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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110801018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911080101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911080101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-01
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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foMkche Umrcdau. Sanlavunü unü Ssusdelltzer. * Auf der in Chemnitz abgehaltenen Tagung des Deutschen Hausbesitzerverdandes schlug der Syndikus der Saarbrückener Handelskammer, Dr. Tille, der frühere Geichäftsführer der Orts gruppe Saarbrücken des Hansabundes, eine Reso- lution gegen den Hansabund vor, in der sich u. a. folgende stelle befindet: „Da der Hanfabund die Grund- und Hausunlernehmer grundsätzlich von seiner Mitgliedschaft ausschliejzt, die Wertvermehrung der Bodenunternehmungen für unverdient erklärt und ihre Beiteuerung im Reiche geiordert bat. 10 kann nach Ueberzeugung des Borstandes ein Anschluß an den Hanfabund nicht in Frage kommen." Dazu erklären die „M ltteilungen des Hansa bundes": „Die Behauptung, dast der Hansabund Vie Grund- unv Hausuifternehmcr von seiner Mitgliedschaft grundsätzlich ausschließe, ist einfach erfunden. Es und dem Hansabund die Grund- und Hausbesitzer ebenso willkommen, wie alle, die auf dem Boden seiner Richtlinien stehen. Zahlreiche Hausbesitzer und Hausbesitzervereine sind denn auch Mitglieder des Hansabundes. Auch die Behauptung, da» der Hansabund die Wertvermehrung der Bodenunter nehmungen lür unoerd ent erklärt habe, ist von An fang bis zu Ende unwahr. Der Hansabund hat vielmehr aus Grund der von ihm unter Zuziehung lühren ver Li reise des Haus- und Grundbesitzes ab gehaltenen Beratungen beim Wertzuwachs steuergesetz mit allen Kräften dahin gewirkt, daß die Interessen des Hausdesitzerstandes voll ge wahrt werden und nur der unverdiente, nicht aber der verdiente, durch eigene Tüchtigkeit und Tätigkeit des Besitzers herbeigesührte Wertzuwachs besteuert werde." Verfügung über Schutz üer Lanümirt. lchsft im Mnnöver. Bor einigen Tagen ist, wie der Korrespondenz „Heer und Politik" von militärischer Seite mitgeteilt wird, aus Anlaß der in kurzer Zeit bevorstel;enr«n Manöver eine Verfügung ergangen, die besonders Len Schutz der Landwirtschaft betrifft. In diesem Erlag werden die Landwirte darauf aufmerksam ge macht, daß zum Schutz der hauptsächlich zu schonenden Ländereien weithin pchtbare Zeichen ausgestellt wer den müssen, damit dies« Felder bei den Mannöver- übungen verschont bleiben. Es werden insbesondere Ge m ü s e k i^l t u r e n, frisch bestellte Fel der, H o l z s ch o n u n g« n , Saatklee, drä nierte Ländereien, Rübenfelder, Versuchs felder und Felder mit wertvollen Sämereien namhaft gemacht, da diese durch Benutzung beim Manöver beträchtlichen Schaden erleiden. Als Kennzeichen sind große Strohkränze an hohen Stangen, di« weit hin sichtbar sind, zu verwenden. Diejenigen Felder dagegen, die durch Manöverbenutzung nur geringen Schaden erleiden, sind gar nicht kenntlich zu machen, La sonst auH die Warnungszeichen für wertvolle Ländereien ^hren Wert verlieren. Fernerhin sollen zum Schutz für Mannschaften und Pferde alle ge fährlichen Stellen, wie Sumpfgegenden usw. durch schwarze Flaggen bezeichnet werden. Was zum Schutz gegen die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche veranlaßt wurde, wurde bereits mitgeteilt. Es ist nur noch die neue Bestimmung anzufügen, das; bei plötzlick)«m Auftreten der Maul- und Klauenseuche, oder anderer übertragbarer Er tränkungen, die etwa nach endgültiger Festsetzung der Manövereinzelhciten eintreten sollten, ein telegra phischer Bericht an den Landrat des betreffenden Kreises geboten erscheint, damit noch möglichst eine Abänderung der Einqartierung und anderer ähn licher Einzelheiten ins Werk gesetzt und alle die jenigen Massnahmen selbst in letzter Stunde ge troffen werden können, die zum Schutze von Mann schaften und Tieren und zur Verhütung einer weite ren Ausbreitung der Seuchen und anderen anstecken den Krankheiten notwendig und erfolgreich erscheinen. Di« telegraphischen Mitteilungen werten sofort vom Landrat an den für die Manöver in den betreffenden Kreisen in Betracht kommenden Truppenteil weiter gegeben. Es ist zu hoffen, dass diese Maßnahmen, die alle Möglichkeiten umfassen, zum Schutz der Land wirtschaft gegen Schädigungen durch die manövrie- renten Truppen ausreichen werden, und daß ins besondere eine weiter« Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche verhütet werden kann. Dürfen polnilche/irmenknoeuttrhIanübLltetzen. In Prag sind jüngst deutsche Firmen verboten woroen, da die deutsche Sprache nicht Landessprache ist. Zn Deutschland gibt es bekanntlich beionders im Osten Les Reiches eine Unmasse von polnischen Firmen. Reden den Gesell,chastcn mit beschränkter .Haftung sind es namentlich die eingetragenen Ee- nossenichasten, deren Firmen uns in pollu>ck>ein Ge wände enlgegentreten; in dieser Rechtsjorm, bei der nicht, wie bei den rechtsfähig«» Vereinen, aus dem Verbote politischer Zwecke eine Erschwerung erwächst, wenden sich die polnischen Vereinsbestrebungen in weitherziger Auslegung dem durch 8 1 des Gesetzes den Geosjenschastci^ zugewiesenem Zwecke zu. So fin den wir dte „Macwrz tascubska", ferner die „Spolkaa budowlana w Geanska", den „Kopier Konsumverein", die „Bank Kasczubski" und noch viele andere pol nische Firmen. Vom deutschen nationalen Stand- punkr aus ist diese Erscheinung bedauerlich, weil da durch der kleine Mann das Polentum als wirtschaft liche Macht vor Augen geführt bekommt. Läßt sich nun, so fragt Amtsrichter Dr. Rothe in der „Deutschen Juristenzeitung" etwas dagegen tun? Muß sich das Deutschtum solche Angriffe gefallen lassen? Juristisch ausgebrückt: Ist der Gebrauch der polnischen Sprache zur Firmenbezeichnung in Deutsch land gesetzlich zulässig? Ein Einwand ist von vorn herein abzutun: Darf man überhaupt an die Be antwortung „rein juristischer" Fragen von einem na tionalen Standpunkte aus herantreten? Der über aus objektive deutsche Richter ist geneigt, Er wägungen nationaler Natur in seinen Entscheidungen auszu'chalten, um nur ja nicht wirklich oder schein bar die Grenze der Objektivität gegenüber einem na tionalen Gegner zu überschreiten — und ist in Ge fahr, in den entgegengesetzten Fehler zu verfallen. Nein, man braucht wirklich noch nicht die „Ab wägung der Interessen" — zu denen doch auch natio nale Interessen gehören — auf seine Fahne ge schrieben zu haben, um doch den deutschen Richter nicht nur für berechtigt, sondern für verpflichtet zu erachten, innerhalb des Rahmens der Gesetze natio nalen Erwägungen Raum zu geben. Wohlgemerkt: innerhalb des Rahmens der Gesetze. Was sagt das Gesetz zu unserer Frage? Es schweigt. Steht man auf dem oben eingenommenen Standpunkte, Laß der deutsche Richter innerhalb des Rahmens der Gesetze nationalen Erwägungen Raum geben soll, so ist da mit bei der durch das Schweigen des Gesetzes ge gebenen Möglichkeit, so oder so zu entscheiden, die Frage der Zulässigkeit polnischer Firmenbezeich nungen bereits in verneinendem Sinne entschieden. Aber dieser Standpunkt wird nicht allgemein vom deutschen Juristenstande geteilt, deshalb müßen wir schon der Frage rein juristisch etwas näher treten. Man sagt: Wenn das Gesetz den Gebrauch der polnischen Sprache bei Firmenbezeichnungen nicht verbietet, so ist er eben erlaubt. Diese rein mecha nische Schlußfolgerung macht sich die Ausgabe, bei der Auslegung in den Geist des Gesetzes einzudringen, doch gar zu leicht. Es ergeben sich aus dem Gesetze eine Reihe von Gründen gegen die Zulässigkeit der polnischen Firmenbezeichnung. Die amtliche Sprache in Deutschland, vor allem die Gerichtssprache, ist die deutsche. Es sei zuzugeben, daß dieser Grund nicht durchaus zwingend ist: einen solchen gibt es beim Schweigen des Gesetzes überhaupt nicht, weder für die eine, noch für die andere Ansicht; und das Kammergericht hat denn auch diesen und andere Gründe für nicht ausschlaggebend erklärt. Aber ein anderer nicht gewürdigter Grund dürfte durchgreifen: Das Gesetz legt dem Richter hinsichtlich der Erforder nisse der Firmenbezeichnungen eine weitgehende Prüfungspflicht auf. Wie kann er Lieser gerecht wer den, wenn die Bezeichnung in einer ihm nicht ver ständlichen Sprache abgefaßt ist? Verlangt das Ge setz etwa, daß er Polnisch lerne? Oder soll er auf Dolmetscher und Lerika angewiesen sein, bei deren Benutzung oft den Mißverständnissen Tür und Tor geöffnet lind? !lnd wie nun, wenn die Bezeichnung ans gewißen taktischen Gründen dem antiquierten Sprachschatz entlehnt ist. und deshalb, was vor gekommen ist, Dolmetscher und Lerika versagen? Nein, die dem deutschen Richter auferlegte Prüfungs pflicht schließt notgedrungen den Gebrauch einer ihm unbekannten Sprache in der Firmenbezeichnung aus. Deutsches Keich. Leipzig, 1. August. * Zur Krisis im Zentralverbande. Die Miß stimmung, welche bei den bisherigen Mitgliedern des Zentralverbandes Deutscher Industrieller gegen dessen Haltung besteht, kam auch in der letzten Bor standssitzung des Verbandes Ostdeutscher Industrieller zum Ausdruck. Ein Beschluß, aus dem Zentralverbande auszutreten, wuroe nur dadurch verhindert, daß die Angelegenheit formell nicht auf der Tagesordnung stand. Dieser Beschluß soll nunmehr durch die nächste Borstandssitzung her- beigcführt werden. Wäre der Austritt aus dem Zentralverbande insbesondere in der Mitglieder versammlung des Berbandes Ostdeutscher Industri eller zur Beratung gekommen, so wäre er mit sehr großer Mehrheit beschlossen worden. * Gefangennahme des Hercrokapitäns Kanjemme. Im Sandfetd Südafrikas sind, wie der soeben aus Windhuk eingetroffcne „Südwestbote" zu melden weiß, der berüchtigte Hererokapitän Kanjemme festge nommen und mehrere Hererowerften aufgehoben worden. Auf Anzeige zweier ins Sandfeld gezogener Südwester, daß sich dort zahlreiche Hererowerften be finden, hatte das Gouvernement eine Patrouille ins Sandfeld gesandt, die den gefährlichen Kapitän Kanjemme nebst Südwesthereros jetzt gefessetl in Windhuk eingebracht hat. — Kanjemme hat nn Jahre 10VZ drei Polizeisergeanten in Otjiruo ermordet und ist darauf in das Landfeld geflohen, wo er unter seinen Stammesgenossen eine jährende Rolle spielte. 0. Mit der Reform der akademischen Disziplinär gesetzgebung hat sich am Sonntag und Montag in Berlin eine Konferenz beschäftigt, an der Ala- demfter und Studenten aus zahlreichen deutschen Universitätsstädten teitna'.men. E'ne kleinere Bor kommission hatte bereits einen vollständigen Gesetz entwurf zu einer Neuregelung der Rechtslage der Studentenschaft ausgearbeitet, über den eingehend diskutiert wurde. Der in einigen Punkten motivierte Entwurf wird demnächst der Regierung als Material überreicht werden. * Schaffung einer „Internationalen Welkzentrale" gegen die Schmutzliteratur. Wie der „Inf." geschrie ben wird, verdankt die im Berliner Polizeipräsidium neu eingerichtete besondere Abteilung zur Bekämpfung des Schmutzes, die der Theaterabteilung (Abt. VIII) ungegliedert worden ist, ihre Entstehung dem internationalen Abkommen der Kulturstaaten vom Mai vorigen Jahres. In dem Abkommen war vereinbart, dä>; bis zum Sep tember 1911 die Kulturstacuen Zentral stellen zur Bekämpfung des Schmutzes in Wort und Bild einzurichten hätten. Die Zentralstelle für Preußen ist nun im Berliner Polizeipräsidium in Gestalt der oben erwähnten Abteilung im Entstehen begriffen. Jetzt sott eine internationale Weltzentrale geschaffen werden, mit der die deutsche Zentrale in Verbindung treten wird. Die deutsche Zentrale wird die Aufgabe haben, den Handel mit unzüchtigen Schriften sowohl im Inland wie auch die Einfuhr aus dem Aus- land zu überwachen. Außerdem wird sie als Zentralstelle für Mitteilungen anderer preußischer Polizeibehörden fungieren und wird diese Mittei lungen, soweit sie für das Ausland von Interesse sind, an die Internationale Weltzentrale weiter geben. Endlich obliegt ihr der lokale Dienst für 1 Berlin nicht nur in der Ueberwachung des lokalen Handelns mit unzüchtigen Schriften, sondern auch der Kinematographen - Theater, der Vereine usw. Die Zentrale umfatzt vorläufig nur Preußen. Die Frage der Einrichtung einer Reichs zentrale unterliegt noch der Erwägung der maßgebenden Faktoren. * Boykottierung der deutschen Bäder durch die Polen. In dem zu Wilna erscheinenden „Kurjer Wilenski" fordert Joseph Hlasko aus, die deut schen Bäder zu boykottieren, indem er ich darüber empört, daß aus dem nicht reichen Galizien jährlich etwa 17 Millionen Mark nach deutschen Bädern flössen. Nach den „Mitteilungen des Ver eins für das Deutschtum im Ausland" erblickt er hierin einen mangelhaften wirtschaft lichen Patriotismus der polnischen Aerzte. Zum Schluß ermahnt er seine Landsleute, Zoppot nicht als ein deutsches Seebad zu betrachten und es nach her nicht in den nationalen Boykott einzubeziehen, da es sich auf dem Boden der früheren polnischen Republik befinde. Das führende Polenblatt in Posen, der „Kurjer Poznans! i", meint hierzu, diele Ausführungen gälten zwar in erster Linie den Polen in Russisch-Litauen und in Galizien, verdien ten aber auch die ernsteste Beachtung des preußischen Polentums. * 5VVV Pfund für Ingenieur Richter. Zum Stande der Rettungsaktion für den im Olymp gefangenen deutschen Ingenieur Richter erfährt die „Neue Preußische Korrespondenz" von türkischer Seite, daß sich die Bestrebungen zur Befreiung Richters in zwei Richtungen bewegen. Während die türkische Regie rung den Räubern durch militärische Machtmittel beizukommen sucht, bemüht sich die deutsche Botschaft in Konstantinopel, die Rettung Richters durch Zah lung des verlangten Lösegeldes zu bewirken. Der deutsche Konsul ist deshalb mit einer Summe von 5000 türkischen Pfund in dte Berge ab gereist, um Fühlung mit den Räubern zu gewinnen, deren Spur bisher allerdings noch nicht gefunden ist. Da auch über die Mittelsleute der Briganten Zu verlässiges nicht bekannt ist, ko läßt sich über den Erfolg de, Unternehmens kem Anhalt gewinnen. Noch geringere Aussichten, zum Ziele zu gelangen, dürfte allerdings das militärische Vorgehen gegen die Räuber haben, so daß die Initiative der deutschen Regierung in jedem Falle volle Anerkennung ver dient. * Ter Unterseebootsdienst in der Kaiserlichen Marine. Die Besatzung unserer Unterseeboote setzte sich bisher aus Leuten zuiammen, die bei den ein zelnen Marineteilen eingetreten waren und sich erst später freiwillig für den Dienst auf den Untersee booten meldeten. Nachdem jedoch eine besondere Unterseebootsabteilung gebildet worden ist, tritt jetzt eine Aenderung insofern ein, als diese Abteilung zum 1. Oktober d. I. zum ersten Male selbständig Frei willige als Maslhinistenanwärter einstellt. Für junge Leute im Alter von 17 bis 20 Jahren, die gelernte Elektrotechniker, Maschinenschlosser (besonders für Gasmotoren und Oelmotoren oder Mechaniker sind und bei der Unterseeboots- Abteilung in Kiel als Dreijährig-Freiwillige für die Unterleebootsma'chinisten- lUnterosfftier-l Lauf bahn eintreten wollen, empfiehlt es sich daher, ihre Einstellungsgesuche, denen ein Lebenslauf mit Adresse, ein von der zuständigen Ersatztommüsion uusgefer- tigter Meldeschein, sowie die Lehr- und Arbeits papiere über eine mindestens dreijährige praktische Tätigkeit beizufügen sind, umgehend an das Kom mando der genannten Abteilung einzuienden. Die Beförderungsverhältniße in dieser neuen und inter essanten Laufbahn sind günstige. Nähere Auskunft erteilt die Unterseeboots-Abteilung. * Die Lehrerinnen gegen die Antiqua. In den Kreisen der deustchen Lehrerinnen ist eine lebhafte Agitation gegen den Lateinschriftzwang in die Wege gelei et, und es werden Unterschriften in großer Zahl zu Eingaben an den Reichstag gesammelt. Die Stellungnahme der Lehrerkreiie in dem Kampf für oder gegen die Altschrift ist bekanntlich geteilt; der Lehrerverband hat sich aui die Seite der Beiürworter des Lateinchriftzwanges gestellt, während der Berliner Reltorenverband einmütig für die Er haltung der Fralturschrift eintritt. Im Reichstag hat sich die Petitionstommission einstimmig im Sinne der Petition des Altichriftverbandes aus gesprochen, welche die Beseitigung der Fraktur und die zwanae-weise Einführung der Lateinschrift fordert. Bei der Abstimmung im Plenum wurden jedoch nur 82 Stimmen für die Altschrift und 85 für die Bei behaltung der Fraktur ab egeben. Da mit der Wabricheinlichleit gerechnet wird, daß der Reichstag in absehbarer Zeit nochmals zu der Frage Stellung nimmt, hat der Ausschuß zur Abwehr des Latein schriftzwanges, der im Anfang dieses Jahres ge bildet wurde, erneut seine aufllürende Tätigkeit be gonnen. Äuslsnü. Frankreich. * Tie französischen Herbst - Flotten - Manöver. Marineminister Delcassd hat die Pläne der großen Herbst Flottcn-Manöver genehmigt. Danach werden diese am 1. September mit einer Flotte nrevue vor Präsident Fallieres auf der Höhe von Toulon beginnen und bis zum 11. September währen. Am 9., 10. und 11. September sotten taktische Hebungen im großen Verband stattfinden, nach dem die vorhergehenden Tage der Lösung gewisser Sonderausgaben gewidmet waren. * Reue Sabotagesälle. Nach dem P o st ge b äud e von Poitiers, Las am 26. Juli abbrannte, ging am Sonntag das von Rennes in Flammen auf. Man müßte diese ausfallenden Feuersbrünste auf die herrschende Hitze, Blitzschläge, Kurzschlüße zu rückführen, kann aber den Verdacht nicht bannen, daß es sich auch hier um verbrecherische An schläge handelt. Die Postleute haben ebenso ihren Ausstand gehabt wie Lie Eisenbahner. Auch sie wurden, wenngleich in äußerst geringem Umfang, gemaßregelt. Auch ihre Gewerkschaft :jt von den anarchistischen Grundsätzen Les allgemeinen Arbeitsbundes durchseucht, und dieser macht kein Hehl daraus, daß ihm derzeit die planmäßige Vernichtung des Staatseigentums und Zerrüttung aller öffentlichen Dienste die zweckmäßigste Methode Les Kampfes gegen die bestehend« Ordnung scheint. Schwei;. * Ein deutsch-schweizerischer Zwischenfall? Mehrere Pariser Morgenblätter berichten von einem deutsch-schweizerischen Erenzzwischcnfall. Der Ar beiter Schaub aus Basel habe kurz nach Ueber- schreiten der Grenze auf deutschem Gebiet einen am Straßenrand stehenden Wagen bestiegen, um Pflaumen von einem Baume zu pflücken. Ein Grenzwächter sah dies und rief den Schaub an. Als dieser herabstieg und weitergehen wollte, feuerte der Wächter zwei Schüsse auf ihn ab. Dann wurde der Schwerverwundete auf einem Karren nach St. Ludwig gebracht. Hier erklärte ein Arzt, er müsse unverzüglich ins Krankenhaus zu Basel übergeführt und dort operiert werden. Nach sechsstündigem qualvollen Transport bei mörderischer Hitze langte der schwerverwundete Schweizer in Basel an, wo er kurz nach der Operation im Hospital starb. Tie eine Kugel war ihm in Len Unterleib gedrungen und hatte hier edlere Teile verletzt. Die Pariser Preße, die mit sichtlichem Wohlgefallen diese Angelegenheit aufbauscht, erklärt, daß der deutsche Erenzwärter bisher wegen seines Verhaltens noch nicht zur Rechenschaft gezogen worden sei und daß Lie deutsche Behörde auch noch nicht ihr Bedauern über den Tod Schaubs, der eine Witwe mit vier unmündigen Kindern hinterläßt, ausgedriickt habe. Die Schweizer Behörde gedenke, wegen des Vorfalles in Berlin vor stellig zu werden. England. * Der Marinevertrag mit den Kolonien. Dem Unterhause von Kanada ist der Marinevertrag zwischen England, Australien, Kanada und Neusee land oorgelegt worden. Nach diesem Vertrag sollen Lie Flotten der drei Kolonien ihren eigenen Regie rungen unterstellt sein, die Disziplin und Dienstvorschriften aber Lenen der eng- lischen Flotte gleich sein. Die Schiffe der Kolonialflotten werden Lie englische Kriegsflagge tragen. In fremden Gewässern werden die Kolonial schiffe sich mit der englischen Admiralität in Ver bindung setzen und ihren Befehlen folgen. Wenn englische und koloniale Schiffe Zusammentreffen, hat der ältere Offizier in allen Dingen, die sich auf Zere moniell und internationale Höflichkeit beziehen, den Vorrang. Die englische Admiralität stellt den Ko- lonialflotten Offiziere und Mannschaften nach Be darf leihweise zur Verfügung. In Manövern sollen koloniale und britische Flotten zusammen- wirken. Sobald im Kriegsfälle koloniale Flotten oder Teile derselben der Reichsregierung zur Verfügung gestellt worden sind, werden sie in die englische Flotte eingereiht und unterstehen deren Ad miralität bis zum Friedensschlüße. Italien. * Der französische Botschafter Camille Varrere hat seinen Sommerurlaub beendet und ist in den Palazzo Farnese zurückgekehrt. Da Barrere ursprüng lich erst im Herbst wieder auf seinen Posten zurück zukehren gedachte, mißt man seiner früheren Ankunft in Rom größere politische Bedeutung bei und glaubt. Laß seine Anwesenheit mit den schwebenden Marokkofragen und deren Lösung in Zu sammenhang zu bringen ist. Spanien. * Kampf ßwlscheu Republikanern und Carlisteu. Vor dem Gefängnis in Barcelona kam es Sonn tag nachmittag zwcichen Republikanern und Earftsten zu einem blutigen Zusammenstoß. Mitglieder beider Parteien hatten gefangene Parteifreunde im Ge fängnis besucht. Am Gefängniseinaang kam es Labei zu Reibereien, die bald in Tätlichkeiten aus arteten. Als die Polizei auf dem Platz ersmien, wurden bereits auf beiden seilen Revolvers chüsse ab gegeben, durch die zwei Personen schwer verletzt wor den sind. Die Polizei nahm mehrere Verhaf tungen vor. * Vom Hofe. Anläßlich der Reise der Königin von Spanien nach der Schweiz wurde aus Paris die Nachricht verbreitet, Lie Königin habe den Kron prinzen mit sich genommen, um sich wegen deßen angeblicher Stummheit an ausländische Aerzte zu wenden. Wie man uns aus Madrid meldet, ist die'e Behauptung vollständig unwahr. Kronprinz Al fonso ist in jeder Beziehung normal entwickelt, und das wiederholt verbreitete Gerücht von seiner Stummheit ist eine Erfindung. Es ist auch nicht der Kronprinz, sondern Ler zweitgeborene Prinz Jaime, der sich mit der Königin in der Schweiz be findet. * Sicherung der spanisch-portugiesischen Grenze. Von La Eoruüa sind zwei Kompanien Infanterie zur Unterstützung der spanischen Grenzposten an die portugiesische Grenze astgcgangen. Die freundschaft lichen Vorstellungen der Lissa oner Regierung in Madrid dürften diesen S stritt bewirkt haben. Minister präsident Canal ejas hat dem portugiesischen Ge sandten die Versicherung genest«», daß er aus keinen Fall Ucbergrilie portugiesischer Monarchisten, die von spanischem Gebiet aus Einfälle nach Nord portugal planen, dulden wird. Serinen. * Eins serbische radikale Agrarpartei. Unter der Bauernbevölkerung Serbiens macht sich eine heftige Opposition gegen die 2 t e u e r p o l i t'. k der radikalen Regierungspartei geltend, die zu einer starken politischen Agitation unter d«r Agrar-Bevöl kerung geführt hat. Die kleine, aber zähe serbische Sozialistenpartei versucht die Landbevölkerung für sich zu gewinnen. Zugleich werden, wie die „Stampa" meldet, Bemühungen gemacht, eine selbständige radi kale Agrarpartei zu bilden, die gegenüber der radi kalen Regierungspartei die Interessen der serbischen Bauernschaft in der Skupjchtina vertreten soll. Rumänien. * Ausfall der Herbitmanöver. Die diesjährigen Königsmanöver sino a b g e j a g t worden, weil in folge der großen Uesterjchwemmungen die Befürchtung besteht, dag die Verpflegung der Truppen Schwierigkeiten begegnen wird. Lüri'.rl. * Frievensschluß in Albanien. Die in Wien aus Albanien eingetrojsenen Nachrichten lassen erkennen, Laß bas Rückgrat der Aufständischen gebrochen ist und daß es nur eine Frage von wenigen Stunden jein dürfte, bis von allen Minaretts Ler Äue,zzin den Gläu bigen verkündet werden kann, Laß Frieden im Lande herrscht. Die Malisjorensührer haben sich entschlossen, ihre Forderungen auf 12 Punkte zu reduzieren, die ungefähr mit denjenigen Kvnzrßionen übeieinslimmen dürften, die üie Pforte zu machen gewillt ist. Noch vor Ablauf des Wafftnstillstanoes, der am 1. August sein Ende erreicht, dürste der Friede geschloßen sein. Auch König Nikita hat eingesehen, daß sein Traum von der Wiederaufrichtung des groß-serbischen Reiches nicht jetzt in Erjüllung gehen dürfte und rät zum Frieden. Da ein friedliches Montenegro den aufstän dischen Albanesen keine Unterstützung mehr gewähren kann, so sehen diese ein, Laß es das beste ist, vor läufig die ihnen von den Jungtürken oargebotene Hand zum Frieden zu ergreifen, und mit denjenigen Zugeständnissen an ihre nationale Eigenart vorlieb zu nehmen, die ihnen die Sieger in weiser Mäßigung zuzubilligcn gewillt sind. * Veränderungen in der türkischen Diplomatie. Der am Freitag erfolgte Tod des türkischen Bot schafters in Paris Abdullah Raum P a s ch a wird zahlreiche Veränderungen in der Besetzung türkischer diplomatischer Vertreter zur Folge haben. Folgende Neubesetzungen sind in Aussicht genommen: Nach Paris dürste R e , ch o d Pascha, der bisherige tür kische Botschafter in Wien, gehen. Für Len frei werdenden Wiener Posten ist der türkische Vertreter in Nom Kiasim Pascha in Aussicht genommen. Als Kandidat für den römischen Botschafterposten wird der Minister des Aeußeren Nif aat Pascha genannt. An Stelle des bisherigen diplomatischen Vertreters im Haag A r i st a r ch i Bey wird der jetzige türkische Generalkonsul in Paris den Ge sandten Posten übernehmen. * Die Lage im Jemen Wie dem „Neuterschen Bureau" aus Kunfuda unter dem 25. Juli gemeldet wird, ist die Lage in Assar unbefriedigend. Die Streitmacht Mohammed Alis liegt untätig bei Djisan. Es wurden große Verstärkungen aus Kon stantinopel ei wartet. Dreitausend Mann sind be reits in Hodeida gelandet. Torghut Schewle,t Paicha, der frühere Oberbefehlshaber in Albanien, wird vermutlich Izzet Pajcha im Oberbefehl vom Jemen ersetzen. Persien. * Mohammed Ali entsetzt seinen Sohn. Nach einer Meldung aus Teheran hat die erste gegen den Ex sultan Mohammed Ali gerichtete Truppenabteilung in Stärke von 2000 Mann die persische Hauptstadt ver lassen. In Astrabad hat Mohammed Ali seinen Sohn, den jetzigen Sultan, enterbt und von der Nachfolge auf den Thron ausgeschloßen, während er gleichzeitig seinen Bruder Schua-es-Sultaineh zum alleinigen Thronfolger proklamiert. Tripolis. * Der „Hamidije" für Tripolis. Der auf der Fahrt von England nach Konstantinopel befindliche türkische Kreuzer „Hamidijc", der an der Flottenrevue von Spithead teilnahm, hat Befehl er halten, vorläufig als Stationsschiff in den tripoli- taniscben Gewäßern zu kreuzen. Der „Hamidije", der in Elswick gebaut ist, besitzt bei einer Waßeroer- dränaung von 3K00 Tonnen eine Besatzung von 300 Mann. Das Schiff ist acht Jahre altz In ita- lienilchen Kreisen erregt di« Stationierung de« Schiffes in Tripolis berechtigtes Aufsehen. Uruguay. * Uruguayische Bahnkante». Die Kaufmannschaften mehrerer süduruguayiicher Städte haben bei der Re gierung in Montevideo den Bau einer Bahn von Maldonado nach Minas und Rocha gefordert Die Behörden dieser drei Städte haben sich zur finanziellen Unterstützung des Bahnprojektes bereit erklärt.
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