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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.07.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110724021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911072402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911072402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-24
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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Nr. 203 Nomsg, gen Juli >Sll los. Zshrrssns. Die norlie^ense Angabe nmsapt 6 Sellen Zu üem Uederkall im Lsprivizipkel. Nach den neuesten, von uns bereits in der Sonn tagnummer wiedergegebenen Meldungen aus Deutsch- Südwestafrika, scheint sich die Nachricht von einem Ueberfall auf eine deutsche Patrouille im Caprivizipfel zu bestätigen. Es steht zwar erfreu licherweise fest, daß der Führer der Patrouille, Herr non Frankenbcrg, entkommen ist, jedoch dürf ten die ihn begleitenden beiden weihen Sergeanten und der Rest der Patrouille zum grossen Teil ihr Leben eingebüfst haben. Es wird daher unsere Leser interessieren, was ein genauer Kenner des Landes, Konsul Singelmann, der „Deutschen Kolo- nialzcitung" über die Gegend, in der der Ueberfall stattgefunden hat, schreibt. Wir lesen da: Aus Südwest kommt eine alarmierende Kunde. Es ist kaum noch daran zu zweifeln, das; eine Pa trouille, bestehend aus dem Distriktskommissar vm Frankenberg, zwei weißen Sergeanten, vierzehn schwarzen Polizisten und zwanzig Tragern, von Ein geborenen überfallen und größtenteils niedergemc.cht ist, während Herr von Frankenberg aus einem Maul tier entkam. Livingstone, an den Viktoriasällen des Sambesi, von wo die telegraphische Nachricht stammt, fit nu: l?0 Kilometer von der englischen Station Seshck? entfernt, die der deutschen Station Schuckmannsburg am Sambesi gegenüberliegt, welch letztere, am Ost ende des Eapriui""fels. Anfang 1909 von Haupt mann Strcitwolf gegründet wurde. Unklar ist vor- läusig noch, von welchem Stamme der Ueberfall ge schehen ist. Die Station Schuckmannsburg liegt im Gebiet der Masubias, die von dem mächtigen Barotscstamm unterjocht waren. T^lt großem G. schick trennte Hauptmann Streitwolf mit wohlwollen der rlnterstützling der englischen Behörden vor Sesheke und Livingstone die Barotse von dem Caprivizipfel, der so zu Kronland erklärt werden konnte. Die Masubias waren sehr sroy, ihre Be drücker. die Barotse, loszuwcrden, und erhielten durch unermüdliche Bemühungen Streitwolfs das ihnen von den Barotse weggenommene Vieh zurück. Es ist nicht anzunehmen, daß diese Masubias den Ueber- sall ausführten. Von dem Ostende des Cayrivi- ,Apfels am Sambesi bis zum Westende bei Libebe < Anda ra s am Okavango brauchte Streitwolf drei Wochen. Hier ist der Busch teilweise sehr dicht, und die Grenze noch nicht genau festgelegt. Die Nord grenze geht unter 18° 1' 26" von Libebe zu den Kanmo-Molilo-Schnellcn des Sambesi. Am Okavango wurden wiederholt Deutsche und andere Weiße ermordet, darunter 1903 die Familie Paasch. Im Jahre 1902 war der damalige Ober leutnant Volkmann von der beraubten deutschen kar olischen Mission bei den Kuanaaris (Westseite des Caprivizipfels) um Hilfe ersucht worden, doch brachte sich der Häuptling Himarua über den Oka vango. auf portugiesisches Gebiet, in Sicherheit, wo hin ihm Volkmann noch etliche Kugeln nachjandte, deren Spuren der portugiesische Hauptmann Almeida bei seiner Bc'^-nng des Okavangogebietes Herbst 1 vorfand. Gleichzeitig mit Almeida war auf 1 der deutschen Seite der deutsche Oberlcutna«: ! Zawada Herbst 1909 am Okavango, wo die Grenze ouco noch nicht genau festgelegt werden konnte, da über den diese Grenze bestimmenden Breitengrad am Kunene noch keine Einigung erzielt werden konnte Die Kuangaris hatten nicht übel Lust, viettel^t in Erinnerung an den von Volkmann erhaltenen Denk zettel, das deutsche Detachement anzugreifen, doch hielt sie Almeida entschieden davon zurück. Almeioa bat ohne einen Schwertstreich den ganzen Okavango- lauf bis Libebe (Andara) auf eine Entfernung von lOO Kilometer mit Militärstationen besetzen können Diese find aber, ebenso wie diejenigen im Kunen.- gebiet, in den letzten dreiviertel Jahren stark ver- : achlästigt worden, die Garnisonen wurden sehr ge schwächt, und das Werk Almeidas i" recht oedroy* Ob nun hierdurch eine mindere Achtung vor den Weißen am Caprivizipfel entstanden ist, ob T sfe- renzen mit den am Okavango und am Cuito ziemlich zahlrer"' nl-r-i'-'-inni", deutschen und englischen Händ lern ^l über Barotse, also aus enalilchm Ge biet. über den Sambesi kommen, vorgesallen sind, 'der mit Schürfern, die am Cuito Goldspuren v):- folgen, muß abgewartet werden. Der Hauptwerk des wildreichen Caprivizipfele besteht in seinen 10—12 000 Eingeborenen, doch könnte der Boden, wie Streitwolf meint, gut 100 0 '0 ernähren. Die Bewaffnung der Bewohner ist nur sehr gering und minderwertig. Im August 1909 war auch der Bezirksamtmann von Krootfontcin bei Libebe (Ankaras. Irgendwelche Aufstandsgefahr wird nicht mit dem traurigen Vorfall der Nieoer- metzelung der Frankenbergschen Patrouille verbun den sein. Stambul in Flammen. Wiederum meldet der Telegraph aus Konstanti nopel ein Großseuer von riesigen Dimensionen. Brände sind ja am Goldenen Horn etwas Alltäg liches, aber der gestrige, von dem wir ausführlich im nachfolgenden berichten, scheint alle früheren Brandkatastrophen noch erheblich zu übertreffen. Konstantinopel, 24. Juli. Das Feuer, das seit gestern nachmittag 2 Uhr Stambul verheert, begann gleichzeitig an sechs verschiedenen Stellen. Der Brandherd umfaßt bisher mehr als 1'/^ Kilo meter. Die Zahl der brennenden Häuser beträgt Mindestens sechshundert. Bisher sind vierzehn kleinere Moscheen verbrannt. Der Kriegs Minister Mahmud Schefket Pafcha ist durch einen stürzenden Balken schwer, jedoch nicht lebensgefährlich ver letzt worden. Die zum Nationalfeste glänzend illu minierte Stadt ist von dem ungeheuren Feuerschein eingerahmt. Das Ende des Brandes ist noch nicht abzusehen. Fast die ganze Garnison ist zur Hilfe leistung herangezogen worden. Konstantinopel, 24. Juli. Hier ist allgemein das Gerücht verbreitet, daß die Feuersbrunst, sie zu Un ruhen ausgenutzt werden sollte, auf Brandstiftung zurückzuiühren ist. Das Kriegsministerlum wird durch starke Truppenkordons bewacht. Hodschas durch ziehen die Straßen und beklagen laut die Aus dehnung des Unglücks. Konstantinopel, 24. Juli. Der Riesenbrand in Stambul dauert mit unverminderter Wucht fort. Die Feuerwehr ist dem Brande gegenüber ohnmäch tig. Gegenwärtig brennen die Stadtteile Ak-Serail und Lakeli-Tschami. Bisher sind etwa zweitau send Häuser und Kaufläden niedergebrannt. Die Obdachlosen sind vorwiegend Mohammedaner. Der Brand wird als ein groß es Ungl ück emp funden, das um so größeren Eindruck macht, als es sich am Abend des Nationalfestes ereignete. — So eben brach auch im Stadtteile Älangi-Bostani Feuer aus. Ueber den Ausbruch und den Ausbreitung des ver heerenden Brandes geht dem „Berl. Lok.-Anz." folgen der Bericht zu: Stambul brennt an allen vier Enden. Ich versuche seit einer Stunde vergeblich, mit schnellem Gespann um den Brandherd herumzukommen, muß aber an jeder zweiten Straße umkehren. Vom Fanar bis zum Kriegsministerium und von dort bis gegen das Marmarameer ist Stambul ein Brandherd. Die Bevölkerung ist in ungeheuerster Aufregung. Ich muß mich auf Schritt und Tritt ausweisen; das Feuer brach in Uzuntscharchi in der Tschukurdscheschme- straße zuerst aus. Danach gleich in verschiedensten, zürn Teil weit entlegenen Vierteln. Die Stadt, in der sich kolossale Menschenmengen drängen, ist wie eingerahmt von dem ungeheuren Feuerschein, der die Moscheen in rote Gluten taucht, die die reiche Beleuchtung der öffentlichen Gebäude gänzlich verblassen lasten und in die gramerfüllten Gesichter Tausender von Obdachlosen leuchten, die ihre armselige Habe zwischen dem Feuer hilflos und laut klagend hin und her schleppen. Ueber dem illu minierten Galataturm steht dasgroße Feuerzeichen. Eben wird die Post an der Unzuntscharchi geräumt, in der ich schreibe. Fernes Schießen wird mir als Explosion von Feuerwerkskörpern gedeutet. Kein Mensch zweifelt, daß dieser g r ö ß t e Brand, den Stambul seit langem gesehen, von Verbrecher hand gelegt worden. Das Kriegsministerium ist von starkem Kavalleriespalier umstellt. Es brennt dort augenblicklich der Pavillon des Generalstabs, doch dürfte der Brand auf diesen beschränkt bleiben. Der Hauptherd des Feuers, das sich in einem Halb kreis hinter den Hauptmoscheen über das Kriegs ministerium nach der Bayazidmoschee hinzieht, ist augenblicklich das Wesnedschiler - Viertel, wo die Feuerwehr verzweifelte Rettungsversuche macht. Es ist fast die ganze Garnison zur Hilfeleistung herangezogen, doch richten die Soldaten vielfach mehr Verwirrung an, als sie helfen können. Von den hauptsächlichsten öffentlichen Gebäuden scheint bis jetzt keines bedroht, da das Feuer sich mehr auf dem Hügel hält, so daß es, von Galata gesehen, die be kannte Silhouette Stambuls wiederzugeben scheint. Das Feuer brach im Suleimanje-Viertel aus, ver wüstete bisher hauptsächlich die Viertel von Koska, Unü es entgeht ihr keiner. 1s Roman von Joachim von Diirow. (Nachdruck verboten.) Erstes Kapitel. Zver auf der Promenade zu Marienbad die zwei hochzewachjenen Gestalten ins Auge faßte, stellte die Beziehung Mutter und Sohn zwischen ihnen fest, trotz dem die Dame ungewöhnlich jung aussah. -Das Schlohweiß ihres Haares, mehr aus Familienerbteil zurückzuführen, denn auf verfrühte Kummerbleiche, mar ein angenehmer Kontrast zu der frischen Tönung ihres Teints, zu den hellblickenden Augen, ob auch deren freundliche Ruhe momentan nicht zu ihrem Rechte kam. Ad und zu drehte sich jemand nach der hohen Gestalt um, wegen etwas Undefinierbarem, das sie aus der Menge der Flanierenden hier heraushob. Eine gewisse Keslistentlichkeit im Mittun, eine stete Unsicherheit, ob sie grüßen sollte oder nicht, wenn Fred, ihr Sohn, gegrüßt wurde, ließen die Dame hier nicht ganz sie selbst sein. Die Baronin Cölestine von Ostheim, ein Mit glied der schlesischen Landaristokratie, konnte ebenso wenig von dem Erdgeruch ihrer Scholle recht los, wie von dem Bewutztsein, daß diese Scholle doch wohl eine der bcstdotierten dieses Erdballs ist. Die Baronin kannte Italien bis Palermo, Skandinavien bis zum Nordkap, Paris und London. — Wenn dem sich immer nur mäßig regenden Wandertrieb wieder einmal Genüge geschehen war, betrat sie den Heimat boden allemal mit entlastendem Aufatmen. — Der junge Mann an ihrer Seite, jeder Zoll der Offizier in Zivil, sollte als einziger Erbe die Güter übernehmen, sobald der richtige Zeitpunkt dafür ge kommen war, was so viel sagen wollte als: sobald Fred sich verheiratet haben würde, ohne daß fürs erste irgendwelche Aussicht dafür vorhanden war. Der Rittmeister von Ostheim lebte sich aus in der Jagd, in den Rennen. Er hatte, um doch nur jeder Neigung zum Embonpoint vorzubeugen, Urlaub für Marienbad genommen; seine Mutter war, einem raschen Entschluß nachgebend, gekommen, um einmal nach ihm zu sehen. Wer dem jungen Manne flüchtig begegnete, dachte nur, daß er groß, wohlgebaut und erstklassig im An zug war. Der Psychologe konnte meinen, daß er mancherlei in sich ausgespeichert habe, was bei ande ren der Wind verwebt! — Die Runenzeichen einer in Genußsucht vergeudeten Jugend fehlten in den ge raden. aber durchaus nicht schönen Zügen, in dem Ge sicht mit der etwas scharf vorspringenden Nase und einmal durchlebt? — Jetzt eben, als jener Herr mit dem breiten Rücken in dem grauen Rock an uns vor überging, war mir's, als hätte ich schon einmal so im Laubschatten gesessen, als wären verlorene Musik klänge zu mir herübergetünt." Fred drehte sich um: „Ich kenne den Herrn nicht. Entweder ist er eben angekommen, oder er ist über haupt nur ein Durchreisender; die Langeweile macht einen zum Spions wer länger als drei Tage hier ist, entgeht meinem Späheraugc nicht." Abermals trat der Vorgänger des Kirchen-Dor- mus bei Frau von Lstheim in seine Rechte. Fred blies tadellose Rauchringe in die Luft, einen durch den anderen hindurchjagend. „Du rauchst ja die reinen Nerlobungsringe, mein Sohn!" Rasch fuhr die Hand des Betreffenden durch den Rauch. „Um Gottes willen! Das wäre —!" „Immer noch nichts, Fred?" „Nein! Immer noch nichts", und dann, unter ver haltenem Gähnen: „Vielleicht überhaupt nichts, ohne daß dies im Grunde irgend jemand zum Schaden ge reicht. Detter Fritz mit seinen sechs Jungen hat ja für Ersatztruppen in Beziehung auf das Majorat ge sorgt; die Zwangslage nach dieser Richtung hin ist also ausgeschlossen!" Jäh richtete sich die Baronin auf. Es war das erstemal, daß Fred diese heikle Frage, die er sonst mit: „Wird schon werden! Kommt Zeit, kommt Rat!" zu umgehen pflegte, s) ablehnend ausnahm. „Unsinn! Das darfst du mir nicht antun, Fred", sagte sie energisch. „Aber, Mutter, wenn doch, wie schon gesagt, mein« Ehelosigkeit niemand zum Schaden gereicht." „Niemanden zum Schaden? Und ich? Soll es etwa mein Lebensziel gewesen sein, einen alten Herrn in die Welt gesetzt zu haben, der sich behaglich den Leib streicht, in der Erinnerung an oen adligen Klub in Berlin, in dem er für drei Mart zwei Fleisch gerichte, Suppe, Eis und Käse genossen?! Den seine Umgebung einfach aus-saugt, der die Menschheit in folgedessen unterschätzt und die Hunde überschätzt! Nee — — nee — — als solch ein Alter mit der verknöcherten Seele darfst du mir nicht hinein in meinen Zukunftstraum! Will auch meinen Teil an dem Abendsonnengold des Lebens haben! Meine alte Tante Giejebrecht hatte einen Kommodenschub, in dem sie ein Fläschchen mit einem Tropfen echten Rosenöls aus Schiras aufzubewahren pflegte! Wenn ich als Kind an den Schub durfte, wei te cs mich daraus an wie ein Hauch voller Ver heißung! Hab' auch meinen Traum im Herzens dem stark entwickelten Kinn. Man schätzt das Baby, das mit Entschlossenheit die Milchflasche zurückschlägt, sobald es genug hat; Fred hatte solche Art des Babys in sein «päteres Leben mit hineingenommen. „Weißt du, Fred", sagte die Baronin ern wenig zögernd, indem ye sich ohne Befriedigung umsah — „Was quält dich, Mutter?" „Nun, ich meine, oaß wir nun hier gerade lange genug auf demselben Fleck herumgepanthert sind! Las Material fürs Grüßen und Lächeln fängt an, mir auszugehen; die Ansammlung der Hüte und Sonnen schirme um mich herum mach! mich elend; sogar, was aus den paar Vogelkehlchen klingt, kommt mir anders vor als bei uns. Gibt es denn nicht hier in der Nähe einen beschatteten Platz, an dem wir tunlichst zu Zweien sein könnten?" „Freilich gibt es den! Ein feines Plätzchen, nicht allzu weit vom Schwarm, und doch für die innere Be schaulichkeit angetan. Der Kellner schaffr uns einen Triumphstuhl hin, und wir nehmen dort ganz in Ruhe unsern Kaffee ein!" „Wenn nur an dem Kaffe« nicht der Kellner haf tete", klang es kleinlaut. Die Baronin hatte ein« Antipathie gegen diese Menjchensorte; jedes Behagen hörte auf, wo die Ser viette des Kellners wehte. Der Rittmeister kannte schon den verlegenen Zug, das gewisse zur Seil« sehen, während der Unvermeidliche, nachdem man unter dem Baume sich häuslich eingerichtet, würdevoll um sie herum hantierte. „Gib ihm doch nur reichlich", flüsterte sie in Beziehung auf das Trinkgeld Fred zu, als gälte es, den Mann dadurch unschädlich zu machen. Erst als dieser, in Demut zusammenklappend, ge gangen war, als die etwas engen Handschuhe, die die Spur ihrer Nähte auf der Hand der Baronin zurück gelassen, abgestreist waren — kam ein Gefühl von Gemütlichkeit zu seinem Recht. Nachdem die Taste geleert, und zwar unter Aner kennung des trefflichen Bräus, lehnte sich Frau von Ostheim in den Leinwandstuhl zurück. Di« un ruhvoll verbrachte Nacht, all das Neue, Ungewohnte um sie herum, die leise herübertönende Musik, oer- halsen ihr zu der guttuenden Müdigkeit, wie sie einem sanften Kirchenjchlummer voranzugehen pflegt. Sie verfolgte die spielenden Lichter, die über den Rasen huschten, ließ den Wind, der von den Bergen kam, leise über ihre Stirn hinstreichen und freute sich, daß niemand ihnen das hübsche Plätzchen hier streitig machen wollte. Nur ab und zu ging einer der Kur gäste an ihnen vorüber. „Komisch. Fred", sagte Frau von Osthcim nach einem längerem Schweigen, „hast du nie das Gefühl gehabt, als hättest du den gegewärtigen Moment schon Merschan und Tachtakale, von wo es sich der Ramazanstraße entlang nach Akserai zog, so daß es bisher einen Herd von zwei Kilometern umfaßt. Indessen springen die Flammen von fünfzig zu fünfzig Meter weiter, und da sie überall Holzbaracken auf ihren Wegen finden, ist das Ende des Feuers noch nicht abzusehen. Nach vorläufiger amtlicher Feststellung brennen zweitausend Holzbaracken, Konaks, warenerfüllte Magazine und Depots, die einen ungefähren Verlust von acht Millionen Mark nach Schätzung eines Versicherungsfachmannes reprä sentieren. Das Gebäude des 2. Munizipalitäts kreises, zwei türkische Schulen und viele kleinere Moscheen sind verbrannt. Die Musikschule, die Universität und das Finanzministerium werden stark bewacht. Auf die erste Nachricht vom Brande des Pavillons, in dem der Ge neralstab des ersten Armeekorps untergebracht war, eilte der Kommandierende des Korps, Zeki Pascha, herbei, unter besten Aufsicht die Dokumente zum großen Teil von Kriegsschülern in den Hof des Kriegsministeriums gerettet werden konnten. Kurz darauf langte Mahmud Schefket im Kriegs ministerium an. Als er aus dem Automobil stieg, spiegelten seine sichtlich bestürzten Mienen den ganzen Ernst der furchtbaren Katastrophe wieder. Er übernahm selbst die Organisierung des Schutzes für das Ministerium. Szecheny- Pascha konzentriert derzeit die Hauptarbeit der Feuerwehr auf die Viertel Direhler Wesnedschiler und Jeni-Kapu, wo das Feuer rasend um sich greift. Eben wird mir gemeldet, daß das Muzaffirgebäude niedergebrannt ist, in dem die nach Konstantinopel kommandierten Offiziere untergebracht sind. Das Postamt von Akserai ist eben gleichfalls von Flammen ergriffen und wird fluchtartig geräumt. Aus der Chronik der Brände in Konstan- tinopel seien folgende Daten in Erinnerung ge bracht: Am 14. Juni d. I. wurden mehr als 40 Häuser in Skutari durch Feuer zerstört, nachdem erst am 5. April dem Riesenbrande im Stadtviertel Kadiköi über 300 Häuser zum Opfer gefallen waren, darunter zahlreiche Paschakonaks, die Armenische Schule, eine Kirche und mehrere Hotels. Zwei Monate vorher, am 6. Februar, brach im Telegraphenbureau der Hohen Pforte ein Feuer aus, durch das die Bureaus des Ministeriums des Innern und des Staatsrates mit vielen wichtigen Dokumenten vollständig ver nichtet wurden. Auch nach dem Brande im Vororte Kusgundschuk am 1. März gingen 120 Häuser in Flammen auf. Von den Bränden früherer Jahre sei vor allem das Riesenfeuer vom 24. August 1908 erwähnt, bei dem gegen 6000 Häuser eingeäschert wurden. schrein: Großmutter will ich werden, und Fritzen leine Sechse gehen mich absolut nichts an." Fred ergriff ihre Hand. „Gemach, Mutter! Ge mach! Wie alt bin ich eigentlich? Vierunddreißig oder fünfunddreißig?" „Vierunddreißig!" „Na siehst du, also der reine Jüngling noch; und im übrigen, — ich glaube, es geht mir noch zu gut zum Heiraten. Es ist zu viel da, was auf den Opfer stein müßte: in erster Linie der Herbst, die Jagd, meine Jagd in Ungarn!" „Ich denke, den jährlichen Urlaub dazu könntest du dir nehmen — mit oder ohne Frau." „Kennst du die Seele dieser Frau, Mutter? Weißt du, ob's nicht eine kleine Seele ist? Sie macht ein verdrossenes Gesicht beim Abschied, oder sie bekommt gerade ein Kind — irgend etwas würde immer los sein, das sich zwischen mich und den höchsten Lebensgenuß stellte! Dor Mensch muß welt abgewandt sein in jener feinen Zwiesprache mit der Natur dort, es darf sich äußerlich nichts regen, und auch innerlich nichts, wenn er das Wild belauert in der heiligen Stunde, da die Nacht geht! Wenn „sie" möglicherweise mit wollte in meine Jagdgründe — furchtbarer Gedanke! — würde sie von einem nassen Kleidersaum reden, oder sie würde niesen Zweiter Wurf in die Opferschale: die Rennen! Aller Wage mut zerrinnend vor dem Bleigewicht der Verant wortung als Familienvater! — Dritter Wurf: meine urbehagliche Junggesellenhäuslichkeit; jedes Stück mir angepaßt! Mein schmales Bett von Fähnrichs zeiten her, davor die alte Hirschdecke und drüber die Waffen. Nee — nee, Mutter, wenn's nicht in mir kommandiert: „Weg mit dem allen, wirf's von dir ohne Reu'!" halte ich es vorläufig noch mit meinem braven Kameraden aus München, der mir täglich ver sichert: „Hand weg von der Ehe? Es is a Kreiz mit dene Frauenzimmer." „Natürlich?" sagte die Baronin gereizt, „wenn man anstatt eines warmen Herzens ein Knäuel Baumwolle oder so was in der Brust trägt!" „Knäuel Baumwolle? Hoho, Mutter' Laß mir Viesen guten Schlagmuskel unangetastet. Er hat mir zu höchst angenehmen Tchauffements in meinem Leben verhalfen? Glückselig war ich. als ich mit achtzehn Jahren zum erstenmal deine bedeutend ältere „Stütze" liebte. Die Zeit, da diese Torheit mir die Hand im Nacken hatte! — Nun, du weißt'«! sie hat dich wähl auch gepackt — dazumckl — hei Vatern?" (Fortsetzung in der Morgen-Ausgabe.)
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