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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.08.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110805021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911080502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911080502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-05
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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Abend-Ausgabe W- ttgt s Tag Malt s 14 892 lRuchk'nschluh) -» l " 692 l«°cht°»I«luh, «ri..Änschl.^»W ^mudelszeirung. rec-Ä-s<i,cs»Mö Ämtsvlatt des Nates und des Nolizeiamtcs der Ltadt Leipzig. Anzeigen Preis itlr Inserat« au» Leipzig und Umgebung di« lspalrig« Petitz«il« LPs.,b»e N«klame- zeil« l Mk. von ouswärr» 3V Ps^ Reklamen l^v Mk. Inserate von Behörden im amt lichen Teil die Petitzeile 5V Pf. Geschäft»«,»,eigen mit Plaftvorschristen u. in der Abendausgabe im Preise erhöbt. Rabatt nach Laris. Beilagegebühl Gesamt auflage 5 Mk. o Tausend ezkl. Postgebühr. Teilbetlagr höher. Fcsterteilte Austrage können nicht zurück, gezogen werden. Für das Erscheinen an oestimmten Tagen und Plähen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme. Iohannisgalse », bei lämtlichrn Filialen u. allen Annoncen. Erpeditionen de» In- und Auslandes. Teu« und Berlag de» Leipziger Tage blattes E. Pol,. Inhaber: Paul ttürsten. M Reoatttou und Geschästsstell«: Iohannisgane 8. Hanoi-Filiale Dresden: Seejtrasie 4. l tlelephon 4K21X Ur. 2lS. Sonnsveno, üen S. Nugult 19N. 105. IAhrgÄNg. Die vorliegende Ausgabe umsaßt 6 Lenen. Die Gntlpsmmng üer pakitilchen Lsge. * Die gestrige Veröffentlichung der Regierung über die erfolgte Annäherung der beiden verhandelnden Mächte in der Marokkosrage wird naturgemäss in der gesamten politischen Presse Deutschlands besprochen und — mit gröberen und geringeren Einschräntungen in bezug auf den Fortgang der Verhandlungen — durchweg freundlich ausgenommen. Die meisten Aeutzerungen Sekunden die Zuversicht, das; es dem Staatssekretär von Kiderlen-Wäcbtrr gelingen werde, «inen für Deutschland befriedigenden Abschluß der Verhandlungen herbeizuführen. Und verschiedent lich mahnt man, wie wir das des öfteren bereits ge tan, gerade jetzt zur Desonnenheit und Ruhe. Nachstehend bringen wir eine Anzahl von Aeußs- rungen von Zeitungen verschiedenster politischer Par teien zum Abdruck: Die „D e utsche Tageszeitu ng" schreibt: „Die offiziöse Mitteilung über den Stand der Ma- rokloverhandlungen sagte eigentlich verzweifelt wenig. Danach har nichr eine Einigung stallgefunden, sondern nur eine Annäherung; auch nicht eine Annäherung über die Forderungen im besonderen, sondern nur über den grundsätzlichen Standpunkt. Diese Annähe rung über den grundsätzlichen Standpunkt ist aber der art, daß sie noch eine eingehende Prüfung erfordert, mit der die zuständigen Reichsressorrs befaßt sind. Ist Liese „Prüfung der Annäherung über den grundsätz lichen Standpunkt" beendet, jo wird das Ergebnis Lurch Len Reichskanzler dem Kaiser zu unterbreiten jein." Sie kommt dann weiter auf die vielfach ner vöse Kritik der Regierung durch die Press« zu sprechen, und führt fort: tMndeslens mutz solche Kritik unter allen Umstünden in dem Gedanken ausklingen, Latz das deutsche Volk in seiner weir überwiegenden, na tional empfindenden Mehrheit unbebulgt hinter der Regierung steht, wenn Liese bemüht ist, mit allen Mitteln die deutsche Ehre, das deutsche Ansehen, die deutsche Machtstellung und die Zukunft des Deutschen Reiches zu wahren. Daß die deutsche Regierung fetzt nicht nach dieser Richtung bemüht sei, dafür fehl: vor läufig jeder Beweis. Angesichts dieser Verhältnisse halten wir noch wie vor eine besonnene und matzvolle Zurückhaltung der Presse für geboten. Die „Hamburger Nachrichten": „Mir be- grützen diese Nachricht mir Genugtuung und nehmen als sichet an, Latz «ine Verständigung init Frankreich auf einer Basis gelingt, Lie für beide Teile annehm bar und ehrenvoll ist. Sobald in solchen Streitfragen eine grundsätzlich« Einigung erzielt ist. pflegen Ein zelheiten erfahrungsgemäß keine großen Schwierig keiten mehr zu bereiten. Natürlich wird man die Ver öffentlichung des Abkommens abwarten müssen, bevor ein definitives Urteil darüber möglich ist. Inzwischen aber muß schon die erfolgte prinzipielle Verständigung als hocherfreulich willkomemn geheißen werden; denn nun ist die Hoffnung berechtigt, daß die marokkanische Frage sehr bald ihre Gefährlichkeit verlieren und datz dem aufregenden Gerede über Ehrensragen, Krieg usw. der Boden entzogen wird. Dieser Nutzen ist gar nicht hoch genug einzuschätzen." In der „T ä g l. Rundschau" lesen wir: „Der entscheidende Schritt in den deutsch-französischen Ver handlungen scheint somit zurüctgelegt zu jein, wenn auch die Fassung der Note überaus vorsichtig ist, und daher Ueberrastyungen nicht völlig ausgeschlossen er scheinen. Ueber LUesen und Inhalt des „grundsätz lichen Standpunktes" ist auch jetzt aus naheliegenden Gründen noch nichts gesagt worden. Wir müssen also noch mit unserem Urteil zurückhalten, bleiben aber im übrigen bei unserer Anschauung: Wichtiger als ein Abschluß der Verhandlungen ist di« volle Wah rung deutscher Interessen und deutscher Würde!" Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Ber lin: „Die Mitteilung des Wölfischen Telegraphen- Bureaus ist, wie anzunehmen war, keine einseitige deutsche Erklärung, sondern Frankreich hat sich oamrt vor der Veröffentlichung einverstanden erklärt. Es ist also eine Anbahnung zu einer Einigung geschaffen, aber auch vorläufig nicht mehr. Llöenn die Annähe rung über den grunosützlichen Standpunkt in geheimen Beratungen erfolgte, so liegt darin, wie man hier meint, vielleicht eine Rechtfertigung oes vielen jo un ausstehlichen geheimen Verfahrens, Las seine ecste Probe bestanden hat." In der „M agüeburger Zeitung" wird ausgeführt: „Damit ist inhaltlich allerdings noch sehr wenig gesagt. Es wird lediglich von einer Annähe rung, nicht einmal von einer Uebereinstimmung ge sprochen. Aber man weiß ja, wie vorsichtig derartig« Noten redigiert werden, and tut daher wohl nicht un recht, wenn man zwischen den Zeilen liest, daß die prinzipielle Verständigung erzielt ist, während es sich fetzt noch darum handelt, den unvermeidlichen und nicht unwesentlichen Kleinkram im einzelnen auszu arbeiten." And die „Voss. Zeitung" l»emerkt: „Da wir in keinem Zeitpunkt des jetzigen Abschnitles der marokkanischen Krise zu den Schwarzsehern gehört haben, überrascht uns dis gute Botschaft nicht, wir nehmen st« als etwas beinahe iselvstverstünöliches mit gelassener Befriedigung auf. Zn Jubel darüber uuszubrechen, liegt uns schon darum fern, weil über die Grundlage der sich vorbereitenden Verständigung und über ihre Einzelheiten noch keinerlei zuverlähig'e Mitteilung oder auch nur Andeutung vorlicgt. Alles, was bisher von deuistten Zugeständnissen und fran zösischen Kom^ustuionen gesprochen und geschrieben wurde, hängt in der Luft und entzieht sich ernsthafter ' Erörterung. Wir setzen voraus, datz unsere Diploma tie ihre Aktien in Marokko vorbereitet und auf ein ganz bestimmtes Ziel gerichtet hat, und hegen das Zu trauen zu ihr, datz sie sich von diesem Ziele nicht hat abdrängcn lassen. Nichts berechtigt vorerst, hieran zu zweifeln." Ler neue amerikanilche ZotlHsslee in Vertin. * Wie wir erfahren, teilt die amerikanische Bot schaft offiziell mit, datz die Ernennung des neuen amerikanischen Botschafters am Berliner Hofe nun mehr erfolgt ist Der Nachfolger des scheidenden Botschafters Dr. Hill wird der bereits mehrfach als aussichtsreicher Kandidat genannte bisheriac amerikanilche Botschafter in Rom. John G. A. Leishma n. Der neu ernannte amerikanische Botschafter ist am 2». März 1837 in Pittsburg (Penmylvanien) geboren. Er war lange Zeit einer der Hauptmit- f arbeiter Carnegies und wurde als solcher iin i Jahre 18!)7 Präsident der E a r n e g i e Steel ' Company. Leichman war stets ein autzerordent- lich eifriger republikanischer Parteigänger, und Me. Kinley ernannte ihn zur Belohnung für dle großen Dienste, die Leisbman der republiian'.schen Par tei, besonders finanziell, geleistet hatce, zum Gesandten in Bern. Vier Jahre später wurde l Leijhman Botschafter in Konstantinopel. Zurzeit fungiert er als Botschafter in Rom. Er kennt die europäischen Verhaltnihe sehr genau; in Paris und Blarritz besitzt er wunderbare Villen. Seit 1880 ist er verheiratet. Seine Gattin, eine geborene Crow- ford, ist gewlOchaftlich nutzerordentlich gewandt und hat es in Konstantinopel wie auch in Nom verstan den, Las Haus der amerikanischen Botschaft zum Mittelpunkt oes gesellschaftlichen Lebens der gesam ten Diplomatie zu machen. Lcishman entstammt einer alten schottischen Familie, die vor nahezu 100 Jahren nach Pcnnjyl- vanien auswanderte. Ec wird von Kennern der Persönlichkeiten in der amerikanischen Diplomatie für einen der fähigsten Köpfe des gesamten diplo matischen Korps der Vereinigten Staaten gehalten. Während der 16 Jahre, die er im diptomatischen Dienst tätig ist. hat er mit viel Geschick und viel diplomatischem Takt sein Heimatland bei den ver schiedenen Regierungen vertreten, bei denen er E akkreditiert war. MkLhorZegner-woche. Ax. Drc:den. 1. August. Die Verbindung „Germania", Abstinentenbund an den deutschen Schulen, hielt gestern nachmittag in Dresden eine Zusammentunst ab, die gleich den meisten anderen Tagungen der antialkoholisrischen Woche im Hause des Dresdener Vereins abstinenter Frauen „Zur weihen Schleife" in der Iohann- Georgen-AUce abgchalten wurde. Die Germania zählt gegenwärtig etwa 660 Mitglieder. 2n Sachsen »st ihre Euiwicklung durch das Verbot von Verbin dungen über eine Schgle hinaus gehemmt. Der Heuffgen Versammlung wohnten mehrere abstinente sächsijche Schulmänner bei. Das Verbot ist in einer Ministerialoerordnung von 1848 enthalten, cs besteht aber wenig Aussicht auf seine Aufhebung. Deshalb will die Germania sich in Einzclvercine teilen, die nur durch das Vereinsorgan „Deutsche Jugend" in Beziehung zueinander stehen. Die Ueberwecjung der Mitglieder der Germania bei Uebergang zur Hoch schule an die Ortsgruppe des Bundes abstinenter Studenten wurde dringend gewünscht. Die Versamm lung wurde mit der Aufforderung an die älteren Kommilitonen geschlossen, dem Altmitgliederoerband der Germania treu zu bleiben. In einer großen öffentlichen Versammlung, die gestern abend im Palmengarten unter dem Vor sitz der Freiin Emilie v. Hausen stattjand. hielt u. a. Fräulein Julie Müller einen Vortrag über „Drei Sterne der Nüchternheitsbewegung". 130000 deutsche Männer und Frauen stehen heute in dec Nüchternheitsbewcg'lng, von der Außenstehende glauben, datz iic nur Schrauten ausrichte und Fesseln aulege. Dec Selbslerbalcungstrieb der Rane zeitigt die medizinische Forschung, vor der sich aber schon unsere Bewegung mit dem Alkoholismus befaßte. Wissenschaftlich gehört unsere Bewegung in die Nationalökonomie; daß sie nickt medizinisch ist, be weist die' Rückständigkeit so vieler Aerzte in der Alkoholfiage. (Beifall.) Aus dem Volke ist unsere Bewegung hervoraegangen, deren Angelpunkte Nächstenliebe und Selbstliebe sind. Der Optimismus gibt uns Mut, er ist unsere Suggestion. Der soziale Optimist geht seiner Zeit voraus, Hilde: nisse sind für ihn nur Mittel ,um Vorwartskommen. Unsere Ideale, die Liebe zum Volk, die Schaffung einer alkoholfreien Gemeinschaft, wehen uns voran aus dem Demonstralionsfug der Nückternheitsbewegung durch das 2 Jahrhundert und endlich unser dritter Stern ist die Begeisterung. Zurück zur Natur ist unsere Losung. (Stürmischer Beifall.) Heute mittag sand im großen Vortragssaalc der Hygiencausste'.lung die offizielle Begrüßung des Kongresses durch die Ausstellungsleitung und die Vertreter der Behörde statt. Zn feiner Begrüßungsrede führte Oberbürger meister Beutler aus: Es haben wahrend der Hygiene ausstellung bereits Hunderte von Kongressen hier stattgcfunoen. Sie können nicht erwarten, daß wir uns mit allen diesen Bestrebungen identifizieren, aber wir stehen Ihren Bestrebungen freundlich gegen über und lassen Ihnen objektive Würdigung ange deihen. Wir Haden gerade in unserer Verwaltungs tätigkeit gesehen, daß Sie segensreiche Arbeit leisten und viele Unglückliche gerettet haben. Wir sind jederzeit bereit, Ihre Bestrebungen zu unterstützen. (Beifall.) Hierauf nahm Dr. Poper t - Hamburg das Wort zur Festrede. Er erktärte. daß er es vor seinem Gewißen nicht verantworten könnte, eine eigentliche Festrede zu halten, daß er vielmehr genötigt sei, über die Frage zu sprechen: Ist es wahr oder unwahr, datz das Alkoholkapit»l die Unabhängigkeit der deutschen Presse bedroht? Zu einer solchen Rede nötigten ihn die vorliegenden Tatsachen. Der Redner schildert dann sehr ausführ lich, wie ein von ihm in Dresden gehaltener Vortrag von« „Dresdner Anzeiger" angegriffen worden sei tn einem Artikel unter der Ueoerschrift „Alkohol und Presse" und wie die Behauptungen des Redners, daß ein Teil der Preße unter dem Einfluß des Alkoholkapitals stehe, vom „Dresdener Anzeiger" bekämpft worden sei. „Der Zeitungsverlag", das Organ der deutschen Zcitungsverleger, habe ebenfalls einen heftigen Artikel gegen Redner veröffentlicht, und erklärt, datz ihm an den Angriffen des Redners nichts läge. Indessen hat der Herausgeber des „Kunstwarts" Dr. Ferdinand Aveuarius in einem Artikel im „Dresdener Anzeiger" sich zu meinem Gunsten ausgesprochen, wie er schon mehrfach im „Kunstwart" ähnliche Behauptungen nus- zustellen genötigt war. In längeren Ausfüh rungen wendet sich dann der Redner gegen die deutsche Presse, der er vorwirst, daß sie die Brau industrie begünstige und daß falsche Statistiken über die Folgen des Alkoholismus gebracht würden usw. Der Redner schloß: Ich mache diese Vorwürfe nicht der ganzen deutschen Presse; nicht nur die sozial demokratische Presse, wie ich als Nichtsoziakdemokrat erkläre, wendet sich gegen diesen Lug und Trug, llnü es entgeht ihr keiner. 24j Roman von Joachim von Dürow. (N-ichüruct verboten.) Er sprach von seinem König mit demselben stolze, ja Hochmut«; daß dieser König nebenbei ein Kaiser reich besaß, war ein günstiger Zufall. Er erzählte von seinem Lande, oen unabsehbaren Ebenen, auf denen der Weizen gedieh wie lein anderer, von der Glut der Trauben und der Glut der Augen, von dem undurchdringlichen Bakonysr Walde und den edlen leichtfügigen Pferden; von dem Zauber der Putzta. in der er ein Hirtenknabe gewesen, bis Lie Kunst ihn hcrausgerissen. „Tas Weh sprengt mir die Brust, wenn ich an die Putzta denke!" — Ich sagte etwas von der wilden Poesie, die ich aus seinem Spiele herausgehürt, und zum ersten Male senkte er das stolz getragene Haupt. „Es ist Dreck dabei, Schmutz! Ich muß Geld neh men für Lie Kunst; wenn ich nicht spiele, schlägt der Hunger ins Gebein; den freien Hirten mordet die Luft in elenden Dachkammern." Hoch richtet er sich wieder auf. „Der Dichter, der schreiben mutz unter Mangel, soll die Feder von sich werfen und sich hängen gehen. Und der Musiker auch, wenn Las Gold aufhort zu strömen. Gott sei Dank, noch flieht der Quell", wo bei er dem Kellner ein Zehnmarkstück als Trinkgeld zuwars. „Hoho!" sagte mein Pa. Wir hätten einander verloren in Ostende, Trou- ville oder irgendeinem Weltbade. Hier in dem kleinen Orte führte die Gemeinsamkeit des Badelebens unsere Pfade immer zusammen. Wo mein Schatten hinfiel, da fiel auch der seine hin. Es war so köstlich, vor den Buden mit den abscheulichen Dingen stehen zu bleiben, sich über eine elende Schnitzerei zu beugen, und ge dämpft miteinander zu sprechen; sich allerlei zum Be wußtsein zu bringen, über das man sonst dahin ge gangen wäre, über die feine herbe Luft aus den Tannen, den lauen Wind —. Ein tückischer Wind, einer, der einen toll machte! — O, dieser Mensch, so voll Leben, so voll wirbeln» dem Denken, so schon, so stolz — und dann wieder so ungebildet — ja roh! Einmal der Magnat, dem nur die Goldkette fehlte, und dann wieder der Mad- jarenbube aus der Putzta, der den Löffel im Munde herumdrebte, wenn das Eis gut war; der einmal die Weinflasche aus der Tasche zog und einfach aus ihr trank. — Pa, der anderswo dem „Spiclmann" einfach zu genickt hätte, war durchaus nicht abgeneigt, ihn in die Unterhaltung zu ziehen, während er für Ma ein fach nicht existierte. An einem der Abende war eine Soiree im Kur hause, bei welcher Gelegenheit ich mit ihm getanzt habe. O, dieses Tanzen! Ob es ein Hinunter war in die Hölle oder Hinauf in irgend etwas Unbekanntes, wohin es mich trug — ich weiß es nicht! Allein gesprochen habe ich ihn nur au dem Tage der Abreise, als ich in das Wäldchen gelaufen bcn wegen Wipfelrauschen und Tannenduft, von Lenen ich mir plötzlich allerlei Heilsames versprach. Du weiht, Fred, wie ich mich gegen „derlei" immer ablehnend verhalten habe — gewissermaßen achselzuckend, und nun trieb es mich doch hinaus, in Deine Welt. An einer der Tannen war eine alte Iagdkanzel, über deren Ge länder sich jemand herunterbeugte. „Er!" — „Ich habe mit dem Perspektiv nach Ihnen ausgeschaut", jagte er seltsam ruhig, „die Türe Ihres Hauses mutzte sich doch einmal öffnen; Sie mutzten kommen." An den Wald stieß ein Stück niedrige Schonung, auf der das Heidekraut lila blühte. Als er em paar Blüten pflückte, kamen mir so seltsame Gedanken, wie ich sie nre gehabt; für wen strengte sich jedes einzelne Rispchen so an mit Blühen? Für wen glühte die einzelne verspätete Himbeere da an dem Strauch? Wie als Antwort pflückte er den Zweig und hielt mir die Frucht an die Lippen. Dann, Fred — dann — hat er gesprochen! Ver rückt, aber fortreitzend sieghaft, wie der Mann spricht, der )ede in die Arme schließt, die er eben in die Arme schließen will. Ich mutzte sein Weib werden, denn es rase za in ihm! Ich sagte: Er habe recht — es rase — denn das alles sei Wahnsinn — ich gehörte Dir. Und darauf er, daß er Dich über den Haufen schießen würde; datz Du der erste nicht seiest; er habe fünfzehn Duelle gehabt. Fortgestotzen habe ich ihn, bin geflohen, und wußte doch, daß es nicht zu Ende fein würde. Eine halbe Stunde darauf war ich im Eoupä. Gott sei Daitk, fast immer allein. — Ich lag die halbe Zett auf den Knien, den Kopf im Polster. Auf dem Bahnsteig standest Du dann, Fred! Be- greifst Du, datz ich Dia» nicht sehen konnte? Als ich mich am anderen Tage, nachdem Du abgefahren, still aus meinem Zimmer und auch ungesehen aus dem Hause geschlichen hatte, stand er an der Straßenecke und wartete auf mich. Er verlangte, datz ich ihn sehen sollte — irgendwo — irgendwie, — und auch ich fühlte, datz ich ihn sehen mutzte: Ich wollte ja ein Ende machen! Ich bestimmte ihm das Museum in der «ren-straße, in dem an Wochentagen so selten jemand darin ist, und zwar das Zimmer Ludwig Richters; eilte dann rasch fort von ihm, Lie Augen rechts, die Augen links, ob uns auch niemand jähe. — Er spielte I« im Zentraltheater. Das Große in mir ist die infernalische Liebe, und das Kleine ist Lie Agnete Rütenbach, mit all den allerhöchsten Behörden, bei denen sie ansragen mutzte. Da warst Du! Da waren die Eltern, bei denen ich allerdings bis jetzt alles durchgesetzt habe, was ich ernstlich habe erreichen wollen; in diesem Falle jedoch — Ich denke anders über meinen Alten, seitdem ich Len Blick gesehen, mit dem er das Pferd damals in Moosbach bändigte. Ich weiß, datz ich sein Kind nicht mehr gewesen wäre. Das der Multe: vielleicht auch nicht mehr, und datz ich meinem lieben alten Großvater den größten Schmerz seines Ledens zuge fügt hätte. Und wenn ich euch alle hätte drangeben wollen, um dem Fahrenden nachzuziehen: ich hätte ja doch das Haupthindernis nicht nehmen können, denn dieses Hindernis bin ich selbst. Ich kann mich nicht befreien von Stellung und Namen, von Gesellschaft und Her- kommen. — Nicht von Dienerschaft, Perlen und Klei dern von Fischer. All das, was ich Dir jetzt schreibe, habe ich ihm ge sagt — in dem kleinen Richter-Zimmer, während es vor mir wogte wie geballte Nebel, aus denen ich nur kein Gesicht sah, mit dem Blick voll dunkler Leiden schaft. Im sah Lie grauen Schatten, die über seine Schönheit flogen; — sah den Mund, wie er sich unter dem „Begreifen" verzerrte; sah das böse gelbe Licht in seinen Augen, als er von mir zurücktrat, größer, stolzer denn ie! Er sah aus, als stieße er moralisch mit dem Fug nach mir: ,Zch habe die Weiber ver achtet" — zischte er — „verachtet bis zum Ekel, bis mir die eine erschien — verstehen Sie? Es ritz mich nieder, die Spur ihrer Füße zu küßen, aber als sie den Schleier hob, da war sie eben nur eine von den vielen! Mein funkelnder Demant war Glas. Sagen Sie dem deutschen Baron, dessen Ring Sie tragen, er könne ruhig seine Straße ziehen, ich tue ihm nichts. Der Preis ist des Schußes von der Hand eines ungarischen Mannes nicht wert! Adieu, meine Beste. Er ist gegangen, ohne Gruß, ohne Blick, und die Geschichte ist damit zu Ende, Fred! Zu Ende? Mit dem Fieber im Blut und der Tollheit in den Gedanken? Ich hatte von einer Dame gehört, die einen Bergmann geliebt, und die, da sie ihn nicht haben konnte, all ihr Hab und Gut armen Bergleuten hingegeben. Die ganze Nacht habe ich mit dieser Dame gelebt; als aber der Helle Tag all Lie Dinge beschien, die mich umgaben — die silbernen Büchsen auf meinem Toilettentisch und den weichen Teppich unter meinen Füßen, da war ich wieder ganz Agnete. Nun weißt Du alles, Fred! Weißt, daß es mir zu Mute ist, als ob ich mein Lebelang eine Kelte Mil mir Herumschleppen .nutzte, und datz ich Loch nach außen hin mich nicht bcnenmen kann, wie ich möchte. Pa und Ma habe ich gesagt, datz es zwischen Dir und mir aus sein müsse, liyosern wir zwei einander nicht verständen; worauf Pa einfach — tobte, ohne Latz mich dieses weiter berührte. Wenn er micy hä.te schlagen wollen, ich hätte gesagt: „Schlage zu!" Einen Moment Hub' ich sogar gedacht: „Spring' ins Wasser, Agnete!" Aber im nächsten fand ich es ordinär. Köchinnen springen ins Wasser, und arme Tcigelöhnor- weiber. Siehst Du, wie das Kleine das Groß« in mir unterbekommen hat? Ja, von Ma noch mutz ich schreiben: Sie hat mir wenig Not gemacht bei der Lösung von dir; sie sagte: „Agnete ist Herrin ihres Herzens!" und empfand im Innern eine Art von Genugluung, wegen oer alten Geschichte zwischen Pa und Deiner Mutter. Sie sieht immer ein bißchen aus wie eine dürre, crn,tha,le Geiß. — Vater schreibt dir heute selbst; ich bojje, Ihr werdet in Frieden auseinandergchen. Sobald Leine Antwort eingetroffen, wird er dem Klub von der Lösung unserer Verlobung Mitteilung machen: Du wirst so dabei wegkommen, wie Du es verdienst, lieber Fred! Wenn auch kein Mensch in den anderen hine'nzu- sehen vermag, so fühle ich doch, datz cs nach dem ersten Sturm in Dir verrinnen wird, ohne Schmerz, insofern ich ja doch innerlich und äußerlich nicht ein- zulreten vermag in Deine Welt, in die gewisse Ver brüderung zwischen Dir und Deinem Wald! Mein Erscheinen in Deinem Dasein war eine Episode, über der das Kielwasser des Lebens sich bald schließen wird. Das von dem Kielwasser habe ich irgendwo q>- lesen, und die Episode ist auch nicht von mir; — aber das ist Dir wohl egal. Vorläufig scheint es mir, als sei auf dieser Erde, die, glaube ich, tausendundsiebenhundert Meilen Durchmeßer und fünftansendundvierhundert Meilen Umfang hat. nicht so viel Platz, daß noch irgendwo ein Rispchen Heidekraut für mich blühen könnte Ick denke an rhn unausgesetzt, aber immer mit der Hand über den Augen, um mick selbst nicht zu sehen. Er spielt im Zcntralthcater! Lebewohl, Fred!" (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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