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Unü es entgeht ihr keiner. 12j Roman von Joachim voa Düro«. (Stachdrua verbalen.) Agnete stand beim Empfange der Gäste neben Frau oon Ostheim, ohne jede Befangenheit und voll ständig in ihrem Elemente. Es war ein packendes Bild, die schöne alte Dame in der schwarzen Mmre:- Nobe, über oem schlohweißen Haare schwarze Spitzen, die ein paar Brillantster»« zusammenhielten. Neben ihr Agnetes süßes Frätzchen, Lippen zum Küssen, klare braune Augen, die Gestalt einer Cleo de Merode. Dazu der Sitz des Kleides! Es war absolut nichts in Agnetens Toilette, das den Blick im ersten Moment auf sich zog, es sei denn eine Gürtelschnalle in etrurischer Goldarbeit als ein zigen Schmuck, und an dem Mieder ein Strauß leuch tender bunter Wicken, die sie selbst gepflückt und ge ordnet, frischweg vom Zaune. Das Kleid war ein leichter Stoff von mattem Weiß, der die schwere Seide des goldgelben Unterzeuges nur gerade ahnen ließ. Die Toilette war ein Elitestück aus dem Mode salon am Kohlmarkt in Wien — Drekoll, der seiner Kunst den Freiherrntitel verdankt. Auch der ge übteste Kennerblick konnte an ihrer köstlichen Montie rung nicht das leiseste Zuviel oder Zuwenig kritisie rend herausfinden. Nach aufgehobener Tafel ging man in den Garten. Das Haus unter seinem schweren dunkeln Dache schaute fa ein wenig düster drein. Desto farben freudiger war das Stücklein Erde, das sich vor ihm ausbreitete. So leuchtend grün der Rasen, so scharf begrenzt die langen schmalen Schatten, die die Pyramidenpappeln über ihn hinwarfen. In ruhigem Plätschern die Fontänen, munter über den Rasen hinschießend die Amseln, an dem fast indigoblauen Himmel zwei weiße geballte Wolken — stillstehend, als wollten sie teilhaben an der Szenerie dort unten. Die Zigarre zwischen den Lippen, einzelne von ihnen noch liebäugelnd mit dem Likör, waren die Herren unter der Veranda sitzen geblieben. Die Frauen rafften die Schleppen und wandelten meist zu zweien in den Gängen. ..Nun?" sagte die eine, und die andere schnell darauf: „Geschmack hat er! Wie sie sonst sein wird, soll sich zeigen." Worauf die zwei Wandelnden andern zweien begegneten. „Sieht der Fred nicht ein bißchen dondorninc- aus neben seiner Braut?" Arm in Arm mit einer Gefreundeten, die sie ge kannt seit den Tagen der beiderseitigen jungen Ehe, wandelte Frau von Ostheim, und ohne jegliche Vor- rede waren sie mitten drin in dem Thema: Agnete. Es gibt Farbenschattierungen, die selbst dem Auge des Malers nur durch die Lupe wahrnehmbar wer den. Vielleicht hatte die Gefreundete das Glas vor den Augen. Nur gute, freundliche Worte waren von Frau von Ostheim über ihre künftige Schwieger tochter gesprochen worden, und doch hatte die Hörerin 'ich bald ihr Urteil gebildet: ..Die Oberfläche glänzt, ja sie strahlt, aber in der Tiefe dieses Glückes, da ist eine dunkle Stelle." „Die Oberfläche ist der Trug, die Tiefe aber ist die Wab'beit". sagt Rosegger. Die Schulrchen hatte aar nichts gesagt, nicht ein Wort. Sie hatte nur ein wenig wehmutsvoll ge lächelt. und an dieses wehmutsvolle Lächeln hielt man sich. — Hm — hm. — Zehntes Kapitel. ..Ich glaube beinahe, ich wünschte mir die Tage fort." Dieses Wort auf den Lippen, trat Agnete Ritten- bach nach ihrer Heimkehr von Moosbach ohne weiter: Einleitung in 'Wandas Zimmer, worauf sie sich ihrer Art nack> auf dem harten Sofa an der besten Stelle einrichtete. „Daß irgend etwas nicht in Ordnung war, liebe Agnete, habe ich Ihnen abgehört uttd angefühlt, ehe Sie noch ein Wort über die Brautschau gesprochen." „Nicht in Ordnung? Es war alles fürchterlich in Ordnung; nur waren wir wie in einer aus gegrabenen Welt, in der ich, mit allen Fasern ein Kind von heute, absolut nicht ich selbst sein konnte. Mir war so bange unter all den alten Leuten und Leutlein mit den Glatzen und Elätzlein, mehr oder minder mühsam bekömmt, vom Oberonkel bis zum Oberhirten. Selbst Fred, mein guter Fred, war so angesteckt von dem allen; man kam aus der gewissen Andacht gegenüber dem, was die Vorfahren geleistet, gar nicht heraus. Man verlangte, ich sollte alle Eichen schätzen, die sic einst gepflanzt; mich in jede alte Erabschrift vertiefen —" „Das hätten Sie tun müssen, Agnete. Wie war's mit Ihren Eltern in bezug auf das Behagen dort?" „O — Pa war vollkommen ä «ou rrir-v; aber Ma! Geknickt wie eine Weizenähre! Sie sehen, ich drücke mich schon ganz fachmännisch aus — sie kam aus der langen Lippe gar nicht heraus, sage ich Ihnen! Am Tage vor unserer Abreise waren die ganzen Land onkels und Onkelinncn zum Diner geladen; ich muß es ihnen lassen, sie benahmen sich musterhaft gegen Ma, trotz dem gewissen Getue von ihr, von dem sie nun mal nicht lassen kann, so z. B. das Reden von der Philomele anstatt von der Nachtigall, na, Sie wissen ja! Trotz aller ihr gewordenen Liebens würdigkeit war sie verstimmt oon Anfang an; ich glaube, in dem dunklen Gefühl, daß bei uns etwas fehlte, was durch ganz Moosbach weht und was der bestmontierte Stadthaushalt sich nicht zu schaffen ver mag. Ich kann den Ausdruck nicht gleich finden." „Tradition", sagte Wanda. „Richtig! Tradition. Nicht die Spur davon bei Mama, gänzlich ohne Vorzeit. Nun, da konnte kein Mensch was dafür, und es fühlte sich auch mehr, als Laß cs gewiß zutage trat. Mel schlimmer war eine andere Sache. Sie wissen doch von Pa, daß er ein Kavallerist von ganz besonderem Schneid gewesen, nach jeder Richtung hin; Schneid aber kostet Geld, und da Papa sein kleines Vermögen bald genug ver pufft hatte, griff er eben zu dem Rettungsanker, der „reichen Partie". Er ist übrigens ehrlich dabei vor gegangen, der gute Pa. Er hat meinem Großvater alle Schulden gebeichtet und meiner Mutter gesagt, daß an dem Horizont seiner Jugend eine große, hei lige Liebe gestanden habe. Den Namen hat er nicht genannt, nur versichert, daß sie längst verheiratet sei, und daß die Sache absolut nicht mehr weh tue. Diese Sonne an seinen' Lebenshimmel sei gänzlich ver blaßt. — — Nun denken Sie sich den innerlichen Krach, als Mama plötzlich erfahren muß, daß die ge wisse blasse Sonne mitten in unserem Kreise wieder aufgegangen ist." „Wer war es denn?" fragte Wanda in Hellem Interesse. „Nun, keine andere wie meine Schwiegermutter. Was sagen Sie dazu?" „Hm! Wie hat Ihre Mutter denn davon ge hört?" „Fred hatte es mir gesagt, und ich natürlich brüh warm Maina." „Das hätten Sie nicht tun sollen, Agnete." „Ach was! Einmal Hütte sie's ja doch erfahren, und es war doch ein auffrischendes Steinchen in das stillstehende Wasser der ländlichen Oede. Schließlich war es ein Spaß, die drei zu beobachten. Der dritte schlimme Feind, mit dein Mama fechten mußte, war — ein Pferd! Sie wissen, daß Fred scharf aufs Rennen ist, und daß er und ich, wenn auch sonst viel leicht nicht ganz in den gleichen Geschmacksrichtungen uns ergehend, nach dieser Richtung hin ganz einer Meinung sind. Die Rennen tun es mir an! Auf der Tribüne zu sitzen, gleichsam als Mittuende, in jener schönen Angst; und wenn er siegt, alle Augen auf mich gerichtet Blumen werden mir gereicht, große Tiere kommen und machen „Shakehants" mit mir, und ich bin so stolz auf meinen Mann — o, so stolz! Wir wollen aber wieder auf den Moos bacher Fall zurllckkommen. Also Fred hatte ein neues Pferd gekauft, Eraditzer, das reine Bild von einem Pferde! Es war eben angekommen, als jenes Tiner stattfand, bei dem mir nun leider die Wahrnehmung nicht erspart wurde, daß die Interessen der Herren sehr zwischen Ostheims Braut und Ostheims Pferd schwankten. Dieses Pferd war nämlich ein Racker, dem weder Fred noch einer der Bereiter aus Moos bach und der Umgegend beizukommen vermochten. Es war infolgedessen für eigentlich gar kein Geld erstanden. — Nach aufgehobener Tafel und dem sich anschließenden Gartengang wurde uns ein Tier vor geführt, dessen Vorderbeine bestimmt schienen, meistens in der Luft zu fuchteln. — Als einer der Reitknechte die Zügel festhielt, stieg das Pferd uno hüb den Mann hoch — worauf ein anderer herankam. Dieser war sonst Matador im Sattel, kam ja auch glücklich hinauf, lag aber nach fünf Minuten im Sande. Als ich fragend zu Fred aufsah. schüttelte dieser, mich verstehend, den Kopf: „Morgen", sagte er ruhig, „wenn wir allein sind, das Pferd und ich." Da, als man das Tier eben aufgebcn und sich be mühen will, es abzuführen, tritt aus der Gruppe der Herren plötzlich mein Pa heraus, geht auf den Gaul los und greift nach dem Zügel. Er klopft leicht den Hals des Pferdes, streichelt es, sprach ganz leise mit ihm, und sah dabei anders aus als sonst, jünger, strammer, alle Schlaffheit aus den Zügen fort. Plötzlich, wie es geschehen, weiß ich heute noch nicht, saß mein Pa, ohne daß auch nur eine Muskel in seinem Gesicht gezuckt hätte, auf dem Pferde! Durch das ganze Tier ging ein Zittern, einen Moment stand es still, als ob es spürte. Laß etwas Neues an es herangetreten war, vor dem es sich auch auf eine neue Art zu wehren hatte. Es ging alles in Szene, was bei den anderen losgelassen worden war, steigen, auslcilen, die Kandare zwischen die Zähne nehmen; und der, der droben saß. Las war der alte Rütenbach aus der Reichsstraße gar nicht mehr — das war einer, dem man nachsah mit angechaltenem Atem. — Pferde müssen wohl wissen, wer die Zügel führt; einer der Herren flüsterte von der ruhigen, leichten Hand, der andere vom richtigen Schenkeldruck. Tat sache war, daß mit jeder Sekunde etwas oon der Bestie in dem Pferde schwand, und Laß mein Pa, ohne daß er einmal die Peitsche gebraucht, in sachtem Trab an der Gesellschaft oorüberkam. — Als er absteigt, strecken sich ihm Hande entgegen, Hände genug — er aber, er nimmt nur zwei und die küßt er! Wie ich nun meine Schwiegermutter an sehe, denn ihre Hände waren es — sehe ich ihre Augen leuchten, ihr Gesicht strahlen, daß es mir mit einem Schlage klar wurde, so hatte sie in ihrer Jugend aus gesehen, jo hatte mein Pa sie geliebt. Ader das durfte ja nicht aufkommen, und während ich an seinem Halse hänge, flüstere ich ihm zu: „Geh zu Ma!" Er tut es. Aber wie steht sie da? Steil wie eine Norne, rührt keine Hand, Lippen ganz dünn! Und nun mit dem gewißen abgehackten Tonfall: „Unbegreiflicher Unverstand — Pvdagraansall un ausbleiblich. Pflegerin vorneweg bestellen — Leine in Flanell — Grütze und Hafersuppe!" Abkühlender ist nie ein Wasserguß gewesen, und die Folge war, daß die Interessen de: Gesellschaft sich nun wirklich von Ma wandten 'Nichts Greifbares in Rücksichts losigkeit — o bewahre! Es spürte sich nur. daß den Leuten die Frau häufig nicht gefiel, und Laß inan sic mit einem ganz leisen, leisen Plump fallen ließ — ins Hefenfaß. Dabei konnte einem die arme Ma herzlich leid tun: sie brennt nämlich in Eifersucht, nein, sie loht förmlich in Groll auf die alle Liebe von Pa. Wenn sie davon nur den Schatten einer Ahnung gehabt hätte, niemals wäre ihrem Kinde Ler Sohn „jener Frau" angelobt worden. Daß Fred ihr von dem Moment der Entdeckung an ein anderer geworden, zeigte sich zuerst in einem Anflug von Gereiztheit, der allmählich in den Widerspruch zu allem, was Fred sagte und tat, überging. „Jetzt ist Fred „Dorn", „Sargnagel", all so was! Ja, ja, so stehen die Sachen in den Häusern Osrheim- Rütenbach! Das reine Katzenschießen, sage ich Ihnen! Dazu die Schulzäzen, die ich in ihrer riditülen Ehr barkett immer mehrere Male am Tage stark gereizt habe. Na, ich bekenne mich zu allem! Gute Nacht!" An der Türe wandte sich Agnete zurück: „Bis jetzt habe ich in Summa wenig Nettes zu berichten ge habt. Nun aber kommt etwas, das mir ehrliche Freude macht. Mein Opapa Hal heute seinen Besuch zugesagt, um mit meiner Schwiegermutter hier zu sammenzutreffen. Sie wissen schon, Wanda, Laß es im ganzen wenig Leute gibt, um Lic ich mir den Pelz gerade zerreiße; dieser Opapa aber ist „mein Mann"! Das Kinderglück, sobald es hieß: „Wir fahren nach Ostpreußen zum Ovapa", wird durch Paris, Rom und Kairo nicht ausgewogen. Es war einfach, um in irgendein Kissen zu beißen vor Heller Freude. Ich hoffe, er wird Fred gefallen und Ihnen auch, wie er La eben ist. So ganz aus einem Guß, der echte Ost preuße, im Dialekt, im Stolz auf seine Provinz, in seinem gesunden Selbstbewußtsein. Prahlt mit sei nem Gut, seinen Rindern und Schafen. Mit der ge wissen Spürnase für verschämte Armut — mit all denen, denen er aufgeholfen hat, da prahlt er nicht — und Las gefällt mir so an ihm! Ma hat 'n bißchen Angst vor ihm, auch Pa hat einen großen Respekt, und das wirkt dann so hübsch einigend auf die bei den. Nun, Sie werden za sehen." — (Fortsetzung in der Morgenausgabe.) ro/r 2^L. 723 :-r s s S -r Z I»sseol«ardorv»n Lelprix-klrxvltr, I-. Ooedel. s 6l'088Wct588l'i'3umke88eI: kin-, 2wei- und veeitlamm- I>0llplieS86< Kombinierte flammroke- kötu'snkeeeel 8olMskv88s1 l.okomodi!kv88kl 2sllulo8ekoobee. äppLeste tznelnvekrte Sleedsrdetteu terKeixelMMN uinl MeiMmixen Mobilien, Ware«, Aachläfien usw. übernimmt zu kulant. Bedingungen Auktionator und Taxator, LreS-ner Str. 5t (Tel. 19672). »7,10 8anid!Lap86ln (< ub. tz»>öl-8antul) Preis ./L 3.— «Innkvj» Tabor., Hamburg 23. Leipzig: 8nlt>monlr>-^potdeke, Krimmnis.ber Sbinweg l7. ai8öi HO wundervolle voll« A8rp«rsorm«n durch Lu» ärjll rmpl. NIKrpuIvrr .tdilorri«' Igel- zelchüki) t>rri»grkr. Berlin lSV4 2n 6 Wochen re Psd Sri«. Kon«. Zanah»«. Garant. unschiidUch Viel« tausend« Anerkennungen. «aetoa 2 M. p«r Vlachn. r.b« M. r llarton, fr. 6 M. N. Naut», Berlin Lreisenhagener Slrak« Vo. AK Depot und Versandt in Leipzig Lllgel- ^potkoke, Markt 13. ck,,lou tülMtwit F/nn V/'e-/ ML /.HO A-ane/rFL/z'/e .... Ä)zra!e/'/e/-c^e/r . . <?07-6se z «Iseyim kiktlbokuf 6. m. b. N. 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