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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.07.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191107237
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110723
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110723
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-23
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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Bezug-Preis Mr Lrip»ia und vurort« durch »ns«» Irdarr und Sp«dtt»ur< L»«l tigltch i», Hau» ««bracht: <v Pf- m»natl„ ».Tu ML oterteliäbU. tirt unI«rn^tUal«n ». An« nahmeftrll«« abarhaU: 7» Pt. »»»atU, »^S M,.vt«r1iliährl. Durch dir P,ft: ina«rhald Druilchland» und d«r deutschen Kolonien vierteljiihrl. L.SU ML, nionatt. ML auajchl. Pastbeftellaeld. Ferner tn Belgien, Danenmrt. den Donaustaaten, Italien. Lurrmbura, Xtederland«, Par. «oearn. Österreich»Ungarn, Rus!land, Schweden, Schweiz u. Spanten. 2n allen übrigen Staaten nur direkt durch di« SelchSsteftell« de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint »mal täglich, Sann- u. Feiertag» nur morgen». Ad onnement»-Annahm«: I»hannt»g«Is« ». bei unseren Träger«, FUtalen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Et»»«l»»rkauf»»r«t» SP. MWWrTaMM - . - ... s14«2 sRnchtnuschl-ch) . s 14«L kNachkanschlu») «el.-Anschl. i4«3 Vandelszeitung. Tel.-^»schl. 14«- Nmlsvkatt des Nates und des Nokizeiamtes der Stadt Leipzig. Liyeigei». Preis M Auseiow «w und Umgebung »io tspalttg« Petttzrtle LPs-di« ReNamr «tle l ML:»«»«»wärt» 30 Pf^ Reklamen LA ML, Inserat« »an Behörden im amt- ltcheu TÄl di, Petzyetl« S0 Pf. GofchLftoangetg« nrn Platzoorlchriften u. in der Lbend«»gab« tw Preis« erhöht Rabatt nach Tarik. Beilagegetüdi Sesamt auflag« S ML p. Tausend «ekl. Postgebühr. Teildcila^e höher. Fefterteilt, Aufträge können nilbt zurück- »«»ogen werd,«. Für da» Erscheinen an destimmten Tag« »nd Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: I»h»»»i»,«ss« 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Ezpedttionen de» Ja- und Ausland«». Bruck »nd Verlag de» Leipziger Tage blatt«, E. Pelz. Inhaber: P«l Rürfte». Redaktion «d G«schäft»stell«: Iohanni»gass« L Haupt - Filiale Dre»d«n: Seestratz« 4. 1 lTelephon 4621). Nr. 202 Sonnwg, gen 23. Tüll >9ll. los. Zshrgsng. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 24 Seiten. vss süchtigste. * Zum RektorderUniversitätLeipzig für das Studienjahr 1911/12 wurde der Direktor de» neutestamentlich-exegetischen Seminars Seh. Kirchen rat Professor Dr. th. et pH. Georg Heinriei ge wählt. (S. Leipz. Ang.) * Dem Reichskolonialamt ist ein Telegramm des Gouverneurs von Deutsch- Südwest' afrika zugegangen, in dem die Möglichkeit zugegeben wird, daß eine deutsche Patrouille im Caprivizipfel überfallen sei. (S. d. des. Art.) * Die deutsche Regierung beabsichtigt, zu nächst kein Kriegsschiff nach Mexiko zu entsenden. sS. Dtschs. R.) * Der spanische Gesandte in Tanger drahtete seiner Regierung einen Bericht über den Zwischenfall des Leutnants Thiriet, der wesentlich anders lautet, als der französische Bericht. (S. d. des. Art.) * Der Exschah vonPersien ist i n A st r a - bad eingezogen. (S. Letzte Dep.) Aüttemterteiüigungssnlagen unü Seedsüeorte. In den letzten Jahren ist unsere Marine behörde mit großer Energie und unermüdlichem Eifer bestrebt gewesen, die Versäumnisse früherer Zeit in bezug auf die Ausgestaltung unserer festen und beweglichen Küstenverteidigung wett zumachen. Es ist durchaus gerechtfertigt, daß über das bisher Erreichte das größtmögliche Stillschweigen bewahrt wird, so daß die Oeffentlichkeit weder über den Stand unserer Unterseebootflotte und deren Leistungen, noch über die festen Küstenverteidigungsanlagen auch nur einigermaßen genau unterrichtet ist, und es beweist ein zunehmendes Verständnis für die Bedürfnisse unserer Küstenverteidigung, daß die früher üblichen Klagen über diese Schweig samkeit der Behörden allmählich fast ganz auf gehört haben. Man hat das Vertrauen ge wonnen, daß in bester Weise für diese Dinge gesorgt ist und gesorgt wird, und das genügt. Jetzt kommt die erfreuliche Kunde, daß die Befestigung Helgolands, dieses wichtigsten und modernsten Sperrforts des Deutschen Reiches in der Nordsee, so weit vollendet ist, daß mit dem 1. August d. I. auf der Insel eine selb ständige Fortifikation eingerichtet wird; man weiß auch, daß alles auf der Insel sich in voller Kriegsbereitschaft befindet. Diese an sich gewiß erfreuliche Tatsache lenkt aber den Blick auf einen sehr wunden Punkt bei unseren Küstenbefestigungen. Es ist selbstverständlich für alle derartigen Verteidigungsanlagen dringend wünschenswert, daß sie so wenig als möglich der Be obachtung ausgesetzt sind. In dieser Be ziehung befinden sich die deutschen Küsten befestigungen an der Nordsee in der denkbar ungünstigstenLage, dasie entweder unmittel bar in vielbesuchten Badeorten errichtet find oder sich in ihrer unmittelbaren Nähe befinden, so daß sie während der Badesaison täglich Tausenden von beobachtenden Augen preis gegeben werden. Gewiß darf man annehmen, daß die Behörden ein wachsames Auge auf die Bade gäste haben, die sich in der Nähe von Befesti gungen zu schaffen machen; da es sich aber um offizielle Badeorte handelt, ist doch die Grenze der Beobachtung des einzelnen eng. Der Bade gast hat ein gewisses Anrecht darauf, auch in der Nähe von Befestigungen nicht unnötig be lästigt zu werden, falls der Aufenthalt dort gestattet ist. Und während man den völlig harmlosen Badegast, der ein laienhaftes Jnter- esse für alles Neue, was ihm See und Küste bieten, zeigt, mit argwöhnischem Blick verfolgt, geht vielleicht der gewiegte Spion, der sein Auge scheinbar gleichgültig über alles Hinweg gleiten läßt und doch jede wichtige Einzelheit sieht und anmerkt, unangefochten tagelang an den Befestigungsanlagen vorbei, bis er sie gründlich kennt und den Schauplatz seines für uns verderblichen Wirkens an ein» andere Stelle verlegt. Wir brauchen nur an die beiden eng lischen Seeoffiziere Brandon und Trench zu er innern, die lange Zeit an unserer Küste ihre verderbliche Spionage treiben konnten, bis sie, durch die Leichtigkeit de» Spionierens allzu sicher gemacht, ihrer Unvorsichtigkeit zum Opfer fielen. Diese Spione konnten unschädlich gemacht werden; aber wieviel andere, die als harmlose Badegäste unter falscher Flagge I segeln, haben die Ernte Heimbringen können! k Es ist betrübend, wird aber der Wahrheit I ziemlich nahe kommen, wenn man sagt, daß die Marinebehörden des Auslandes, besonders Eng lands, über unsere Küstenverteidigungsanlagen vorzüglich unterrichtet sind. Das aber kann in einem Kriege für uns von außerordentlich schäd licher Wirkung sein. Wäre nicht die enge Verbindung von Bade ort und Küstenbefestigung vorhanden, so wäre die Geheimhaltung des Geschaffenen vor den lüsternen Augen der Spione bester gewährleistet; denn dann könnte jede unberechtigte Annähe rung leicht verhindert werden. Das Radikal mittel, die betreffenden Badeorte als solche ein fach aufzuheben, ist nicht anwendbar; es würden zu viele Existenzen dadurch vernichtet. Aber Schutzmittel gegen die Spionage, die durch das Badeleben gar zu sehr begünstigt wird, müssen geschaffen werden. Unstreitig an erster Stelle steht für eine fremde Seemacht die genaue Erkundung Helgolands mit seinen Befestigungs- und Hafenanlagen. Da helfen keine noch so strengen Warnungstafeln, da hilft nicht das Konfis zieren photographischer Apparate: solange das Oberland noch von Badegästen beucht wird, kommt auch der Spion auf seine Kosten. So gut der Fiskus allmählich fast das ganze Ge lände des Oberlandes erworben hat, kann er auch die Häuser ankaufen und die Besitzer in ausgiebiger Weise entschädigen, so daß das ganze Oberland geräumt wird und sich aus schließlich in Händen des Fiskus befindet. Die Mittel hierfür würden wohl unschwer zu er halten sein. Das Unterland könnte auch ferner hin dem Badeleben dienen. Auf diese Weise wäre der militärisch wichtige Teil der Insel vor Spionage ziemlich gesichert. In Cuxhaven wäre es sehr wohl möglich, das Badeleben, das sich unmittelbar vor den Forts abspielt, etwas abseits zu verlegen. Es ist ja durchaus nicht nötig, daß der Hauptkorso sich unmittelbar vor dem Fort Grimmerhörn, das Wättlaufen unmittelbar vor dem Fort Kugelbake abspielen muß usw. Und an anderen Stellen liegen die Verhältnisse nicht wesentlich anders. Man ist scheinbar bei der Beurteilung der Gefahr, die durch das Badeleben für die Geheimhaltung der Befestigungsanlagen ent stehen kann, etwas zu vertrauensselig gewesen, und das hat sich gerächt. Aber der Fehler kann und muß korrigiert werden, wenn Deutschland nicht vor noch unliebsamere Ueberraschungen gestellt werden soll, als der Prozeß Brandon- Trench sie uns brachte. Selbstverständlich sind die Befestigungsan lagen überall dort errichtet, wo für sie die günstigste Stelle war. Sie können keine Rück sichten auf Badeanlagen nehmen, wohl aber ist das Umgekehrte im Interesse der Landesver teidigung zu verlangen. Wo also die Bade anlagen den Befestigungswerken aus irgend einem wichtigen Grunde unbequem sind, müssen sie verschwinden, um an anderer Stelle wieder aufgebaut zu werden. Allerdings würde der Fiskus die Kosten zu tragen haben, soweit er die Anlage früher genehmigte oder vorhandene Anlagen ohne Vorbehalt akzeptierte. Aber das ist immer noch bester, als die Möglichkeit oder Gewißheit, daß über kurz oder lang Spione glücklicher an der Stelle operieren, als dies die beiden abgefaßten englischen Seeoffiziere taten. Wahrscheinlich werden solche Vorschläge in den betreffenden Seebadeorten auf lebhaften Protest stoßen; sie werden aber kaum ein anderes Mittel anzugeben wissen, wie der Spionage einigermaßen wirksam zu begegnen ist, und daß dies eine nationale Pflicht ist, darüber werden auch sie einig sein. Eine Schädigung des Badeledens aber werden sie durch die empfohlene Maßregel nicht erfahren, eher insofern einen Vorteil, als die Badegäste sich dann freier bewegen können, ohne Verdacht zu erregen. Der Ueberlsll l« Vemlch-Süümettslrika. Ueber den vor einigen Tagen gemeldeten U«ber- fall einer deutschen Patrouille, über den bisher noch . keine amtlichen Nachrichten vorlagen, hat nunmehr da» Reichskolonialamt durch den Gouverneur von der Residentur des Taprivizipfels folgendes Telegramm erhalten, das auffallend vorsichtig gehalten ist: Berkin, 22. Juli. (Eia. Drahtmeld.) Aus Deutsch-Südwestafrika ist dem Reichs kolonialamt folgendes Telegramm des Gouverneurs zugegangen: „Die Residentur des Taprivizipfels drahtet, es verlaute gerüchtweise, daß die Kolonne Fronkenberg bei Andaro durch Rian- aamoleute überfallen worden sei; 40 Träger und Soldaten sollen tot sein. Nach Feststellung des Tatbestandes werde ich sofort weiter telegraphisch berichten. Zu dieser Meldung des Gouverneurs wird be- merkt, daß Andara oder Sibebe am westlichen Ende des Taprivizipfels nahe der Grenze des Ngamilandes liegt. Die Leute des Häupt lings Niangamo sitzen nach früheren Berichten in der Nähe von Sibebe amOkavango, aber auf portugiesischem Gebiet. Nach beiden Meldungen muß man annehmen daß die zuerst vom Reutervureau verbreitete Nachricht mindestens zum großen Teil auf Wahrheit beruht. Weitere Nachrichten werden aber trotzdem noch abzu warten sein. Ferner erfährt das Wölfische Telegr. - Bureau: Für die Berliner Angehörigen Frankenbergs, ins besondere Frau Margarethe von Franken berg, der Gemahlin des Residenten am Caprivi- zipfel Viktor von Frankenberg, die auf die Nachricht von dem auf ihren Gemahl verübten Uebersall von Celle nach Berlin zurückgekehrt war und in Berlin die Antwort auf die a m t l i ch « A n f r a g e in Livingstone (Rhodesia) abwartete, ist ein Tele gramm der englischen Behörde in Livingstone eingegangen, wonach es sich bei jener ersten Meldung um Gerüchte unter den Eingeborenen handelt. — Dadurch wird die frühere Mitteilung bestätigt, daß jedenfalls Frankenberg per sönlich bei dem gerüchtweise gemeldeten Zu sammenstoß nicht mit niedergemacht, son dern entkommen sei. Ueber das Grenzgebiet des Caprivizipfels wird der „Bost. Ztg." von einem genauen Kenner der süd- westafrikanischen Verhältnisse geschrieben: „In dem über Sescheke gemeldeten Gerücht von der Vernichtung der Truppe des Hauptmanns v. Frankenberg wird „der O k a w a n g o st a m m" a is der Täter bezeichnet. Nun gibt es keinen Stamm dieses Namens, sondern nur einen Strom Okawango, der, aus Portugiesisch-Westafrika kommend, teilweise die Nordgrenze von Deutich-Südwestafrika bildet, dann den Caprivizipfel kreuzt und sich im englischen Ge biet in dem Ngamisumpf verliert. Vorausgesetzt, daß das Gerücht auf Wahrheit beruht, muß man also annehmen, daß ein am Okawango lebender Stamm den Üeberfall ausgeführt hat. Da die Nachricht das „Ngamiland" erwähnt, so könnte man versucht sein, die Oertlichkeit im Sumpfland des Ngami zu suchen. Aber der liegt eben tief im engli,chen Gebiet, und es residiert dort, in Tsau, ein englischer Resi dent, der dann doch wohl zuerst das Unglück gemeldet hätte. Ueberdies konnte sich von Frankenberg hier nicht über die Grenze täuschen. Es liegt vielmehr näher, an die nördlicheren Gegenden bei Libebe zu denken; dort verläuft die deutsch-englische Grenze un markiert in west-östlicher Richtung bis zum Kwando- oder Linyantifluß, und ein Irrtum des deutschen Offi ziers wäre da eher erklärlich. Libebe am Okawango heißt so nach dem Häuptling der Mambukuschu. Diche sind ein kleiner »chwacher Stamm, der schwer unter den Hebelgriffen der Batauana des englischen Ngamilandes zu leiden hat, nie etwas gegen die Deutschen unternommen hat, sondern im Gegenteil nach Streitwolfs Bericht sich nach der Errichtung einer deutschen Station sehnt, die ihn schützt. Darum ist es am wahrscheinlichsten, daß eine Batauana- truppe des Häuptlings Ma tibi, der die Oberherrschaft über Libebe beansprucht und das Vorgehen der Deutschen im Caprivizipfel mit höchst feindseligen Gefühlen verfolgt, östlich vom Okawango auf von Frankenbergs Patrouille gestoßen ist und sie niedergemacht hat. Dafür wäre der Häuptling dann zunächst durch den englischen Re sidenten in Tsau verantwortlich zu machen. Aber es ist das eben auch nur eine Vermutung. Da die Nach richt besagt, daß sich von Frankenberg selbst hat retten können, jo wäre eigentlich anzunehmen, daß er ebenso- schnell über Libebe Grootfontein hätte erreichen müssen, wie das Gerücht von dem Üeberfall nach Sescheke am Sambesi gelangt ist. Daraus aber, daß das nicht geschehen ist, dürfen wir die Hoffnung schöpfen, daß der Üeberfall, wenn er überhaupt statt gefunden hat, durch das Gerücht weit über trieben worden ist." Welt-Msrakko üemlch! In weitesten Kreisen des deutschen Volkes wünscht man jehnlichst, daß das Ende der gegenwärtigen Marokkokrisis dem Deutschen Reiche einen recht guten Ertrag bringen möge. Ganz besonders laut ist aus dem Lager der Alldeutschen heraus der Ruf erschollen, West-Marokko muß deutsch werten. In einer frisch und temperamentvoll geschriebenen Flug schrift wirbt der Vorsitzende des Alld«utscl)«n Ver bandes, Rechtsanwalt Llaß-Mainz diesem Ge danken neue Freunde. Wenn wir auch zur gegen wärtigen Führung unserer auswärtigen Geschärt«, zu rem gewandten, klugen und zielsick)e:en Herrn von Kiderlen-Wächter das unbedingte Zutrauen haben, daß er schon selbst alles Wertvolle, was sich aus den gegenwärtigen Verhandlungen für Deutschland herausschlagen läßt, zu gewinnen trachtet, wenn wir daher di« Anklagen einiger nationalistischen Blätter wider den eben noch gefeierten Staatsmann für vor eilig erklären muffen, weil ja noch gar nicht sicher feststeht, wie weit eigentlich die deutsch-französischen „Kompensations'-Verhandlungen gediehen sind, so möchten wir doch einige Stellen aus der Tlaßschen Schrift wiedergeben, die uns nicht unbeachtlich als Stimmungssymptom dünken. Tlaß lehnt mit Recht eine neue Konferenz nach dem Muller der Algeciras- Konferenz glatt ab, ebenso sei nicht an «in« Zurück ziehung der deutschen Kriegsschiffe zu denken. Dann heißt es weiter: „Eine Entschädigung oder Abfindung außerhalb Marokkos, sog. „Kompensationen" sind unannehmbar. Mit einem Hafen an der Westküste Marokkos, sei er ge dacht ols Sitz deutschen Handels oder als Flotten stützpunkt, ist uns nicht gedient, sondern wir müssen haben: ein den deutschen Not- wendigkeitengenügendesEebict.eine Kolonie!" Zur Begründung dieser Forderung wird in der Flugschrift folgendes ausgeführt: „Zunächst sei auf die militärische Bedeutung des Besitzes eines Teiles von Marokko hingewiesen; dabei ist die Erwägung in Len Vordergrund zu stellen, daß Frankreich mit der ernsten Absicht umgeht, b e t ,einem nächsten Kriege eingeboren« Truppen aus Afrika zu verwenden. — Da als Gegner in diesem Zukunftskrieg« von franzö sischer Seit« zweifellos in erster Reihe an das Deutsche Reich gedacht wird, kommt dies« Verstärkung der französischen Wehrmacht also in der Hauptsache uns gegenüber in Betracist, und wtr haben allen Anlaß, dafür zu sorgen, daß diese Verstärkung nicht eiutritt. Frankreich hat an dem Besitze Marokkos unter diesem Gesichtspunkt ein doppeltes Interesse: Einmal vergrößert es sein Aushebungsgebiet für afrikanisch« Truppen und zweitens ist durch den Besitz dieses Aushebungsgebietcs gleich zeitig im Falle eines europäischen Krieges Algier gesichert, und es kann die ganze afrika nische Mannschaft nach Europa gewor fen werden. Dies ist unmöglich, wenn Marokko selbständig bleibt, und erst recht, wenn ein Teil da von deutsch wird; denn in beiden Fällen könnt« Frankreich nicht daran denken, auch nur Algier zu entblößen. Die genauesten Kenner des Landes nun jagen, daß das Menschenmaterial, das Algier und ein fran zösisches Marokko Frankreich gegebenenfalls zur Ver fügung stellen könnte, geradezu vorzüglich ist und jedenfalls den einheimischen Soldaten weit überlegen wäre. So betrachtet kann man die Beharrlichkeit verstehen, mit der die Franzosen an der Gewinnung Marokkos arbeiten: Es kommt ihnen nicht auf eine „pönötr'ation paciticzuv" an, auch nicht auf eine Handelskolonie, sondern in der Hauptsache auf die Gewinnung eines an brauchbaren, kriegerischen Men schen reichen Aushebungsgebietes, und daraus ergibt sich sofort, daß wir dieser Absicht entgegen treten müssen. Das sicher st e Mittel hier zu ist aber eine deutsche Kolonie West- Ma r o k k o , di« Frankreich nicht erlauben wird, ein geborene Truppen nach Europa hinüberzuwcrfen. Von Bedeutung ist ferner die Tatsache, daß «in großer Teil des landwirtschaftlich vortrefflichen Bodens, der für Baumwollanbau wie ge schaffen ist, nicht im Privateigentum steht, sondern Machsen-Land ist, d. h. d«r Negierung oder dem Herrscher gehört. Die zukünftig« Negierung, nach unseren Wünschen also das deutsche Ncich. wäre mit einem Schlage Eigentümer gewaltiger Lände reien, deren Wert für Süd- und West-Marokko ein französischer Volkswirt neuerlich aus 0 Milliarden Franken berechnet hat; sie wäre also in der Lage, eine großartig« Siedelungspolitik zu betreiben, bei der in großem Maßstabe praktische Bodenreform angewandt werden könnte. Welch ein Segen sich hieraus ergeben könnte, braucht nicht geschildert zu werten! Nicht unerwähnt bleibe auch, daß Südwest-Ma rokko ein geradezu wunderbares Klima hat, so daß rveit« Teile als geradezu vorherbestimmte He i l - stätte gegen Lungentuberkulose bezeich net werden können; die Unterbringung von Kranken dort hätte den großen Vorzug, daß bas Klima ihnen stete Arbeit erlaubt und daß, soweit dieser Heil faktor in Betracht kommt, die beste Gewähr für dauernde Genesung geboten würde." Im folgenden werden di« Bedenken zu widerlegen gesucht, die gegen derartige Ford« rungen vorgebracht worden sind. Von der Schaffung «in«s Flottenstützpunktes in Agadir wollen erfr«ulick)«rweise auch die Alldeutschen nichts wissen; in ter Tat wiird« die Verwirklichung dieses Gedankens den Flottenstand Europas, zum wenig stens Englands und Deutschlands völlig verändern müssen, was nur unter Aufwendung stärkster finan zieller Opfer möglich wäre, di« indes dem deutschen Volke ebensowenig wie dem englischen zugemutet werden können. Im übrigen tritt aber Claß mit desto größerer Lebhaftigkeit für die endgültig« Aufteilung Marokkos ein. „Wer uns heute dazu Hilst, in Marokko ein Siedelungsgebiet für unsern Bevölkerungs-Ueberschuß zu bereiten und aus zuhauen, schasst die sicherst« Gewähr dasiir, daß in absehbarer Zeit di« Welt vom deutschen Volke keinen Angriffskrieg zu befahren hat." Zusammenfastend wird dann unter scharfer Ab lehnung aller Kompensationsangebotc in Mittel afrika noch folgendes gesagt: „Wir meinen, daß bei den Verhandlungen über di« endgültige Aufteilung das Deutsch« Reich sich ruhig und offen auf den Boden der durch die rasch wachsende Bevölkerung geschaffe nen Notwendigkeit stellt und darauf hinweist, daß es dem Weltfrieden nur dienen kann, wenn das deutsche Landbedürfnis jetzt, bei dieser Ge legenheit, so ausreichend befriedigt wird, daß ein weiteres Dedüfrnis in absehbarer Zeit nicht entsteht. Unter diesem Gesichtspunkte schlagen wir für den Fall der endgültigen Aufteilung vor, daß außer dem eben besprochenen rot umzogenen Gebiete noch der Landstrich zwischen dem Umer Rebia und Rabat nörd lich und dem Atlas nach Osten verlangt werde; der blau umzog«ne Teil der Karte veranschaulicht dies Gebiet, das nach Norden zu in dem Scbu eine brauch bare Grenze erhält. Dann hätte unser Vaterland wirklich eine Kolonie West-Marokko, die mit ausreichender Küste vom Sebu bi» zum Kap Juby und mit genügendemtzinterlandeausgestattet allen Zwecken dienen könnte, di« ihr Begehren zur Notwendigkeit machen: denn es wohnen in diesem Gebiete jetzt nach zuver lässigen Schätzungen noch nicht zwei Millionen Menschen, so daß noch viele Millionen Deutscher Platz finden werden; da» Klima ist so, daß sie nicht entarten wer den; sie werden dem Mutterland Erz und Baum wolle erarbeiten und von ihm die Erzeugnisse seine» Fleißes beziehen, wodurch der heimatlichen Industrie «in ans wette Zukrmst «»«sichtsreicher
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