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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110805018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911080501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911080501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-05
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Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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nr. 2lS. ros. Iatzryang. diesmal in ganz besonderer Weise unterstrichen werden. Die Zahl der teilnehmenden Geistlichen wird bc- ionders gras; sein; cs sind dis jetzt oereits über 800 Geistliche vom einfachen Kaplan bis hinauf zu den Bischöfen, Aedten ujw. angemeldet. Der nächste Sonntag bringt als Einleitung zum Katholikentag wie immer einen großen Massen - Festumzug der katholischen Arbeiter- und Gcsellcnvereine. An diesem läge werden von den Eisendahnverwaltungen über 20 Sonderzügc nach Mainz geführt werden. Rach den vorläufigen Anmeldungen werden an dem Fest fug über 40 000 Arbeiter in 000 Vereinen teilnehmen. Für die Unterbringung der Massen während des Katholikentages sind umfangreiche Vorkehrungen getroffen; in den städtischen Schulen sind Massen quartiere eingerichtet und selbst bis in die um liegenden Orte sind Privatquartiere für die Teil nehmer belegt. Die Verhandlungen des Katholikentages selbst finden in der der Siadl Mainz gehörigen großartigen Stadthalle am Rhein statt. Es sind in der üblichen Weise vier geschlossene und vier öffentliche Versamm lungen vorgesehen. In den geschloffenen Versamm lungen, zu denen nur die Inhaber von Teilnehmer karten Zutritt haben, wird über die vorliegenden Anträge und Resolutionen Beschluß gefaßt, während in den öffentlichen Versammlungen täglich eine Reihe namhafter Redner sprechen wird. Erne Erörterung findet aber nur in den geschloffenen Versammlungen statt über Anträge, die jedoch vorher bereits in nichtöffentlichen Ausfchutzfitzungcn vorberaten worden find. Als eine Ha upi Veranstaltung neben den öffentlichen .Hauptversammlungen wird wieder die Generalversammlung des Voltsvereins für das katholische Deutschland, dessen Sitz in München Gladbach ist und der über 680000 Mit glieder hat, stattsindcn. Das Programm der Nebenveranstaltungen schwillt von Jahr zu Jahr an. In jedem Jahr erscheinen neue Organisationen und Verbände auf der Bild fläche, die über die Zusammenfassung der deutschen Katholiken in wissenschaftlicher, wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht sowie auf allen Ge bieten des öffentlichen Lebens Ausschluß geben. Be sonders fallen in diesem Jahre die zahlreichen Veranstaltungen für die akademrschen Katholiken auf. Bemerkenswert ist hier eine Tagung des Kartells der katholischen Ver einigungen an den technischen Schulen Deutschlands und deren A. - H. - Verbände. Hier wird u. a. Dr. Sonnenschein aus München- Gladbach über die Notwendigkcct des engeren Zu sammenschlusses aller katholischen technischen Berufe iprechen. Der katholische Atademikerverband veran staltet eine allgemeine Akademikervcrsammlung. Außerdem halten die akademischen Bonifatiusvereine, die akademischen Piusvereine, der Kartellkonvent der katholischen süddeutschen Ctudentenvereine. das Sekre tariat sozialer Studentenarbeit, der Albcrtus- Magnus Verein in Verbindung mit dem Katholischen Studien Verein für Hessen Generalversammlungen ab. In einer großen Studcntcnversammlung wer den ani Dienstagsrüh Pros. Dr. I Meyers-Luxem burg und Reichstagsabg. Oberlandesgerichtsrat Marx- Düffeldorf. beides bekannte Redner auf den Katho likentagen, sprechen. Weiter sind noch zu erwähnen Versammlungen des Landesverbandes Katholischer geistlicher Schul vorstände in Bayern, eine große Versammlung des Karl-Borromäus-Vcreins, eine Versammlung der katholischen Lehrer und Lehrerinnen Deutschlands und verschiedene Veranstaltungen für Frauen sowie Kaufleute und andere Erwerbsgruppen, ferner Ver- lammlungen verschiedener Abstinenten- und Mäßig- keitsvercin e. polnische Wahlparolen. Das polnische Provinzialwahlkomitec für West- vreußen und Ermland hat in der polnischen Presse Wcstpreußens einen Aufruf erlassen, in dem cs den polnischen Wählern den 8 13 des polnischen Mar Marterlteigs Kölner Oirektionszeit. Von Saladin Schmitt. Als Max Martersteig seine Kölner Direktion an- rral. nand es schwierig: er übernahm eine Bühne, bei der die Krisen zur zweiten Ratur geworden waren. Und das kam jo: man hatte ein bißchen ->als über Kopf den pompösen neuen Overnvom am Habsburger-Ring gebaut und war nun tn Ver legenheit, was mit dem alten Haus in der Glocken- gaffe geschehen sollte. Zwar die theoretische Lösung war schnell bei der Hand. Man sagte einfach: das mächtige neue Hans für die Oper, das bescheidenere alte für das Schauspiel. Das war nun eben so leicht gesagt wie schwer getan. Denn schließlich gehört zu einem städtischen Schauspiel nicht nur ein Haus; ichlicßlich will man und kann man nicht ausschließ lich für das halbe oder ganze Hundert Freikarten spielen: schließlich ist man kein Eseltreiber. Mehr aber bekam Mar Martersteig nicht: er be kam ein Haus und sollte daraus ein städtisches Schau- Spiel machen. Obendrein ein Haus, das mit Nichten ein eigentliches Schauspielhaus war, das immer vor züglich der Oper gedient hatte und aller Intimität einen robusten Widerstand entgegensetzte, ein Haus, das schon an und für sich eine Fülle von Beschrän kungen diktierte. Dabei war das Haus noch das wenigste; mit dem Haus hätte sich allenfalls reden lassen. Weit schwie riger stand es mit Publikum und Stadtvätern. Wie wenig von dem. was dos neue Repertoire brachte und verlangte, kam hier in Frage! Köln ist nun einmal Erzbistum und bestehl daraus, es auch als Theaterstadt zu sein, und hat am Ende lein gutes Recht auf seine städtische Physiognomie. Immerhin mag es einem Theaterleiter nicht leicht geworden lern, so ohne weiteres ans alle Wedekinds, auf die meisten Schnitzlers und Shaws verzichten zu müssen. Marterstcig hätte wohl auch gern zuweilen in Satire und Ironie gemacht: aber wie hier alles steht, tat er gut, es zu lassen: er hätte nur provoziert und sich die Möglichkeit genommen, irgend etwas zu tun. Und selbst diese Beschränkung war nicht das Schlimmste: cs kam noch die allgemeine Indifferenz Kölns gegen das Schauspiel hinzu. Man muß das ein wenig aus der Genesis der Stadt verstehen. Wie in jeder Mischrasse, in jeder Grenzschicht lebt auch im Kölner eine fast sanntische Vorliebe für Musik, vor allem für den Gesang und die Over. Es ist wirklich kein Zufall, daß hier mehr als zehn Jahre lang der .^eldentenor der populärste Mann der Stadt war; es ist nur typischer Ausdruck dieser städtischen Seele. Rechnet man dazu den Dekorationsgeist des Katholizismus und den bengalischen Zauber des Karnevals, so wird man verstehen, daß in dieser Stadt so gut wie nichts einer ernsteren Literatur und Schausvielpflege entgegenkommt. Und doch, wird der eine oder andere sagen, hatte Köln schon vor Martersteiq sein Schauspiel, und zwar eines, das sich sehen lassen konnte. Ganz gewiß. Aber dies friihere Schauspiel, das neben der Oper im selben Hanse gepflegt wurde, war etwas anderes. Es war ein unselbständiges Schauspiel, ein Schau sonnaorno, s. Sir-ult l9N bemilger Lsyemrm. Brixen, 4. August. (Wald brand.) Nach den gestern nachmittag hier eingetrofsenen Nachrichten macht der Waldbrand bei Franzensfeste bei stärker gewordenem Winde schnelle Fortschritte. Line direkte Gefahr für Franzensfeste besteht jedoch augenblicklich noch nicht. Wahlstatuts in Erinnerung bringt, nach dem „es bei den Reichstaaswahlcn und bei den Ersatzwahlen gestattet ist, Wahlkompromiffe zu schließen'. Da der Vorsitzende dieses Komitees, der Propst Dr. Wolszle- gier in Pienionskowo (Westpr.), zugleich Vorsitzender de« polnischen Zentralwahlkomitces ist, darf man wohl annebmen. daß in dieser Kundgebung sich zu gleich die Anschauung der obersten polnischen Wahl behörde widerspiegelt. Nun ist ja deren Autorität durchaus nicht unbcstritrcn: die Nationaldemokraten stehen dem konservativen Zentralwahlkomitee immer in ganz offener Opposition gegenüber, und daßZeqen- wärtig im Widerspruch zu fener Parole in Schle sien zwischen Napieralski und dem Zentrum Koinvromißverhand ungen schweben, ist allbekannt. Wir werden also bei den nächsten Reichstags wahlen möglicherweise wieder dasselbe Schauspiel erleben wie bei der letzten Posener Ersatzwahl, daß nämlich die Beschlüsse der legalen Wahlbehörde ein fach außer acht gelaßen werden. Insofern liegt die Sache allerdings anders, als diesmal das Zentral- wahltomitee der Unterstützung der radikalen Volks presse sicher sein kann: wenigstens schreibt die „Gazeta Grudziadzka" bereits, daß von einem Kompromiß mit den Zentrumsleuten keine Rede sein könne; erstens, weil das Zentrum Regierungspartei sei und zweitens, weil es sich den Polen gegenüber in letzter Zeit im Land- und Reichstag „oeradezu schmachvoll" benommen Hütte. Wie sich der Streit um die Wahl parole weiter entwickelt, wird man abwarten müssen Aber es ist bezeichnend sür die gegenwärtige Stim mung im Polentum, daß das Zentralwaylkomitee ebenso absolut dcul'chseindlich ist — auch den katho lischen Deutschen gegenüber — wie die radikale Volkspreffe, und an diesem Gcsamteindruck, den das Polentum in immer steigendem Maße bietet, ändert auch Rapieralskis abweisende Taktik nicht das geringste. Was übrigens die vorhin erwähnten Kompromiß verhandlungen zwischen dem Zentrum und den schlesischen Polen betrifft, so soll neuerdings das Zentrum sich bereit erklärt haben, den Polen in einem Wahlkreise Westpreußens Wahlhilfc zu leisten, und zwar in Eraudenz-Strasdurg und Thorn-Kulm gegen die Nationallioeralen und in Posen -Marienwerder und Rosenberg-Löbau gegen die Frcikonservativen oder Konservativen. Die beiden konservativen Kreise würden dadurch kaum gefährdet sein; dagegen würde vermutlich dann das Zentrum den Ruhm davontragen, den Kreis Thorn- Kulm, der schon von 1903—1t«07 polnisch vertreten war, den Polen wieder in die Hände gespielt zu Haden, und auch der Kreis Eraudenz-Strasdurg er scheint dann in hohem Maße gefährdet. Auf deutscher Seite wird man in diesen Kreisen gut tun, bei Zeiten an die Arbeit zu gehen. Tagesihronlk. Bränüe. Innsbruck, -1. August. (Ein ungeheurer Waldbrand) zwischen Mittenwald und der Fran zensfeste im Eisacktal nahm vergangene Nacht bei dem Sturm neue Ausdehnung an und bedroht jetzt die ersten Häuser der Franzensfeste. Jeder Versuch, den Brand cinzudämmcn, ist aussichtslos, da die Flammen durch Fuiitenflug alle Schutzgrüben überspringen. Das Militär mußte wegen der Gefahr von den Höhen zurückgezogen werden.. Heute treffen neue Militär mannschaften ein. Die vernichtete Hochwaldfläche wird auf 350 bis 400 Hektar geschätzt. L. (.!. Franzensfeste (Tirol), 4. August. (Ein Wald brand) von großer Ausdehnung ist hier aus gebrochen. Es ist bisher nicht gelungen, des ver heerenden Elementes Herr zu werden. Wegen der ungeheuren Ausdehnung des Brandes ist an ein Lokalisieren nicht zu denken. Ununterbrochene Ab- stürze von Steindlöcken erschweren die Lösch- arberten sehr. Der Brand ist kilometerweit zu sehen. Sera, 4. August. <Unter schwerem Ver dachte.) Ans dem Preußischen Staatsbahnhofe wurde ein 30 Jahre alter Mensch verhaftet, der verdächtig erschien, ein Mädchen Händler zu sein. Er hatte sich mit einer Krankenpflegerin unterhalten und ihr verlockende Versprechungen gemacht, die sie zu der Annahme berechtigten, daß sie es mit einem Mädchenhändler zu tun habe. Der Verhaftete leug nete allerdings, Mädchenhändler zu sein. Da er keinerlei Ausweispapiere bei sich führte, müssen erst Pachforichungen über ihn angestellt werden, so daß er vorläufig in Haft bleibt. 0. l:. (»ifenberg, 4. August. (Ein Geisteskranker) namens Fuchs stieß auf einem Spaziergang seine neunjährige Tochter in einen Teich. Das Mädchen ertrank. Fuchs »prang ihr nach und ertrank ebenfalls. Bad Käsen. 4. August. (Weibliche „Wander vögel".) Daß männliche „Wandervögel" im Freien „abkochen", ist nichts Neues. Dieser Tage tat dies aber auch die stattliche Schar von 120 jungen Mädchen, die das technische Seminar in Dortmund besuchen. Auf der Reise zu den Festspielen in Weimar besuchten sic die Rudelsburg. "Nachher ging es zur „Katze" Zurück, um „abzukochen". Gemüse und Fleisch wurden dazu von den jungen Mädchen selbst vorbereitet, während Direktor Kersten die Ziegel zu den Herden und das Brennholz geliefert hatte. Das Gericht, an langen Tafeln genossen, war vorzüglich, wie auch von den männlichen Güsten anerkannt wurde. Später wurde die Reise dann fortgesetzt. Berlin, 4. August. (Reinhold Begas) hat den Wunsch geäußert. Laß seine sterbliche Hülle durch Feuer bestattet werde. Gemäß diesem Wunsche wird die Leiche nach Hamburg übergcsübrt, um dort eingcäschert zu werden. Die Asche wird man dann nach Berlin zurückbringen, um aus dem Zwölfapostel- tirchhof an der Leite der ihm im Tode voraufge gangenen Gattin beigesctzt zu werden. Ucbcr den Tag der Ucberführung nach Hamburg und über die Trnuerfeicrlichkeiten ist noch nichts bestimmt. Sein Sohn Werner Begas hat heute früh die Totenmastc seines Vaters abgenommcu, nachdem ibn der Maler Emanuel Grosser vorher noch auf dem Sterbebett gezeichnet hatte. Berlin. 4. August. (Fälschung.) In der Reichsbant wurve gestern aus die Anzeige eines Dcpotinhabers der Hilfsarbeiter Wil Höf er ver haftet. Er hatte an den Depotinhaber einen Brief mit gefälschter Unterschrift gesandt, um sich in den Besitz des Depotscheins zu bringen. Der Empfänger des Brieses schönste aber Verdacht und machte der Direktion der Baut Mitteilung, die sofort die Bank schließen ließ, damit sich kein Beamter entfernen könne. Als dem Depotinhaber die Beamten vor gestellt wurden, erkannte er Wilhöfer, der sofort fest genommen wurde. Berlin. 4. August. (Scheue Pferde.) In der vergangenen Nacht wurden in der BcUe-Allianeestraße vierPcrsonen infolge Scheuwerdens des Pferdes aus dem Wagen geschleudert und zum Teil schwer verletzt. Berlin, 4. August. (Der herabgestiirztc K ron- leuchter.) In der Halle der Universität stürzte der große Kronleuchter plötzlich von der Decke herab, ohne jedoch Personen zu verletzen. Der Unfall er folgte zwei Minuten vor ein Uhr, kurz bevor Erich Schmidt im benachbarten Hörsaal jein Literatur kolleg schloß. Uebcr die Ur;achen des Unfalles ver lautet jetzt, daß die durchaus unzureichende Be festigung daran Schuld trägt. Der Leuchter hing lediglich an einem kleinen Stück Holz, das etwa 25 em lang, 1b em breit und b em tief war. Dieses Holz war nur eingegipst und hatte sich nun im Laufe der Jahrzehnte gelockert. Der Leuchter ist mit solcher Wucht herabgestürzt, daß er total zertrümmert wurde. Hätte die Vergipsung das schwere Gewicht nur wenige Minuten länger ausgehalten, ko wäre die Krone mitten zwischen die den Hörsaal entströmenden Studenten und Studentinnen gestürzt und die Folgen wären unabsehbar gewesen. Berlin, 4. August. (Selbstmord eines Sol daten). Auf dem Truppenübungsplatz Döderitz Hot sich der Garde-Füsilier Rahm mrt einem Dienstgc- wehr erschossen. Der Grund zu der Tat ist anscheinend Furcht vor Strafe, weil er sich außer Dienst be trunken hatte. Köln, 4. August. (Stiftung.) Die Kinder des verstorbenen Freihcrrn von Recklinghausen setzten zum Andenken an den Verschiedenen eine Stiftung im Gesamtbeträge von 200000 ./t ein. die einigen evangelischen und sonstigen gemeinnützigen Vereinen zugute kommen soll. Mainz, 4. August. (Zwei internationale Diebe,) die sich auf einer Tournee durch Deutsch land befanden, sind jetzt auf Veranlassung der Ber liner Kriminalpolizei in Mainz festgenommen wor den. Es handelt sich um den 25 Jahre alten Kellner Karl Deichsel und den um zwei Jahre jüngeren Tapezierer Franz Vollenhalv aus Basel. Als Spezialität betrieben die Diebe den Einmiete diebstahl. Sie traten sehr elegant auf und mieteten bessere Wohnungen, wobei sie sich als Studenten, Postassistenten oder Referendare ausgaben. Sobald sich Gelegenheit bot, führten sie dann in der ge mieteten Wohnung und den angrenzenden Räumen umfangreiche Diebstähle aus. So entwendeten sie auch einem türkischen Major Mehmed Schefik in einer hiesigen Pension einen Brillantring im Werte von 400 ./L Nachdem sie Berlin verlaßen, gaben sic in Plauen, Wiesbaden, Hannover, Hamburg, Dres den und Köln Gastrollen, bis sie jetzr in Mainz, wo sie, entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit, einen Laden diebstahl aussührten, vom Geschick ereilt wurden. Metz, 1. August. (R uhrerkrankungen.) Da aus dem Truppenübungsplätze Eisenhorn Ruhrerkran kungen aufgetreten sind, ist es notwendig geworden, den Platz zu räumen. Infolgedessen kehren die dort befindlichen Truppen des 16. Armeekorps, die 68. Jn- fanteriedrigade und die 33. Fcldartillcriebrigade. am ö. und 6. August in d ie G a r n i s o n e n z u r ü ck Zürich, 4. August. (Priv.-Tel.) (Raubmör der.) Zwei wegen Raubmords am Lehrer Prahl in Karenzin (Mecklenburg) verfolgte Verbrecher Wäch ter und Nairz sind hier verlMtct worden. Sic sind geständig. Zabrze, 4. August. (Eine „Meineid-G. m. b. H.") Unter dem Namen „Minerva" hatte sich in Ober schlesien eine Gesellschaft von Eideshelfern gebildet, die bereits seit längerer Zeit ihr Unwesen trieb Endlich gelang es, einige Mitglieder der Gcsellschai« ausfindig zu machen, so daß ein Unterjuchungs- versahren eingcleitet werden tonnte. Dieses ist jetzt beendet. Die Verhandlung wird nach den Gerichts serien in einer außerordentlichen Schwurgerichts periode in Gleiwitz stattfinden. Die Zahl der An geklagten beträgt 25, die Zahl de: Strasfälle mehr als >00. Die Meineide wurden in Zivilprozcffen geschworen. Czernowitz, 4. August. (Infolge eine, 48 Stunden anhaltenden Regens sind die Flüsse Ezeremos, Pruth und Sereth stark enge- jchwollen, so daß «ine Hochwasserkatastrophe zu be- fürchten ist. Mehrere Landstraßen sind unpassierbar, da die Brücken fortgeriffen sind. In Seletin wurde der Bahn- und Postverkehr eingestellt. l>. t) Laibach, 4. August. (Im Speisewagen) des ! -Zuges Berlin-Triest wurde in Lmz ein Kellner von Unwohlsein befallen. Da sich sein Zustand nicht besserte, wurde der Speisewagen in Eörz ausrongicn und einer gründlichen Desinfektion unterworfen. spiel mit Jnterimscharakter. Man nahm es als Ab wechselung gern mit in Kauf; man wußte ia, cs sollte nur füllen, nur ergänzen; es war etwas für den Monlag, nachdem man am Sonntag den neu aus- geslnUetcn „Propheten" gesehen hatte. Mit diesem Schauspiel konnte Marterstcig nicht rechnen; auch hatten sich die Tage dieses Schauspiels überlebt Reinhardt hatte in Berlin schon den „Sommcrnachtstraum" gespielt; eine Flut von Bro schüren Ixuchästigte sich mit Bühnen- und Dc- korationsreform; jeden zweiten Tag wurde von irgend einem gerade unbeschäftigten Menschen „das Theater seinem eigentlichen Rhythmus zurück gegeben". Das brauchte man nicht entfernt mit- zumachcn; aber noch weniger durfte man es ne gieren. Es galt nur eben zu sondern, es galt ein wenig zu wählen; mit geschmacksffcherer Hand das Mögliche passieren zu lassen und das Radikal- Absurde abzulchncn. Unter diesen Bedingungen sollte Marterstcig sein neues Schauspiel schaffen. Er war an ein Haus, an den religiös politischen Geist einer Stadt, an den Geschmack eines Publikums entscheidend gebunden und sollte endlich noch die neue Thcatcrkultur seiner zuküusligen Bühne cinordnen. Und. weiß Gott, er wurde mit dem Haus und der Stadt und dem Publikum fertig. In zwei Spielzeiten „hatte" er Köln, war er wenigstens aus dem Gröbsten heraus. Wie er cs gemacht hat . . . so kann man eigentlich nicht fragen. Das Geheimnis war, daß er es über haupt nicht „machte"; das Geheimnis war, daß er etwas mitbrachte, was an sich Existenz hatte, was mit irgend einer Modifikation in jeder Atmosphäre leben mußte. Was war das? Wie umschreibt sich das? Es war nicht viel weniger als eine eigene Glänbigleit an die Bühne. Es war die Ge wißheit, daß es trotz allem (zugegebenen) Humbug doch etwas sei mit den» Dort-Obcn-Stehen. Es war die stille Sicherheit, daß dieses Ganze nicht der er ledigt, der es ablehnt. Es war das Vertrauen, daß auch diese Gattung trotz aller Zwiespältigkeit noch beure ih* Pathos und ihr Ethos berge. Martersteig liebte die Bühne. Aber er liebte sie natürlich nicht naiv. Er liebte sie mit jener hinterhältigen, mit jener feindseligen Neigung, mit der sie alle Einsich tigen beute lieben. Er hing an ihr mit jener Lei denschaft, die tausendmal durchschaut, tausendmal verachtet hat, und die doch da ist und nicht anders kann. Die sympathische Begrenztheit, die glückliche Blindheit der Rcsormfexe war ihm versagt! feine Leidenschaft war viel bedingter und mißtrauischer. Seine Leidenschaft war bedingter, aber eben des halb ernster und wertvoller. Sie wußte ohne weiteres, daß die heutige Bühne nur Annäberungen, nur Relativitäten zu geben hat Aber den Ehrgci', daß diese Relativitäten das Aeußerste seien, den hatte sie immerhrn. So ging sie auch (die das Pathos und das Ethos der Bühne glaubte) aus die ge steigertste und lauterste Form aus: die große Tragödie. Sie wollte das Drama wahr werden lassen, das rechts an den Himmel und links an die Hülle reicht; sie wollte sich in dem kosmischen Drama bekennen. Sie wollte Faust und Hamlet, Judith und Enges auserstehen taffen, die großartigsten und tiefsinnigsten, die ersten und die letzten Dinge von dem Podium herab verkünden. Und seltsam war cs, wie nun alle Umstände, unter denen Martersteig arbeitete, dieser Sehnsucht dienstbar werden mußten, wie er in seinem erwählten Ziel zugleich auch alle die Zufälle zu sammeln suchte, die ihm anders hätten feindlich werden können. Das große alte Haus, das man ihm überlassen hatte, kam dem Vers der großen Tragödie entgegen, das Theaterkollegium konnte ihm nicht gut „Gyges und sein Ring" als bedenklich anrcchnen, und selbst das operndursiigc Auditorium sand in dem heroisch-poli tischen Drama eine Spieqelungsmüglichkeit. Denn (auch darin konnte sich Martersteig nicht täuschen) irgendwie lag ja in diesem Publikum das Bedürfnis nach einem Pathos, irgendwie lebte es in seinem Katholizismus und irgendwie in seinem Karneval. Dieser Katholizismus, dessen purpurne Prozessionen in eine Art bacchantischen Rausch getaucht schienen lsie waren eine andre Art des Sich-Betäubens) und dieser Karneval, der mit einer nahezu fanatischen Hingabe gefeiert wurde: sie mußten doch noch außer halb der Over in eine Form zu bannen sein. Und in der Tat: Köln gewöhnte sich daran, auch in der großen Tragödie sich zu finden. Man konnte — für die Provinz unerhört —„Herodes und Mariamne" in einer Spielzeit vierzehnmal wiederholen und später wurden Faust I und lt nicht leer. Aber es waren nicht nur die Werke an sich, die so einnahmcn; es war mindestens ebenso start der Charakter der Inszenierung, der sie Köln als ein Ausdruck seiner selbst nahe brachte. Sic bestachen,^veil die letzten Dinge in ihnen spürbar gemacht waren. Sie bestachen, wenn man will, mehr als ethisch religiöse Mächte, denn als künstlerische. Sic bestachen, weil sie Kongruenzen zu den feierlichen Gottesdiensten schienen: man las in dem großen heroischen Geschick ein Pendant zu irgend einer Legende oder Wundergeschichte. Darum konnte Marter steig in.Faust II' Len katholischen Heiligenhimmcl in mystischer Bläffe aufdämmern lasten, darum wall fahrte man zu seiner Hebbclbühne wie zu einem Mirakelaltar. Als sich zum ersten Mal darüber der Vorhang hob, die Schwere des dunkelroten Plüschs einen tiefen, warmen Horizont auftat, über ungefügen weißen Stufen der plumpe Thron aufstieg, da flutete eine Welle durch das Haus: es war das stille Einverständnis einer großen Menge, das plötzlich laut wird. Aber cs wäre sicher nicht möglich ge wesen, wenn Köln nicht in dieser Dekoration einen letzten Schimmer des damastenen Prozessionsrotes gesehen hätte, vor dem es auf den Straßen in die Knie sinkt. An solchen Abenden wurden Marterstcigs artisti jches Bekenntnis und der Wille der Stadt eins; sic trafen sich in all den großen feierlichen Dramen: in der „Iphigenie", in den „Nibelungen", in der „Hermannsschlacht". Aber sie trafen sich nicht lediglich hier: sic kamen in der Komödie nicht schlechter überein. Auch die andere Möglichkeit pathe tischer Erhöhung, die Köln bot, eben der Karneval, projizierte sich auf die Bühne. Namentlich einmal, als Marterstcig die „Bezähmte Widerspenstige" spielen ließ, die er (vor Reinhardt) als derbe Gro teske versucht hat. Eine tolle Kirmeß stürmte an diesem Abend über die Bühne. Man spürte, wie holländisch Shakespeare in seinen Lustsvielen ist. Mau spürte, daß das Eigentliche im Shakewearcschen Lust spiel der grobpulverisierte, eingängige Witz ist, der bürgerliche Witz, derselbe Witz, den Köln einmal am Anfang jedes Jahres in riesigen goldenen Papp bauten durch seine Straßen führt. So war die Stadt mit ihren eigenen Widerständen geschlagen. Und es war etwas mehr damit gegeben als der Triumph über die Theaterkrise dieser einen Stadt selbst; nicht weniger als ein Weiler zur Klä rung der Frage unserer städtischen Bühnen überhaupt war damit aufgerichtet. Denn immer und immer wieder wird es doch auf das eine ankommen: die anscheinend widerstrebenden Appetite eines Gemein wesens in dem zu erfassen, was sie bändigt und sic wider Willen zu dienen zwingt. Freilich gehört dazu eine Einsicht, wie sic vielleicht nur jene eigentümlich skeptische Liebe zur Bühne gibt, der auch Marter steigs Arbeit entquoll. Jene seltsam zwiespältige Liebe, die am meisten gezweifelt hat, weil sie die unbesieglichste ist. (Aus der „Schaubühne v. 3. Aug. 1911.) Kunst unü Mllenlchskt. * Die Orgeln des Bachmuseums in Eisenach. Der Orgelbaumeister Hickmann in Gotha, der kürzlich für den Dom in Wetzlar eine große Orgel mit drei Manualen und 60 Registern unter weitgehendsten Anerkennungen fertiggestellt hat, ist jetzt von der Dachgesellschaft betraut worden, die im Bach- mufeum in Eisenach altbewährten, zum Teil sehr wertvollen Orgeln und Spielinstrumentc aus den verschiedensten Zeiten zu stimmen und instand zu setzen. * Maeterlinck und Humperdinck. In der nächsten Saison wird im Berliner Deutschen Theater Maetcr- lincks „Blauer Vogel" mit der Musik aufgeführt werden, die Humperdinck auf Ersuchen des Direktors Reinhardt zu dem Stück geschrieben hat. * Der 5. int. Stenographentag Eabelsberger ist in Anwesenheit von 150 Delegierten in Kopenhagen eröffnet worden. Di« überwiegende Mehrheit der ausländischen Vertreter stammt aus Deutschland und Oesterreich-Ungarn. Zum Präsidenten des Tags wurde Professor Dr. Clemens aus Dresden ge wählt. Die ausländischen Delegierten überbrachten die Grüße ihrer Länder. Dann hielt Professor Dr. Clemens einen Festvortrag über die Entwicklung der Stenographie, an den sich di« erste geschäftliche Sitzung anschloß. 8t. Hochjchulnachrichten. Professor Dr. P. Fr ied länder in Darmstadt hat die vouia I«rcn<Ii für organisäp: Ekemie und organisch-chemische Tech nologie an der Technischen Hochschule erhalte». — Der berühmte Kunsthistoriker Dr. Karl Justi an der Universität Bonn feierte am 2. August seinen achtzigsten Geburtstag. — In Tübingen wurde im chemischen Universitätsinstitut, ein von Freunden und Schülern des 1895 verstürbe-' nen Chemikers Professor Dr. Lothar v. Meyer gestiftetes Marmorrelief des Forschers über geben. Professor Dr. S e u o c r t - Hannover hielt die Gcdüchntisrede. Die Büste stammt von Professor A. Volkmann-Frankfurt. — Dr. Rudolf Stachelin, Privatdozent für spezielle Pathologie und Therapie an der Universität Berlin, ist als Ordinarius für innere Medizin nach Basel, seiner Vaterstadt, be rufen worden. — Der ordentliche Professor der Gy näkologie an der Universität Bern Erwin Kehrer hat den Ruf als Direktor der Dresdner Frauenklinik angenommen.
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