Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.08.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110803027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911080302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911080302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-03
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 21S. l0S. IsNryany. Nachd«» dte Lot«» GTdorO«» «rd di« Sorge m» die Verletzten erledigt war, wurde «» dt« A»frS»«»»D»arb«ite» gegangeu Zwei der Hanptgletf« waren mtt Irüm- nrer» besät, während auf da» dritte Glei» ein Teil des Packwagen, sich geschoben hatte. Die Freilegung oer Gleis« vollzog sich ziemlich rasch, di« Verstellung der Notgestänge de» Telegraphen nahm länger« Zeit in Anspruch. Bi» in di« späten Nachtstunden hinein waren diese Arbeiten aber noch nicht beendet, so das, der telegraphische Verkehr noch nicht wieder hcrgestellt werden konnte. Ole Süiulülrsyr konnte bald nach dem Unfall geklärt werde». Dieser ist auf das Versehen eines Beamten zurückzufiihren. Der Weichensteller an der Blockft « lle, an der sich der Unfall ereignete, hatte den Auftrag, einen bald hinter dem l>Zug 47 fol genden Lüterzug auf da» Ueberführungsgleis zu leiten, damit ein hinter vielem folgender Personen zug über das Hauptgleis noch vor dem Güterzuge die Station Jüterbog erreichen konnte. Versehentlich legte er nun die Weiche bereits um, als der D-Zug kam, und brachte diesen statt des Güterzuges auf das Uebersübrungsaleis. Dies dient dazu, langsam fah rende Güter',iige abzulcnken. damit die schnellsahren- den Personenzüge ohne Aufenthalt ihren Weg fort sehen können Sowohl das Ueberführungsgleis als auch die doriige Weiche sind nur kür langlamfahrend« Züge gebaut. Als nun der D-Zug mit grosser Ge schwindigkeit in die Weiche bineinfuhr. muhte er in folge des kleinen Radius, den die Kurve besitzt, naturgemäß entgleisen. Der schuldige Be amte wurde sofort suspendiert. Ole Toten. Der Tod hat bei diesem Eisenbahnunglück wieder einmal reiche Ernte gehalten, sind doch vier Familien, davon drei aus Leipzig, in große T>auer versetzt worden. Drei Familien sind ihrer Ernährer und viele Kinder ihres trensorgenden Vaters beraubt worden. Die Ramen der Toten sind folgende: Zugführer Fran, G » « « « t k» L.-Neuditttz. Heinrichftrab«, Lokomotivführer Hermim» > « » Ue t» L.-Eutritzsch. Anhalter Stratze 8. Lokomotivheizer Paul Robert Ei««»«», Schöne feld, Stannebeiuplatz 9, Packmeister Müller aus Bitterfeld. Das traurige Schicksal der drei braven. Veamten hat in Leipzig natürlich das gröfzte Mitgefühl er regt, um so mehr, als sie sämtlich Familienväter sind nnd zum Teil noch unmündige Kinder zurücklassen. Froh und munter haben sie sich gestern mittag an ihren Dienst und aus die Reise begeben und schon wenige Stunden später hatte der grausig« Tod ihr Auge gebrochen. Das Schicksal hat hier wieder ein mal in grausamster Weis« innigste Familienbande zerrissen. Ueber die Toten erfahren wir, daß der Zugführer Franz Gommert, ein Mann in der Mitte der 50er Jahre, verheiratet und Vater einer erwachsenen Tochter ist. Diese ist bereits seit einigen Zähren mit einem Postbeamten verheiratet und Mutter zweier Kinder. Der Lokomotivführer Hermann La«ge tn L - Eutritzsch war 5V Jahre alt nnd Vater von sechs Kindern im Alter von 19—3 Jahren. Die älteste Tochter war bis vor kurzem zur Unterstützung der Mutter im Hause und bildet sich jetzt zur Schneiderin aus. Diese Familie ist am ärgsten betroffen, da zwei der Kinder noch nicht einmal schulpflichtig sind, wäh rend zwei andere noch zur Schule geben. Sehr traurig ist auch da» Schicksal des Lokomotiv- keizcrs Eismann in Schönefeld, der erst 36 Jahre alt war und nebst seiner Frau ein achtjähriges Töch terchen hinterläßt Eismann ist erst in diesem Jahre fest angestellt worden, so dafz seine Pensionsansprüche kaum hohe sein dürften. Alle drei Beamte waren sehr brave, diensteifrige Menschen, die sich sowohl bei ihrer Kollegcnschaft als auch den sonstigen Bekannten der grössten Beliebtheit erfreuten, und allenthalten wird ihr trauriges Schick sal lebhaft bedauert. Die Leichen sind bisher noch nicht nach Leipzig gebracht worden, so dasz über ihre Beerdigung noch nichts bestimmt werden konnte. Line Knnükrage über den Schutz -es „parlissl". Die Bayreuther Festspiele dieses Jahres sino voraussichtlich di« letzten, in denen d«r „Parsisal" aufAcnihrt wird, ehe er im Jahre 1913 zur allgemeinen Ausführung srei wird. Es ist mehrfach der Wunsch ausgesprochen worden, dem „Parsisal" eine Sonder stellung «inzuräumen und für ihn dte Schutzfrist, die das Gesetz vorsieht, zu verlängern. Das „Theater", Sie Berliner Fachzeitschrift, Kat sich aus diesem Grunde nun an eine ganze Reihe Autoritäten gewandt und ihnen folgend« Fragen oorgelegt: „Hallen Sie eine Verlängerung der Schutzfrist für wünschenswert? Weläze Gründ« sprechen nach Ihrer Ansicht dafür, resp. dagegen? Sind Sie insbesondere der Ansicht, dasz ser „Parsisal" an Bayreuth gebunden ist?" Die Mei nungen gehen sehr auseinander. Aus der Fülle der eingegangenen Antworten mögen folgende wieder gegeben werden: Björn Björnson schreibt: Ich meine, dafz die groszc Kunst der Welt gehört und nicht nur denen, die das nötige Geld und die Zeit haben, nach Bay reuth zu fahren. — ..Varsifal" hat dort seine Schul üigkeit getan, „Parsisal" kann gehen — soll gehen, um uns allen das Genie seines Schöpfers teilhaftig wer den zu lasten. Es war mir vergönnt, Bruchstücke aus ..Parsisal" zu hören und mein musikalisches Emp finden, meine ganze Seele schreit danach, diese Herr- liche Tondichtung n, Vollendung geniesten zu können — und Tausende schreien mit mir: „Gebt den Par- sifal srei!" RichardDehmel äustert ji h wie folgt: „Vrm künstlerischen Standpunkt aus angesehen, ist jede Schutzfrist widersinnig, denn sie l-emmt die Wirkung der Kunst aus den Volksgcist und erschwert die Fort- bilduna der Darstellungsmittcl. Aber aus wirtschaft lichen Gründen ist sie vorläufig noch nötig: und je länger sie dauert, um so zweckdienlicher wird sic. So- lang« das Volk nicht freiwillig dem Künstler die aus reichenden Mittel oietet, seine Werke würdig zu ver breiten, und sein Leben anständig Znzurichten. so lange ormneer Tügkvum. pollMche Nachrichten. D— Befinde» de» Prinz re» ritt*». MSiuhe», S. August. sEig. Drahtmeld.) Prinz Ludwig von Bayern trifft heute »» kurzem Besuch« de» Prtnzregenten tn Hohenschwangau ein. Der Be ginn der Hoch ae birgstaa den. der ursprüng lich auf nächsten Freitag festgesetzt war, wird, da der Prinzregent noch schonungsbedürftig ist, auf ärztliches Anraten vorläufig verschoben. Ueber da» Befinden des Prinzreq«n1en teilt der diensttuende Leibarzt mit, dast mit d«r Abnahme der groszen Hitze in den letzten Tagen eine Besserung eingetrcten fei. Die Nachtrulx sei wenig gestört, der Appetit gleichmäßig gut. Nogj in Berlin. Berlin, S August. (Eia. Drahtm«ld.) Zu Ehren de» fapanischen General» Nogi veranstatt«de gestern der hiesige Nipponklub in seinem Heim ein Fest mahl. Professor Seto feierte deu großen Heerführer, der herzlich dankte. Zum Befind«« des Papste». Nom, 3. August. sEig. Drahtmeld.) Der „Osser- vatore Romano" veröffentlicht folgende Rote: Obwohl päpstliche Audienzen auch weiterhin nicht ge währt werden, um dem Papst, insbesondere im Hin blick auf die gegenwärtige Witterung, eine größere Ruhe zu gewähren, sind wir in der angenehmen Lag«, mitteilen zu können, dast der Gesundheitszustand des Papstes absolut befriedigend ist, so dast der Papst be reits seinen Morgenspaziergang im Garten wieder aufnehmen konnte. Die Malissorenfrage. Konstantinopel, 3. August. sEig. Drahtmeld.) Nach dem heurigen Ministerrut, der sich mit der Malissorenfrage beschäftigte, erklärten einige Mi- nister zu Pressevertretern, di« Malistorenfrage er scheine definitiv geregelt. Die heimkchrendea Ma listoren würden täglich ein halbe» Kilogramm Mais pro Kopf und tätliche Geloziischüste erhalten, bis sie sich selbst ihren Unterhalt sichern können. Konstantinopel, 3. August. lK. K. Korr.-Bureau.) Die den Malistoren gemachten Konzessionen umfassen: Gewährung einer A m n e st i e und das Recht, Mili tärdienste in Skutari und Konstantinopel zu leisten, Bevorzugung der albanesisch-sprecheirden Beamten für Malistia, einen zweijährigen Steuernochlast, Fest setzung der Handelssteuer auf einen Piaster, Erlaub nis des Waffcntragenr, ausgenommen in Städte» und Märkten. Schaffung von Schulen auf Negierungs kosten, Strastenbanten und Wiedererrichtung der zer stört«« Häuser und Verwendung der Spend« de, Sul- tans in Hökre von 10 000 Pfund als Schadenersatz an die Malistoren zum Unterhalt der Malistoren bis zur Ernte. Die Christer» irr Epirrr» inrd die Pfort». Athen. 3. August. (Eig. Drahtmeld.) Di« Ver treter der Christen in Epirus, die sich in Janina versammelten, schickten an die Pforte eine Adresse, in oer sie bitten, die politische Gleichberech tigung der verschiedenen Nationalitäien des Reiches sicherzustcllcn, gcmäst oer letzten Bitte des Patriarchats. Das christlickn: Element in Epirus, das vollständig griechisch ist und der Bevölkerung der Provinz ausmacht, wünscht danach, ohne die alba- nesisch« Schwesternation zu bekämpfen, Aufrechterhal tung des «tatusquo im Reiche unter der Zkdingung, dast die Konstitution tatsächlich befolgt werde. Die Anschauungen der Griechen in Epirus stimmten über ein mit denen der Albanesen, soweit sie nicht separa tistischen Charakter batten, sie zielten nur hin auf eine politische Gleichberechtigung der verschiedenen Nattonalitäte-n des Osmanischen Reiches. Der Kongreß de» französischen nationalen Eisev- bahnerjyndikats und di« Sabotage. Paris, 3. August. (Eig. Drahtmeld.) I» der gestrigen ersten Sitzung des Kongresses des Nationalen Eifenbahnerfyndikats kam es wegen der Sabotage zu heftigen Erörte rungen. Einzelne Revolutionäre suchten, dte Sabo tage zu entschuldigen und wollten verhindern, dast sich der Kongrest mit dieser Angelegenheit beschäftige. Die gemässigten Elemente dagegen sprachen in scharfer Weise ihre Entrüstung über die Saboteure aus. Meuterei auf einer französische» Torpedoflottille. Paris. 3. August. (Eig. Drahtmeld.) Aus Cher bourg wirb dem „Matin" gemeldet: Unter Len 'Mannschaften der Torpcdoflottillc des Aermelkanals brach eine Meuterei aus, di« in einer feind seligen Kundgebung gegen einen Schiffs leutnant Ausdruck fand. Nicht bloß die Matrosen, sondern auch die Deckosfiziere nnd Obermaate er hoben gegen den Leutnant die Beschuldigung, dast er sic übermässig anstrenge und dast er ungerechtfertigte Bestrafungen auserlcge. Der Streik der russischen Hafen arvei brr. Petersburg, 3. August. sEig. Drahtmeld.) Der Streik der Hafenarbeiter dauert an; die Gesamtzahl der Streik« nde» beträgt gegenwärtig 12 000, während 4000 Weiterarbeiten. Auf 85 von den 95 i« Haftn liegenden Dampfern wird nicht ge arbeitet. Der Streik verläuft vollkommen ruhig und trägt «»»schließlich wirtschaftlichen Charakter. Wiederbeginn de» englischen Seemannsstreiks? London, 3. August. (Eig. Drahtmeld.) In einer Mastenversammlung der Hafenarbeiter wurde abend» der Ausstand oernindet. Neue Nekrutevaushebnngssorduung in d« Mandschurei. Lharbin, 3. August. (Eig. Drahtmeld.) Das chinesische Kriegsministerium benachrich tigte den Generalgouverneur von Mukden. doch im Herbst 1911 in der Mandschurei zum ersten Male probeweise nach deutschem Muster eine n«u« Ordnung der Rekrutrnanshebung zur Anwendung kommen werd«. Aus Leipzig UN- Umgegend. Leipzig. 3. August. Wetterbericht der Könial. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Boraussage für den 4. August 1911. Südwcstwinde, Zunahme der Bewölkung, etwas kälter, zunächst noch trocken, Gewitterneigung. Pöhlberg und Fichtelberg: Glänzender Sonnenunter- und -anfgang, Abend- und Morgenrot. Temperatur des Flulrwaftrrs. r. Augult add». V Uhr U Auoust «rith , Uhr ii. August mttgu.i^iihr Germantabad — 22.5' 0 24,0° 0 Schwimmanstatt<«lK«D Gemeindebad 24,0° 6 22,5 6 24.0° 0 Schönefeld rv«»».) 2^0» 0 2lVl°6 2U>°0 * Der Wasserverbrauch und die Straßensprengung. Durch di« Maßnahmen, die d«r Rar zur Herab- «tuderung d«s Wasserverbrauch» au» der städtischen Wasserleitung genossen hat, ist erreicht word«n, daß dieser Verbrauch zurückgegangen ist. Er betrug am letzten Sonnabend, welcher Tag gewöhnlich d«n größ te» verbrauch t« der Woche bringt, 53 900 Kubik- wetvrwährend am Sonnabend vorher dieser ver brauch 86 900 Kubikmeter betrag«» bat. D«r Wasterstand tm Entaahmegebiet in Naunhof hat sich infolge des gevingeren Verbrauch verbessert. Es ist zu hoffen, daß bet größter Sparsamkeit im Wasser verbrauch Leipzig von einer Wasterkalamttät, wie st« i» anderen Ort«« sich geltend macht, verschont bleibt. Eine bedeutende Ersparnis an Wassrr hat di« Einstellung d«s Sprengbetriebes auf den städ tischen Straßen ergeben. Der Rat hat indessen Maß nahmen getroffen, die durch dte unterbleibend« Sprengung eintretenden Mißstände h«rabzumind«rn. Sämtlich« Hauptverkehrsstraßen, sowie solck)« Strasten, in denen starke Staubentwickelung auftritt, sind mit Lauge besprengt worden, die die Oberfläche auf län gere Zeit feucht erhält. Außerdem ist bereits seit einigen Tayen «ine Entnahmestelle für Sprengwasser aus dem Pleißenmühlgrcrben mittels Dampfpumpe am Schulplatz« eingerichtet worden. Von dieser Ent nahmestelle aus wird die gesamte innere Stadt ein schließlich des Prom«nadcnring«s zweimal am Tage besprengt. Seit heut« ist zu gseichem Zwecke auch im Süden der Stadt das alt« Tonn«witzer Wasser werk wieder in Betrieb gesetzt, außerdem im Norden an der Gohliser Wehrbrücke «ine weitere Entnahme stell« aus der Pleiße eingerichtet word«n, sodaß grö ßer« Gebiet« der Stadt die Annehmlichkeit der Straßensprengung fortan nicht mehr zu entbehren haben »oevden. * Auszeichnung. Don der Kreishauptmannschaft Leipzig ist dem seit 3. August 1886 in der Buch- und Notendruckerei van F. M. Eeidel in Leipzig. Witten berger Straße 23, beschäftigten Notenstecher Gustav Adolf Winkler in L.-Neudnitz eine Belobigungs urkunde ausgestellt worden. X. Zum Ausstand der Kelbmetallarbeiter. In der Mctallarbeiterbeweaung ist eine Aenderung noch nicht eingetreten. Auch in einer von den Aus ständigen Mittwoch abend ubgehaitenen Versamm lung wurden weitere Beschlüste nicht gefaßt. Es ist abzuwarten, ob die von den Arbeitgebern ange drohte Aussperrung am Sonnabend zur Durchführung kommt. Geschieht dies, so werden 60 Prozent aller Leipziger Metallarbeiter, das wären 10—12000 Per sonen, ausgesperrt werden. In mehreren zu Freitag nnberaumten Versammlungen wollen die Metall arbeiter zu der angekündigten Aussperrung Stellung nehmen. * Paritätischer Arbeitsnachwei», Leipzig, Münz gaste 24. Der Arbeitsmarkt im Juli gestaltete sich wie folgt: 5355 Gesuche lagen vor, davon sind ein gegangen 2304 i» der männlichen Abteilung und muß eben die Staatsgesetzgeduna ihn und sein« nächsten An.zehörigen vor der Ausbeutung durch Ge schäftsleute schützen. Bar.reulh ist nur ein besonders krasses Beispiel für unsere antisoziale Schacher politik." Ludwig Fulda nimmt folgende Stillung ein: „Den Unterschied, den die Gesetzgebung zwischen geistigem und materiellem Eigentum macht, habe ich nie begriffen. . . Fideikommisse legen ganze Land striche iür Jahrhunderte fest; und einem Schöpfer soll es verwehrt sein, über Sinn und Zweck seiner Schöp fung länger als ein Menschenalter dte schützende Hand zu breiten? Richard Wagner hat wie wenige den Ruhm des deutichen Namens gemehrt. Die deutsche Nation könnte daher seinen hundertsten Geburtstag, der dem Ablauf der Schutzfrist unmittelbar vorangeht, nicht würdiger feiern, als durch di« Heilighaltung seines letzten Willens. Dr. Karl Hage mann, Direktor des Ham burger Schauspielhauses, schreibt: „Ich sehe nicht ein, warum der „Parsisal" nach Beendigung der gesetzlichen Schutzfrist dem großen Publikum weiter vorenthalten werden soll. . . . Ich glaube nie und nimmer, daß der „Parsisal" jo was wie ein Zugstück abgeben kann. Auch die groß-n Theater werden ihn nur gelegentlich als Festvorstellung zu Ostern oder ionit -ei passender Gelegenheit geben. Das ist alles." Maximilian Harden äußert sich wie folgt: „Auf Ihre Frage kan.l ick nur antworten: Die Ver längerung der Schutzfrist für diesen cinziaen Fall, also ein Ausnahmegesetz für den „Parsisal", scheint mir un möglich und sede Erörterung dieses Vorschlages fruchtlos. Aust, eine unkluge Regierung kann nicht wagen, ein Gesetz zu empfehlen, das «ur durch den Satz zu begründen wäre: Die deutsche Bühne, die der Menschheit den „Faust" nnd den „Don Juan" dar- stellt, «st unwürdig, den „Parsisal" aunuführcn. Uedrigens wird do--. End. Les „Parsifn." Nonovols (gegen dessen Verl ingcniug ich. wenn sie kunst politisch möglich wäre, nichts einsuwenden hätte) die Bayreuther Sache nicht schädigen. Auch für den „Ntbelungenring" ist, noch in diesem Jahre, seit Mo naten kein Platz mehr zu haben. Was Bayreuth hat lMilieu, Familienüberlieferung, Dorbereitungszeit, festliche Tagesweihe, früherer Anfang der Vorstel lung), kann kein Alltagstyeater ihm nachahmen, und schließlich ist der Gedanke doch schön, daß sortan auch Menschen, denen die Reise nach und der Aufenthalt in Bayreuth zu teuer ist, Wagners letztes Kunstwerk genießen können." Professor Engelbert Humperdinck äußert sich: „Ich bin nach wie vor der Ueberzeugung, daß Wagners letztes Werk nur aus dem Boden gedeihen kann, auf dem die nötigen Vorbedingungen sich von Anfang an gefunden haben. Wie nun der „Par- sifal-Schutz" geregelt werden wird, ob er durch ein Ausnahmegesetz oder durch freies gegenseitiges lleber- cinkommen der maßgebenden Bühnenleitungen zu ge währleisten ist, dürfte meines Erachtens hierbei von untergeordneter Bedeutung sein." Professor Carl K r e b s, der angesehene Berliner Musilreferent, schreibt: „Ich halte es für völlig >«leich- gültig, ob der „Parsifasi' mit den übrigen Musik dramen Wagners frei wird oder nicht. Das hoch gestimmte Werk eignet sich so wenig dazu, in de» Repertoirebetricb unserer Opernthcater ausgenommen zu werden und würde mit seinem tiefen Ernst und seiner Mystik das amüiemcntsbedürft gc Durch- schnrttspublikum so langweilen, daß es, nachdem die erste Neugier gestillt ist, bald wieder zur Stätte seiner ersten Aufrührung zurückkehrcn dürfte." Professor Dr. Hans Thoma, der verehrungs würdige Meister des Pinsels, schreibt: „Ich gchöre zu denjenigen, die sich freuen, wenn m unserer Zeit der Unruh«, des Herumziehens. ja man kann wobl bald sagen des Herumslicgens, für Menschen und Institu tionen sich feste Heimstätten gründen. Und wenn Kunstwerke solche Stätten sinden, wohl gar dort, wo sie erwachsen sind, so werden sie an dieser StaNo ihren größten Zauber ausüdcn können, und man tut nicht gut, sie dort weg',«nehmen. Es war ein alter Glaube, dast das Wager aewlsjir Heilquellen nur an Ort und Stelle wcrtsam jei. man sprach von einem Brunneng'ist, später lachte mau darüber und nannte e» Aberglauben, aber neueste Wissenschaft hat ge- fanden, daß wenigstens der Radiumgehalt mit seiner Wirksamkeit an die Quell« gebunden ist und sich nicht ».INlVNt >SII. ALI t» d« «etbktch« Utchetttu»«. «. Männliche Abteilung: 98 Arbeitslos« «»» de« Vormonat übernommen, 1094 Arbeitslos« neu eingeschrieben. 62 Aufträge au» dem Vormonat übernommen und 1210 Personen wurden diesen Monat verlangt, 34 da von nach auswärts: 1051 Personen wurden vermittelt, darunter 835 »ur Aushilfe (Beschäftigungen bis zur Dauer von 1 Woche): la davon nach auswärts. — b Weibliche Abteilung: SO Arbeitslose aus dem Vormonat Übernomme«, 1445 Arbeitslose neu ein geschrieben, 127 Aufträge au» dem Vormonat über- nommen und 1606 Personen wurden diesen Monat verlangt, 2 davon nacy auswärts, 1318 Personen, darunter 183 Dienstmädchen, vermittelt, 1 davon nach auswärts. * Verhafteter Büchermarder. Zu dem unter dieser Ueberichrift in unserer gestrigen Abendausgabe ver öffentlichten Bericht wird von amtlicher Seite dte Bitte ausgesprochen, darauf htnzuwetsen, daß in einer hiesigen Zeitung die Angelegenheit, die Beschädi gung von wertvollen Büchern hiesiger Biblio theken durch einen armenischen Studenten betreffend, mit wesentlichen Entstellungen veröffentlicht worden ist. Da in letzter Zeit einheimische Institute, Unioetsitätsseminare u. a. m. durch Büchcrdieb- stähle schwer geschädigt worden sind, ist es — um Irrtümern vorzüdeuqen — von erheblicher Wichtigkeit, öffentlich sestzustellen, daß die Tat des armenischen Studenten mit diesen Bucherviebstäblen in keinerlei Verbindung zu bringen ist. Der betreffende Student hat nicht ein einziges Buch dieser Art gestohlen, sondern nur das getan, was in dem in »lmerer gestrigen Abendausgabe an dieser Stelle veröffentlichten Artikel zu lesen war. Die Berliner Kriminalpolizei hat mit der Ange legenheit nicht das geringste zu tun. Der mu der Sache betraute Leipziger Kriminaltommisjar bat auf Grund des hier von ihm ermittelten Materials den Armenier auch einiger Diebstähle an der Berliner Königlichen Bibliothek überführt, Die Berliner Diebstähle m der gestern erwäynteu Vereindbibliothek sind von privater Sette un^rr Hinweis aus den armenischen Studenten nach Leipzig gemeldet worden. Str sind, w«e der betreffende Ber liner Verein aus telephonischen Anruf bestätigt hat, der Berliner Behörde überhaupt nicht bekannt gewesen. Mithin kann die in Frage kommende Hiesige Zeitung auch nicht schon früher über diese Diebstähle berichtet haben, wie sie das behauptet. Es wäre in hohem Grade bedauerlich, wenn die Er örterungen in Sachen der Leipziger Bücherdicb- stähl« von auswärtigen Behörden infolge derartig leichtfertig abgefahrer Artitel «(»gestellt würden. B«t d«r Wichtigkeit d«r Angelearnheit wäre der durchStockung die er Erörterung entstehende Schaden nicht zu üveriehen. Bemerkt sei schließlich noch, daß die erwähnte Zeitung gestern den gleichen amt lichen Bericht erhielt, wie die amtlichen Tages zeitungen. — Wie wir schon »neideten, sind bei der Durchsuchung der Wohnung de» Armeniers die in der Bibliothek der hiesigen Handelskammer und in einem Falle in der Universitätsbibliothek aus deii Büchern gemachten Ausschnitte und heraus gerissenen Seiten gesunden worden. Außerdem ist auch das in der Berliner Königlichen Bibliothek entwendete Material gesichert. > 8 Das verbra >ntc Bett. In einer Parterre wohnung in der Benedixstraße 8 in L.-Eohlis ge rieten in vergangener Nächt ' ,1 Uhr aus noch un ermittelter Ursache die Letten »n Brand. Die Feuerwehr der 5. Beztrkswache war alarmiert wor den und beseitigte die weitere Gefahr. i. Wegen Bedrohung und Beleidigung arbeits- williger Bergarbeiter aus dem Kohlenwert L.-Dölitz ist ein hier zugereister Bergarbeiter festgenommen und der Staatsanwattschait zugeführt worden. s? Liebeskummer. Ein an der Reuterstraße in L.-Lindenau wohnhafter 22 Jahre alter Schlosser suchte sich vergangene Nacht zu vergiften. Der Lebensmüde erreichte den Zweck nicht. Liebes kummer soll der Grund zu der Tat gewesen sein. * Unhold. Im Connewttzer Holze. Revierort „Dachsbau", verging sich am Dienstag nachmittag ein Radfahrer einer Frau und zwei Schulmädchen gegenüber tn der schamlosesten Weise. Der Unbe kannte wir- beschrieben als etwa 25 Jahre alt, 1,75 >» groß, von kräftiger Gestalt und hat kleine», blonden Schnurrbart. Seine Kleidung bestand aus dunkelblauem Jackett, dunkler Hose und blauer Schirmmütze. * Ei» Eininieterdied festgenamwe«. 2n Hast kam ein 19 Jahre alter Arbeiter aus Neichenoach, der wegen schweren Diebstahls gesucht wurde. Er wurde beobachtet, wie er an einer Geschäftstür in der Lurgstraße den Schlüssel abgezogen hatte. Als er sich entdeckt sah, versuchte er Lurch die Flucht zu entkommen, wurde jedoch von Straßenpassanten auf gehalten und oer Polizei übergeben. Es konnte ihm noch nachaewiesen werden, daß er in Leipzig und Dresden Einmieterdiebstähle ausgcsührt hat. * Explosion. In einem Grundstücke der Dufour- straße fand am Mittwoch ein« Explosion tn der dort befindlichen Privatschleus« statt. Hierbei stick) bi« Schleusendeckel teriprunge» und da» Mauerwerk zer rissen worden. Personen kamen nicht zu Schaden. nerschicken läßt. E» kommt mir vor, al» ob auch Bayreuth mit seinen Werken ein solcher Quell ist. dessen volle künstlerische Kraft, so wie der Meister es gewollt hat, am stärtsten an Ort und Stelle wirkt. . . Die Erben Bayreuths haben das Gut bisher treulich verwaltet, aber wenn es sich nur um die handelte, so könnte man wohl sagen, gleiches Recht sür alle, gleiche Schutzfrist. Möchte sich aber doch das deutsche Volk al» Erbe Bayreuth» betrachten und darüber wachen, daß wenigsten» der „Parsisal" dem Gut nicht entrissen wird! Es schützt sein Erb« dadurch, Laß es den „Parsisal" für Bayreuth erhält. Wenn der „Par- sifal" überall aufgeführt wirb, so gebt sehr viel von seinem Zauber verloren und Deutschland ist um eine Kulturstätte ärmer. „Parsisal" ist ein WeihefZtsp «l und kein beliebiger Stück, da» man jederzeit am Theaterabend soll sehen können. Es ist auch nicht nötig, daß jedermann ihn kennen muß, um ihn m sein modernes Mögen hinein zur Verdauung und kriti schen Bewältigung zu bringen. . . Ich würde es sehr bedauern, wenn die Schutzfrist für „Parstsal" auf' gehoben würde; ich sehe keinen Grund ein, fi« nicht weiterbestehen zu lassen, und wenn die Juristen sich aus das Gesetz berufen lallten für die Aufhebung, so möchte ich an die Vereinigungen für Denkmalpflege appellieren, ob sie nicht dies Denkmal Richard Wag ners, als zu ihrem Ressort gehörig, in Obhut nehmen könnten." Ernst von Wolzogen, vor nicht langer Zeit aus Amerika zurückaekehrt, schreibt: „Ich habe den „Parsisal" als Nachmittags-Vorstellung im Metro politan Operahouse erlebt und darf mit freudiger Ge nugtuung feststellen, daß Las New Yorker Durch- schnittstheaterpublikum diesem heiligen Vermächtnis des großen Meisters gegenüber eine fromme Andacht wie in der Kirche, eine weihevolle Ergriffenheit be- wies, die für gewöhnlich einem snobistischen Weltstadt publikum und zumal einem amerikanischen sicher nicht eigen ist. Die bezwingend« Macht des ganz großen idealen Kunstwerks triumphiert eben doch über Zett und Ort und stimmungswidrige äußere Um stände."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)