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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.07.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110713013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911071301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911071301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-13
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Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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Leute in Tanger ein Schreiben gerichtet, in dem er der Erhebung der Berberstämme, der Ereig nisse von Mekine» und der Belagerung Erwähnung »ul. die er in Erwartung von Hilfe vergeblich er beten hatte. Er erklärt, die fremde Hilfe, die er hätte anrufen müssen, widerspreche in keiner Weise dem Gesetz, das ihm nur verbiete, zu fremder Einmischung Zuflucht zu nehmen, wenn fremde Mächte sie ihm aus eigener Entschließung anböten. Man müsse auch der Vollkommenheit der Kriegsmittel der Franzosen und ihrer Industrie so wie anderen Erwägungen gleicher Art Rechnung tragen. Er habe den Aufrührern die Macht der Truppen fühlen lassen, die sie zerstreut hätten. Die- lenigen, die seine Autorität eingesetzt habe, seien als Sieger in Mekines eingezvgen, hätten die Ruhe wieder hergestellt und die Ruhestörer in der Um gebung zerstreut. Der Sultan fordert sodann seine Leute in Tanger aus, an der Freude tcilzunehmen, die durch die gebrachte Hilfe bervcrgeruscn worden sei, und bittet Gott, seinen Schutz sortdauern zu lassen, den er ihm wie allen Muselmanen gewähre. Diese wunderliche Kundgebung de« Sultans von Marokko kann bei dessen gegenwärtig besonders starker Abhängigkeit von Frankreich nur als „be stellte Arbeit" aus Paris charakterisiert werden und wird aii dem allgemeinen Urteil über das Ver halten Frankreichs nicht nur nichts ändern, sondern es sogar verschlechtern. Weitere Fehlschläge. Berlin, 12. Juli lE. D.). Dre den Vertretern der Mächte in Tanger über reichte Prolestnote des Sultans von Marokko gegen Spaniens Vorgehen in Marokko ist, wie wir bestens erfahren, soweit darin ein Eingreifen der Algccirasmächtc erbelen wird, von den Mächten ablehnend beantwortet worden. Auch der fran zösischen Vorhaltung gegen Spaniens aktive Ma rokkopolitik ist von keiner Algecirasmncht weitere Folge gegeben worden. Lynnicii und Hrnttkrcick. Während die Berliner Verhandlungen ruhig ihren Gang nehmen, beansprucht die Verschärfung der Gegensätze zwischen Spanien und Frankreich jetzt immer mehr das allgemeine Interesse. Die spanische Re gierung scheint einen offenen Konflikt ebensowenig zu scheuen wie die französische jedem weiteren Fest- letzen oder Vordringen Spaniens in Marokko mit Entschiedenheit cntgegentritt. Die sehr gespannte Situation spiegeln wlgendc Telegramme wider: Madrid, 12. Juli. <E D.) Im Hinblick au» die Vorfälle in Elksar ergeht sich „El Imparcial" in heftigen Angriffen gegen Frankreich und dessen Agenten, die er beschuldigt, dasz sic schwere Zwistigkeiten Hervorzurusen suchten. Madrid, 12. Juli. iE. D.s „El Liberal" meldet aus Elksar: Der spanische Befehlshaber hat der von Elksar eingetroffencn Sultan struppe das Betreten Elksars verweigert Die Sultanstruppe liegt nur 2 Kilometer von Elksar entfernt und wartet aus cingcholte Instruktionen aus Fez. Die Spanier haben die von Arsila kom mende Straße kurz vor Elksar mit mehreren Geschützen besetzt Larrasch. 12 Juli. iE. D.s Der Dampfer „Vicomte Rode" landete hier zweihundert A r t i l l e r i st e n und vier Gebirgsgeschiltze. Ser Zentrslverlmnü L» der Grtskrankenksllcn im Deutschen Reich. ÄH Dresden, 12. Juli. Ter Zeiitralvcrbanb der Ortskrankenkassen im Deutschen Reiche setzte heute vormittag seine Ver handlungen fort. In der gestrigen Mittagssitzung Georg Sirth zum 70. Geburtstage! Rian vermag es kaum zu glauben, daß er schon ins biblische Alter gekommen ist, dieser tapfere Soldat der Feder, den wir alle, Schriftsteller. Redakteure, Zeitungsmänner und Künstler^ mit freudigem Stolze de.i Unseren nennen, theorg pirkh ist nicht bloß der vornehmste und vortrefflichste Publizist unserer Zeil, er ist auch der Begründer einer neuen, gesunden und gradlinig sich entwickelnden Epoche in der deulsct)en Kunst und Literatur, ist der Va 1 er de r „Zuge n d". Es war ein guter Wein, den er 1890 kelterte. Köst lich waren die Rausch und Brausejahrc und nun wird dieser edle Jahrgang bald firn werden, an dem sich die Reifen und die Alten erfreuen, sie Jungen bc geistern Jahr um Jahr. Hätte Georg Hirth nichts iveitcr geschaffen als seine „Jugend", ihm wäre der Dank seines ganzen rastlos höherstrebenden Voltes, die dauernde Verehrung der gesamten deutschen Kunst lerschaft gewiß. Wir leben in einer Zeil der neuen Zeitschriften, sie kommen und gehen wie die See schlangen, wir haben gute und schlechte, langweilige und sachlickie Zeitschriften für Kunst. Literatur und Leben, aber wir lmben nur ein Organ von so ge>un dem Schlage, die tapfere „Jugend". Und unter den Kämpfern und Propheten dorr steht Georg Hirth am ersten Platz. Wie manches kluge und gute Wort hat er über Schäden und Schatten gesprochen, wie manch mal den deutschen Michel anfgemunterl aus dem Siebenschlas. Man möchte ihn einen deutschen Ehau vinisten in Wildenbruchschem Sinne nennen, einen Mann vom aussterdenden Schlage derer, die ihr deut sches Volk und Land über alles lieben, jhm alles nur erdenkliche Gute antun und denen das Herz im Leibe lach», wenn sie von deutschen Taten hören. Fürwahr, solch «in Mann ist der im ehrlichen Kampf um deutsche Kultur ergraute, nimmer ermüdete Mitstreiter und Förderer Georg Hirth, heute Herausgeber der „In genb" und Mitverleger der „Münchener Reuestcn Nachrichten", eines Blattes, dem er ebenfalls den Stempel des Adels seiner Persönlichkeit ausge prägt hat. Hirth entstammt dem Herzen Deutschlands, je nem Gau, wo die stärksten deutschen Eichen wachsen, wo in Vorzeiten reisige Ritter mannhaft lzerrschten uich in Feierstunden Sang und Lied im Burghof er klang: er ist ein Thüringer, in Gräfentonna am 13 Juli 1841 geboren. Frohe Lebensart, Freude an allen Taten und schönen Künsten wohnt den Thürin gern inne. <6corg Hirth bat ein reiches Teil davon überkommen, das sich aber zunaclch nicht, ja sogar ent gegengesetzt äußerte. Er neigte zum exakten Lebens berufe eines Statistikers und war fünf Jahre Eleve bei Perthes in Gotha: 1862 ging er nach Leipzig, Volkswirtschaft zu studieren und wechselte hier in un serer Stadt zum Publizisten über, indem er von 1863 dis 1866 die „Deutsche Turnzeitung" redigierte. Seinen Beruf al« Statistiker gab Hirth dabei keinesfalls aui. vielmehr ernannte ihn das Königliche Stati stische Seminar in Berlin zu seinem Mitgliede kind er wurde Sekretär der Viktoria Rational Stiftung in Berlin. Dort gründete Georg Hirth. zum ersten Male sein spater so oft bewährtes großes Organisation» talent entfaltend, 1867 den Parlamentsalmanach und behandelte Schriftführer Starke-Dresden das Ver- hältnis zu den Aerztcn. den Zahnärzten, zu den Krankenhäusern und den Apotheken. Er erörterte zunächst die Frage der Aerztewahl, in der sich die Kassen und die Aerzte gegenübergc- standen hätten. Der Reichstag habe vorläufig gegen die Aerzte entschieden, obwohl sie im Reichsversiche- rungsgesctz in vielen Punkten begünstigt seien. Jedenfalls werde der Kamps um die freie Acrzte- wahl bald aufs neue beginnen, insbesondere habe die Aerzteschaft erklärt, daß mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes alle Verträge null und nichtig seien. Dies könne sich höch stens um die Verträge handeln, welche eine Klausel bezüglich der 2M »-Mark-Grenze enthielten. Jedenfalls würden die Ortskrankenkassen auf dein Posten sein und den Kampf durchführen. Sic hätten sich übrigens immer nur gegen die zwangsweise Einführung der freien Aerztewahl erklärt, mährend sie der Einführung in einzelnen Füllen nie etwas in den Weg gelegt hätten. Er wünsche auch in Zukunft eine Verständigung zwischen den Aerzten und den Kassen, da beide auseinander angewiesen seien Nur hierdurch könne ver Gesund heit weitester Voliss.hichten ein unermeßlicher Dienst geleistet werden. Wichtig sei die Bestimmung, daß die Kassen die Wahl zwischen 2 Aerzten frtilassen sollen, wenn sie dadurch nicht übermäßig belastet würden. Dies sei der Anfang der freien Aerzte- wahl. Der Redner trat zum Schlüße für eine gleich mäßige Verteilung der Rechte und Pflichten auf beiden Seiten ein. Dr. Gum pertz-Berlin wies daraus hin, daß es unter den Aerzten keine Mei nungsverschiedenheit gebe, daß Dienstboten. Land arbeiter und Arbeiterinnen unter das Krankenkassen gesetz gehörten. Plan solle die Artikel und Vor schläge im Leipziger Verbandsorgan nicht so tragisch nehmen, da sie agitatorische Ab sichten verfolgen. Das heutige Einkommen von 2300 .//. sei nicht mehr als früher 2000 weshalb die Heraufsetzung der Grenze berechtigt sei. Er habe heute praktische Vorschläge erwartet, durch die man sich an die neue Lage anpasien könnte. Zu einer Spionage bezüglich des -KOO-.^-Einkom mens bei ' den freiwilligen Mitgliedern lönnten sich die Aerzte nicht hergeden. Land tagsabgeordneter Fraßdorf hob hervor, daß er immer für die berechtigten Forderungen der Aerzte eingctreten sei, doch müsse er auch die Interessen der Kassenmitglieder nach bestem Wissen und Gewissen wahren. Er sehe es kommen, daß die freie Aerzte- wahl in ganz Deutschland eingesührt werde, wodurch man die Lust verliere, an den Kassen weiter mitzuarbeiten. Durch die neue Organisation werde man auch prüfen müssen, ob die Honorare für die Aerzte ausreichend seien, und es werde eine allge meine Erhöhung cintreten müssen. perlonaloerünüerungen in üer König!. SälMHen Armee. Ojsijierk, Fähnriche »ho Den »1. Jul«. n. Zobel, Generalmajor nnl> Oberzenamcisicr, der c-harakier »l» Gencralllnl. verliehen —Krug ».Nidda, Generalmajor und Kommandeur der 3. Kav. Arig. Nr. 32, unicr Befördern»,, zum GencralUnl., vom 22. Juli d. F ad zur Bertretung de» beurlaubten Kommandeur der 2. Div. Nr. 24, Gras B i tz t l> u m v. tt ck st ü d t, Ober,, und Kom mandcnr de» 2. lllau.-Aculs. Nr. 1«, vom 22. Füll d. F. ab zur Beriretuun des ablomiiiandiertc» Kommandeurs der .1. Kav.-Brio Nr. 32, v. N uthcnau , Major beim Liabe des Karab.-Aestd.. vom 22. Fuli d. F. ab zur Vertret»»» de» abkommandierte» Kommandeur« de? 2. Ulan. Ne,Ns. Nr. IÜ kommandiert. Beamte der MUitarverwaltnng. Turn, V e r s li u u u ll des Krieg» m i » i st e r i u m s. Den ü. ^Zuli: Schmalz, Untcrzahlmslr. beim Xll. c>. K S-s Armee korps, zum Zahlmltr. ernannt. Den 7. Juli: Livpmann, Proviautmstr. in Dresden, zum Prooiani- amis-Direkior ernannt. — Sietncrt, Unter,ahlmstr. de» <- jZeldait.-Negis. Nr. 18, ule Proviantamts.ZlNveklor t„ Dresden angestelll. Vorstehende zwei Perjonaloerandernngen treie« mit BUrkung vom I. Huli IVll in Kraft. Den L. Juli: Klügel, AmiSral, Admintsttaior de» Nemontcdepoi» Obersohland, in gleicher trigcnschasi zu den« Ncmontebepot Kalkreuth, Bartel», BUrlschastSinspettor bei dem Ne» monieüepot Kalkreuth, al» Administrator aus Probe zu dem Nemontedepol Obersohland, Heckel, Lappstuch, Lörgcl, Zfnlin'kwrrn für den Kalsenvrrkchr bei den Ncmontedepois Obersohland, Kalkreuth und Skassa, unlerni >. Auguft d. I. verseh t. Den ll. Juli: Nein icke, Uuterapolhekcr der Nes. im ^andw.-Bez. II Dresden, znm Obrrapoihckcr de» Brurlanbiennandes i,e sörderl. Gertlkwlrwl. Reichsgericht. r-c. Leipzig, 11. Juli. Wegen gesährlicher Körperverletzung und Ueber- tretung der Oberpräsidialvcrordnung über das Miffentragen ist am 12. Mai vom Landgericht Dort- m u n 0 der noch nicht 21 Jahre ulte Reisende Wil helm Trappmann zu einem Jahr sechs Monaten Gefängnis und 30 -it Geldstrafe verurteilt worden. Eines Abends stellte der Fuhrmann Georg B. in Herne Len Schlosser Karl S. zur Rede,, warum er ibn neulich geschlagen habe. Der Bruder Les An geklagten mischte sich hinein und stieß den Georg B. vor die Brust. Unterdeß waren zwei Angehörige des Georg B. hinzugekommen und versuchten den Streit zu schlichte». Nunmehr sprang der Angeklagte auf diese beiden zu und stieß sie vor die Brust. Als sie Miene machten, sich zur Wehr zu setzen und der eine ihm nacheilen wollte, gab der Angeklagte drei Schüsse aus seinem Revolver ab, wobei er sich, um besser zielen zu können, mit der linken Hand an einem «trcrßenbahnpfeilcr festhiclt. Der erste Schuß streifte den B. nur, der zweite drang ihm in das Schulter blatt ein und verursachte eine erhebliche Verletzung, der dritte ging durch den Hut. Die Zeugenaussagen haben ergeben, daß der Anaeklaate gar nicht an dem Streite beteiligt war. auch nicht zur Verteidigung seines Bruders tätig geworden sein könne, da gegen diesen kein rechtswidriger Angriff vorgelegen habe. Sein Bruder hatte, indem er seinerseits den Georg B. vor die Brust stieß, diesen rechtswidrig angegriffen. — Gegen das Urteil hatte die Mutter des Angeklagten als dessen gesetzliche Vertreterin Revision einge legt. Gerügt wurde Verkennung der Notwehr. Der Reichsanwalt hatte zwar einige Bedenken, beantragte aber doch in erster Linie Verwerfung der Re vision. Das Reichsgericht entsprach diesem Anträge. Königliches Schwurgericht. -rin. Leipzig, 12. Juli. Den Ofsenbarungseid falsch geschworen zu Haden, war der aus Otterwisch gebürtige 63 Jahre alte Privatmann Wilhelm Ernst Fischer angeklagt. Die Anklage vertrat Assessor Michael. Die Ver teidigung führte Rechtsanwalt Dr. Ewald. Der Angeklagte war früher Eigentümer eines Gutes in Stockhei ni. "Rach dem Verkauf des Gutes zog er nach Beinbruch und lebte dort als Privatmann. Im Dezember 1908 wurden ans Antrag des Auktionators F. bei ihm eine Anzahl Sachen gepfändet. Zu einer Versteigerung der gepfändeten Gegenstände kam es jedoch nicht, weil diese auf die Reklamation des An geklagten hin wieder freigcgeben werden mußten, nachdem Fischer den Beweis geführt hatte, daß die Pfändungsobjekle seinen Kindern gehörten. Es wurde 1868 die „Annalen des Norddeutschen Bundes", die er dann seit 1871 zusammen mit Max von Seydel als „Annalen des Deutschen Reiches" herausgab. Be reits 1869 bis 1870 war Hirth als Mitgliede der Kom Mission zur weiteren Ausbildung der Statistik oes Zollvereins Iservorragend tätig. "Roch im Fahre 187t» kehrte er Berlin den Rücken und ging als Redakteur der „Allgemeinen Zeitung" . -ic damals noch auf der alten Höhe ihres großen Ruhmes stand, noch Augsburg. Die nächste Station waren die „Münchner Neuesten Nachrichten". Mit Hirth kam cin neuer Geist in dieses überall und immer von Pelchnlichkeit zeugende, jeder Schablone abholde Blatt. 1881 wurde Hirth, mit einer Schwester des Erlegers Knorr ver heiratet, Mitinhaber der „Münchner Neuesten Nach richten" und brachte nun Las Blatt rasch zu hohem An sehen verschonte ihm die führende Stellung, die cs seidem weit ül>er die bayrische Hauptstadt hinaus be hauptet hat. Der Verleger Hirth vergaß niemals den Redakteur und Publizisten, den „Soldaten der Feder" in siäi und griff in politischen wie in totalen Fragen innner fördernd in die Verhandlungen und Ardeitcn ein. Vor allem in Kunsrdingcn erwies er sich als ein Ratgeber und Wegweiser, dessen Stimme viel galt, hatte er doch durch manches litcrarüch- lonstgeschichlliltic Werk seinen WKn längst erwiesen. „Als in den siebziger Fahren jene Beweguna sich bildete, die die „Kunst unserer Väter!" zu lörem Wahlspruch machte und in erster Linie die Erneuerung der deutschen Renaissance zum Ziel hatte, oa war Hirth eine der wenigen Persönlichkeiten, die diesen öxLanken zu vertiefen und die Kunst jener großen Vergangenheit wirklich neu lebendig und nutzbar zu machen sich bestrebten. Fn diesem Sinne gründete er 1877 den noch erscheinenden, allgemein geschützten „F o r m e n s ch a tz". der in nun mehr als 30jahriger Tätigtest sich zu einer großartigen Sammlung vor züglich ausgewählier Vorbilder 1lasjisci>er ttunst aus gewachsen hat. Auf rein kunstgewerblichem (sie biete diente jein Werk „Das deutsche Zim mcr der Renaissance den Bestrebungen dieser Art und noch später ging er an die Begründung eines großartigen neuen klassischen Bilderwerkes, das er „Der Stil" nannte und von dem allerdings nur ein, aber ein höchst wertvoller Teil, „Der schöne Mensch", erschienen ist. Allein, bei trefflicher Kennt nis der Kunst der Vergangenheit und inniger Liebe für ihre Schöpsungen war Cieorg Hirth doch immer ein Mann, dessen Blick verständnisvoll der Gegenwart zugewandt war Er erwies sich, als im Münchner Kunstleben neue, srische Kräste cinsetzlen, als einer der latkrästigsten Förderer der jungen Kunst. Zu einer schönen Sammlung hat er eine stattlich« Anzahl von Schöpfungen der jüngeren Münchner Künstler ver einigt und durch die 1890 erfolgte Begründung der „Fugend" endlich hat er den frischen Kräften der Münchner Schule ein Betätigungsfeld eröffnet, auf dem die schönsten Leistungen gewachsen sind und das unter anderem als di« Gebnrtsflätte der „Scholle" anzuiehen ist Es ist denn auch kein Zufall, bemerkt ein« der vielen Zeitnngskorr'ipi iideuzen. die heute H.rihs Per- vo nst feiern, daß Muthers „Geschichte der modernen Malerei" gerade in dem Verlage dieses tunstsreund- lichen Mannes erschienen ist: gehörte doch damals zur Veröffentlichung diese? eine neue Richtung kräftig vertretenden Buches ein gewisser Blut. Das aber eben ist gerade das Kennzeichen Hirths. daß er ein ganzer Mann von kräftigem Temperamente, ein ausgeprägter Lharaktertops, und seine in beiden Bänden ..Wege zur Kunst" und „Wege zur Freihest" gesammelten kleineren Schriften, die den unterrichteten Mann auf vielen Gebieten der Kunst und des Lebens tätig zei gen, fesseln den Leser immer durch die persönliche Frische und die männliche Gradheit der Anschauung. Sein Hauptwerk aus dem Gebiete der Kunst sind die „Aufgaben der Kilnstphysiologfe", worin Hirth den interessanten Versuch macht, die Ausübung der bil denden Kunst sowie auch die Kunstkennerschcrft auf psycho physiologische Organisation zurückzusühren und so auf naturwissenschaftlicher Grundlage ein System des künstlerischen Schaffens und Verstehens aufzu richten." Von Len zahlreichen Schriften Hirths, die beute in meist mehreren Auflagen vorliegen und deren kleinere Aufsätze in vier Bünden vereinigt sind, will ich noch auf das „Tagebuch des Deutsch-französischen Krieges" Hinweisen. Hirths Hauptwerk ist di« „Jugend", die kraftvolle Schöpfung einer kraftvollen Persönlichkeit. Sie war wie ein neues Licht in verdunkelter Zeit, wie ein frischer "Wind, der brausend einsctzt und Spreu und Späne hochauswirbelnd wegsegt. Sie hat Opfer ge kostet, diese neue Zeitschrift, aber ihr geistiger Vater hat noch in seinen besten Jahren die Ernte erlebt. Das Schrifttum in deutschen Landen wünscht heute seinem bewährten Vor- und Mitkämpfer Dr. Georg Hirth noch viele frohe, segensreiche Jahre! p. s. Kunst unü Mllenlchskt. " Ein entlarvter Plagiator. Einer der gefeiertsten Redner der deutschen Katholikentage ist der Literar historiker Dr. Jakob Meyers in Luxemburg, dessen Spezialität es ist, glänzen zu lassen. Dem hat nun die Luxemburger "Reue Zeit" dieser Tage nach gewiesen, daß er wichtige Stellen seiner Werke in der unverschämtesten Weise einfach — nbgeschrieben hat. Sä hat er die Charakteristik Henrik Ibsens, dre er in einem Vortrag gab und dann in einer Zeitschrift veröffentlichte, dem Werke Edgar Steigers „Das Werden des neuen Dramas" entnommen und nur weniges daran geändert. Seine Verherrlichung Michelangelos ist, wie die „Neue Zeit" durch Beifügung des Originaltextes beweist, wörtlich übersetzt und adge- schrieben aus den Werken eines verschollenen fran zösischen Kanielredners, des Abb«: P-rreype, und zwar aus der Predigt, die der Abb« am 8. April in Notre- Dame zu Varis gehalten hat. In derselben Weise wie Michelangelo spricht Meyers dann Raffael und Beelboven an: die „Neue Zeit" fügt auch hier den französischen Urtext bei und stellt ferner fest, daß das, was bei Meyers über Beethoven gejagt ist, bei Perreype an Mozart gerichtet ist: Meyers hat statt Mozart, unter Belassung des Textes, in dem u. a. Mozart der mächtigste Beherrscher der Töne genannt wird, einfach Beethoven gesetzt. * Professor August Oncten f°. In Schwerin starb der Professor der "Rationalölonomic an der Berner Universität Professor Dr. August Oncken nach langer Krankheit. Professor Oncken. ein Bruder des be kannten Historikers Wilhelm Oncken, wurde am daraufhin gegen Fischer ein Verfahren wegen Lei- stung des Offenbarungseides eingeleitet. Der Ange klagte leistete den Eid dann auch am 3. Dezember 1908 vor dem Amtsgericht in Laust gk. Er soll nun bei dieser Eidesleistung in dem von ihm als voll ständig und richtig beschworenen Vermägensverzeich- nisse Sparkassenbuchgelder in Höhe von 14 000 -6 nicht mit angegeben haben, obwohl dieses Geld ihm angeb lich gehört«. Durch das Verschweigen dieser Summ« soll sich d«r Angeklagte des Meineids schuldig gemacht haben. Fischer behauptet«, der Eid sei vollständig und richtig von ihm geleistet, denn die 14 000 .L seien tatsächlich nicht mehr sein Eigentum gewesen, als er geschworen habe. Als er die 14 000 .it als Reftkauf- summe ausgezahlt erhalten hab«, habe er das Geld zunächst auf seinen eigenen Namen bei der Sparkasse cingezahlt. Da er seiner inzwischen verstorbenen Mut ter noch 20 000 RL schuldet«, habe seine Mutter von ihm verlangt, daß sic die 14 000 .R erhalte und daß die Sparkassenbücher auf den Namen seiner Kinder übertragen werden sollen. Er habe den Willen seiner Mutter auch erfüllt. Einige Zeit, nachdem der Ange klagte den Offenbarungseid geleistet hatte, soll ihm seine Mutter die Sparkassenbücher wieder geschenkt haben, weil sie sich fürchtete, das Geld bei sich zu be halten, und weil er ja doch der einzige Erbe sei. Die Mutter des Angeklagten ist ungefähr zehn Wochen später im Alter von 86 Jahren gestorben. Der Auk tionator F. hatte den Angeklagten wegen 30ä ver klagt, weil ihm diese Summe als Provision für Ver mittlung des Verkaufs des Gutes des Angeklagten versprochen gewesen sei. Zunächst war der Klüger beim Amtsgericht Grimma abgewiesen worden. In der Berufungsinstanz gewann er jedoch seinen Prozeß gegen den Angeklagten und beantragte bann die Pfändung, die aber, wie schon bemerkt, erfolglos ver lief. Di« Geschworenen verneinten die Schuld sragen, worauf das Gericht auf kostenloseFrci- sprcchung des Angeklagten erkannte. Kaufmannsgericht. ? Leipzig, 11. Juli. Ob Kaufuianns- oder Gewerbegericht zuständig ist, dafür ist ausschlaggebend die Hauptbeschäftigung, für welche der Angestellte engagiert wurde, und die er infolgedessen während seiner Anstellung zu er ledigen hatte. Die Beschäftigungen und Arbeiten in den einzelnen Branchen des Kaufmannsberufs und des Gewerbebetriebs gehen häufig ineinander über und durcheinander, und bei Streitigkeiten zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern wird in nicht zu seltenen Fällen die Zuständigkeit des be treffenden Gerichts angezweifelt. Das war jetzt auch der Fall in der Klage, die der Geschäftsführer L. gegen den Hotelier S. wegen Herauszahlung von 40 Restgehalt vor dem Kaufmannsgerichte in die Wege geleitet hatte. Der Beklagte erhob gegen I die Kla^e den Einwand, daß er in einer Annonce I einen Weinausgeber für sein Etablissement gesucht habe: der Kläger habe sich gemeldet und sei als Weinausgeber dann auch engagiert worden. Aller dings lei derselbe von ihm auch zu kleineren buch hallerischen und anderen schriftlichen Arbeiten heran gezogen worden, aber das sei nichts weiter gewesen als eine Nebenbeschäftigung. Das Kaufmannsgericht ist in solchem Falle, worauf der Vorsitzende die Par teien hinwies, nicht zuständig; die Klage gehört vor das Gewerbegericht, indessen zogen die Parteien es vor, sich zu vergleichen. vsi. Dresden, 12. Juli. Kleiderdieb. Das Landgericht verurteilte den schon mehrfach bestraften Mechaniker und Musikus Johann Heinrich Carls, der in hiesigen und aus wärtigen Gymnasien in vielen Fällen KleivDii g^- stücke stahl, zu insgesamt acht Jahren Zuchthaus. 10. April 1844 in Heidelberg geboren, lehrte länger Zeit Nationalökonomie an der Hochschule für Boden kultur in Wien und wurde 1878 als Professor an die Universität zu Bern berufen Seit einem Jahre mußte er wegen einer schweren Erkrankung seine Lehrtätigkeit aufgeben und lebte bei seiner Tochter. * Der neue Komet, der am 6. d. M. im Stern bild des Fuhrmann als teleskopischer Komet mit Schweif auf der Lick-Sternwarte in Kalifornien von Krieß entdeckt wurde, ist gestern früh 2 Uhr nach langem Suchen auf Hellem Himmelsgrund von der Remeis-Sternwarte in Bamberg als augenfälliges Objekt achter Größe mit schwachem Schweifansatz ge sichtet worden. Uebertragbarkeit der Rindertuberkulose. Die königliche Tuberkulosekommisfion, die in London tagte, )at ihren Schlußbericht, der die Ergebnisse zeyn- ähriger wissenschaftlicher Untersuchungen zusammen aßt, herausgegeben. Sie hat gefunden, daß der Tuberkelbazillus des Menschen und der des Rindes praktisch nicht zu unterscheiden sind; Säugetiere und Menschen können sich gegenseitig anstecken. Der Ba zillus des Rindes wird ständig auf den Menschen übertragen, besonders durch Vermittelung der Milch, die vor allem für die Tuberkulose der Kinder ver antwortlich ist: auch tuberkulöses Rind- und Schweine fleisch ist eine Quelle der Ansteckung Die Kommission empfiehlt deshalb mit Nachdruck eine Verschärfung der Rahrungsmittclkontrolle. * Eine Expedition nach dem Toten Meere. Die Gecellschast für Palästinaforschung in Berlin hat be schlossen, eine Expedition zur Erforschung des Toten Meeres nach Palästina zu entsenden. Sie soll im Oktober d. I. unter der Führung des Custos am König!. Institut für Meereskunde in Berlin, Dr. Ludwig Brühl, von Jaffa aufbrechen, der von drei oder vier Europäern begleitet wird, und sich etwa sechs Wochen lang mit der Erforschung des merk würdigsten aller Binnenmeere zu beschäftigen gedenkt. * Vom Kirchen- und Orgelbau. Die Internatio nale Musikgesellschaft veröffentlicht jetzt die für den Kirchen- und Orgel-Bau hochwichtigen Ergebnisse, die auf Grund umfangreicher Untersuchungen im Phy sikalischen Institute der Technischen Hockischule zu Dresden durch Kirchenmusikdirektor Bichlc- Bautzcn gewonnen worden sind * Der Theaterverlag Harmonie ist in Zahlungs schwierigkeiten geraten. Es hat bereits eine Gläu- bigerveriammlung stattgefunden, in der über die Modalitäten eines eventuellen Vergleichs beiaten wurde. Zurzeit schweben noch Verhandlungen. Die Harmonie hat eine Reibe moderner Operetten in Verlag, so „Der ledige Gatte" und „Hoheit amü siert sich". -t Hochschulnachrichten. Der Professor der Ipe- ziellen Nosologie und Therapie in Bern Dr. H. Sahli hat den Rus an die Universität Straßburg abge lehnt. — Der Kapellmeister Eduard Stehle in St. Gallen ist in Anerkennung seiner außerordent lichen Verdienste um die katholische Kirchenmusik von der philosophischen Fakultät der Universität Freiburg ^Schweiz) zum Dr. phil. honoris causa ernannt worden. — Stadtbauinspektor Paul Kanold wurde al» Nachfolger des nach Berlin versetzten Professors Klingholz zum etatmäßigen Professor an der Technischen Hochschule in Hannover ernannt Jhm wurde die Professur für Baukunst übertragen
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