweck und den Wert einer starken deutschen Flotte immer weiter um sich greift, Sorge zu tragen, daß die Ueberzeuaung von der Not wendigkeit einer starken deutschen Flotte Gemeingut aller wird. (Lebhafter stürm, anhaltender Beifall.) Regierungspräsident Dr. v. Blauel-Ansbach be grüßte sodann die Versammlung im Namen der bayrischen Staatsregierung. Hierauf gab der Präsident Großadmiral v. Köster einen Ueberblick über die letztjährig« Entwickelung unserer Flotte. Mit Stolz können wir auf die Fortschritte zurück- blicken. Ohne Ueberhastung sichert sich unsere Flotte in ruhigem und gemessenem Gang, beseelt von dem Geiste freudigen Schaffens. Wir verfügen jetzt über eine volle Division (ein halbes Geschwader) von gleichwertigen Schiffen des Dreadnoughttyps. Durch den jetzigen Etat 1911 ist das letzte (17.) Schiff der Hochseeflotte, für dessen baldige Einstellung wir seinerzeit einaetreten sind, bewilligt worden, so daß wir im Herbst d. I. mit dem Linienschiffbestand der aktiven Hochseeflotte zum obligatorischen Abschluß kommen werden, während dies in bezug auf die Panzerkreuzer leider noch nicht der Fall ist. Mit der Werstorganisation und dem Zulagewesen bat man sich eingehend beschäftigt und unverhohlen können wir unserer Freude darüber Ausdruck geben, daß es gelungen ist, die Heizerzulagen wieder völlig herzustellen. (Lebhafter Beifall.) Welch guter Geist auf unseren Schiffen herrscht, dafür liefert das brave todesmutige Verhalten der Mannschaft des Unterseeboots „0. 3" und ihrer Retter, die im Aus lande allgemeine Anerkennung gefunden haben, den besten Beweis. (Stürmischer Beifall) Den Be strebungen des Auslandes gegenüber muß immer wieder auf die Motive unseres Flottengesetzes hin gewiesen werden, in denen es heißt: „Deutschland mutz eine so starke Flotte besitzen, datz ein Krieg auch für die seemächtigsten Gegner mit der artigen Gefahren verbunden ist, datz seine eigene Machtstellung in Frage gestellt wrrd." Unter Hervorhebung des rein defensiven Zweckes unserer Flotte haben die gesetzgebenden Faktoren seinerzeit die Notwendigkeit eines derartigen Schutzes fürunsereSeeinteressen anerkannt. Wir können deshalb wohl von der höchsten Anspannung unserer Schiffs bauten, d. h. vier pro Jahr absehen und werden sicherlich gut daran tun. wie dies auch treffend im Reichstage zum Ausdruck gebracht worden ist, die be willigten Mittel für den Innenausbau der Flotte zu verwenden, und zwar in erster Reihe für die Reserve formationen, die sich noch nicht im Zustande der artiger Kriegsbereitschaft befinden, wie dies durch da» Gesetz vorgesehen ist. (Zustimmung.) Die Quali tät unserer Linienschiffe lägt sicherlich einen Vergleich mit der anderen Manne zu. (Lebh. Beif.) Für die mit der Flotte zu verwendenden Kreuzer müsse eine Geschwindigkeit von 23 bis 24 Seemeilen verlangt werden. Bezüglich der Panzerkreuzer liegt eine in ihrer Bedeutung nicht zu unter schätzende Schwäche unserer Seerüstung vor, be sonders wenn wir erwägen, datz England über rund 40 Panzerkreuzer verfügt, von denen 29 eine Geschwindigkeit von 23 Seemeilen und mehr auf weisen, während das langsamste unter ihnen mit 21,7 Seemeilen Geschwindigkeit bei uns an 5. Stelle stehen würde. Zu einer lückenlosen Rüstung gehört aber eine ausreichende Zahl von Panzerkreuzern, die durch das Flottengesetz aus 20 festgesetzt worden ist. Wir legen deshalb eine Resolution auf baldigen Er satz der reinen Schulzwecken dienenden geschützten Großkreuzer vor, durch die wir bezwecken wollen, datz unter Zugrundelegung der durch das Flottengesetz vorgesehenen Zahl von rund 00 Panzerschiffen (Linienschiffen und Panzerkreuzern) unter Beach tung des regulären Ersatzbaues von 3 Schiffen pro Jahr eine baldige Abhilfe an dem Mangel von Panzerkreuzern geschaffen werden möchte. (Lebhafte Zustimmung.) Wenn auch vielfach der Sieg der Friedensidr« erhofft und in begeistert aufgenommenen Reden ge predigt wird, so hält England, trotzdem der Zwei- Mächte-Standard dort mehr als erfüllt ist, an seiner eigenen Rüstung fest und verstärkt sie von Jahr zu Jahr, um seine Ueberlegenheit zu wahrem Der frühere Minister Pichon trat noch unlängst in der französischen Kammer energisch für eine starke Rüstung zu Wasser und zu Lande ein. Amerika baut trotz größter Friedensstiftungen immer stärkere Schiffe und wird auch bald mit Mehrforderungen für die Armee auftreten, gestützt auf die Vorgänge an der mexikanischen Grenze, Rußland bemüht sich, seine durch Japan zerstörte Flotte zu rekonstruieren, die Türkei ist aus ihrer Ohnmacht zu neuem Leben zu Wasser und zu Lande erwacht, China ist nach dem Vorgehen Japans eifrig bestrebt, in die Reihe der gerüsteten Mächte einzutreten — kurzum auf der ganzen Erde bereiten sich alle großen Nationen vor, um bei der kommenden Gestaltung der Weltwirtschaft ihre Lebenrinteressen wirksam vertreten zu können. Lasten Sie uns deshalb als weitblickende Männer die sich der Segnungen des Friedens weiter er Leipziger Lyriker. Von Paul Schmidt (Leipzig). Die Lyrik ist wohl diejenige Gattung unter den schönen Künsten, die die meisten Jünger zählt; wer hätte nicht in den Jünglingsjahren, „erhöht von Lieb' und Wein", sich zu einem Gedicht auf irgend jemand oder irgend etwas begeistert aufgeschwungen! Und doch ist bei so ungeheurer Produktion, wie sie, abgesehen von den alljährlich auf den literarischen Markt geworfenen umfänglichen Gedichtsammlungen, allein die Rubriken unserer Wochen- und Monats schriften zeigen, die ja neuerdings lyrische Gedichte in größerer Zahl aufnehmen und honorieren, die bleibende Ausbeute, di« auch nur die nächste Gene ration überdauern wird, selbst bei den besten Lyrikern, der Zahl der Gedichte nach, nur gering. Man kann, ohne sich als Prophet zu gebärden, voraus sagen, datz selbst Goethe und Heine als Lyriker nur mit ein paar Dutzend ihrer schönsten Lieder fortleben werden; wer wie Gottfried Keller oder Theodor Storm fünf Lis sechs kleine Lieder auf di« spätere. Nachwelt bringt, darf sich schon unter die Großen zählen. Was wird vom ganzen „West-östlichen Divan" bleiben? Zwei bis drei Liedchen (darunter „Ach. um deine feuchten Schwingen, West, wie sehr ich dich beneide"), und dies« sind merkwürdigerweise nicht von Goethe gedichtet, sondern von . . . Mariann« Willemer. Man sieht hiernach, vor allem, wenn man die letzt- genannte Dichterin ins Aua« fasst, daß in der Lyrik auch Leute, die man ttn allgemeinen als Dilettanten bezeichnen möchte, mit d«n Hervorbringungen ein zelner glücklicher Lebensmomente, zur Unsterblichkeit gelangen können. Es brauchen daher auch unsere Leipziger Dichterinnen, und sollten sie wie Marianne Willemer nur mit wenigen Strophen fort leben, am Nachruhm nicht zu verzweifeln. Da ist zunächst Maria Frühauf, von der wir auf einem der Leipziger Dickckerabende, wie sie der rührige Paul Münch von Zeit zu Zeit zu veranstalten pflegt, im März 1911 einige Gedicht«, die sich durch leichte, gewandte Form, gefälligen Rhythmus, graziöse, wenn auch nicht allzu tiefe Gedanken aus zeichnen, zuhören bekamen. Ob Maria Frühauf bereits an eine weiter« Oeffentlichkeit damit getreten ist, kann ich nicht sagen, da mir nur einige Hand- schriftliche Lieder von ihr vorlagen. Ein leichte» Talent karm hier, vor allem wenn es sich an gut«n neueren Vorbildern weiterbildet und von den Fesseln der Nachahmung entschiedener freimacht, viel leicht später mit Recht von sich sagen, was unsere Dichterin wohl etwas vorwegnehmend schon jetzt ausruft: „Ich habe gekämpft, da ist der Ruhm ge kommen. Das Leben führte mich zu goldenen Höh'n, Es gab mir viel, «» hat mir viel genommen. Und war so jauchzend doch und war so schön." Ein ebenso glückliches, mit der Gabe leichter Versifikation begabtes Talent ist Ottilie Schaff rath. von der wir auf jenem Leipziger Dichterabend ebenfalls einige Gedichte zu Gehör bekamen. Mit bescheidenerem Lohn ist fi« zufrieden: „Viel Arbettsräum«, luftig, wett, Der Liebe Sonnenschein, Und abends tiefer Träume Glück — Da» mag der Hausrat hetu." Schwerblütiger und leidenschaftlicher ist Maria Eisselt, die mit einem Band „Gedichte" (Verlag Deutsche Zukunft, Leipzig, 1909) hervorgetreten ist. Viel unerfüllte Sehnsucht lebt in ihren Liedern, mancherlei Neue und Hast und Jagen nach einem ent schwebenden Phantom von Glück: „Es flog mit schimmernden Schwingen Das Glück an mir vorbei . . . Ihm nach, vom Sturme zerrissen. Tönt meiner Sehnsucht Schrei. Vom Sturme zerrissen, verwehet Und ungehört verhallt. Weither, aus blauer Ferne, Ein silbernes Lachen schallt." Wenden wir uns nun vo» den Damen, von denen wir billigerweise zuerst gesprochen haben, zu den Herren, so können wir wohl an erster Stelle des Seniors der Leipziger Dichter Hermann Pilz gedenken, der vor Jahren mit einem Band Gedichte „Von Herz zu Herzen" (Verlag von Heinrich I. Naumann, Leipzig) seine Verehrer erfreute und vor kurzem nach längerem Schweigen »mit einem weiteren Band „Feierstunden der Seel«" (Verlag von Wilhelm Dieb«ner, Leipzig), deren erste Auflage im Nu fast vergriffen wurde, wieder an di« Oeffent lichkeit trat. Noch erinnere ich mich aus meiner Schüler- und Studentenzeit, wie der Name, von Hermann Pilz als eines Liederdichters einer der populärsten in Leipzig war, vor allem wegen der an allen hohen Feiertagen im Leipziger Tageblatt er scheinenden Festgedichte, die, von dem Dichter wohl nicht über Gebühr geschätzt und leicht dahingeworfen (er hat nicht alle in seine späteren Sammlungen auf genommen), in weitesten Kreisen, vor allem bei der Frauenwelt, wegen ihres Eedankenfchwunges und ihrer edlen Gesinnung großen Beifall fanden. Ich er innere mich aus meiner Studentenzeit Ende, der 1880er Jahre, wie mein« greise Wirtin, eine Frau Dr. Fließ bach, die zu Ostern oder am Totensonntag im Taoe- blatt erschienenen Gedichte von Hermann Pilz mit tränenerstickter Stimme vorzulesen pflegte, Einige der davon in di« „Feierstunden der Seele" auf genommenen bleiben hinter den besten Vorbildern der Erbauungslyrik, wie Spittas „Psalter und Harfe", keineswegs zurück. Doch würde man fehlgehen, wenn man in Hermann Pllz einen frommen Äszeten sehen wollte; vor allem in dem «rsterschienenen Bande „Von Herz zu Herzen" ist viel schäumende Lebenslust, wäh- rend die „Feierstunden der Seele" allerdings infolge eines schmerzlichen Verlustes, der den Dichter betroffen hatte, ein« etwas düstere Färbung erhallen haben. An Hermann Pilz erfreut uns di« natürliche Schlichtheit und Innigkeit eine» ^ursprünglichen Talents, da» sich ohne Prätention gibt und wohltuend absticht von der preziösen Gespreiztheit und süßlichen Manieriertheit -. B. de» j«tzt gefeiertsten aller deut- scheu Modelyriker Max Dauthendey. Der Schriftsteller Georg Bötticher, desten wohlgelungenes Porträt von Paul Heroux auf einer Kunstausstellung vor kurzem Interesse erregte, ist als Mitarbeiter der „Jugend" durch seinen bei aller Schneidigkeit und Schnoddrigkeit so sympathischen Leutnant von Versewitz weit über Leipzigs Weichbild bekannt und berühmt, so daß «, genügt, hier auf ihn hinzuweisen. Neben ihm steht Paul Kunad als Sänger der Kindes- und Mutterliebe, desten zu verschiedenen Zette» erschienene zahlreiche Gedichtsammlungen .De- dichte". „Nachtschatten", „Nene Gedichte", „Neue Dichtungen", „Gedichte und Aphorismen" usw. ein ernst gerichtetes Streben zeigen, das zu immer größerer Vertiefung und Vollendung führt. Kunad ist 1864 al» Sohn eines Gerichtsrat» in Chemnitz geboren und wandte sich an Stelle des ihn trocken dünkenden juristischen Studiums der Literatur und Dichtkunst zu, worin er in Otto von Leixn«r, der ihn in seiner „Deutschen Literaturgeschichte" erwähnt, in Adolf Stern und Rudolf von Eottschall Unterstützung und Förderung fand. Seine lyrischen Gedichte ver- dienen wohl die Aufmerksamkeit weiterer Kreise. Schmerzlich empfindet der weltflüchtige, nach dem Mystischen und Symbolischen stehende. Sonderling nach jetzt zwanzig Jahren schriftstellerischer Tätigkeit, daß der Kreis der ihn Verstehenden noch immer so begrenzt ist. Möchten sich doch in unserer reichen Handelsstadt Leipzig wohlhabende Mäzene finde», di« sich, wie überhaupt unserer lokalen Dichtung, auch Paul Kunads annähmen und für weiter« Verbreitung seiner Werke in würdiger Ausstattung sorgten! Das gleiche wäre dem trefflichen ExdwinApitz zu gönnen, d«n wir. wenigstens was sein« 1910 er schienene Gedichtsammlung „Aus Sturm und Stille betrifft, als bedeutendes dichterisches Talent von großer Begabung ansprechen dürfen. Apitz, der, wenn einzeln« Wendungen in seinen Gedichten einen Rück schluß darauf zulassen, aus schlichten Verhältnissen hervorgegangen ist und sich die Stimmung zu seinen zart und tief empfundenen, feingeschliffenen Liedern nach mühevoller Tagesfron abringen mutz, übersandte als noch nicht Vierundzwanzigjähriger im Jahr« 1901 drei seiner Liebesgedichte zum Dichterwettkampf nach Köln, den Kölner Blumenspielen, und ward damals, wie seither noch öfter, u. a. auch 1908 in Pretzburg. mit dem ersten Preise bedacht. Wir dürfen bei seiner verhältnismäßigen Jugend, vor allem wenn er die nötige Förderung findet, noch manches Schöne und Bedeutende von ihm erwarten und ihm zurufen, wie er am Schluß eines seiner Gedichte singt: „Einmal mit Lorbeer muß umlaubt Doch deine Kämpferstirne werden!" Als lyrisches Talent wäre auch noch Alfred Ioeckel, bekannt durch ein Märchendrama „Die Krone im Rhein", zu erwähnen, ebenso Gottfried Ter«nda, von dem ebenfalls ein Drama „Die weiße Frau", das vor einigen Jahren erschienen ist, Hoffnung auf weitere nicht unbedeutende, dichterische Leistungen erweckt hat. Vor allem aber darf bei einem Hinweise auf die Leipziger Lyriker, wie er hier versucht worden ist. der unermüdliche Paul Münch nicht unerwähnt blctben, der durch Veranstaltung volkstümlicher Dichterabende wie als Rezitator die heimische Dicht- kunst zu pflegen und weiter« Kreise mit ihr bekannt zu machen seit Jahren mit Erfolg bemüht ist. Kunst unü Mllenlchast. " Nochmaliges Gastspiel von Frieda Hempel. Da der Besuch des kürzlich stattgchaoten Gastspieles der ausgezeichneten Sängerin als „Regimentstochter" infolge d«s ausverkauften Hauses vielen Kunst freunden nicht möglich war, hat die Direktion des Leipziger Stadttheaters Frieda Hempel für ein nochmaliges Gastspiel verpflichtet. Die gefeierte Künstlerin wird danach am Montag, den 12. Juni, im Reuen Theater die Violetta in Verdis Oper freuen möchten, unser Bestrebe» dahin richte» daß wir der Bedeutung unserer Eeeiuteresten entsprechend in unseren Rüstungen z»r See unter de» europäischen Mächten stet» als „beste Zweite" dastehen möchten. (LebhafterBeifall.) Daß wir bescheiden in unseren Forderungen find, auf die finanzielle Leistungs fähigkeit de» Vaterlande» wohl Rücksicht zu nehmen wissen, mögen Sie au» dem Vergleich unserer For derungen mit denen anderer Flottenvererne entnehmen, welche Rüstungen fordern, die allen denk bar unmöglichen Kombinationen fremder Nationen gewachsen find, während wir nur wünschen, daß das Bautempo im Jahre 1912 nicht von 4 auf 2, sondern von 4 auf 3 Panzerschiffe herabgesetzt und dadurch der Zustand erreicht wird, der nach den Bestimmungen des Flottengesetzes zur regelmäßigen Erneuerung der Flotte erforoerlich ist unü daß so die Möglichkeit gegeben wird, das in hohem Maße bedenkliche Miß verhältnis zwischen unierer Schlachtflotte und ihren Großkreuzern in absehbarer Zeit zu beseitigen ^.Bravo!) Der Redner schlägt sodann folgende Resolution vor: „Der Deutsche Flottenverein hält es für un vereinbar mit der durch das Flottengesetz vom 14. Juni 1900 und die Novellen von 1906 und 1908 angestrebten Sicherung der deutschen Seeinteressen, daß die ungepanzerten Kreuzer der Hertha-Klasse, die überdies durch ihre Umwandlung zu Schul schiffen ihrer Zweckbestimmung entzogen werden, sowie der gänzlich veraltete Kreuzer „Kaiserin Augusta" auf den Bestand der gesetzlich vor geschriebenen 20 Kreuzer angerechnet wird. Der Deutsche Flottenverein tritt oasür ein. daß von 1912 an als Ersatz dieser Schiffe jährlich ein Groß kreuzer mehr gebaut wird, als in dem Baupro gramm von 1908 vorgesehen ist, damit möglichst bald dem dringenden Bedürfnis der heimischen Schlachtflotte und des Auslandsdienstes an Groß kreuzern genügt werde." (Stürmischer Beifall.) In der Diskussion beantragte Iustizrat Dietz-Bamberg debattelose Annahme der Resolution. (Stürm. Beifall.) Die Resolution des Präsidium» ist eine Tat, und Taten soll man nicht durch lange Debatten in ihrer vollen Wirkung abzuschwächen suchen. Das Wort zur De batte wrrd nrcht mehr verlangt und die Resolution mit der aus der Versammlung beantragten Aende- rung, statt Resolution Kundgebung zu sagen, einstimmig unter großem Beifall angenommen. Großadmiral v. Köster schlägt namens des Präsi diums vor, den Beschluß dem Reichskanzler, dem Staatssekretär des Rerchsmarineamts und den einzelstaatlicheu Regierungen vorzulegen, sowie Landesverbände aufzufördern. den Beschluß auch den hohen Protektoren zu unterbreiten. Dieser Vorschlag wird angenommen. Darauf sprach Geh. Hofrat Universitätsprofestor Freiherr von Stengel- München über Die Bedeutung de» Seebeuterecht» io der Gegenwart: Das Seebeuterecht, welche« i» Widerspruch mit den Grundsätzen des Kriegsrechtes steht, läßt sich nur durch die besondere Natur de» Seekrieges recht fertigen, es ist aber auch hierdurch gerechtfertigt. Das Kriegsrecht ist zum Teil auf dem Wege des Herkommens entstanden. In neuerer Zeit aber sind eine Anzahl internationaler Abmachungen getroffen, die sich teil» auf den Krieg überhaupt, teils nur auf den Landkrieg, teil» nur auf den See krieg beziehen. Das Seebeuterecht ist auch durch die Londoner Seerechtsdeklaration von 1908 grundsätzlich aufrechterhalten geblieben. Ausschlaggebend für die Entscheidung der Streitfrage ist die Erwägung, daß das Ziel des Kriege» die völlig« Niederwerfung des Gegner» ist. Dieser Grundsatz findet zunächst im Landkrieg seinen Ausdruck in oem Bestreben, die „La Traviata" singe«, die ihr ausgiebig Gelegenhei t zur Entfaltung der herrlichen Stimmittel bietet. (Auch diese Vorstellung findet ausnahmsweise im Abonnement und bei gewöhnlichen Opernpreisen statt.) * Da» Oybiner Waldtheater, Sachsens erste größere Freilichtbühne, wird am ersten Pfingsttag nachmittags seine Eröffnungsvorstellung geben. Eine kleine Ein- weihungsfeierlrchkeit wird der Vorstellung voraus- aehen. Zur Ausführung gelangt „Wallensteins Lager" mit einem Massenaufgebot von 150 bis 200 Milwirkenden. Am zweiten Pfingsttag ist neben der Wiederholung von „Wallensteins Lager" die Auf führung des lustigen Spiels „Der fahrende Schüler im Paradies" von Hans Sachs geplant. Nicht nur aus Zittau und seiner Umgebung, sondern auch von weiter her dürste zu den wohl vorbereiteten und durchaus künstlerisch aufgefaßteu Waldspielen ein großer Besuch zu ermatten sein. * Zu der Entführung des Professors Richter wird aus Jena berichtet: Ingenieur Eduard Richter von der Firma Karl Zeitz machte seine Reise nach Griechenland im Auftrage der Geographischen Gesell schaften in Berlin und Jena. Er hatte eine ähn liche Reise schon im Vorjahre gemacht, dabei aber 10 Mann militärische Bedeckung gehabt. Eine solche hatte er auch in diesem Jahre erhofft, aber er hat nur 2 Mann erhalten. Die letzte Nachricht ist am Mittwoch bei seiner Familie aus Saloniki eingegangen. Er sprach dabei die Hoffnung aus, daß er bei normalem Fortgänge seiner Arbeit am Dienstag nach Pfingsten wieder in Jena sein würde. * Kammerspiele i» München. Direktor Emil Meßthaler, der frühere Leiter des Intimen Theaters in Nürnberg, hat dicht neben dem Hofbräuhaus in München, in aller Nähe des Hoftheaters und Schau spielhäuser, ein Hotel gepachtet, um in diesem nach dem Umbau in den unteren Räumen ein Theater für Kammerspiele zu errichten. Das Theater wird bereits im Herbst dieses Jahres eröffnet werden. * Grabdenkmal kür Kail«. Während ein Komitee, zu dem die angesehensten Schriftsteller und Künstler Wiens gehören, sich bemüht, Spenden für ein Kainz- Denkmal zusammenzubringen, hat die Witwe des Künstlers in aller Stille am Grabe ihres Gatten auf dem Grinzinger Friedhof ein Denkmal aufstellen lassen. Das Denkmal ist in Blockform, ein Konglo merat von Feldstücken, die durch Mörtel roh ver bunden find. In den Stein ist eine schwarze Marmor tafel eingefügt, auf der der Name des Künstlers sowie sein Eeburts- und Sterbetag verzeichnet sind. * Unbekannte Briefe von Gluck. In Wien wurde eine interessante musikgeschichtliche Entdeckung ge macht: Der Antiquar Ranschburg fand 87 bisher unbekannte Briefe des Komponisten Gluck aus der bedeutendsten Epoche seiner Wirksamkeit. Bisher waren überhaupt nur wenige, ganz vereinzelte Briefe von Gluck bekannt geworden. Die neu auf gefundenen Briefe find alle an den Sekretär des österreichischen Gesandten in Paris, Kruthofer, ge richtet und umfassen die Jahre 1775 bis 1783. 8t. Hochschulnachrichten. Am Chemischen Institut der Universität Wien sollen derartige Mißstände in den Arbeitsräumen herrschen, daß sich die Hörer ein ander ehrenwörtlich verpflichtet haben, im Falle keiner Einigung in den Streik einzutreten. Gegenwärtig arbeiten 151 Chemiker in dem Institut, während es nur für 40 berechnet war. — Der außerordentliche Professor für Nervenkrankheiten und Elektrotherapie an der Universität Berlin Dr. E. Remak ist, 62 Jahre alt, i« Wiesbaden geftoeben.
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