Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.08.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110804029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911080402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911080402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-04
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
NkzugS-Prei» Abend-Ausgabe. ttir Letp,»« »nL Vorort« buch «nie« Tragee und Svedttenr, Lmal tiottch in» vau» »«drocht >0 PI. «onatl., r.?<i Mk. viettetiShii. Bei »»Irr» Filiale» n. An» «chmestellen adaehou: 7» PI. «»»«tt. L» «tt. viertrijährl. Durch »I« P»K: innerhalb Dentichlanb» und der deutschen Kolonien otetteljährl. >.» Mt., monatl. 1^0 Mt. a»»>chl. Poltbeftellaeld. Ferner tn Belgien, Dänemark, den Dpnauftaate«. Italien. l!u;embura. Niederlande, Nor wegen, Oesterreich-Ungarn. Rußland. Schweden, Schweig u. Spanten. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« <belchaft»ktell« de» Blatte» erhältlich. Da» Leipirger lagedlatr «rlchetnt 2mal täglich. Sonn- n. Feiertag» nur morgen». Abonnemento-klnnahm« I»h«mtt»gall« 8, bei unleren Trägern. Filialen. Spediteuren und kl »nähme stellen, sowie Postämter» und Brielträgern. rMgcrTagMaü Handelszeitnng ... s14«9r lN.cht.nschl.tz» Tel.-Anschl.^ 14 6S3 ( 14 894 s 14 892 lN«cht.nschlu») Tel.-Anschl. 14 893 s 14 894 Amtsblatt des Aales «nd des Nolizeiamtcs der Stadt Leipzig. Anznqen-Prel- fllr Inserat« au» Leipzig »nd Umgebung di« lspaltige Petitteile lSPs.,0i«Neklame> »eil« l Mt. von auswärts 3V Ps, Netlamen UW Ml.. Inserat« von «rhärde» im a«t> llchen I«il di« Petit,etle » Bk L«schäst»an«rigen mit Platzvarlchnfte» ». in drr Äb«ndau,gade «m Preis« erhöht. Rabatt nach Taris. Beilagegrbiidr Lelamt- auslag« L Mk. p Tausend ertl. Postgrdübr. Teilbetlage Höher. F«sieN«Ut» Äustraa« können nicht »nrilck- gezogen werden Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Platze» wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen - lännahme. Ioh»n»i»g«II« ti, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Ezpeditionen des In- und Auslandes. Druck „» Verl«, »«» i.'«t»,t,« I»g« blatte» S. Pol». Inhaber: S«»l tkürfte». Nebaktton und »eschältsstell«: Johannisgaue 8. Haupt-Filiale Dresbe«: beeltrag« 4. l ilelephon 4K21^ Nr. 214. /reiisy, üen 4 lluyult IS!I. 10S. Zshrgsng. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 6 Setten. Sine Stockung üer Msrokko- nerhsnülungen? Eine Sensationsmeldung. Eine oft offiziös bediente Korrespondenz hat gestern gemeldet, daß die Möglichkeit des Scheiterns der Marokkoverhandlungen von den maßgebenden Faktoren bereits ins Auge gefaßt wurde und daß schon in Swine- münde an Bord der „Hohenzollern" die Konse quenzen einer solchen Wendung erörtert worden sind. In der gleichen Richtung bewegen sich In formationen der „Nat.-Ztg.", die sogar schon von einem eventuellen Rücktritt des Staats sekretärs des Auswärtigen, von Kiderlen- Wächter, sprechen, falls seine Auffassung nicht durch dringen sollte. Das genannte Blatt schreibt: Bon diplomatischer Seite wird uns bestätigt, daß jetzt tatsächlich eine sehr bedauerliche Stockung in ben Verhandlungen über die Marokko-Kompensationen ju bemerken sei. Es wird aber hinzugefügt, daß der Staatssekretär Herr von Kiderlen-Wächter, der üb rigens sich des vollen Vertrauens und der Unter stützung des Reichskanzlers erfreue, nicht gewillt sei, von dem einmal betretenen und für richtig erkannten Wege in dieser für Dcuschland so bedeutsamen Stunde zurückzuweichen. Herr von Kiderlen-Wächter würde eher die eigene Person, als die großen nationalen Interessen opfern, für die er jetzt eintritt. Man hofft, daß es in diesem ernsten Augenblick zu keiner Meinungs verschiedenheit unter den für die Leitung der Reichs politik maßgebenden Persönlichkeiten kommen werde. Das in diplomatischen und finanziellen Kreisen verbreitete Gerücht, Kaiser Wilhelm habe über den Kopf des Herrn von Kiderlen-Wächter hinweg Herrn Cambon gewisse Zusicherungen gemacht, die dem Staatssekretär des Auswärtigen jetzt die Weiter führung der Verhandlungen erschweren, wird uns als erfunden, ja al» absurd bezeichnet. Zu den Aeußerungen der eingangs erwähnten öfters offiziös bedienten Korrespondenz wird-un serem Berliner Vertreter im Auswärtigen Amt er klärt datz dieses mit der betreffenden Korrespondenz nicht das geringste zu tun hat. Das Amt lehnt jede Aeußerung über den Stand der Ver handlungen, im speziellen auch über die Togo frage, a b Die Meldung, daß Tahiti als Kompen sationsobjekt ausersehen sei, wird als Ente bezeichnet. Rian wirb daher wohl nicht fehlgehen, wenn man die Informationen der „National-Ztg." nicht allzu tragisch nimmt, umsomehr, als heute gerade aus Paris und London direkt optimistische Aus lassungen vorliegen. „So bringt der „Temps" in seiner gestrigen Aus gabe über die deutsch-französischen Verhandlungen folgende Rote: Obwohl die deutschen Forderungen noch immer übermäßig große sind, so scheinen die Verhandlungen doch auf einen günstigen Standpunkt an gelangt zu sein. Auch eine offiziöse Rote der französischen Regierung gibt bekannt, daß die Konversationen Deutschlands und Frank reichs in ganz normaler Weise fortgeführt werden. Der Londoner Korrespondent des „Temvs" meldet seinem Blatte, daß man in hiesigen politischen Kreisen den wichtigsten Teil der deutsch-französischen Verständigung darin erblickt, ein Arrangement zu treffen, das eine Ausdehnung des oeutschen Kolonialreiches womöglich auf Kosten Por tugals und Belgiens vorsicht. Diese Erweite rung aber würde eine vollkommene Umwälzung, d. h. die Errichtung eines großen deutschen Kolonial reiches in Südafrika, bedeuten. Man ist jedoch der Ansicht, daß dieses Kolonialreich den englischen Be sitzungen nicht gefährlich werden könnte und daß Deutschland auf diese Weise England das Absatz gebiet verschaffen würde, das es verlangt und in Südwestafrika braucht. Diese Rote des „Temps" er regt in der Pariser Diplomatie das größte Aufsehen. Man befürchtet sogar, daß durch diesen offenen Ar tikel eine französisch - englische Verstimmung eintreten könnte. Diese aus englischer Quelle stammende Mitteilung über Deutschlands Appetit auf die Kolonien der schwächeren Kolonialmächte wie Belgien und Portugal scheint nur darauf berechnet zu sein, das Miß trauen dieser Staaten gegen Deutschland rege zu machen und eventuell in der Lage zu iein, emphatisch erklären zu können, England und Frank reich würden nie gestatten, daß Deutschland seinen Kolonialbesitz auf Kosten der Kleinstaaten vergrößert. Die Halboffiz,ösc „Westminster Gazette" be stätigt, daß eine wirkliche Verbesserung in den Aussichten der Marokko-Verhandlungen vorhanden ist. Gleichzeitig erklärt das Blatt, das mit Staats sekretär Grey direkte Fühlung hat, daß dringend zu hoffen sei, daß keine zu frühen und reine teil weisen Enthüllungen gemacht werden sollten, so lange die Verhandlungen fortdauern. Wenn gegen wärtig das Geheimnis nicht gewahrt bleibe, so sei das Resultat sicher, daß eine falsche Perspektive eintrete, die vermutlich Streitereien und Alarm Her vorrufen werde, die es wahrscheinlich sehr schwer machen würden, überhaupt zu einem Arrangement zu kommen. Gerade jetzt sei ein wenig Geduld notwendig. Deutscher üanülungsgelrttlentsg. Heute begannen in den Sälen der Lürgergesell- schaft in Köln die Verhandlungen des diesjährigen Verbandstages des Verbands Deutscher Hand lungsgehilfen zu Leipzig. Auf der Tages ordnung stehen Erörterungen über die sozialpolitische Lage, die ein Bericht des Verbandsvorsitzenden Alarquart-Leipzig einleiten wird, ferner die Gehaltsfrage, die Schaffung von Handlunasgehllfen- kammern, eine Kundgebung für die staatliche Pen- sionsversicherung der Privätangestellten und schließ lich Verhandlungen über die staatsbürgerliche Er ziehung und die Jugendpflege, insbesondere die Schaffung kaufmännischer Lehrlingsheime. Für die mehrtägigen Verhandlungen hat der Ver band einen umfangreichen Rechenschaftsbericht erscheinen lasten, dem wir entnehmen, daß der Ver band gegenwärtig 95317 Mitglieder zählt; es wur den 16530 neue Mitglieder ausgenommen gegen 14929 im Vorjahre. Die Gesamtzahl der Prinzipal mitglieder beläuft sich auf 0188, jene der Lehrlinge auf 5956. Bei den Kausmannsgerichtswablen er zielte der Verband eine Zunahme seiner Gehilfen beisitzer von 570 im Jahre 1909 auf 644 im ver gangenen Jahre. Die Kaufmannsgerichtswahlen haben sich auch im letzten Jahre wieder als ein werbendes Mittel für die Organisation gezeigt. „Zeder Wahlkampf." so heißt es im Bericht, „rüttelt die Gemüter der Handlungsgehilfen energisch auf und zwingt manchen Unentschlossenen, zu den brennenden Tagesfragen und mit hin auch zu den verschiedenen Grund richtungen der Verbände Stellung zu nehmen. So lange das Kaufmannsgericht neben seiner Haupt aufgabe auf dem Gebiete der Rechtsprechung in Er mangelung einer Handlungsgehilfenkammer auch noch als Organ der Interessenvertretung zu dienen hat, werden voraussichtlich auch die Wahlkämpfe andauern, es sei denn, daß unsere wiederholten Versuche, die bis jetzt noch getrennt marschierenden Gehil'en- verbände von der Gemeinsamkeit der Standes- interessen zu überzeugen, in Zukunft bessere Erfolge als bisher zeitigen." Von den Mitgliedern des Verbandes i>t einer Landtagsabgcordneter, 3 sind Bürgermeister. 5 Stadträte, 35 Stadtverord nete, 9 Handelskammermitglicder und 34 sind Ausichußmltglieoer von kaufmännischen Fort- bildungsichulen. Der Bericht begrüßt die steigende Zahl dieser Inhaber von öffentlichen Ehrenämtern als ein Zeichen der wachsenden Bedeutung des Hand lungsgehilfenstandes und zugleich der Beru'sorgani- sation. Zugunsten der staatlichen Pensionsversiche- rnng hat der Verband wiederholt seine Stimme erhoben; ebenso hat er gegenüber der Erklärung des Deutschen Handelstages gegen die Weiterführung der Sozialpolitik Stellung genommen. Das Ver bandshaus in Leipzig wurde vollständig in Be nützung genommen. Als überaus bedauerlich bezeichnet der Bericht die noch immer andauern den Kämpfe zwischen den verschiedenen Hand- lungsgehilfen-Organifationen, die nur die Mittel und Kräfte der einzelnen Verbände aufreiben, ohne daß für den Stand etwas Ersprießliches erreicht wird. Gegenüber den Bestrebungen der politischen Parteien, die Handlungsgehilfen für sich zu gewinnen, erklärt der Verband ausdrücklich, daß er keiner politischen Partei dienstbar oder auch nur irgendwie verpflichtet sei, daß er vielmehr für seine sozialpolitische Arbeit die Unterstützung aller Parteien fordere. Es könne der Ge;amtheit des Standes nur frommen, wenn dadurch alle Parteien allmählich daran gewöhnt würden, auch auf die Wünsche der Angestellten zu hören, nicht bloß aus dem wirtschaft lichen Jnteresje heraus, sondern um der Geltung und Wertung des ganzen Standes der Angestellten willen. Es sollten sich aber auch die Angestellten als Staats bürger mehr als bisher betätigen Eine der wichtigsten Aufgaben des Verbandes im letzten Jahre war die Herbeiführung einer Konferenz mit den Prinzipalen über die G e h a l t s f r a g e. Alle Bestrebungen scheiterten jedoch an der Zurück haltung der Prinzipale, und es wird wohl auch, so bemerkt der Bericht hierzu, nicht viel eher etwas zu erreichen sein, als bis die Prinzipalität die gesamte Handlungsgehilfenschaft in einer gewissen Geschlossen heit sich gegenübersehen wird. Eine solche Geschlosien- heir aber sei möglich, das hat sich bei der Frage der staatlichen Pensionsversicherung gezeigt, wo sich abermals die Prinzipalität in eine Abwehr stellung begeben hat, wie sie vorher noch nie mals vorhanden gewesen war. Gewiß Nnü es entgeht ihr keiner. 22! Roman von Joachim von Diirow. (NachSrutt verboten.) Sechzehntes Kapitel. Wohl eine halbe Stunde vor der Zeit war Fred auf dem Perron, um Braut und Schwiegereltern noch an demselben Abend zu erwarten. Zuerst stieg der Oberst aus; ein wenig verschlafen, ein wenig steifbeinig. Als er Fred erblickte, kniff er das eine Auge zu. „Nanu? — Ostheim! Wo kommen Sie her?! Im ersten Moment, da ich Sie von rückwärts erblickte, muteten Sie mich eidämlich an. Dann wieder dachte ich: Sollte er es wirklich sein?" — „Du siehst ia, daß er es ist", meinte Frau von Rütenbach, während sie Fred zwei Fingerspitzen ent gegenreichte. Fred küßte die Fingerspitzen flüchtig, und schaute an ihr vorbei ins Coupö. „Wo ist denn Agnete?" „Fährt im Damencoups so und so viele Waggons weiter", meinte der Oberst mit verhaltenem Gähnen. „Hat ihren dollen Tag heute. Meinte, sie wolle lieber fahren ohne unser« Blicke. Da kommt sie übrigens." Fred war enttäuscht. Agnete hatte die Begrüßung zwiscljen ihm und den Eltern bereits gesehen. Der Dust der Ueberraschung, das erste Jhn-Erblicken war ihm genommen worden. Er sah, daß der Hut, dessen Nadel sich gelöst hatte, ihr em wenig unkorrekt laß, er sah, Laß sie langsamer ging als sonst, daß sie kaum darauf reagierte, als er ihr die Arme entgegenstreckte. War die Kühle, die ihren Gruß umwehte, nur der Gegensatz zu der Unruhe, mit der er den Zug erwartet hatte? — „Du hättest schreiben sollen", sagt« Agnete bei nahe vorwurfsvoll. Selbstverständlich fuhr er mit der Familie bis zur Reichsstrah«. Er saß neben Agnete, sah sie an, so bald der Schein einer Laterne auf ihr Antlitz fiel, streifte ihr den Handschuh ab und hielt ihre Hand. Plötzlich, wie der Schatten eines Vogels über Rasengrün huscht, kam es ihm, daß dieses ein nied liches Pätsmchen sei, das nichts gemein hatte mit jener schlanken schönen Hand. Der Vogel, der über den Rasen gehuscht war, kam zurück. Man hatte sich um den Tisch geeint. Fred, der sein Kommen bei der Dienerschaft angesaat, hatte es beim Eintritt in das Eßzimmer flüchtig erfaßt, daß vier Kuverts auf dem Tische waren, nicht fünf. „Fräu lein" pflegte die Herrschaften niemals zu erwarten, wenn man spät nach Hause kam. Während der Oberst rasch eine Taste Tee nach der anderen trank, überflog er mit einem „Pardon!" Len Vörsenkurier, der aufregende Nummern in sich bergen mußte. Die Damen berichteten pflichtgemäß von Ankunft, Abfahrt, von Regen und Sonnenschein. „Ich will von dir hören, Agnete!" sagte Fred, nachdem man den Tisch verlosten hatte. „Ich erzähle dir morgen davon!" Ihr Atem ging schneller. Mit einer sanften, aber entschiedenen Bewegung machte lle sich von seinem Arme, den er um ihre Taille geschlungen, frei. „Morgen?! Du bist kein Frühaufsteher, Agnete, und mein Urlaub ist ausgenutzt bis zum Acußersten, wenn ich noch für eine Vormittagsstunde heran kommen darf." „Ja " „Agnete! Was ist dir?! — Irgend etwas ist ge schehen — sprich!" „Nicht jetzt, nicht heute! Ich bin müde zum Um sink««. Eine Vleisohle fühle ich an jedem Fuße!" Er nahm sie bei den Schultern und blickte ihr fest in die Augen: „Sieh, mich an, Agnete, — sieh mich an!" Er gewahrte, wie ihr Las Blut jäh in die Wangen schoß; sah, daß sie seinen Blick vermied. — „Auch in d«n Augenlidern «in wenig Bl«i? Ich will es dir sortküssen!" „Nein!" schrie sie auf, besann sich aber im nächsten Moment. Und dann, kurz abgehackt im Tonfall: „Ich bin müde und unvernünftig. Morgen wird das alles anders sein. Nicht gerade, daß wir morgen lustig zusammen sein werden, Fred, warum sollten wir auch? Aber wir wollen miteinander reden, — nun, wie wir noch niemals zusammen gesprochen haben. Gute Nacht!" Am andern Tag war Fred pünktlich zur Stelle, um di« Stunde wahrzun«hmen, die ihm Agnete zugesagt. Fürs erste fand er nur d«n Oberst am Platze, und dieser mit einer d«n Geschehnissen vorausgreiftnden Entschuldigung. Es war nicht unmöglich, daß in An, betracht eines Aktienankaufes von besonderer Wich tigkeit bei seinem Bankier das Telephon neben seinem Schreibtisch von dort anklingelte. Solches tat das Telephon im selben Moment, und der Oberst schnellte empor. „Nehmen Sie es nicht übel, lieber Schwiegersohn, aber der Bien' muß. Hier, bitt« lesen Sie d«n „Dres dener Anzeiger". Dort kommen übrigens meins Damen." Es war nur eine der Damen, und diese war Wanda. Fred sprang auf. Irgendein Unklares in ihm machte ihn unfrei bei der Begrüßung — täppisch, hölzern. — Auch über ihr Antlitz flog eine Helle Röte, die sie verdroß wie alles Ungehörige, total Unmotivierte. Die Flamme paßte nicht zu dem Ausdrucke kalter Gelassenheit, den sie sich draußen komponiert hatte. Kühl und gekasteit klang auch ihr Gruß. „Sa, so" sagte Fred; „da steht Fräulein Holm; ich verstehe/' Sie ignorierte das Wort. „Ich komme als Abgesandte", sagte sic ein wenig rasch sprechend. „Hm; — und wer schickt Sie?" „Ihre Braut." Fred zog die Uhr. „Ich habe nur noch dreißig Minuten Zeit, und ich glaube, wir sind beide nicht die Persönlichkeiten, um uns mit Umwegen zu befassen. Also kurz: Agnete will mich nicht sehen, wie?!" — Wanda wußte, daß das Rein, daß sie jetzt zu spre chen harte, takt und plump klingen würde: trotzdem blieb es ihr nicht erspart. „Sie sieht sehr abgespannt aus", fügte sie hinzu. „Kopfschmerzen?" fragte Fred rasch, mit einem Schatten von Hohn. „Ich glaube, ja." Fred stand auf, trat aus Fenster und sah hinaus. Draußen wirbelte der Wind in den Platanen die Blätter wirr und wild durcheinander. Wirr und wild auch wurde es in seinen Gedanken, und lana- sam drehte er sich um. „Sie glauben nämlich an diesen Kopfschmerz ebensowenig, wie ich daran glaube." Es wurde sehr still im Zimmer. Fred ergriff eins der Ungetüme auf der gewissen Malachitplatte und stellte cs wieder bin, hart uns scharf. , Der Blick war zu Boden gerichtet. Als er jählings ausschaute, sah er in ein verschüch tertes, erblaßtes Gesicht, in Augen voll Fragen und Sorgen. Das durfte nicht sein. „Wie sagten Sie doch geüern, Komteste?" klang es in einem Tone, der einen herrischen Anflug hatte, „ich sollte nicht „armes Ding" zu Ihnen sagen? Jetzr bitte ich, denken Sie nicht etwa „armer Deubel" oder so was! Ich kann es nicht vertragen! Es gibt kein Verhältnis zwischen Mann und Weib, wo nicht Schatten darüber fliegen." hätten sich seit Jahren schon immer Arbeitgeber gegen die sozialpolitischen Bestrebungen ausge sprochen, die Privatangestelltenverjicherung aber habe eine allgemeine Mobilmachung in Prin zipalskreisen hervorgeruscn. Richt nur die Handels kammern sondern auch der Jnteressenverband der Prinzipale, die sogar besondere Abwehrverbände gebildet hätten, hätten sich zum Widerstand gegen die Angestelllenversicherung vereinigt. Für die An gestellten wird das eine ernste Mahnung lein müssen, auch ihrerseits die Reihen zu schließen. Auch die Arbeit der Reichsreaierung auf dem Gebiete des Angestclltenschutzes sei weit hinter den gehegten Erwartungen zurückgeblieben; es herrsche heute ein völliger Stillstand auf dem Gebiete des Angestelltenschutzes. Die^ schon lange uird wiederholt verhießen« Reform der Sonntagsruhe sei auch in diesem Jahre ausgeblieben. Erfreulich habe sich dagegen die Bewegung für den 8-Uhr- Ladenschluß entwickelt. Weiterhin beschäftigt sich der Bericht mit der Frauen frage im Han delsgewerbe. Unter den Mitteln, die Schäden billiger, lchlechter Frauenarbeit vom Handel fernzuhalten, stellt er die Einführung des obligatorischen F o r t b i l d u n g s i ch u l u n te r r i ch ts mit vor heriger Aufnahmeprüfung in die erste Reihe. Ferner wird vorgejchlagcn, daß eine Aufnahmeprüfung zur Bedingung gemacht werde, die von Kaufleuten und Fortbildungsschulmünnern abzunehmen wäre. pvtttilcke Nachrichten. Marineamt und Marinetechniker. Wilhelmshaven, 4. August. (Pnvattelegramm.j Das Marincamt hat die Kündigung der M a r i n e t e ch n i k e r zurückgezogen. Dadurch ist die Bewegung der Marinetechniker zu ihren Gunsten entschieden worden. Die deutschen Studenten in Rom. F Nom, 4. August. (Eig. Drahtmeld.) Gestern sand der feierliche Empfang üer deutschen Studenten im Großen Saale der Universität in Gegenwart Les Unlersraalssekrelärs im Unterrichts ministerium Vicini, des Bürgermeisters Dr. Na than. des Rektors Tonelli, der Professoren und zahl- reich erschienener Studenten statt, die di« dcutlchen Kommilitonen mit großer Begeisterung empfingen. Der Rektor hieß sie in deutjck>er Sprache will kommen Ein Student sprach im Namen der römischen Studenten. Hierauf erwiderte ein deutscher Student auf Italienisch, indem er seine Freude darüber aus drückte, die Kommilitonen des verbündeten Italiens besuchen zu können. Ein neues englisches Niesendock. London, 4. August. (Eig. Drahtmeld.) Die hie sige H a f c n b e h ö r d e hat beschlossen, unverzüglich den Bau eines neuen Londoner Docks in Angriff zu nehmen. Es soll allen Dampfern, die zur zeit fahren und allen Fahrzeugen, die einmal nach einer für Jahre hinaus geltenden Berechnung die Themse befahren dürsten, Raum gewähren. Die Kosten werden auf 2 105 000 Pfund geschätzt. Die Byuzcit ist aus fünf Jahre veranschlagt. Für die be reits bestehenden Hasenanlagen sind verschiedene Ver besserungen vorgesehen. Beendeter Ausstand. London, 4. August. (Eig. Drahtmeld.) Der Aus stand in Liverpool ist endgültig beigelegt, die Reeder erkennen die Union der Hafenarbeiter an. „Ja; aber Sie werden den Arm um Agnete legen, sie bei dec Hand nehmen und führen, sie. die kein Mensch bis jetzt geführt hat." Abermals clang ein „Ja"; kurz und fest in dem Tone eines Mannes, der sich eines Versprechens be wußt ist, cb auch zwischen der Stirn eine Falte lag. „Leben Sie wohl, Komtesse, und — und — wollen Sie mir Kameradin und — Freundin dabei sein?" „Nein!" schrie etwas in Wanda und „Rein!" rief es auch in ihm. Trotzdem wollten sie es nieüer- zwingen, mühten sich, einander fest anzusehen. In dem Momente aber, da sich ihre Augen trasen, war »s Fred, als führe vor ihm ein Blitz nieder — als zerschmelze in seinem Lichte alles, was er eben ge dacht, gesprochen, gefühht, als sei das Heute — gestern. Und dieses Gestern . Er starrte sie an wie entgeistert. „Wanda!" schrie er plötzlich auf; griff nach ihren Händen, machte eine Bewegung, als wolle er sie an sich reißen; ließ die Hände fallen, brüsk, rauh, und stürmte ohne Mort und Gruß die Treppe hinunter. Bürger, der Verfasser von „Leonore", machte, während er mit seiner Blaur vor dem Altar stand, jählings die Entd.'ckung, daß er deren Schwester Molli liebte. Drinnen in dem Nütenbachschen Salon aber stano Wanda und starrte auf eine geschlossene Tür, im Banne eines Schreckens, der sie anders ani'aßte als alles, was sie bisher gepackt. Zurück ging's in d'e Kindheit, wo an ihrem Bcttchcn eine Alte gesessen. „Wie es wohl im Himmel aussähe?" hatte sie die Alte gefragt, und die Alte hatte ihr einen Traum er zählt, von ein paar großen roten Himmelstüren, die herabhängend bis zur Erde reichten, von einem gol digen wallenden Nebel, der die Oeifnung gefüllt, und durch den man nichts habe sehen können, weil die Engelsköpfe sich zusammengedrängt, um ihrer- seit? nach der Erde zu gucken. Der goldn« Nebel war da. Er hatte vor ihren Augen gewollt, unter der Offenbarung in den Blicken eines Menschen. Zuerst war nichts weiter gewesen wie dieses Licht, das ihr den Atem nehmen wollte, das ihr Herz im Schlagen zurückhielt Gab es so etwas für sie' — Für sie' Weiter dacht? sie nicht — cs mußte erst eine kleine Zeit über dem einen vergeben, ehe das andere herankroch — langsam mordend: Wenn es etwas für sie gab, so war es Diebstahl, Raub! Oh, wie war das Leben doch konsequent in der Art, wie es mit ihr verfuhr! (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite