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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.07.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110727015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911072701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911072701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-27
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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Anzeigen-Preis für Inserat« aus L«ipztg und Umgebung di« lspaltig« Petitzetl« lSPs^di« Neklame- t«ile l Mk.' von auswärts ZU Pf., Neklamen 1.2U Mk.? Inserat« von Behörden im amt lichen T«il di« Petit,eile SU Pf. T,schuft,anzetgen mit Platzoorschristen u. in der Äbendausgad« im Preise erhöht Rabatt nach Tarts. Beilagegedühr Gesamt auflag« ü Mk. p. Tausend erkl. Postgebühr. Teilbeilag« hoher. Festerteilt« Austraa« können nicht zurück» gerogen werden. Für da» Lrschrtnen an bestimmten Tagen und Blähen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme Iodannisgass« S, bet sämtlichen Filialen u allen Annoncen- Lzpebttion«n des In- und Ausland«». Druck uad Verlag de» Leipziger Tage blatt»» S Polz. Inhaber' Paul Nürft««. Redaktion und Geschältsstell«: Iohanntsgass« 8. Haupt-Filial» Dresd«»! Ceeitrage 4, I lT«lephon 462IT M. 206. 105. Jahrgang vannersiss, üen 27. Iuli iSll. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 16 Seiten. Das Wichtigste. * Die Spannung in der Marokkokrise hat anscheinend den Höhepunkt über schritten. (S. d. des. Art.) * Das Kanonenboot „Eber" ist aus der Fahrt nach Agadir in Teneriffa eingetroffen. (S. d. bei. Art.) * Königin Wilhelmina von Holland ist in Begleitung des Prinz-Gemahls in Brüssel eingetroffen, (s- Ausl.) * In Cardiff kam es aus Anlaß des Berg- arbeite: st reiks zu Unruhen. (S. Ausl.) * Der Schiedsvertrag zwischen Argen tinien und Venezuela ist in Washington unterzeichnet worden. sS. Ausl.) * Der Flieger Beaumont, der am Mittwoch nachmittag als Erster in Brooklands landete, hat damit den „D a i l y - M a i l" - P r e i s von 200 000 gewonnen. Die Revolution in Saitl. Auf der großen Antille, die Kolumbus schon auf seiner ersten Fahrt entdeckte, ist die ge schichtliche Entwicklung nach zwei Richtungen abweichend von dem Schema des America Intinn vor sich gegangen. Einmal insofern die Spa nier schon in der früheren Periode das west liche Drittel der Insel dauernd an die Fran zosen verloren: gerade ihren gesegneteren Teil. Dann aber, weil dort die afrikanische Sklaven bevölkerung an Kopfzahl schließlich die weißenAn- siedler bedeutend überragte. Dieses ungünstigeVer- hältnis machte sich darin geltend, daß die Los- reißung vom Mutterlande nicht von den kreo lischen Kolonisten ausging, sondern von den ihre Ketten brechenden Knechten im Kampfe gegen die Pflanzer, für deren weitere Vermin derung die schrecklichen Greuel der Revolution sorgten. Frankreich aber, dessen Flotten eben Nelson von den Meeren fortfegte, war unfähig, ein Glied zum Schutze seiner Landsleute zu rühren. Französisch-Haiti wurde unabhängig, bekümmerte sich aber aus alter Gewohnheit so eifrig um die Vorgänge in Alt-Frankreich, daß es nicht mit der Republik anfing, sondern zunächst den schwarzen Bonaparte Toussaint l'Ouverture an seine Spitze stellte, dessen lächer liche Nachäffung selbst napoleonischer Aeußer- lichkeiten bis auf den Neuadel der Grafen von Limonade, Schokolade usw. ja bekannt ge nug sind. Der weitere Verlauf der haitianischen Ge schichte aber ist den verrottetsten „Republiken" spanischer Zunge, Venezuela, Kolumbien, Hon duras usw. nur zu ähnlich geworden. Höchstens daß ihre Revolutionen noch wilder, noch grau samer ausliefen. Von dem — auch für unsere Literatur durch Heinrich v. Kleist und Theodor Körner klassisch gewordenen — ersten Bürger kriege her hat sich der Brauch erhalten, besiegte und kriegsgefangen gemachte Gegner ausnahms los als „Rebellen" hinzurichten, indem eben beide Teile ihre Sache für die rechtmäßige, die Widersacher als Rebellen betrachten. Von seinem Wechsel statt durch Erbfolge durch um- Ichichtig siegreich verlaufende Revolutionen abge sehen, trägt das Regiment völlig die Züge derjenigen Einrichtungen, welche das Altertum als Tyrannenherrschaften bezeichnete, mag das ehemalige Französisch-Haiti sich tausendmal Republik und seine Oberhäupter Präsidenten nennen, ihnen auch so etwas wie gesetzgebende Versammlungen an die Seite setzen. Bis gegen das Ende des 19. Jahrhunderts hatten die haitianischen Parteikämpfe für das Ausland höchstens insofern Interesse, als den dort tätigen Hamburger Häusern wie ihren englischen und französischen Konkurrenten viel an möglichst langer Dauer der sogenannten Friedenszustände gelegen war, d.h. der Zwischen zeiten zwischen den Revolutionen, die beide Teile zur Ausheilung ihrer Wunden benötigten. Seitdem aber unter Mac Kinley der „Imperia lismus" aus einer schlummernden Theorie in lebendige Praxis übergeführt, seitdem durch die Unterwerfung Kubas, durch die offene Annexion Portorikos der erste Schritt zur Pankeesierung West-Indiens getan ist: seitdem wartet die Welt, welche der Revolutionen endlich die Machthaber in Washington anregen möge, Haitis Zeit für erfüllt, die Frucht für reif zu erklären. Denn man greift es mit Händen, daß der Charakter der haitianischen Aufstände sich geändert hat. Früher hielten die Fremden, be sonders die Weißen, sich für zu gut, an den Händeln der Herren Nigger teilzunehmen. Neuerdings sind allemal „amerikanische Staats angehörige" dabei. Mag mancher Bürgerrecht so fragwürdig sein, wie die französischen Schutz genossen — an denen sich immer wieder zum Heile oes französischen Beschwerdebedürfnisses Machsen oder Spanier vergreifen, weil sie so schwer von richtigen Marokkanern zu unter scheiden sind —, es soll wirklich vorgekommen sein, daß leibhaftige Amerikaner von weißer Hautfarbe unter den „Rebellen" ergriffen und nach haitianischem Rebellenrechte behandelt sind. Dann natürlich allemal eine ungeheure Entrüstung im Staatsdepartement in Washing ton und in der New Parker Presse. Immer mußte die schuldige Regierung auf die Knie sinken, der Präsident den Weg gehen, den Diaz kürzlich gehen mußte, und — was die Hauptsache war — neue politische und Handelsvorteile der nur unter dieser Bedingung gnädigst verzeihen den Großmacht eingeräumt werden. Nach dieser Methode ist bereits die „Finanzverwaltung", das heißt das Schuldenwesen des Niggerstaates unter ihre unmittelbare Kontrolle gestellt. Im Grunde hat wohl Europa und besonders auch das durch seine Handelsverbindungen so stark beteiligte Deutschland auf Haiti mehr Veranlassung, die kaum noch verhüllten ameri kanischen Annexionsbestrebungen ohne Ab neigung anzusehen als die ähnlichen kontinen talen Expansionstendenzen. Die Zustände sind dort wirklich jo verrottet, die Negerbevölkerung sder Rückfall ins Heidentum, ja Kannibalismus nachgesagt werden) so hoffnungslos unreif, daß der Ruf nach einer stärkeren Hand unter den Kaufleuten allgemein geworden ist. Gerade jetzt durchtobt wieder der Aufruhr die paradie sische Insel, deren blühende Fruchtbarkeit einst Kolumbus für die Mühen seiner langen See fahrt entschädigte, freilich auch seiner Mannschaft des neuen Erdteils tückischstes Gastgeschenk mit gab. Uncle Sams vertiefteres volkswirtschaft liches Verständnis wird den Fehler der fran zösischen Herrschaft nicht wiederholen, sich die Schwarzen über den Kopf wachsen zu lassen. Im Gegenteile: er dürfte bald den noch freien Rest des Bodens in seine und seiner Pflanzer Hand bringen. Wieweit eine solche Entwicklung freilich dem beteiligten Auslande behagen würde, steht auf einem anderen Blatte. Damit kommen wir auf das Bedenken, das auch einer Ausdehnung der amerikanischen Landeshoheit über Haiti noch anhaftet, so sehr sonst gerade dort die Vorteile ihre Nachteile überwiegen: wird es den anderweitigen Inter essenten gelingen, dem smarten Geschäftsmanns, der immer nur gern in anderer Leute Häusern für die „offene Tür" schwärmt, seine eigene am liebsten doppelt und dreifach verriegelt, eine bindende Verpflichtung abzulocken, daß er von seinem künftigen Hausrechte gegen uns dort keinen Gebrauch machen will? Das ist der springende Punkt, der die mit den sonstigen Schwierigkeiten des marokkanischen Problems nicht belastete „haitianische Frage" über ihr rein amerikanisches Interesse heraushebt. Sollte aber Washington diesmal noch nicht geneigt sein, seine Karten auf den Tisch zu legen — sei es auch nur, um das über Mexiko, Panama, Nikaragua schon genügend erregte Südamerika nicht noch weiter in unionsfeind liche Pläne hineinzutreiben —, sollte ihm dies mal noch an dem Opfer des Herrn Simon genug sein, der schon auf seine Hauptstadt Port- au-Prince beschränkt ist, während seine Gegner sich bereits Cap Haitiens bemächtigt haben: dann haben natürlich auch wir kein Interesse daran, ob er oder ein anderer Schwarzer, hieße er Fir min oder Conte, den Präsidentennamen trägt. Wohl aber sind unsere Firmen an einer mög lichst schnellen Beendigung der gegenwärtigen Wirren sehr lebhaft mit ihren Bedürfnissen beteiligt und mehr noch natürlich daran, daß der in größter Nähe oorauszusehende Sturm der vereinigten Rebellenheere auf die Haupt stadt ohne Bedrohung ihres Eigentums, ja des Lebens ihrer Angestellten vor sich geht. Um so dankbarer werden sie die Anwesenheit eines deutschen Kreuzers in ihrem Hafen begrüßen. Zur Msroktrotrrilis. Gerade jetzt, wo man sich in Frankreich, ange- stachelt durch den Umschwung der englischen Politik in der Marokkofragc, mehr denn je gegen deutsche An sprüche sperrt, erscheint es angebracht, noch einmal die wirtschaftliche Bedeutung Marokkos darzulegen. Es seien daher nur kurz folgende Tatsachen zusammen gefaßt: Der deutsche handel mit Marokko beläuft sich zur zeit bereits jährlich auf einige Millionen Mark, und es sind deutschen Firmen von der marokkanischen Re gierung bereits nicht unerhebliche Konzessionen für den Ausbau von Minen usw. gemacht worden, die vielleicht nicht mit Unrecht einen gewissen Neid des Auslandes erregen und deren rechtliche Gültig keit man ihnen streitig zu machen sucht. Insbesondere hat Frankreich den Wert der Bodenschätze Marokkos schon längst erkannt, doch hat man sich im Nachbarlande wohl gehütet, darüber gar zu viel in die Welt hinauszuposaunen, sondern man hat alle Aktionen, die seitens der Negierung vorgenommen wurden, stets nur mit politischen Verhältnissen, ins besondere der Beunruhigung <' algerischen Grenze durch die wilden marokkanischen Stämme zu be- Mänteln gesucht. Mag dem aber sein, wie es wolle, uns interessiert das Hinterland von Agadir, das bisher noch in keiner Weise in die Interessen sphäre anderer Länder gehört hat. Zu diesem gehört außer dem eigentlickzen Susgebicte ein größerer Teil des Atlas, und es steht fest, daß in diesem Hinter lande Vorkommen insbesondere: Eisen, Kupfer, Waschgold, Antimon, silberhal tiges Bleierz, Steinsalz, Kohle, Schwefel, Gips, Salpeter usw. Es sind das alles für uns außerordentlich wichtige Mineralien, die wir zum Teil bereits jetzt in nicht unerheblicher Menge vom Aus lands zu importieren gezwungen sind, deren Import uns aber bei fast jeder Neuregelung der Handelsverträge durch Zollerhöhungen usw. er- schwert wird. Für den Bedarf an Gold sind wir ja fast gänz lich auf die Einfuhr angewiesen. Die Ausbeute in unseren Kolonien ist bisher eine noch für unseren Ke. samtbedarf unzureichende. Es wurde daher in Deutsch land eingeführt an Golderzen 1908: ca. 180 Ton nen: 1909: ca. 177 Tonnen: 1910: ca. 139 Tonnen. An Kupfererzen wurden nach Deutschland eingeführt: 1908: 17156 Tonnen; 1909: 26 487 Ton nen: 1910: 2219 t Tonnen. Es betrug der Verbrauch von Kupfer im deut schen Zollgebiet: 1908: 180 802 Tonnen; 1909: ins gesamt 179 054 Tonnen, davon wurden im Deut schen Reiche selbst an Rohkupfer gewonnen: 1908: ca. 30 000 Tonnen: 1909 ca. 31 000 Tonnen. Ferner wurden eingcführt an Antimonerz 1908: 686 Tonnen: 1909: 1668 Tonnen: 1910: 2899 Tonnen. An Bleierz 1908: 133597 Tonnen: 1909: 111017 Tonnen; 1910: 112 151 Tonnen. An Eisenerz 1908 : 7 733 000 Tonnen: 1909: 8 367 000 Tonnen; 1910: 9 817 000 Tonnen. An Eisen und Eisenwaren betrug die Einfuhr: 1908: 5,si9 002 Tonnen; 1909: 458 541 Ton- nen; 1910: 560 622 Tonnen. Wir sehen also daran, daß Deutschland gerade einen nicht unerheblichen Bedarf an den Metallen hat, die in marokkanischem Gebiet, und zwar gerade im Hinterlande von Agadir, Vorkommen. Insbeson dere ist das Vorkommen auch von Eisen für uns deshalb wichtig, weil die Produktion von Eisenerz in unserem eigenen Lande infolge Erschöpfung der be kannten Lager schon in absehbarer Zeit sich verringern dürfte, während kein Zweifel daran ist, daß der D e - darf sich eher steigern als Nachlaßen wkd. Die Eisenlager in Wcltafrika sind aber anscheinend von nicht unerheblicher Ausdehnung und demnach Reich haltigkeit. Wenigstens hat vor einigen Jahren Dr. Stein sder jetzige Syndikus des Verbandes Deutscher Steindruckereibcsitzer) auf einer von Liberia aus un ternommenen Expedition das Vorkommen von Eisen lagern bis in die Gegend von Boporu festgestellt, wo es von den Eingeborenen zwar auf primitive Weise, aber doch in nicht unerheblicher Menge durch Tage bau gewonnen wird. Steht daher das Vorkommen von Eisen sowohl für den Norden als für den Süden von Westafrika fest, so kann man ohne weiteres an nehmen, daß das gesamte Innere Westafrikas eine noch unbekannte Menge ungehobener, für die In dustrie außerordentlich wertvoller Schätze birgt. Es war nun, namentlich in ausländischen Blättern, von „Kompensationen" für das Deutsche Reich die Rede, woraus man entnehmen kann, daß möglichst auch dem Deutschen Reiche eine sogenannte „Inter essensphäre" in Marokko nicht bewilligt werden soll, trotzdem unsere Interessen, wie sich aus vorstehendem ergibt, gerade an unserer wirtschaftlichen Mitwirkung in Marokko sehr erheblich sind. Sollen wir aber tat sächlich mit Kompensationen abgespeist werden, so ist darauf zu achten, daß diese auch gleichwertig sind, daß sie uns also insbesondere die gleiche Ausbeute an Mineralien gewährleisten. Hierbei ist noch zu berücksichtigen, daß bei dem Transport von solchen Mineralien aus Marokko die Transportkosten aus diesem nähcrgelegenen Gebiet naturgemäß erheblich niedriger sind als aus einem fernerlieqenden Lande, wie etwa aus dem im Norden Deutsch-Südwestafrikas bclegenen Ovambolande oder ähnlicher Tauschobjekte, über deren wirklichen Wert zuverlässige Angaben bis her überhaupt noch nicht gemacht werden können. Das deutsche Volk und seine Negierung hat daher darauf zu achten, daß ihm nicht statt wertvoller Konzessionen eine Katze im Sack verkauft werde. * Nachdem am Dienstag die Marokko-Angelegenheit infolge der Londoner Ministerbesprechungen mit den darauffolgenden Audienzen beim englischen König all gemein eine recht ernste Beurteilung fand — am deut lichsten zeigte sich dies in den Börsenstimmungen an den Weltmärkten London, Paris und Berlin —, hat gestern in den Kommentaren, mit denen die Preß« jedes neue Moment in dieser Angelegenheit begleitet, eine bemerkenswerte Entspannung Platz gegriffen. Erfreulicherweise scheint nach den weiter unten wie dergegebenen Telegrammen auch in Paris eine verständiger« Auffassung der Lage Raum gewonnen zu haben, so daß man an einen endgül- tigen guten Ausgang der Verhandlungen zwischen Kiderlen-Wächter und Cambon keineswegs zu ver zweifeln braucht. — Ueber die derzeitige Lag« liegen im einzelnen folgende Meldungen vor: O. Berlin, 26. Juli sPriv. Tel.) Während auf die Nachricht hin, daß in Pariseine Ernüch. terung ei »getreten ist, di« meisten Abend blätter die Lage ruhiger auffassen, schreibt Graf Ernst Rcventlow in der „Deutschen Tagesztg" das Folgende: „Die Stellungnahme der deutschen Regierung und insbesondere ihre Forderungen, müßen heute auch alle diejenigen als eine vollendet feststehende Tatsache ansehen, welche eine Entschädigung des Deutschen Reiches nur auf marokkanischem Boden wünschen. Muß man jene Tatsache aber als vollendet ansehen, so muß sie auch jetzt für alle nationalen Richtungen in Deutschland die Basis abgeben. Die auswärtige Lage hat heute schon ein ernstes Aussehen, und morgen kann sie noch ernster sein. Deshalb ist der Platz der gesamten national gerichteten Presse zur Seite der deutschen Regie rung. Jetzt die genannten ganz anders gerichteten Forderungen hinsichtlich Marokkos weiter zu ver treten, bedeutet nicht nur Luststöße, sondern Ver- geudung von Kraft und von Arbeitsleistung, auf welche die bedrohten Interessen des Deutschen Reiches Anspruch haben." O. London, 26. Juli. (Priv. Tel.) In hiesigen diplomatischen Kreisen ist die Span nung, die in den letzten Tagen geherrscht hat, etwas zurückgegangen, nachdem aus Paris weniger Besorgnis erregende Meldungen hierher gelangt sind. Es scheint, daß man hier in offiziellen Kreisen aber mals französische: alsdieFranzosen hat sein wollen und damit der Abwicklung der ruhigen Geschäfte zwischen Frankreich und Deutschland hin dernd in den Weg getreten ist. — Dagegen meldet der Pariser Vertreter der „Voß. Ztg." aus Paris: Hiesige unterrichtete Kreise sind heute zum erstcn Male auffallend schwarz seherisch. Sie glauben zu wissen, Deutschland halte nur an seinen weitgehenden For derungen fest, weil es nicht wolle, daß England an nehmen könne, es sei vor dessen Drohungen zurück gewichen, und Englund würde sich seinerseits ge zwungen glauben, seinen W a r n n n g s w o r t e n Taten folgen zu lassen, deren Folgen unübersehbar wären. 8t. London, 26. Juli. lPriv.-Tel.) Gestern abend beschäftigte sich der Kabinettsrat mit der M a r o k k o f: a g e. Es wird über die Ver handlungen aber strengstes Stillschweigen bewahrt. London, 26. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Die v e s j i- in i st i s ch e Note bei der Besprechung der marokka nischen Krise dauert fort. Englische Konsols sind auf 78 gefallen, was aber nicht nur mit Marokko, sondern auch mit der inneren Krise zusam- mengcbracht wird. Wie ein Provinzblatt meldet, ist der Besuch Norwegens durch die atlantische Flotte abgesagt worden. Die „Western Morning News" bringt das mit der neuen Phase in der Ma rokko-Verhandlung zusammen. Nach dem ursprüng lichen Programm hätte das Cchlachtgeschwrder unter Kommando von Iellicoe und das fünfte Kreuzer geschwader unter Cecil Vurney gestern nacht Cro- marty verlaßen sollen. Tie Flotte bleibt jetzt bis Freitag in Cromartq und geht dann nach Ports mouth. Dort wird das Schlachtschiff „London" dazustoßen. Das einzige Schlachtschiff, das noch fehlt, ist dann nur „Oucen", das nach Devonport abge ordert ist. Teneriffa, 26. Juli. (Eig Drahtmeldnng.) Das Kanonenboot „E b c r", das nach Agadir geht, ist hier eingetroffen. Frankreich und Spanien. Paris, 26. Juli. (Eig. Drahtmeldung.) Offiziös wird mitgctcilt, daß die panisch-französischen Ver handlungen über einen Modus vivendi zur Ver hütung von Zwischenfällen, wie sie sich kürzlich in Elksar abgespielt haben, abgeschloßen sind. Danach verpflichtet sich die spanische Negierung, die Anwerbung scherifischer Deserteure für die spanischen Truppen nicht mehr zu dulden. sisi Madrid, 26. Juli. (Eig. Drahtmeld.) „Diario Universal" meldet unter Vorbehalt aus Lar rasch: In der letzten Nacht griff «in eingeborener franzö sischer Staatsangehöriger in einem Anfall von Irr sinn den Wachtposten an. Ter wachthabende Offi zier wies den Irren zurück und verwundete ihn. Der Vorfall ist ohne Bedeutung, wie der französische und spanische Konsul sowie der Kommandant von Larrasch anerkannten. Der Irrsinnige wurde nach Tanger gebracht. Madrid, 26. Juli. (Eig. Drahtmeld.) „Impar cial" hält die Meldung aufrecht, daß die Reise des Königs Alfons nach England mit der M a - rokkofrage zusammcnhängt. Die Reise des Königs sei in dem letzten Ministerrat beschloßen wor den. Die Regierung setzt die Truppensenoung nach Marokko fort: täglich werden in Larrasch etwa 300 Mann ausgeschifft. Oie Demonstration in üer Kirche. Eine Stimme aus Offizicrskreijen. Von besonderer militärischer Seite wird der „P. R." geschrieben: Soweit die bisher über den Zwischenfall in der Charlottenburger Luisenkirche vorliegenden Erklä rungen erkennen laßen, handelt es sich bei unpartei ischer Auffassung des Vorkommnisses um ein be dauerliches Ereignis, das zu wiederholen man keineswegs anraten darf. Will man nach dem Bericht, den das Regimentskommando an das Kon sistorium zur Aufklärung des Vorfalles nbg.jandt hat, gehen, so zeigt es sich deutlich, dag die Offi ziere, als sie den Gottesdienst während der Pre digt verließen, und die zum Kirchenbesuch abkomman-
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