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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110802010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911080201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911080201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
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Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-02
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Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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politische Umschau. Deutscher Stäütetsg. Für die Tagung des Deutschen Städte tages in Posen am 11. und 12. Sevtember ist nun die endgültige Tagesordnung erschienen. An erster Stelle steht der Bericht des Vorstandes über die Prüfung der Kreditverhältnisse der deutschen Städte. Als Berichterstatter fungieren die Oberbürgermeister Dr. Dr.-Jna. Beutler (Dresden) und Dr. Ebeling (Dessau). Ter Vorstand empfiehlt die Einrichtung einer Geld- Vermittlungsstelle und spricht sich gegen die Errich tung einer Kommunalbank aus. (Gegenüber den Versuchen, die Städte für eine Beteiligung an der Deutschen Kommunalbank zu gewinnen, legt der Vorstand Wert darauf, das) die im Deutschen Städte lag zusammengeschloffenen Gemeinden Deutschlands in dieser wichtigen Frage ihre Selbständigkeit wahren und ebenso für ihre Kreditbedürfnisse wie für die Verwaltung ihrer Sparkassengelder gemeinsame, mit dem Deutschen Stüdtetag in Verbindung stehende Einrichtungen ins Auge fasten. Ueber die Stellung nahme des Städtetaaes zur Frage der Ar beitslosenversicherung berichten die Ober bürgermeister Wallraf (Köln) und Dr. Ad ick es (Frankfurt a. M.), über den Antrag München betreffend dieNeueinteilung der Neichstagswahlkreise Ncchtsrat Dr. Merkt (München). Der Antrag geht dahin: „Der Deutsche Stüdtetag wolle jein Bedauern dar über aussprechen, datz die jetzigen Bestimmungen über das Wahlrecht zum Reichstag für die an Ein wohnerzahl stark gewachsenen Wahlkreise, ins besondere solche mit städtischer Bevölkerung, eine durchaus ungenügende Vertretung mit sich bringen, und erklären, daß dieser Zustand dringend der Ab üiidsrung bedürfe, und demgemätz um Abhilfe er suchen/' Der Vorstand des Deutschen Städtetages hat gegen den 1909 von Interessenten ausgestellten Ent wurf eines Starkstromwegegesetzes seinerzeit cnt- i den Stellung genommen. Die „Vereinigung der leitrizitätswertc" hat daraufhin mit dein Vorstand . ühlung genommen, und es haben Verhandlungen rttgefüuden, auf Grund deren die Vereinigung >war nicht die Ueberflüssigkeit eines Starkstromwege- gesetzes zugegeben, aber doch die von den --...oten rhobencn Bedenken in ihren wichtigsten Punkten als berechtigt anerkannt und entsprechende Abände rungsvorschläge jetzt dem Reichsamt des Innern übermittelt hat. Der Vorstand des Deutschen ssrädtctages verharrt zwar grundsätzlich auf dem Z'andpunkte, das; es einer gesetzlichen Regelung überhaupt nicht bedürfe, erkennt aber an, das; für vil Fall der gesetzlichen Regelung die neuen Dor- ichlägc der Vereinigung eine brauchbare Unterlage ubgeben. Diese Auffassung hat der Verstaut auch dem Reichsamt des Innern in einer neuen Eingabe unterbreitet. Nutzloses Dtuüimn. nicht bestanden 585 653 683 614 davon bestanden 1727 1604 1679 1475 Ministeriums rvarei^ die Resultate für die erste Preutzen durckaesallen in Prozent 25,3 28,9 28,9 29,4 Tie Resultate der juristischen Prüfungen ver- icuen angesichts der immer lauter erhobenen Forde rung nach einer Reform derselben und mit Rücksicht au? sen wachsenden Andrang zum Hochschulstudium einige Beachtung. Nach den Angaben des 2ustiz- iuristische Prüfung (Neferendareramen) in in den Jahren 1906 bis 1909 folgende: Es wurden geprüft 1906 2 312 1907 2 257 1908 2 362 1909 2 089 Die Ergebnisse der Prüfungen haben demnach von Jabr zu Jähr sich verschlechtert. Es ist sehr bestritten, welchem Umstanse hier die Schuld zuzuschreiben ist: dem Unfleis; der jungen Rechtsbeflissenen, der Strenge dec Erameusbedingungen und Kommissionen oder der Mangelhaftigkeit des Universitätsbetriebes. Der immer mehr steigende Zulauf zu den Repetitoren, /ei ten, die es oft für recht hohes Honorar unter nehmen, die Herren Rechtskandidaten auf das Examen „einZupaulen", spricht nicht gerade zugunsten der .irislischcn Fakultäten. Etwas besser, aber auch zur Veischlechrci ung neigend, waren die Resultate bei der -weiten jur istischeuPrüsung(Gerichlsastestorenexamen). In Preutzen waren die Ergebnisse folgende: Es wurden geprüft davon bestanden nicht bestanden durchaefallen in Prozent 1906 1106 930 176 15,9 1907 1241 1624 217 117,5 11108 1252 1026 226 18,1 1909 1374 1120 254 18,5 Die wirtschaftliche Bedeutung dieser ungünstigen Re ulrate ist ganz bedeutend. Welches Kapital, ree che kostbare Zeit und meist auch Kraft ist hier witzlos aufgemendcr worden! In der Zeit bis zum Kbtturientenexamen sind die Kosten meist nicht übcr- mätzig hoch, wenigstens den Eltern nicht gerade fühl bar, da in den meisten Fällen der junge Schüler zu Hause wohnen kann. Das Universitätsstudium ist ;csoch teuer genug. Wenn der Student nicht in seinem Hermatsorte studieren kann, was ja meist der Fall ist, io mutz er nach preussischem Reglement min destens 6 Semester, wozu noch ein Examensemestcr lommt, außerhalb zubringen. Berechnet man die prosten pro Semester niedrig mit 500 ./L, so kostet die Studienzeit 3ob0 .6 Außerdem mutz der Student vier noch 4 Monate im Lahr zu Hause leben. Die Kosten sind also wesentlich höher. Nach bestandenem Examen soll der Vater den Herrn Referendar 4 bis 5 Jaure lang standesgemäß unterhalten, wozu in Preußen nach mehrfach bekundeter Ansicht, der höheren Justiibebörsen ein Gesamtaufwand von 7 bis 8000 .F erforderlich ist. Besteht er dann auch die zweite IKüfung, jo hat er begründete Aussicht, dem Staate, je nach der Provinz, in der er sich anstellen läßt, 4 dis 7 Jahre als unbesoldeter Assessor seine Dienste widmen zu können, ehe er eine besoldete Amts richterstelle erhält. Eine kunügebung üor Sirlch-vunckerlchen Gewerlrvereme Der Zentralrat der Deutschen Gewerkvereine nahm am 27. Juli einstimmig folaende Erklärung an: „Der Zentralrat der Deutschen Gewerkvereine richtet an dre Regierungen von Deutschland, Frank reich und England und an die Regierunyen der diesen Ländern verbündeten Völker die dringende Aufforderung, in peinlichster Gewissenhaftigkeit be müht zu bleiben, die wegen Marokkos zwischen Deutschland und Frankreich entstandenen Diffe renzen in friedlicher und für die beteiligten Völker ehrenvoller Weise zu schlichten, wie es möglich war im Streite zwischen Frankreich und Spanien. Der Zentralrat in überzeugt, daß die or ganisierten Arbeiter aller in dieser Erklärung ge nannten Kulturvölker den Frieden wollen und es nicht billigen würden, wenn Marokkos halber ein Apvell an die Waffen und damit ein blutiges Ver nichten ungezählter, blühender Menschenleben er folgte. Der Zentralrat, als die Vertretung der in den Deutschen Gewerkvereinen organisierten national gesinnten Arbeiter, spricht im Namen aller seiner Mitglieder, wenn er die deutsche Negierung bittet, sich nicht beeinflussen zu lassen von einer Presse, die kriegslustige Jnterestenten vertritt. Das deut sche Vott brachte Opfer über Opfer für die Erhal tung des Friedens und will, datz es in seiner Kultur entwicklung nicht gestört wird durch blutige Aus einandersetzungen mit anderen Völkern. Deutschland darf es als seinen glänzendsten Ruhm ansehen, datz es zeit vierzig Jahren den Frieden erfolgreich zu wahren wußte. Es ist der dringendste Wunsch des Zentralrats, datz dieser Ruhm bestehen bleibt zur Ehre unseres Volkes." Deutsches Reich. Leipzig, 2. August. * Ein Bundestag des nationalen Arbeiterbundes für das Königreich Sachsen findet am 2., 3. und 4. September in Dresden im Konzerthause des Zoologischen Gartens statt. Der Tag wird vom Bund vaterländischer Arbeitervereine, vom natio nalen Arbeiterbund für das Königreich Sachsen und vom vaterländischen Arbeiterverein Dresden veran staltet. Am 2. September findet von vormittags 10 Uhr ab eine Besichtigung der Intern. Hygiene- Ausstellung statt, woran sich abends eine Sedanfeier mit Begrüssungsfeier unschlictzi. Am 3. September tritt vormittags 8 Uhr dir erweiterte Hauptvorstands sitzung und der Bundestag des nationalen Arbeiter bundes zusammen, woran sich von 11 Uhr ab eine gemeinsame Tagung mit Vorträgen anschlietzt. Am 4. September werden die Beratungen fortgesetzt und abgeschlossen. * Der Kaiser in Swinemündr. Der Kaiser unter nahm am Montagnachmittag eine Ausfahrt im Automobil. Am Abend waren Frau Koniuj Staudt aus Heringsdorf mit Familie geladen. Dienstag vormittag wohnte Kaiser Wilhelm von 10 Uhr ab einem Schietzen nach See des ersten Bataillons des Futzartillerieregiments von Hiudersin ll. Pommersches Nr. 2t bei und Höne später an Bord seiner Jacht den Vortrag des Ebers des Militärknbinetts. Generals der Infanterie Freiherr» v. Lu ucker. Zur Frühstückstafel waren das Grafenpaar v. Arnim auf Zichow und die Offiziere des genannten Artillcriebataillons geladen. Der Kommandant des kaiserlichen Hauptquartiers Generaloberst von der Pless en ist in Swinemündc eingetroffen. Abends 10 Uhr gedenkt der Kaiser von hier nach Alten Grabow abzureisen. 2n seinem Gefolge werden sich befinden: Hausmarschall Frei herr von Lqncker, Generaladjutanten Generaloberst von der Plessen und General der Kavallerie von Scholl, General der Infanterie Freiherr von Lyncker, Oberslallmeister Freiherr von Reischach, General u Io Generalmajor von Sibelius, Flügeladju tant Major von Dammes, Leibarzt Oberstabsarzt Dr. Riedner und Gesandter von Trcutler. * Keine Reichslotterie. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, ist die Meldung, das; die preutziiche Klassen lotterie allmählich zur Reichslotterie ausgebaut wer den soll, nicht richtig. Der Anschlutz der süddeutschen Staaten an oic preutzische Kluisenlotterie erfolgt zu dem Zweck, den Einzelstaacen Einnahmequellen zn verschaffen, über die sie zum Teil noch nicht ver fügen. Auch Preußen bezieht aus seiner Lotterie eine Einnahme, die es nicht abzugeben gedenkt. Wenn aber die Schaffung einer Reichslotterie beab sichtigt wäre, dann müssten die Einnahmen der Lotterie zum Nachteil der Einzelstaaten an das Reich abgefllhrt werden. Die Initiative zur Ein richtung einer preußisch-süddeutschen Klassenlotterie ging nicht von Preutzen, ivnoern von den süddeut schen Stauten aus. Der Staats vertrag über die Neueinrichtung der Klassenlotterie wird voraussicht lich schon Montag abend in dem Süddeutschen Staatsanzeiger stehen. Eine Veröffentlichung des Staatsvertrages in Preutzen ist erst nach seinem Erscheinen im Süddeutschen Staatsanzeiger beab sichtigt. 8 Der Konflikt der Techniker mit dein Reichs- marineamt scheint mit dem Siege der Organisation, des Deutschen Technikerverbandes, mit dem Herr von Tirpitz ursprünglich zu verhandeln ablehnte, enden zu wollen, lins wird mitgeteilt, datz. nachdem von jetten des Reichsmarineamtes bereits in den letzten Tagen eine Nachgiebigkeit gezeigt wurde, die Intendantur Kiel die Verträge nach dem Muster der Organisation abschliesst. Auch in Wilhelmshaven wird das gleiche versucht. 2n allen Vauämtern aber wurde am Freitag und Sonnabend der Beschlutz gcfatzr, heute aus dem Dienste zu scheiden, wenn der Vertrag nicht im Sinne der Organisation geändert würde. Dies scheint nach dem geschlossenen Vorgehen der Techniker erreicht zu werden, wie den vorliegenden Mitteilungen entnommen werden kann. Es ist damit die letzte Konsequenz aus dein ernsten und bedauer lichen Konflikt einer Behörde mit ihren Angestellten vermieden worden. " Denkschrift über Mißstände im Postscheckwesen. Wie der „Inf." mitgetcilt wird, ist den beteiligten Stellen vor tuner Zeit eine Denkschrift dcr Aeltesten der Kanfmannichait über den Geldverkehr zugegangen, in der auch die Mitzstände rm Postscheckwesen beleuchtet werden. Der betreffende Teil der Denk schrift besagt folgendes: Die Einführung des Post scheck- und Ileberweisungsverkehrs ist allseits mit Freuden begrüsst worden und war durchaus geeignet, den Bedarf an baren Zahlungsmitteln yerabzu- mindern. Leider haben auch hier fiskalische Rücksichten eine rn vollem Umfang segensreiche Wirkung zurückgehalten. Die Belegung des Post- scheckvertehrs, wenn auf einem Konto die Zahl von 600 Buchungen überschritten ist, mit einer Sonder gebühr von 7 für jede Buchung mutz notwendiger- weise jeden Verkehr einjchrünken. Aber auch hiervon abgesehen, ist der Postscheckverkehr in viel zu um» stündliche Formen gekleidet, so datz. wie aus zahlreichen Beschwerden hervorgeht, man sich nur noch schwer in all den Formularen und Vor schriften zurechtfindet. Nach vielen Richtungen hin mutz darum eine Aenderung eintreten, wenn der Zweck des Postscheckverkehrs. bare Zahlmittel in grotzem Umfange entbehrlich zu machen, erreicht werben soll. — Bei der reichsgesetzlichen Regelung des Postscheckwesens, die in kurzer Zeit bevorsteht, dürften diele Beschwerden untersucht und, falls angängig, abgestellt werden. * Parzellierungsgesetz und preussischer Landtag. Die „Deutsche Tagesztg." glaubt jetzt feststellen zu können, man dürfe mit Sicherheit annehmen, datz das Parzellierungsgesetz dem preussischen Land tag so fort nach feinem Zusammentritt zu gehen wird. * Hente für und morgen gegen! Die Handels kammer Dortmund batte im Juli 1909 den An schluss an den Hansavund empfohlen. 2n der jüngsten Sitzung der Kammer wurde nun der Be schluß gefasst, diese Aufforderung aum Beitritt zurückzuziehen. Für den Vorschlag stimmten Industrielle und Kaufleute mit allen gegen eine Stimme. * Das Linienschiff „Ostriesland" wurde unter dem Kommando des Kapitäns Engelhardt in Dienst gestellt. — Die Herbstmanöver der Hochsee flotte beginnen am 20. August. * Die mecklenburgische Ritterschaft und der Groh, her,zog. Der Erotzherzog empfing gestern im Palais zu Rostock die auf dem ritterschaftlichen Konvent vom 13. Juli erwählte Deputation. Nach Entgegen nahme der auf dem Konvent gefaßten, in der Presse bereits bekanntgegebenen Beschlüsse eröffnete der Grotzherzog den Deputierten nachstehendes: Er glaube, in dem Vorgehen der Ritterschaft den Wunsch erblicken zu sollen, ihrerseits zu einer Verständigung über die Vcrfassungsfrage bei zutragen. Ohne auf Einzelheiten des von der Ritterschaft gefasste», ihm soeben überreichten Be schlusses einzugehen, müsfe er doch darauf Hinweisen, datz derselbe sich im wesentlichen mit den Vorschlägen deckt, die bereits bei den kommissarifch-deputatischen Verhandlungen des letzten Landtags gemacht wurden, die aber schwerwiegenden Bedenken begegneten. Er nehme iedoch an, datz durch den Beschluß der Ritterschaft nur eine Grundlage für wertere Verhandlungen geboten werden soll, so datz für die Frage Raum bleibe, ob es möglich sei. durch die Modifikation der Vorschläge den bezeichneten Be denken Rechnung zu tragen. Von dieser Annahme aus sei er bereit, die Prüfung der Vorschläge zu veranlassen Ausland. Oesterreich-Ungarn. * Wahlrechtskrawall. In Pest fand eine von der Liga für das allgemeine Wahlrecht ein berufene Volksversammlung statt. Nachher zogen die Teilnehmer demonstrierend nach der Rukoczy-Stratze. Als sic der Aufforderung ecr Po lizei, auseinanderzugcbcn, nicht Folge leisteten, zog diese blank und trieb die Menge auseinan'e,-. wo bst einige Personen leicht verletzt wurden. Frankreich. * Ein nobler Abgeordneter. Der Abgeordnete von Louhans, Maitre, ist ein Mann von Wort. Er hat seinen Wählern versprochen, er werde die Herabsetzung des Gehaltes dcr Parlamen tarier von 15 000 auf 12 WO Fr. verlangen. Er brachte auch den entsprechenden Antrag ein, dcr jedoch verworfen wurde. Nun hat er für seinen Teil die Folgerung aus seiner Haltung gezogen und einem Ausschutz der Bürgermeister seines Wahlkreises :«>00 Fr. von seinem Gehalte zur Verfügung gestellt, die dieser Ausschutz unter die Wohltätizkeits anstniten des Kreises verteilt hat. Datz jein Beijviel viel Nachahmung finden wird, ist unwahrscheinlich! Portugal. * Der Vatikan zugunsten der monarchistische» Be wegung. Der Führer der portugiesischen Monarchisten, Kapitän Lonceiro, hat an den Papst ein Schreiben gerichtet, worin er dessen Unterstützung für die Wiederherstellung der Monarchie in Portugal erbittet. Er verspricht ihm, datz nach Wiederher stellung der Monarchie das jetzige Gesetz der Trennung von Staat und Kirche aufgehoben, das katholische Bekenntnis als Staatsreligion wieder eingeführr und der Kirche die von der Republik geraubten Kloster- und Kirchengüter wieder zu- rückgegeben werden sollen. Kardinalstaatssekretär Mcrry del Val soll dem Kapitän Concciro im Auftrage des Papstes erwidert haben, datz der Heilige Stuhl jederzeit bereit ist, die Wieder errichtung der Monarchie in Portugal zu fördern und der monarchistischen Bewegung seine Unterstütz u n g angedcihen zu lassen. * Die konstituierende Versammlung lehnte mit 78 gegen 76 Stimmen den Paragraphen der Verfassung ab, wodurch das Recht aus Ausstand und Aus sperrung anerkannt wird. Rußland. * Zulassung der Juden zu Staatsprüfungen. Im Ministerium für Volksauftlärung wird gegenwärtig an der Vorbereitung eines Gesetzentwurfes ge arbeitet, wonach für die Zulassung von Juden, die im Auslande den Doktortitel erworben haben, zu russischen Staatsprüfungen dieselbe Norm eingeführt werden soll, wie für die Auf.ahme von Juden in russische Universitäten. Es ist bezeichnend, datz diese Matznahme mit der Not wendigkeit begründet wird, wohlhabende Juden, die die Mittel haben, im Auslande zu studieren, mit den Armen g l e i ch z u st e l l e n. Dabei ver sendet die Kanzlei des Ministerrats im Namen der Regierung eine Agitationsschrift gegen die Juden, die mit Hilfe von Zitaten aus antisemitischen Blättern die Juden unlauterer Machenschaften im Getreidehandel beschuldigt. Griechenland. * Britische Reorganisatoren. Die griechische Ma ri n e v e r w a l t u n g hat die britische Regierung um Entsendung von drei weiteren Marineoffizieren zur Reorganisation der griechischen Flotte gebeten. Bulgarien. * Bulgarisch - türkische Handelsvertragsverhand- lunaen. Die Regierung hat den bulgarischen Ge sandten in Konstantinopel, M. Sarafow, nach Sofia berufen. Diese Berufung steht im Zu sammenhang mit den bevorstehenden Unterhand lungen über den Abschlutz eines Handelsver trages zwischen Bulgarien und der Türkei. Vereinigte Staaten. * Die englisch-amerikanisch-französischen Schieds gerichtsverträge. Aus Washington meldet die „Times", datz die Schiedsgerichtsverträge zwischen Nordamerika, Frankreich und England wahrscheinlich noch am Mittwoch unterzeichnet werden. Un mittelbar nach der Unterzeichnung werden diese Ver träge dem Senate vorgelegt werden, der sie, wie man hofft, ohne weitere Schwierigkeiten ratifi zieren wird. Kanada. Die politische Krisis. Zu dem Schritt dcr Auf lösung des elften tanadijchen Parlaments wurde Laurier durch die Obstruktion der konierva tioen Partei gegen den Ta ri; vertrag mit Amerika gezwungen. Die Wahl und die Einberufung des neuen Parlaments werden in jchneller Folge statt finden, so datz der neue Vizekönig Herzog von Eon- naught bei »einem Eintreffen eine klare Situation vorfindet. Man wird nicht irren, wenn man annimmt, datz es sich in dem bevorstehenden Wahlkampfe nicht blotz um das amerikaniiche Handelsgeichäft, sondern, wenn auch nicht, wie Herr Taft sagte, um eine Tei lung der Wege, doch um eine reinlichere Scheidung zwischen den rmperialcstisch-hyperkoyalen und den für die Lauriersche Kanada-First-Politik ein tretenden unabhängigen Liberalen handelt. Mexiko. * Kämpfe mit den streitenden Bergarbeitern. Aus El Oro wird gemeldet: Die Truppen eröffneten auf streikende Bergarbeiter der Esperanza- Mi n e, die Gefangene aus dem Gefängnis befreiten, ein Feuer, töteten neun Personen und oer- wunteten 32. Man erwartet, datz die Arbeiter der El Oro-Mine gleichfalls die Arbeit einstellen werden. Die Arbeiter fordern eine Erhöhung der Lohnsätze. Bisher sind 4000 Arbeiter in den Ausstand getreten. Die Fremden sandten ihre Frauen mit der Bahn nach Mexiko-City. Die genannten Minen befinden sich hauptsächlich im Besitz von Engländern und Amerikanern. pretzMunnen. * Der Stand der Marokkoverhandlungen findet nicht nur in der Presse der beteiligten Länder und Englands ausführlichste Beachtung, auch die Presse der nichtbeteiligten Nationen beschäftigt sich tag täglich ausführlich mit dieser Frage. So lesen wir in der „Neuen Zürcher Zeitung" unter der Ueberschrift „Kritische Tage" aus der Feder ihres Pariser Mitarbeiters: „Immerhin machte diesmal das Säbclaerassel aus das Publikum, das sich nie sonderlich für die Marokkosache erwärmen lietz, einen eher nieder schlagenden als anfeuernden Eindruck, und dieser Umstand wird es der Regierung erleichtern, einen Ausweg aus der jetzigen Lage zu finden, die zwar kritisch ist, aber noch nicht in eine Sackgasse mündet, vorausgesetzt, datz England nicht die Fortsetzung der Berliner Verhandlungen absichtlich ganz vereitelt. Vielleicht wäre es für Frankreich nützlich, wenn man sich heute, da Englands Dazwischenkunft den fried lichen Ausgleich deutsch-französischer Interessen zu egoistischem Zwecke stören will, wieder etwas an Faschoda erinnern wollte, dessen eindringliche Lehren merkwürdig rasch vergessen sind, obgleich Gabriel Hanotaux in seinem Fajchodabuche Eny- lands politischer Rücksichtslosigkeit ein so beredtes Denkmal gesetzt hat. Wenn Frank reich sich den englischen Ratgeber vom Halse halten kann und wenn es gelingt, die internationalen Ele mente aus der deutsch französischen Zwiesprache aus zuschalten, so erscl-eint bei gegenseitigem guten Willen eine Regelung der beiderseitigen Interessen durch ein neues Marokkoabkoinmen, das des Freiherrn o. Schön Pfuscharbeit von 1909 ersetzt und be richtigt, noch immer gut möglich. Endet die Berliner Aussprache ergebnislos, so ist dagegen mit einem internationalen Konflikt zu rechnen, dessen Folgen sich nicht abjehen lassen. Man spielt in England und Frankreich wieder mit dem Gedanken einer neuen Algeciraskonferenz. Allein die Erfahrungen von 1906 sind nicht dazu angetan, Deutschland diesen Weg wünschenswert erscheinen zu lassen, durch den der Konflikt nur verzögert, aber nicht beseitigt werden könnte" Und der ungarisch offiziöse „Pest er Lloyd" schreibt mit Bezug auf die letzte Rede Asquiths im englischen Unterhause: „Es versteht sich zwar von selbst, datz die wirt schaftlichen Interessen Deutschlands namentlich im Süden von Marokko niemals preisgegeben werden, und cs wird sogar ausdrücklich und wirksam dafür ge sorgt werden müssen, datz mit diesen Interessen weniger willkürlich umgejprungen werde, als es im allgemeinen in französischen Kolonien das Schicksal fremder Kaufleute zu sein pslegt. Aber wenn diese Bürgschaften geschaffen und gleichzeitig die Kompcn sationeu für diesen erheblichen Wertzuwachs verein bart sind, so wird Deutschland in der Praxis kaum mehr etwas dagegen einzuwcnden haben, datz Marokko dem großen französischen Kolonialreich in Nordwestafrika «ungegliedert werde. Und England offenbar auch nicht. — Der gesunde Sinn des deutschen Voltes sagt sich, datz die begonnene Aktion durchgehalten werden mutz. Es ist erfreulich, tatz Asquiths Erklärung die Annahme einer unfreund lichen Einmischung Englands in die deutsch-fran zösischen Verhandlungen in das Gebiet der Legende verweist, und es steht zu hoffen, Latz die Befreiung der Bahn auch von erdichteten und eingebildeten Hindernissen den Verhandlungen selbst zugute kommen wird. Solche Verhandlungen speziell zwischen Deutschland und Frankreich erfordern der Natur der Sache nach immer ein besonderes Matz von Delikateste und politischem Takt. Eine Störung von antzcrhalb vertragen sie nicht. Im übrigen fedoch liegt gerade darin ein? gewisse Bürgschaft sür den schließlichen Erfolg, datz solche Verhandlungen gar nicht eingeleitet werden, wenn nicht ein beider seitiges dringendes Interesse sie erheischt. Insofern kann man es auch nur freudig und hoffnungsvoll be glichen, wenn nach der Erklärung des englischen Premierministers die beiden Völker wieder sich selbst und ihren ehrlichen Verständigungsversuchen über lasten erscheinen." Eine Probe „losialdemokratischer Bildungsarbeit" verabreicht die „Kölnische Zeitung" ihren Lesern: „In sozialdemokratischem Auftrage sind unter dem ansprechenden Titel „Abrechnung, politische Versfutz tritte" wahre Sudelgedichte von Dr. Rudolf Franz erschienen, die aber von der sozialdemokra tischen Parteileitung nicht mißbilligt worden sind. Sie sind von der Zentralkommistion öcr sozialdemokratischen Bildungsausschüste von Rheinland und Westfalen in Auftrag gegeben, weil es „bei festlichen Veranstaltungen der 'Arbeiterschaft an geeignetem Vortragsmaterial auf dem Gebiete politisch-sozialer Satire bisher fast völlig fehlt." Wir meinen aber, die OeffenMcykeit könne und dürfe sich mit der Tatsache nicht abfinden, datz die Sozialdemo kratie in dieser zynffchen Weise den Geist der heran wachsenden und bildungsdurstigen Arbeiterschaft ver giftet. Denn einige Proben übertreffen an gemeiner Gesinnung den Durchschnitt. So schildert dcr Ver fasser einen sozialdemokratischen Stratzenkrawall in einem „Gedichte", das mit einer unerhört ordinäre.! Verunglimpfung der demütig-dankbaren Kaiser - De pesche „Welch eine Wendung durch Gottes Fügung!" endet: „Als sich der Qualm veriog, war nichts zu sehen, kein Haus, sogar kein Pissoir blieb stehen. Und die Ruinen inspiziert Herr Jaaow, wie Hannibal die Trümmer von Karthago. So war des krausen Umsturzkampfes Endung: Durch Gottes Fügung, ach, welch eine Wendung!" Noch zwei weitere Proben, die ernstliche Zweifel erwecken müssen, ob man es hier nicht mit einem Geisteskranken zu tun hat: „Und den Eltern nebst den Kindern wuchs der Geldfack unterm Hintern, bis der Vater einen Schlag bekam, weil er sich beim Saufen übernahm. Sprach'^ nnd nahm vom Mist die Gabel, stach den Kindern durch den Nabel, hat sie obendrein noch aufgehenkt und sich selbst im Jauchefaß ertränkt." Schließlich wieder ein Bonmot wider die Schutz Mannschaft: „Ja, so ein flüchtig Volksgetümmel Ist doch des Schutzmanns wahrer Himmel. Zufrieden hau ich groß und klein — Hier bin ich Vieh, hier darf ich's sein!" Und diese „Gedichtsammlung" ist nicht das be liebige Produkt eines einzelnen sittlich Verkomme nen, sondern von den sozialdemokratischen — Bil- dungsausschüsten" für Rheinland und Westfalen in Auftrag gegeben, um Arbeiterfesten die geistige Würze zu geben.
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