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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.07.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110727015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911072701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911072701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-27
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Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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llr. 20S. los. Hstzrssng. dcerien Mannschaften de» Elilabeth-Regimente» auf forderten, ihnen zu folgen, nicht nur die de st ehe n- den Lesetzesvorschriften verletzten, son dern daß sie auch gegen das Ga fr recht verstie- ncn, welches ihnen etngeräumt war. Die Luisen, nrche in Charlottcnburg gehört einer Zwilgemeinde, deren liberale Anschauungen bekannt sind, die auch in dein Pfarrer Kraatz einen Gefftlickzen besitzt, der diesen liberalen Anschauungen gerecht wird. Wenn nun das betreffende Regiment auf eigenes An suchen in der bezeichneten Kirche ein Galt recht genietzt, so dürften die Angehörigen dieses Re gimentes das Gastrecht nicht in dem Augenblick ver letzten, in dem der Gastgeber ihrer Meinung nach eine andere Stellung cinnabm, als sic die ihre nennen. Die Schuld fällt hierbei natürlich den Offizieren zu, die den Befehl zur Räumung des Gotteshauses wahrend der Predigt gaben. Daß diese Räumung, welche ,ür den übrigen zi vilen Kirchcnbesuch nicht ohne Storung abgehen kann — wie dies ja auch die Unterbrechung der Predigt gezeigt l>at — von den Offizieren direkt be fohlen wurde, ist nicht nur eine selten vorkommende Verletzung des gewährten Gastrechls, sondern sic stellt auch ein U e b c r s ch r c i t c n der Befug nisse des Offiziers dar, denn durch diesen Befehl wurde den Mannschafren aufgegeben, in inner- po.ilischen Fragen der Kirche nach einer Seite Partei zu ergreifen, von der cs noch des Beweises bedarf, daß sie von der gesamten abkoinmandlerten Mann schaft geteilt wird. Cs scheint mir, daß hier Bc- mmmungcn, welche dem Offizier verbieten, die Un tergebenen politisch — wenn auch aus dem Gebiete der Kirchenpolitit — zu beeinflußen, verletzt sind. Meines Crachtens — ich bekenne es ossen, trotzdem meine Ansicht über Jathos Lehre die gleiche ist, wie die der Offiziere, welche die Kirche verlassen hießen — habe ich in 23jähnger Wirksamkeit als Offizier eure derartige Verkennung der Ofiizierspslichr noch nicht initerlebt. Kein Gebet der Aufrechterhaltung staatlicher Ordnung, kein Gebot, hier die Mann schaften etwaigen für das Vaterland schädlichen Ein flüssen zu entziehen, zwang hier das vertretene Offi zierkorps einen Befehl zu erteilen, der nichk nur eine aribe Verletzung der Ansrandspslicht darstellt, son dern der auch — darüber kann keinen Augenblick Zweifel herrschen — gegen das Gesetz, das der Offi zcer m erster Linie als Muster für seine Unterge benen zu respektieren hat, verstößt. Der Gottesdienst in der Luisenkirchc nahte bei der Demonstration be reits dem Ende, rind cs wäre Pflicht der Offiziere gewesen, den Kirchenvcsuch bis zum Schluggesang durchzuhalten. Glaubten sie sich durch die Aus führungen des Pfarrers Kraatz über den Fäll Iatho in ihren religiösen Anschauungen verletzt, so g a b e s für sie nur die einzige Möglichkeit, der vorgesetzten Stelle Mitteilung zu ma chen. damit ne nach reiflicher Ueberlegung und ohne Erregung öffentlichen Aergernisjes durch untere ordnete stellen einen Wandel schaffen konnte. Ich habe, bevor ich diese, meine Meinung wiedergav mit zahlreichen älteren Kollegen aus dem Offizier- korps gesprochen, und ich kann sagen, ich sand dort nur die eine Auslepm.g. daß es falsch und geradezu ge fährlich ist, den Versuch zu machen, die Mannschaften - entweder orthodox oder aber liberal — alle nur noch der Schablone einer Richtung zu erziehen. Da der Kirchgang al>cr eine Handlung ist, die innerhalb des Dienstes rangiert, so dürft« die betreffenden Offiziere sicher nicht ohne eine Belehrung der vor gesetzten Stelle über die Haltung bei ähnlichen Vor- imnmnissen in Zukunft davonkommen. Leiprl-er Tageblatt.vormrrstsg, 27. Zull lSll. 24. verdanüstag ües SitlMchen Innungsverdanües. ii. Freiberg i. S., 2b. Juli. Ueber die geplante Altersrentenkasse für sächsische Handwerker hatte der Verbandsvor- stand (Referent Kammerrat Schröer-Dresden) folgen, des beantragt: I) den Statutenentwurf dem tech nischen Gutachten entsprechend abzuänderu, 2) die Verbandsinnungen zu verpflichten, von jedem ihrer Mitglieder eine jährliche Extrasteuer von 10 zugunsten der Altersrentenkasse zu erheben und 3» den aeschäftsführenden Vorstand mit dem Erlaß eines Aufrufs zur Sammlung von freiwilligen Beträgen zur Beschaffung eines Reservefonds zur Altersrentenkasse für sächsische Handwerker zu beauftragen. Außerdem teilte der Referent mit, daß das Ministerium des Innern unter gewissen Voraussetzungen eine Beihilfe zu den Gründungskostcn in Aussicht gestellt hat. In der Debatte sprach u. a. Buchbindermeister Riedel- Freiberg und wiederholte seinen früheren Antrag, bei der Regierung die Bereitstellung von 1 Million Mark als Grundstock dafür zu beantragen, daß auch den älteren Handwerkern der Beitritt zur Kasse ermöglicht werde. Der Antrag fand jedoch keine Unterstützung. Nach weiterer langer Aussprache, in deren Verlauf dem Vorsitzenden Kammerrat Stadtrat Schwer ein glänzendes Vertrauensvotum erteilt wurde, wurde beschlossen, der Abänderung des Statuts der Altersrentenkasse zuzustimmen und den Vorstand zu beauftragen, auf verschiedenen Wegen lLotterie, freiwillige Spenden, Extrabeiträge usw.) einen Gründungsfondv zu schaffen, so daß möglichst zum 25jährigen Verbandsjubiläum die Konstituierung der Altersrentenkasie erfolgen kann. Weiter regte Obermeister Engelmann-Zwickau die Gründung von Innungskrankenkassen an, sprach Obermeister Wolfram-Radeberg über die Wirkung des neuen Handwerkergesetzcs auf die Innungen und das Handwerk, wandte sich Ober meister Kehr-Buchholz gegen die Führung des Titels „geprüfter Meister" als irreführend und un kollegial und behandelte Obermeister Wuttge- Leipzig den bei dem Bäckerstreik in Leipzig angewandten Boykott. Er beklagte die prinzi piellen Gerichtsentscheidungen lSächk. Obcr- verwaltungsgericht. Reichsgericht», wonach Boykott nicht unsittlich ist, wenn dadurch nicht Existenzen ruiniert werden. Die Versammlung nahm eine dem entsprechende Resolution an, die u. a. die Regie rungen und nationalen Parteien um Gesetze zum Schutze des Handwerks gegen den sozial demokratischen Terrorismus ersucht. Weiter erfolgte der Bericht des geschäftsführenden Vorstandes und dessen Entlastung. Als Vorort wurde Dresden beibehalten und der Vorstand wieder gewählt. Der Iubiläumsverbandslag (19121 soll in Chemnitz, der Gründungsstadt des Innungsverbandes, abgchalten werden. 40. verdanüstag ües vunües üeutlcher Lsrdler-, Mleur- unü Perjjckenmnlher-Innungen. op. Breslau, 24. Juli. Der 40. Verbandstag des Bundes deutscher Bar bier-, Friseur- und Pcrückenmacher Innungen trat heute in seine Verhandlungen ein. Kurz vor Be ginn eröffnete der Bundesvorsitzende Julius Pfeffer- Berlin die reichbeschtckte fachgewerbltche L « »- stellung. Mit dem Kaiserhoch erklärte der Vor sitzende den Verbandstag für eröffnet und unternahm zunächst mit den Vertretern der Behörden einen Rundgang durch die Fachausstellung, die von 882 Ausstellern mit 700 Arbeiten beschickt ist. Dann ergriff Stadtrat Wagner da» Wort »ur Begrüßung und teilte u. a. mit, daß der Minister einen Staatszuschuß von 100 bewilligt habe zur Prämiierung von Lehrlingsarbeiten, und daß die Stadt Breslau den Beschluß gefaßt habe, die von Obermeister Müller im Jahre 1878 gegründet« Fach schule zu übernehmen, damit der Gründer, der am 1. Oktober sein Obermeisteramt niederzulegen ge denkt, seine Schöpfung versorgt weiß. Herr Dr. Schindler begrüßte hierauf die Ver sammlung im Auftrage der Handwerkskammer, Ober, meister Müller im Namen der Breslauer Innung und Weigel-Breslau im Namen des Schlesischen Bezirks verbandes. An den Kaiser sandte der Bundestag so dann ein Begrüßungstelegramm. Der Bericht über das Verwaltungssahr lag der Versammlung im Druck vor. Die Einnahme 1910/11 ergab 21492,32 gegenüber einer Ausgabe von 17 408,49 Es ist somit ein Kassenbestand von 4023,83 vorhanden. Sodann wurde eine Resolution auf Umgestaltung de» 8 ivvg der Reichsgewerbeordnung einstimmig angenommen und danach mehrere Ab änderungsanträge beraten. Don den ausgestellten Haararbeiten wurden 16 Meister, 20 Gehilfen und 108 Lehrlinge prämiiert. Die goldene Medaille, Ehrenpreis des Bundes, er hielt von den Meistern Oswald A p e l t - Leipzig. Ueber die Freigabe des Weihnachtsheiligenabends und de« Silvester» referierte der Bundssvorsitzcnde Pfeffer. Ueber den Gesetzentwurf über Mißstände im Heilwesen sprach ebenfalls Julius P f e f s e r - Berlin. Zu dem Punkt Aerzte und Hautkrankheiten lag ein Antrag des sächsischen Landesverbandes vor, zu dem M i e t h e - Dresden sprach und den Aerzten anempfahl, bei der Beurteilung von Hautkrankheiten l Bartflechte usw.) etwas vorsichtiger zu sein und nicht kurzerhand den Barbier oder Friseur dafür verant wortlich zu machen. Es wird eine dementsprechende Resolution seitens des Bundesvorstandes ausgear- beitct und den Aerztekammern unterbreitet werden. Leopold-Berlin sprach über Apotheken und Handverkauf und schlug eine Resolu tion vor, die angenommen wurde. Ueber Fortbildungsschule und Religionsunterricht referierte ebenfalls Leopold-Berlin und sprach sich gegen die obligatorische Einführung desselben in der Fortbildungsschule aus. Eine dahingehende R e - so! ution wurde angenommen. Bei Punkt Voll- und Teilprüfungen wurde eine Resolution angenommen, in der die Ver sammlung den Handwerkskammern, die an dem Pr'n- zip der Vollprüfungen im Gewerbe festgehalten haben, ihren verbindlichsten Dank ausspricht. Die Damenfriseure und Perücken macher stellen sich auf den Standpunkt, daß die Barbiere und Friseure nicht mit ihnen zu verwechseln seien, als eigentliche Friseure und Pcrückenmacher vielmehr nur die Damenfriseure zu betrachten sind. Hierüber referierte G r ii tz m a n n - Berlin, der in einer Resolution die Uebergrtff« diese« Seinen Teil» des Friseurgewerbes zurückwtes. Gegen die Gründung von Provinzial- zwangstnnungen sprach sich Zähler-Berlin aus, worauf die Versammlung ein« dahingehende Resolution annahm. Zu dem nächsten Punkt der Tagesordnung: Obligatorische» Abonnement ans da» vundesorgan. verhielt sich der Bundestag ablehnend, beschloß aber, eine Kommission einzusetzen, die die Zukunft der Zei tung über Verbilligung der Herstellungskosten prüft. Die Weiterberatung wurde auf Dienstag fest gesetzt. V33 Deutsche im Leere. Wohl in keinem Zweige der Reichsverwaltung, wie der Einzelstaaten, hat die Forderung der Sprachenreinigung einen so erfreulichen Wider hall gefunden wie beim Heere. Zugegeben, daß die Truppeneinheitsbezeichnungen vom lArmeekorps über die Division, die Brigade, das Regiment und Bataillon bis zur Kompagnie, Eskadron und Bat terie berab) noch recht fremdartig anmuten, doch ist wenigstens mit der Gruppe ldie früher Sektion hieß) ein Anfang zum Bessern gemacht worden. Sehr er heblich hat man in den verschiedenen letzthin er schienenen Verordnungen und Vorschriften unter den Fremdwörtern aufgeräumt. Aus dem Chargieren wurde das Feuern, aus der Avant- und Arriere- garde die Vor- und Nachhut, aus der Garnison der Standort, aus der Instanz die Dienststelle, aus der Charge der Dienstgrad, aus den Direktiven die Wei sungen, aus dem Protokoll die schriftliche Verhand lung, aus dem Konzept der Entwurf, aus dem Re kurs der Einspruch. Statt direkt wird jetzt unmittel bar verfahren, statt qualifiziert wird beurteilt, statt requiriert ersucht. Auch das gräßliche derselbe ist überall ausgemerzt und rn er, sie, es geändert. Für das nicht minder schlimme bzw., ohne das selbst mancher hochgebildete Bankdirektor undeutlich zu werden meint, steht in den neuesten Ausgaben der Dienstbcstimmungen das ebenso klare oder. Daß auch im Kleindienst der Truppenwohnungen an der Ver deutschung gearbeitet wird, beweist ein Schild in einer Berliner Gardekaserne, wo eine besondere Tür als Eingang für die Schenkenlieferer — anstatt für die Kantinenlieferanten — kenntlich ge macht ist. Oer /unkenverkehr In üer Ssnüels» marine. Eine Schwierigkeit für die schnelle Ausdehnung der drahtlosen Telegraphie auch aus die nicht in der großen Linien- und Personenschlffahrt stehenden Dampfer bestand bisher in den strengen Prüfungs Vorschriften für das Bedienungspersonal, das bei solchen Dampfern aus den Reihen der Schiffsoffizierc gestellt wird. Es hat deshalb der im März d. I. zu Berlin abgehaltene dritte Deutsche Seeschiffahrtstag einen Antrag angenommen und eine Eingabe an das Reichspostaml gerichtet, wonach eine Erleichte rung der sunkentelegrapyischen Prüfungsvorschriften für Schiffsoffiziere der Handelsmarine von leiten des Reiches international angestrebt werden sollte. Das Neichsvostamt hat nunmehr den Vorsitzenden des Deutschen Nautischen Vereins, Geh. Rat Aug. Schultze zu Oldenburg i. Gr., dienstlich beschicken, daß nach eingehender Prüfung der Materie die Reichs-Telegraphenverwaltung auf dem 1912 in London abzuhaltenden 2. Internationalen Funken kongreß im Sinne der Wünsche der deutschen Handels marine eintreten und für Schiffsoffiziere Prüfungs- Alte Leipziger Golülchmieüesrdelten. Die im Jahre 1907 im Städtischen Knnstgeweroe- Muscum zu Leipzig veranstaltete Ausstellung von Goldschinicdcarvciten Leipziger Ursprungs und aus Leipziger Besitz hat dem Direktor des Rcuscums Professor Dr. Rlchard Graul Anlaß zu einem literarischen Uederblick über die Hinterlassen schaft an alten Goldschmiedcarbeitcn gegeben, der in einem bei Karl W. Hicrseincnin erschienenen, vor nehmen, reich illustrierten Werke erkennen läßt, daß aus Leipzig vielmehr gute Goldschmiedcarbeiten her- vorgeganqcn sind, als bisher gemeinhin angenom men werden konnte. Die älteste Urkunde, die wir über die Leip ziger Goldschmiedezunjt besitzen, ist die Innungs ordnung vom 23. September des Jahres 1493. sic erscheint als die Verbesserung einer verloren gegan genen älteren Ordnung und ist mithin das Ergebnis einer längeren Entwicklung des Goidschmiedehind- werks in Leipzig. Ursprünglich waren, wie auch an anderen Orten, die Gold- und Silberschmiede wohl mit den Schlossern. Sp reu. Vuuffen- und -oindcn- machern in ein und derselben Zunft vereinigt. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts scheinen sie sich aber in einer eigenen Zunft zusammengeschloßen zu haben. Ihr Quartier hatten sic am Thomaskirchhof aufge- schlagcn. Im Jahre 1542 hören wir, daß ein „auri- saber Petrus Posern" Mitglied des Rats gewßen ist, was jedenfalls für das Ansehen der Zunft spricht. Um diese Zeit hatte Leipzig unter den mittel deutschen Städten bereit eine gewisse Bedeutung nicht nur als Handelsplatz, sondern es scheint auch für die Kirchen der Diözese des Merseburger Bis tums Arbeiten der Goldschmiedekunst geliefert zu haben. Wie groß die Tätigkeit für kirchlichen Ge brauch gewesen ist, davon tonnen wir uns ein un gefähres Bild machen nach der Durchsicht einiger In ventare, die im Urkundenbuch der Stadt Le p§iz veröffentlicht sind und die den Kleinodienbesitz der Kirchen und Klöster zu Leipzig vor der Reformation aufzeichnen. Wahrscheinlich war das meiste der da ausaeführten „Heiligtümer einheimische Arbeit. Was sich in Leipzig an GeidnGniedelverken aus dem 15. Jahrhundert in altem Besitz erhalten hat, ist wenig genug und trägt keine Stempelung. Am wahrscheinlichsten ist die Annahme, daß die beiden Leipziger Universitätszepter bald nach der Gründung der Un'-erfität (1409) in Leipzig hergestellt worden sind. Das Wai "<-n niit einem Löwenkopf, das sich am unteren Knauf der Szepter befindet, könnte dos eines Mitgliedes der sächsischen Familie von Posern sein, haben wir doch gehört, daß 1452 ein Goldschmied Posern im Rate saß. Als Leipziger Arbeiten aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts dürfen wir wohl auch in An spruch nehmen den Schützenschmuck „der Städte Kleinod" in seinen älteren Teilen, ein kleines Re- liquiar in Form eines Medaillons mit dem gra vierten Evangelisten Zeichen auf d«r Rückseite, dann die gebuckelte Hosticnschale mit einem emailliencn Wappenschild auf dem Rabel und ein paar Mantel schließen. Das alles sind freilich Arbeiten im Stil der Gothil wie sie im 15. Jahrhundert Allgemeingut gewesen ist. Erst im folgenden Jahrhundert s'tzze.r wir auf Werke bestimmt nachweisbarer Leipziger Goldschmiede. Mit der wachsenden Bedeutung Leipzigs als Han delsstadt war auch die Golvschmicdckuiist allmählich zu größerer Bedeutung gekommen. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts hören wir u.: '> von Lire Zig- leiten der Goldlck.: > >i Handwcrksbcrechti- gungen. So gerieten die Goldschmiede mit den Siegelschncideril, später mit den Drahtwirkeru in Streit, und dem „Groschenaießer" Hans Reinhardt hätten sie das Handwerk gelegt, wenn ihn nicht der Rat in Schutz geuommen hätte. Der unerschütterliche Ruhm Hans Reinhart Les Aelteren beruht auf seinen Leistungen als eines der besten und originellsten den^ nee Medailleure, seine Dreifaltigkeitsmedaillc, die 1541 crschi - und in ver schiedenen Varianten bis 1560 gegossen wurde, ist rn ihrer Art von keiner ' iteren deutschen Medaille übertroffen worden. Auch von Hans Reinhart dem Jüngeren wissen wir nur^wenig, obwohl er in der Zunft eine Rille spielte, war er doch fünfmal Obermeister. Auf der prächtigen Eidbibel des Leipziger Rates von 1597 erscheint sein Merk eicken neben dem eines anderen Goldschmiedes. Eine ganz selbständige Arbeit Reinharts des Jün geren ist ein Schild von 1591 am L-'ipKger Schützen schmuck. Sonst werden ibm Medaillen zugcschtlcben und „Visierungen" oder auch Gravierungen zu Grab platten Wettiner Fürsten im Freiburger Dom. Wenn wir die Figuren von Glaube und Hoffnung auf der Leivziger Eidbibe 1 von 1597, auch für die von Elias Geyer herrührende Wiederholung von 1605 verwendet, als Arbeiten Reinhart des Jüngeren in Anspruch nehmen diirsen und sic mit der Formengebung der Figuren auf dem Relief vergleichen, dann erscheint Reinhart hier als ein bedeutenderer Meister. Die Formengebung der Fi guren ist von einer gewissen Eleganz und die tech nische Behandlung sorgsälH-'ev. nuancierter als in den Figuren der Bibeln. Der Goldschmied, der in Gemeinschaft mit dem jüngeren Reinhart den silbernen Dibeleinband von 1597 gezeichnet hat, ist Elias Geyer, einer der frucht barsten und besten Goldschmiede, die in Leipzig tätig gewesen sind. Fast über 20 Jahre läßt sich Geyers Tätigkeit verfolgen. Die früheren Arbeiten, die Folge der Nephritbecher, die Fassungen von Straußeneiern und Seemuscheln haben noch viel von dem Stil der Renaissance, verwenden zierliche kleine Formmotive und erfreuen, ohne originell zu sein, durch geschmackvolle Arbeit. Der Freude am Souderbaren, Skurilcu, das für das höfische Prunkgerät des Barocks charakteristisch ist, kommt Geyer entgegen in den Trinkgcschirren in Form von Greifen und Basilisken. Hier vcwährt der Künstler Kraft des Stilisierens und effektvolle Erfindung, während er in seinen Seemuscheln mit Triton und Nereide den menschlichen Körper geschickt mit Tier formen zu verbinden weiß. Als Elias Geyers Meisterwerk müssen wir indessen das große Gieß- bcckcn mit Jagdszencn betrachten, das' unter den Prunkgeschirrcn des Grünen Gewölbes eines der stolzesten Stücke darsrcllt. Die überreiche Jagdlom- pofition mit dem vierfach durch Voluten geteilten Rand ist ein Stück vollende: r Treib- und Gußarbcit und sorgfältiger Ziselierung. Leider ist die zu dem Becken gehörige Kanne nicht erhalten geblieben oder steht noch unerkannt in einem Winkel des Grünen Gewölbes. Waltet sckron in der r--i-^en und bewegten Komposition dieser Prnnkschiissel ein die verschie denen Rclieswirkungen gegeneinander glücklich ab schätzender Sinn, so muten andere Arbeiten Geyers, wie die Prunkkanne mit einem kleinen Neptun auf dem hochaezogenen Henkel so streng an in ihrer Sil houette. daß man sie aus den ersten Blick einige Jahrzehnte früher crnsctzen möchte. Erst die Betrach tung der Details offenbart den späteren Stil einer Rollwcrk-Ornamentik mit blattförmigen Ausläufern, wie sie seit dem Ende des 16. Jahrhunderts allgemein war und dis Grundmotiv der ersten Eidbibcl von 1597 bildet. Die Kanne mit Perlmuttereinlaacn auf dem Leib gehört zu einer türkischen Schüssel, die reich mit Perlmutter eingelegt ist. Sehr geschmackvoll ist Geyers Fassung einer türkischen Pertmutterkasjette, die auf schreitenden Löwen steht. Die Folge von Trinkgeschirren in der Form von Seepferden — es konnten zehn Stück nachgewiesen werden — vortreff lich in der Bewegung der steigenden Pferde, sind die letzten Arbeiten für den kursächfischen Hof. So bleibt uns die Hoffnung, daß sich noch mehr Arbeiten des Meisters finden möchten. In der Innung stand Geyer hoch im Ansehen, das merkt man schon an der Art, wie das Jnnungsbuch seiner gedenkt; zwei mal war er Obermeister. Von keinem der übrigen Leipziger Goldschmiede des 17. Jahrhunderts können wir Arbeiten vom gleichen künstlerischen Wurf vorweisen, die den besten Arbeiten süddeutscher Meister nahekommen. Das wenige, was sich erhalten hat, meist Kirchen geräte von bescheidenen Ansprüchen und, wenn es hoch kommt, einige reliefierte Taufgeräte, Will- tommcnbecher und Humpen, zeigt den allgemeinen barocken Zeitstil, wie ihn die Augsburger und Nürn berger Mode diktierte, in anspruchsloser Ausführung. Immerhin gehören die Arbeiten des Kauxdorf, Krumpholz, Scyoller und des Balthasar Lauch, dessen Meisterstück von 1676, ein Agleibecher, sich erhalten hat. zu den besseren Arbeiten der Art aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Balthasar Lauch nimmt auch als Medailleur eine geachtete Stellung ein. Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts scheint das Leipziger Eoldschmiedehandwerk eine gewiße Tüch tigkeit besessen zu haben. Von Hans Heinrich Hauß mann gibt cs Willkommen von ansprechender For- mcngcbung und auch die in der Silhouette bewegtere Kanne seines Sohnes Paul Gottfried Haußmann kann noch befriedigen. Die Auswahl von Werken anonymen und nicht Leipziger Ursprungs beginnt mit dem berühmten Lutherbecher von 1536 und schließt mit einer prunk vollen barocken Taufschüssel mit Delphinen und Ohr muschelornament, die das Leipziger Kunstgeweroe- Muscum besitzt; sie umfaßt sehr verschiedenartige Geräte von der Gotik bis zum Klaffizismus uno ent hält aus all cnPhasen dieser Entwickelung eine Anzahl Werke vorbildlichen Wertes. Kunst unü Mllenlchakt. * Der Dom von Freiberg i. Sa., der in seiner goldenen Pforte aus romanischer Zeit eines der edelsten Werke deutscher Plastik besitzt, soll an seiner Westfront ausgebaut werden. Da ein 1900 ausge schriebener Wettbewerb nicht das erwünschte Eraeb- nis hatte, hat man jetzt einen neuen engeren Wett bewerb unter sechs hervorragenden Monumental architekten beschloßen. Hermann Billing in Karlsruhe, Theodor Fischer in München, Wilhelm Kreis in Düsseldorf, Schilling und Eräbner in Dresden, Bruno Schmitz in Charlottcnburg wurden eingeladen und baden ihre Mitwirkung zugcfagt. Die Bewerber haben vollste Freiheit für die Lösung der gestellten Aufgabe. Dein Preisgerichte gehören an Cornelius Gurlitt. Genthe-Dresden, Scharenberg-Leipzig, Friedrich von Thiersch München. Entwürfe bis zum 1. November. Ein musikalisches Experiment. Aus Jena wird uns geschrieben: Die neugegründete Ortsgruppe der Internationalen Musikgeiellschaft. an deren Spitze die Professoren Stein. Leitzmann und Brünings stehen, haben den interessanten Beschluß gc'aßt, das alte Colle ui »IN »Iioieum, das bis zum Jahre 1769 musikliedcndc Professoren und Studenten allwöchent lich in der „Rosx" zum gemeinsamen Musizieren ver einigte, zur Pflege alter Kammermusik wieder auf leben zu laßen. * Professor Max Reinhardt beabsichtigt, den Eng ländern auf ihrem eigensten theatralischen Spezial gebiet — der Weihnachtspantomime — Konkurrenz zu machen, indem er in der riesigen Lon doner „Olympia" im Dezember ein großes drama tisches Szeneuspiel ohne Worte vorführen wird. Wie hierzu mitgeteilt wird, hat Reinhardt bereits Pro fessor Engelbert Humperdinck verpflichtet, für diese Pule-Tide-Pantomime die gesamte Instrumen tierung zu liefern. * Die neue Revue de» Berliner Metropoltheater» ist am kühlen Strande des Nordseebades Norderney, wo sich Direktor Richard Schultz, Victor Holländer und Julius Freund zurzeit aufhalteu, vollendet. Auch Guido Thielscher ist dort eingetroffeu. Die Proben beginnen bereits am 1. August. Die neue Revue wird in einigen Akten vor uird in dem Palais de dance spielen. Direktor Schultz, Victor Holländer, Julius Freund und Gattin sowie Guido Thielscher hatten am Sonntag einer Einladung des Für st . n Bülow zum Mittagessen Folge geleistet. * Professor Fritz Schaper, der ausgezeichnete Ber liner Bildhauer, feiert am Montag seinen siebzigsten Geburtstag. Schapers erstes großes Werk war das Goethe-Denkmal für den Berliner Tiergarten. Neben seiner künstlerischen Tätigkeit bat sich Professor Schaper als Lehrer verdient gemacht. Er leitete von 1875 bis 1890 den Aktsaal für Bildhauer an der Ber liner Kunsthochschule. Zahlreiche Auszeichnungen sind ihm zuteil geworden; so wurde ihm u. a. der Orden Pour le mörite verliehen, und vor 6 Jahren wurde er, als Anwers nach Menzels Tode Kanzler wurde, Vizekanzler des Ordens. * Der frühere Sekretär Tolstois, Gussew, der vor wenigen Tagen aus der Verbannung nach Rjasan zu seiner alten Mutter zurückkehrte, ist damit beschäftigt, ein Memoirenwerk über Tolstoi fertigzustellen, das er während feiner Verbannung nach stenographi schen Aufzeichnungen in Jasnaja Poljana verfaßt hat. Der Inhalt der Memoiren soll viel Interessantes aus dem Leben Tolstois enthalten. * Theaterchronik. Kurt Küchler, der Verfasser des „Sommerspuk", hat ein neues Bühnenwerk vollendet, betitelt „Kajus, der Strolch", eine romanti sche Komödie in drei Akten. Das Stuck wird seine Uraufführung in Hamburg erleben. Mufikchronik. Hofkapellmeister Peter Raabe, dessen Verbleib im Verband und an seiner hervor ragenden Stelle am Weimarer Hoftheater gelegent lich der Affäre Krzyzanowski etwas zweifelhaft ge worden war. ist vom 1. Septemer 1912 ab auf weitere fünf Jahre seitens der Generalintendanz ver pflichtet worden. .^l. Hochschulnachrichten. Der Privatdozent für Psychologie in Straßburg Professor Dr. Albrecht Betye hat den Ruf nach Kiel für 1. Oktober an genommen. Er übernimmt dort als Nachfolger von Professor v. Hensen das Ordinariat und die Leitung des Psychologischen Instituts. — Der ordentliche Professor Dr. Eugen En der! en ist geneigt, dem Ruf nach Königsberg als Nachfolger des nach Leipzig gehenden Chirurgen E. Payr Folge zu leisten. — Als Nachfolger des in den Ruhestand ge tretenen Professors Riehn auf den Lehrstuhl für Dampfkraftmaschinen und Dampfkessel an der Tech nischen Hochfchule in Hannover wurde der ordentliche Professor Hermann Franke von der Technischen Hochschule in Braunschweig berufen. — In Freiburg in Breisgau starb eines der ältesten Mitglieder des Universitätskörpers, der außerordentliche Proiessor der Chirurgie Dr. Albert Schinzinger im Alter von 84 Jahren.
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