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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.08.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110804029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911080402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911080402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-04
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Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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Liir»s-e»e» «us de« Kougretz de« Nationale« Eise», bahuersynditat« in Pari«. Pari«, 4. August. (lkig. Drahtmeld.) Ja der gestrigen Sitzung des Kongresse« de. Na» 1ianalen Eisenbahnersyndikat» kam e« bei der Besprechung über die Berechtigung der Sabo tage z» heftigen Lärmszenen. Die revolu tionären Elemente verliefen schließlich unter Schmäh rufen auf die Vertreter der gemäßigten Richtung den Sitzungssaal. Nutze auf dem Balkan. Leti»j«, 4. August, l Meldung des Wiener k. k. Tel.-Korr.-Bur.) Nachdem volles Einver nehmen mit dem hiesigen türkischen Gesandten de- treffend die Amnestie erzielt worden ist, hat der türkische Gesandte in Podgoritza dieses Einvernehmen den Führern der Insurgenten im Beisein des montenegrinischen kriegsministers und des Mi nisters des Innern sowie einiger Generale mitgeteilt. Er übergab einem der Führer eine Abschrift des von ihm unterschriebenen Einvernehmens. Der Minister des Innern Dscbukanowitich hat den Malissoren mit- geteilt, es sei der Wille des Königs, dog der Aus stand aushöre, die Malissoren sollten sofort Heim lehren, um die erzielten Konzessionen, mit denen sie zufrieden sein sollten, nicht zu verlieren. Trotz der rremden Agitatoren wird heute die Rückkehr der Malissoren beginnen. Es besteht die Hoffnung, daß sehr bald alle zurückkehrcn werden. Cetinje, 4. August. (Eiq. Drahtmeldung.) Der krieasmulistcr Dsuro witsch hat seine Ent lassung eingercikbt. -ein Gesuch ist angenommen und der Minister des Innern D s ch n t a n o w i t s ch mit der Verwaltung des Kriegsministeriums betraut worden. Wie«, 4. August. lEig. Drahtmeld.) Wie die „Nxue Freie Presse" aus Eetinje meldet, sind drei Hauvtführer der Malissoren gestern nach mittag heimgekchrt. Ein Teil der Malissoren war mittags bereits für die Rückkehr gewonnen worden. Schwierigkeiten machten namentlich diejenigen Ma lissoren, die sich während des Aufstandes durch Tapfer keit besonders hervorgetan gatten. Di« Union und Haiti. Washington, 4. August. lEig. Drahtmeld.) Aus amtlichen Kreisen wird mitgebeilt: Wenn die Streitkräfte der Kandidaten für die P rä s id e n ts ch a f t von Haiti um die Oberhand kämpfen sollten, könnten die Vereinigten Staaten gezwungen sein, zu intervenieren, um neutrale Zonen in der Nachbarschaft aller Zentren zu etablieren, wo fremde Interessen vertreten sind. Zu einer solchen Maßregel würde man jedoch nur dann schreiten, wenn es offenbar sein sollte, dass keine Aussicht bestände, einen solchen Kampf beizulegen. Sus Leipzig unü Umgegenü. Leipzig, 4. August. Wetterbericht der Königl. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 5. August. Westwind, wolkig, kälter, später Niederschlag. Pöhlberg: Glänzender Sonnenaufgang, Himmelsfärbung gelb. Fichtelberg: Glänzender Sonnenuntergang, Abendrot. . Temperatur -es Flutzwassers. O n August abds. 8 Uhr 4. August srüst :> Ukr -I. August mttg«.l!.'Hhr Germaniabad sPl«is«e) — 22,5° 0 23,0° 0 Schwimmanstall(Elsttr) 24,5 ' 0 23,0° 6 23,0° 0 Gemeindebad Schönefeld iPurthe) 22,0» cr 20,0° 6 21,0° c * Sein 5»jähriges Biirgerjubiläum begeht am 5 August Herr Friedrich Wilhelm Müller, wohn haft im Iohannisstist. Reinhoiü Vegas In seiner Wohnung in der Stülerstraße in Berlin ist Professor Reurhold Begas gestern abend ^,10 Uhr im Kl. Lebensjahre an Herzschwäche ge- st o r b e n. Nur wenige Tage hat Reinhold Begas seinen 80. Geburtstag, der ihm neben andern reichen Eh rungen die Ernennung zum wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädiiat Exzellenz brachte, überlebt. Die gesamte deutsche Presse feierte an jenem Tage die Verdienste des hochgeehrten Meisters und schilderte sein Leben und Streben in Aufsätzen aus berufenen Federn. Reinhold Begas hatte seinen 80. Geburtstag am 15. Juli noch in verhältnismäßiger Frische verbracht, wenngleich er von der Atemnot viel gequält wurde. In den nächsten Tagen trat anscheinend eine kleine Besserung ein, der Erkrankte konnte ein« Ausfahrt unternehmen, die ihm gut bekam. Er tonnte auch in verhältnismäßiger Rüstigkeit allen Gratulanten durch ein allgemeines Zirkular danken. Aber bald ging es wieder bergab: die Atemnot wurde stärker und stärker, und seit Anfang vieler Woche fing das Le benslicht zu erlöschen an Die Nächte wurden un ruhig. der Kranke fand nur wenio Schlaf und fühlte sich an jedem Morgen matter. Seit gestern hatten seine Freunde jede Hoffnung anfgegeden, ein schwerer Erstickungsanfall hatte die Kräfte sehr mitgenommen. Professor Schleich, sein treuer Hausarzt, der gestern wiederholt am Krankenlager erschien, konnte keine Hilfe mehr bringen, und um 9»', Ubr schlummerte dann der große Künstler hinüber. Mit Zwilchenürcker« nsch Brasilien. Von Dr. med. Werner Wolff, Leipzig. lliachdruck verboten.) Wenn man die alljährlich veröffentlichten Sta tistiken über die europäische Auswanderung näker betrachtet, so können wir Deutschen mit einer gewissen Genugtuung beobachten, wie in den letzten Jahren in unserem Heimatlande der Trieb in die Fremde immer mehr nachgelassen h>rt. Während die deutsche Auswanderung in den achtziger Jahren des vorinen Jahrhunderts mit über 200 000 'jkrsonen im Jahre ihren Höhepunkt erreichte, lind es jetzt ungefähr 25 000 Perso"-n die alljährlich ihrem deutsckien Vaterland« den Rücken kehren, um auf fremdem Boden einen besseren 'Verdienst und eine n^u.' He'mot zu lucken. Und während von diesen rm letzten Jahre noch bei nahe 20 000 die Vereinigten Staaten von Nordamerika als Ziel wählten, waren, man höre und staun«, nur 356, die die Eftado« Unidos do Brazil als ferneren Wirkungskreis sich erkoren. Und doch versichern uns * Eine Aussperrung der Metallarbeiter in ganz Sachsen in Sicht. Das Kartell der sächsischen Metallindustriellen in Dresden hat beschlossen, eine gemeinsame Aussperrung der Metall arbeiter vorzunehmen, falls es in Leipzig am 5. August zu der angedrohten Aussperrung kommen sollte. * Leipzig im Blumenschmuck. Al» letzter Termin für die Anmeldungen, die beim Bureau de« Ver kehrsvereins, Naschmarkt, Handelshof, bewirkt werden müssen, ist der 7. August bestimmt worden. Es steht nach den eingegangenen Bewerbungen zu erwarten, daß auch in diesem Jahre dem Wettbewerb Leipzig im Blumenschmuck der Erfolg nicht fehlen wird. * In der Sitzung des Bezirks-Ausschusses am Freitag, den 11. August, soll u. a. über ein Milch regulativ und über eine Abänderung des Gebühren- Verzeichnisses für die Stellenvermittler beraten werden. * Bureouangcftellteu-Berbände. Einen erbitterten Kamps führen schon seit geraumer Zeit der bürger liche „Verband Deutscher Bnreaubenmten, Sitz Leipzig" und der sozialdemokratische „Verband der Bureauangestelltcn und Verwoltunasbeamten, Sitz Berlin". Nachdem der Berliner Verband letzthin gegen die Leipziger Organisation 2 Ftngblätrer ver teilt hat, antwortete der Leipziger Verband jetzt mit einem ausführlichen Prospekt, der in scharfer, sach licher Weise die genannten Angriffsflugblätter be handelt und ferner Aufklärung gibt, wie der Ber liner Verband die Interessen der Burcanangestellren direkt mit Füßen tritt und wie er lediglich Sekun dantendienste der Sozialdemokratie leistet. Dieser aufklärende Prospekt ist aus sämtlichen Anwalts bureaus zur Verteilung gekommen, und wir werden oebeten, darauf hinzuwei'en, daß Interessenten Exemplare durch die Geschäftsstelle Leipzig, Kur- prinzstrnße 11, ll., erhalten können. ** Zu dem Waldbrand in der Harth. Zu den bis herigen Berichten über den Ricsenbrand in der Harth können wir noch nachtragen, daß der Brand doch größeren Schaden angcrichtet hat, als man bisher annahm. Es sind von den die Brandstelle umstehenden Waldbsständcn eine ganze Anzahl Bäume durch das Feuer arg beschädigt worden, und es haben nicht nur die Kronen der Bäume gelitten, sondern zum Teil sind auch die Baumstämme selbst stark an.zekohlt, so daß sie jedenfalls abgeschlagen wer den müssen. Hierzu können wir auch noch mitteilen, Laß die Ansicht vorherrscht, daß Brandstiftung vorliege. Funkenklng kommt nicht in Frage, da die Eisenbahn erst in größerer Entfernung von der Brandstelle fährt. Ob die Brandstiftung böswillig oder fahrlässig erfolgt ist, kouirte bisher noch nicht festgestellt werden. Jedenfalls k*agt die Forstverwal tung darüber, daß von dem die Waldungen aufsuchen den Publikum das von der Nmtshauptmannschaft er lassene Rauchverbot nicht befolgt wird und vielfach Personen mit brennenden Zigarren getroffen werden. Es ist sogar vorgekommen, daß jetzt die den Brand besichtigenden Personen die Brandstelle mit brennen, den Zigarren betraten. Selbstverständlich werden die Labei betroffenen Personen in Strafe genommen, und wir können gleichzeitig die Mitteilung machen, daß die Strafbestimmungen jetzt während der heißen Zeit ganz besonders streng genommen werden und die Be troffenen nicht unter 00 .K Strafe zu gewärtigen haben. Der von dem Feuer ergriffene Raum hat einen Umfang von etwa 10 Hektar, ist also sehr be deutend. Der Schaden wird auf etwa 20—25 000 «4L beziffert. Um die Hilfeleistungen haben sich beson ders die Arbeiter der Zwenkauer Schuhwarenfabrik von Enke und der Ziegelei von Knoth verdient ge macht, die als die Ersten am Platze waren, während die Feuerwehren erst später kamen. Dabei sei noch eingeschaltet, daß man sich vielfach über da« au der Brandstelle befindliche Publikum beklagt hat, da» sich trotz Aufforderung nicht an den Hilfsarbeiten be teiligt hat. Es wird besonders betont, daß jeder Staatsbürger nach den bestehenden Bestimmungen die Pflicht hat, sich an der Hilfeleistung bei Bränden zu beteiligen. Zur Bewachung der Brandstelle find jetzt für die nächsten Tage noch Wachen au der Brand stelle aufgestellt, die so lang« dort bleiben werden, bis jede Gefahr beseitigt ist. Auch am Donnerstag war die Brandstelle wieder das Ziel vieler Ausflügler. * Zum bevorstehenden Kampf in der Metall industrie. Der Gewerkverein der Maschinenbau- und Metallarbeiter nimmt in einer Sonnabend in „Stadt Hannover" siattfindenden Versammlung Stellung zu der Aussverrung und den schwebenden Differenzen in der Metallindustrie. * Das Saisonfest im Leipziger Palmengarten hatte am Donnerstag wieder seine ganze An ziehungskraft auf uusere Bewohnerschaft ausgellbt und sic in stattlichen Massen zu frohem Bewegen in seinen Anlagen vereint. Ein ruhiger Sommerabend ließ dabei das als Mittelpunkt der Veranstaltungen angesetztc große Feuerwerk in allen Teilen zu glänzendster Wirkung gelangen, so daß sowohl die großen Fronten als auch Vie einzelnen Raketen bündel. die im Platzen dichte Schwärme von bunten Leuchtkugeln und gleißenden Feucrtropfen zur Erde sandten, ein schönes Bild pyrotechnischer Kunst zu geben wußten. Rauschende Kaskaden, zitternde Schlangen, knatternde Sprühteufel folgten unauf hörlich aufeinander und schufen in ihren Fornien immer neue Ueberraschungen. Zu dieser feurigen Verherrlichung des Tages gesellte sich dann erne ausgedehnte Festillumination, die das Geiellichafts- gedäude und das Palmenhaus mit strahlenden Lichtern umzog und sie in Hellem Schein aus dem Dunkel der Nacht heraushob. Ab und zu flammten in den Baumgruppen des Waldparks bengalische Lichter auf, und auf dem grossen Weiher, wo der Leu.htspringbrunnen seine Strahlen emporrauschen ließ, trugen die Fackeln der Boote blitzende Lichter über das Wasser. Festkonzerte der Kapellen des lOti. Regiments und des 18. ttlanenregiments trugen dabei auf Grund eines gewählten Programms frohe Stimmung in die Reihen der Wandelnden und um rahmten das Fest in seinem hochbesriedigenden Verlauf. * Diebstähle. Gestohlen wurden aus einem Neu bau in der Tauchaer Straße eine Lötlampe mit Luftpumpe, vier Bleiblöcke, 14 Kg schwer, ein größeres Stück Kupfer und Kupferabfälle im Eewrcht von etwa 8 kg: von einem Wagen auf der Fahrt von der Langen nach der Dresdner Straße eine fast neue Wagenplane im Werte von 100 .6.. gezeichnet ..IKr- Mllnn äuxcvtill, Loipich?" aus einer Wohnung in der Roßbachstraße ein photographischer Apparat, sog. englischer Kodak, mit brauner Ledertasche: im Ber liner Bahnhof eine gelbe Handtasche, in der sich eine hellrote Srudentenmütze und zwei kleine Bücher, be titelt „Pabst, Sachenrecht und Schuldverhältnisse" befanden: aus Badeanstalten ein Portemonnaie mit 20 ./L und ein goldener Herrenring mit grünem Stein, ein Portemonnaie mit 40 .6, sonne eine silberne Herrenremontoiruhr mit Goldrand nebst Nickelkette. * Böses Mißgeschick. Ein vorübergehend sich hier aufhaltcnder Kaufmann hat am Donnerstag in der Grimmaischen Straße sein Portemonnaie mit 150 und einenl Hinterlegungsschein für Reisegepäck ver loren. Das Gepäck bestand aus einer gelben Reise handtasche, in der sich ein Hypothekenbrief über 15 000 ausgestellt von der Firma Salba, Ledergroshandlung in Aachen, befand. Der unehr liche Finder des Portemonnaies hat sofort das Gepäck abgeholt. Seine Festnahme rst noch nicht gelungen. * Au» der Erziehungsanstalt entwichen. In Haft kam eine bereits vorbestrafte 22 Jahre alte Schnei derin aus Ober-Kunnersdorf. die aus einer Erzie hungsanstalt bei Breslau entwichen war. Sie hatte sich nach Leipzig gewandt und bei einer Familie in der Burgstrage unter falschen Namen eingemietet. Nach Verübung eines Diebstahls war sie dann wieder verschwunden. genaue Kenner dieses Landes, wie der in deutsch brasilianischen Angelegenheiten wohlerfabrene Prof. Iannasch*), daß trotz mancher -u überwindenden Schwierigkeiten „garu zweifellos hier die Aussichten zur Erlangung wirtschaftlicher Selbständigkeit zurzeit immer noch sehr viel günstiger sind als in den Ver einigten Staaten von Nordamerika." Und auch dieser erfahrene Nationalökonom erkennt es an, welch wich tige Pionierdienste di« Kolonialbevökkerung dem deutschen Handel bietet und daß alle Freunde der auswärtigen Interessen Deutchsi.'lands in dem Be streben Zusammenhalten müßten, die deutsch« Auswan derung von Nord- Südamerika abzulenken.**) Heute sind es noch die Italiener und Portugiesen, die den Hauptzustrom bilden, in Meitzer Linie Russen und Polen, die meist nach dem Staate Parana wollen, wo sich blühende polnische Kolonien befinden und wo gegen hunderttausend Polen fast ein Viertel der Bevölkerung ausmachen. Auch auf unserem Schiffe sind sie es vor allem und Li« Söhne der jüngsten Re publik, die Las Hanprkontingent unserer Passagiere bilden. InLcixocs , dein ungefähr eine Stunde von der Stadl entfernten Seehafen Oportos, an der Mün dung des Douro, kamen sie fast alte an Bord, und schon in der Elektrischen hatten wir Muße, unsere neuen Reisegefährten zu betrachten: meist untersetzte, sonncngebraunte Gestalten mit dichtem Haupt- und Barthacrr, tn ihren Sonntagskleidern, mit Kind und Kegel und einer Masse Gepäck! Zwei von kleinen Schleppern gezogene Leichter brachten sie an Bord, und bei dem starken Seegang im Hafen I>atten schon hier die meisten Gelegenheit, die Freuden und Leiden der bevorstehenden Seefahrt kennen zu lernen und, noch nahe dem Land«, den Wetten ihren ersten Tribut zu zollen, Hatten sie mühsam das Fallreep erklommen, mußten sie auf Deck sich noch einmal einer gründlichen Inspektion durch portugiesische Polizisten gefallen lassen, die die Pässe genau betrachteten, dann aing's hinab in die Räunic, die ihnen nun für drei Wochen das eigene Heim ersetzen sollten. Gleich bei Ankunft erhält jeder eine wollene Schlafdecke, die beim Ver lassen kn:s Schiffes mitgenommen werden kann, sowie nach Art unseres Militärtochzeuges eingerichtetes Eß geschirr, bestehend ans Suppenschüssel, Fleisch- und Kartoffelnapf, Trinkbeckier, Löffel, Messer und Gabel. Zn vier großen, unter Deck gelegenen, gut ge lüfteten Schlafsälen sind so 160 Polen, 240 Portu giesen und 20 Deutsche untergebracht, nach Nationa litäten geordnet, Polen und Portugiesen für sich, und auch die wenigen Deutschen meist in kleinen, noch un- besetzten Extrazimmern. Wie in allen Kabinen be finden sich auch hier immer zwei Cchlafkojen über einander. und auf ihren Strobsäcken liegen da Männ lein und Weiblein am liebsten den ganzen Tag über, *j ^L«nd «u>t> Leute oo» Ru» Grande d» Sol', «Export* ll«, L. «. **) »- Ihrrtn«, »Lande«knndr vrafiltend', Ganuntnne Görschen. wenn sie nicht jeden Morgen bei dem ärztlichen Rundcrang energisch an die frische Luft getrieben würden. Einmal draußen, entwickelt sich dann auf dem Achterdeck, dem Hinteren Teil des Schiffes, wo ihnen reichvem« ssener Raum zur Verfügung stehl, ein malerisches Bild. Da sitzt eine fleißige Frau, die mit ihrer Handnähn aschine noch schnell ihre Wäsch« aus bessert. während der Gatte, munter sein Pfeifchen schmauchend, ihr Zusieht. Ain Ende des Schiffes stehen Männer, rückwärts schauend auf die Bahn, die der Dampfer soeben zurückgelegt, mit ihren Gedanken vielleicht daheim bei den Lieben, die sie zurückge lassen, Lis ihnen eine sichere Existenz ermöglicht, auch die Familie nachkommen zu lassen. In Madeira haben sich verschiedene für billiger Geld bequeme Korbstühle erstanden, in denen sie nun, lesend oder träumend, den Tag verbringen. Die meisten jedoch haben ihre Schlafdecken und Stroh säcke auf Deck ausgebreitet, liegen da und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein, aber auch Mütter gibt's darunter, di« plötzlich in sich den Trieb zur Reinlichkeit fühlen, und nun ihr Töchterlein vor nehmen, es kämmen . . . und dabei auch das Haar ge wissenhaft auf — durchsuchen, ein Bild, wie man cs ähnlich auch in Ceylon siebt, wo ganze Familien hintereinander hocken und einer den andern, nach Affenart, von „Parasiten" befreit. Während die recht zahlreichen Kinder überall sich herumtreübeu, sich bald miteinander balgen oder Haschen spielen, oder den kleineren Geschwistern Wagen aus Blechschachteln machen, an die sie geschickt aus Kartoffelscheiben geschnittene Näder befestigen, sitzen die Herren der Schöpfung meist in Gruppen bei einander. rührig dem Kartenspiel huldigend oder sich in einer erregten politischen Diskussion erhitzend, wobei di« Portugiesen bald einmal dem König, dann wenige Minuten später der Republik ein lautes, dreifaches Hurra ausdringen. Ze näher wir dem Lande kommen, um so mehr erwacht auch der Verschönernngstrieb in all diesen Leutchen. Da entpuppt sich denn plötzlich einer, der sonst wohl nicht auf dem Felde gearbeitet, als ge schickter Barbier, der unter freiem Himmel seine Kunden einseift und bearbeitet, oder das üppige Haupthaar der tropischen Temperatur cntsorcci>end kürzt, aber auch andere Fleißige gibt's, die, in Reih und Glied aus langer Bank sitzend, dem Koch beim Kartoffelschälen helfen, in der Hoffnung, daß als Lohn auch ein Bissen aus der Kajiftskücbe für sie mit ab fällt. Sobald überhaupt um 11 und um 5 Uhr die Glocke das Zeichen zum Essen gibt, da kommt auf einmal Leben in die Gesellschaft: von allen Seiten kommen sie heran, Mütter noch den Säugling auf dem Arm, in der freien Hand das Blechaeicbirr. Portugiesen mit ihren langen, schwarzen, dicken Zivkelmützen oder ihren großen, breitrandioen dnnklen Fis,Listen. Pn»«n in dicke» Pelzjacken »nd hohen Schaftstiefeln, ober auch Kinder, di« ost kaum laufen können, geführt * «efil-eltch-r Messerheld. Auf dem Schlachthofe geriet «tn Fleischergeselle mit einem seiner Kollegen in Streit, in dessen Verlaufe er seinem Gegner mit einem Schlachtmesser einen Stich in die Magen aegend deibrachte. Der Verletzte mußte nach dem Krankenhause gebracht werden, während der Täter tn Haft kam. * Nach Unterschlag«»« »o« 7S0 Mart wurde der 17 jährige Handlungslehrling Willv Adicht flüchtig. Er war tn einer hiesigen Mehlhandluna in der Lehre und erhielt den Auftrag, auf ein Bankdurtz 750 abzuheben. Das hat der Unehrliche auch getan, mit dem Gelde aber das Wette gesucht. * Festgenommener Unhold. Von der Polizei wurde ein 20 Jahre alter Unterbeamter aus Rochs- burg dingfest gemacht, der sich im Connewitzer Holz« in unsittlicher Weise an Kindern verging. gg. Explosion. In einer Wohnung in der Kolonnadenstraße 24 fand Freitag früh '/.I Uhr durch Explosion einer Lamp« ein Etudenbrand statt, den die Feuerwehr vom Hauptdepot beseitigte. Hs * Böhlitz-Ehreuberg. Der Gemeinderat beschloß, die Rechnung über die Pflasterreparatur in der Leipziger Straße zu befahlen. Die entstandenen Kosten belaufen sich auf über 400.6 In Sachen der Aufnahme der für das Wasserwerk benötigten An leihe wurde auf Vorschlag des Gemeindeoörstandes beschlossen, zwei Darlehen des landwirtschaftlichen Kreditvereins, die die Gemeinde Drebach bei Ehren friedersdorf ausgenommen und jetzt wieder verfügbar babe, auf hiesige Gemeinde zu übernehmen. Die Uebernahme soll nicht nach dem Kursstände, sonder» nach dem Stande der Darlehnsschuld erfolgen. Aus» zahtunglurs ist jetzt 00 v. H. Die Amtshauptmann» schäft hatte zum Abschlüsse der Verhandlungen vor» lausige Genehmigung erteilt Die Verhandlungen haben nun zu einem Abschlüsse gesuhlt, durch den die Gemeinde etwa 3000 .6 gewinnt, wenn sie den Fehl betrag zwischen Auszahlungskurs und Darlehnssiand berücksichtigt und erwägt, daß diese Anleihen, weil sie schon versteuert sind, nicht noch einmal ver steuert zu werden brauchen. Sie muß die Anleihen zu vier Prozent verzinsen, erhält aber auch den gleichen Betrag als Verzinsung. Den Forderungen der Amtshauptmannschast, später 1' 4 Prozent Tilgung vorzujehen und eine Wasjerwertskajse zu gründen, sott entsprochen werden. — Die Annatune einer der hiesigen Armenkasse überwiesenen Forderung wurde abgelehnt, weil die Beitreibung sehr fraglich er scheint. — Der Inhaberin eines hiesigen Privat kindergartens wurde auf jederzeitigen Widerruf ein jährlicher Unterhaltungsbettrag zügebilligt. — Ein« Anzahl Gesuche um Steuererlaß werden teilwecse genehmigt bez. abgewiesen. — Das Gesuch des Gast wirts Vogel um Schankkonzession für seinen Saal- vergrößerungsbau wurde einstimmig befürwortet. Die Amtshauptmannschaft hat den Erlaß eines Re gulatives über das Mitdringen von Hunden in «chantwirtschasten und Verkaufsstellen in den größeren Gemeinden empfohlen. Dem Erlaß solcher Bestim mungen seitens des Ecmcindcoorstandes wurde zu gestimmt. Sus Sachsen. Dresden, 4. August. * Ein neuer Brunnen für Dresden. Die Inhaber der Firma C. G. Kunath, Granitwcrke. Dresden, haben der Stadt Dresden einen Monumentalbrunnen gestiftet, der in Lausitzer Granit ausgeführt und letzt am Neuen Rathause gegenüber der kreuzkirchc aufgestellt worden ist. Der Entwurf stammt von dein Dresdner Bildhauer Professor Georg Wrba, der auch den Rathausejel und dre Schildlöwen an den beiden Haupteingängen des Neuen Rathauses ent worfen hat. -U * Plaue«, 4. August. (Feuersbrunst.) In Liebengrün find in vergangener Nacht fünf E.böfte durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Chemnitz, 4. August. (Privattelegr.) Hier stürzte gestern das Treppenhaus eines Neubaues ein: 10 Arbeiter wurden in die Tiefe gerissen: zwei wcren sofort tot, die andern wurden mehr oder weniger schwer verletzt. von den größeren Geschwistern. AU« Hände voll Haven Li« Zw.schendeckwärter zu tun, zuerst der «nie, der aus dem großen Dampfkessel das Hauptgerichi. Fleisch und Kartoffeln, mit breitem Löffel vertci'.i, dann der nächste, der als freundliche Hcbe ihnen Tee ernschenkt, während der dritte den Vorbeigehen - den ein großes Stück Weißbrot unter Len Arm steckt. Nur vom letzten können sie alle nicht genug bekommen: dort, wo aus großen Eimern jeder seinen Viertelliter Rotwein erhält, und strenge Kontrolle muß der Proviantmeister üben, der seine Vavpen Heimer ineist schon kennt, damit nicbt allzu viele mit schnell geleertem Becher den Reigen wieder von neuem eröffnen. Nach Sonnenuntergang, wenn die elettrilchen Lampen unter dem breiten Sonnensegel ein trauliches Halbdunkel verbreiten, kommt frisches Leben in die von der Tageshitze ermatteten Menschenkinder. Da holt ein Portugiese seine eigenartige, flache Mando line hervor, ein anderer schnell seine Gitarre, und bald hat sich auch schon der Sänger dazugesellt, der mit ungeschulter, rauher Stimme, von einem dichten Kreis lautloser Zuhörer umringt, ineloncho!ii-bc Volkslieder zum besten gibt. Da hat auch eine junge Polin, die tagsüber sich so sittsam beiseite gehalten, schon Freundscbaft geschlossen mit einem Portugiesen, und wenn's auch mit der Sprache zwischen beiden nicht recht gehen will, so Helsen Gesten nach, und bald haben beide mit einem neuen und Loch ewig jungen Esperanto „von Lippe zu Lippe" sich recht gut verständigt. Unterdessen hat ein anderer Kreis von jungen Leuten sich gefunden. Portugiesen, die mit ihren Mädchen ein eigenartiges Reigenspiel, ähnlich unseren altdeutschen Singtänzen, auffübren, indem sie im Kreis, singend und in die Hände klat schend, bald einzeln, bald paarweis. vorwärts und rückwärt« schreiten und mit bewundernswerter Aus dauer können sie, laut lachend, bei diesem so ein fachen Spiel sich stundenlang amüsieren. Nicht weit davon ergötzen sich junge Polen mit einem weniger bannlosen, bisweilen auch nicht schmerzlosen Spiel, das auch unserer deutschen Jugend nicht unbekannt, wo einer, in der Mitte gebückt stehend, an der Wucht des Hiebes, dort wo der Rücken oufbört, Rücken zu sein, den Schläger erkennen muß, den dann Las gleiche Schicksal seines Vorgängers trifft, aber nicht jedermanns Sache ist es, mit diesen meist recht kräftigen Fausten sich in eine so intime Berührung einzulassen. Lieber schauen auch wir da den Russen in ihren roten Blusen und den militärähnlichen Mützen zu. die bei Handharmonika und Pikkoloflöte sich einen Platz oeschaffen. wo sie flott. a"<b Männer miteinander im Walzer sich drehen oder im Masurek oder Krakowiak das Deck erdröhnen lassen, bis um zehn Uhr der wachhabende Offizier dem fröblick-en Treiben ein Ende bereitet und d„s vergniiot? Völk chen in seine Kojen hinuntertreibt.
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