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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.07.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110707011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911070701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911070701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-07
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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rvezugSPrei» L«zeigeu-prei« M U«U»I»S »nd v»r»rr» »»ich »»1«, Iraan und Ep«dtt«»r» r»«l t4»ttch >n» »au» grdrachl A> PI. «»nalU. 2.7V Ml. »i«n»Uührl Ve« unl»r» Ftltal», ». An. nadm,K»Ü«n udaehoU iS P«. „«U. LL Ml. »t»a«ttihrl »«ch «» V«»> mnrrhal» S)«r,chlano» an» o«, d«tt1ch«n «°lon,»n ot»N»ljädrl. ».« Ml., m»naU. l.M Ml. <n»»jchl. PoUdeftrUgetd Fernrl Ni V«t,r«i>, Dänemark, den Donavftaattn. Ikaltrn. Uuremduia. Nkederlanb», R»i. w^«n Offt«n«tch.U»,-r». X»»land. Schweden, Echwrk« ». Spanten. In allen üdnuen Staaten nar »tielt ourch dt« <b«>chäN,ll«ll, de» Blatte, »rpälutch. Da» u«»pt»a« Lagedtao «lchauu »mal täglich. Sann» «. 8«t»Nag» »ui morgen». Adannem«n»»»>llnnadm« 2»da»»»«g»Il« 8, det »nlrren Dräger». Atlialen Sp«dltr»r«n und tllnnahmeftellen, lawie Boltämtern »nd Bnestragern. ttt»,«l»,,ka»i»pr«t» »Pi. Morgen-Ausgabe. KiMKrTaMatt f li ssr l«»cht.»lcht»tz» TeU-Anschl. i i« «s» jl4KS4 Handelszeitung. s148S2 l«»cht»»Ichl«v Tel.-Anschl.^ i4 8sr t 14 Ämtsklatt des Rates und des Rokizeiamtes der 2tadt Leipzig. Mtl« I vkl.,»«« «»»wärt» M P!. SleNamen llll Ml. Inlrrat« »an vedirden »m amt. Uch«» T«U dt» B«ttl>etl« so B! S»lchLtt»an,B,«n «tt «latzvarlchrilien a t, dar Ld«a»a»»gad« t» Vretl» erhöbt. Ladatt nachlartl. Betlagegedübr Selamt- «slag« S Ml. p Ia»I«»d »kl. PaNgedilbi Tetldetlag« büher. Seltenem« Äufträa» könne» nicht turüik. a«j»g«n »erde«. Mil, da» Erlchetnen an dektmmlen lagen und Plagen wtr» k«t»e Sarantle üdarnommen. ll»,r»,»n. «nnadnr». 2»d»»»„,»Il« «, bei iamtltchea Atltale» ». allen llnaoncen- Llpebltione» de» 2n- «nd La»la»d«». »»» «ert», »«» Uetpgtgr, Tage- »lalle» S. d«l». Intzader: P«U Ullrtre». NedaMo» »ad S«Ichilr»lt«ile: Iohanntagoll« d. --»»«»AtNal» De,«»,»: SeeUiag» 4.1 tTalepbo» «021). Nr. 186. /relisg, üen 7. Juli >SIl. 105. Jahrgang. Die vorliegende Aufgabe umfaßt 20 Leiten. Das Wichtigste. Der Kaiser ist aus seiner Nordlandreise am Donnerstag in Stavanger eingetroffen. (S. Dtschs. R. u. Letzte Dep.) * Die deutsche Abteilung der von Sir Ernest Cassel ins Leben gerufenen „König Eduard VII. britisch-deutsche Stiftung" kon stituierte sich am 4. Juli in Berlin. (S. d. bes. Art.) * Unter den marokkanischen Stämmen in der Umgebung von Agadir nimmt die Gärung zu. (S d. bes. Art.) * Die Gerüchte von monarchistischen Un ruhen in Lissabon werden von Lissabon und Madrid aus dementiert. (S. Ausl.) * Auf dem Wannsee wurde ein besatzungs loses Fernlenkboot vom Erfinder vorgeführt. sS. d. bes. Art.) Das befrieüigte Zentrum. Nachgiebigkeit kann ein Akt abwägender Klugheit, aber auch ein Beweis für ängstliche Schwäche sein. Eilt es den Gewinn eines höheren Ziels, das rücksichtsloser Starrheit un zugänglich bleibt, wird niemand ein rücksichts volles Entgegenkommen tadeln, wenn es eben zu dem erstrebten Ziele führt. Wird aber ein berechtigter Standpunkt, eine bewährte An schauung um kleinlicher Vorteile willen preis gegeben, dann verdient eine derartige Unter werfung den Tadel aller billig Denkenden. Als kürzlich der konservative Reichstagspräsi- dcnt Graf Schwerin-Löwitz in Treptow an der Tollense vor seinen Wählern sich zu der uns ganz selbstverständlichen Ansicht bekannt hatte, daß er „das Bestehen der Zentrumspariei in Deutschland nicht für erfreulich halte", begann in der ultramontanen Presse ein gewaltiges Wettern. In Zentrumskreisen fühlte man sich sehr unangenehm berührt, weil der Reichstags präsident in seiner Eigenschaft als Abgeordneter eine alte Wahrheiten einer eigentlich noch recht zurückhaltenden Form ausgesprochen hatte, und auch verschiedenen Organen der Rechten, die außerordentlich starken Wert auf den Fort bestand des schwarzblauen Bundes legen, schien diese Aeutzerung unpassend. Die Zentrumspresse begnügte sich aber nicht mit ihrem Widerspruch, sie forderte vielmehr Erklärungen von der konservativen Parteileitung über deren Stellung zu dem Urteil des Grafen Schwerin. Dem unausgesetztenDrängen istnunmehrnach- gegeben worden; die parteiamtliche „Konservative Korrespondenz", die eben erst in der Frage der Stichwahlparole den Grafen Schwerin mit seiner Ansicht im Stiche gelassen hatte, desavouiert ihn in unzweideutiger Weise zum zweiten Male: „Es verdient festgestellt zu werden, daß es sich hier um eine von dem Herrn Redner selbst zu verantwortende persönliche Meinungs äußerung handelte. Aus diesem Grunde ist auch davon Abstand genommen worden, an dieser Stelle zu der Rede Stellung zu nehmen. Immerhin soll nicht verschwiegen werden, daß weite Kreise der konservativen Partei der Gesamtauffassung des Herrn Grafen von Schwerin-Löwitz nicht beizu treten vermögen." Das gute Wort von der „unerfreulichen Erscheinung" des Zentrums wird damit also nicht nur seiner Allgemeingül tigkeit entkleidet, sondern es wird darüber hinaus auch noch betont, daß „weite Kreise" der Konservativen dieser Auffassung nicht beizutreten vermögen, also in dem Zentrum eine nutzbare Partei sehen, mit der man es halten, aber nicht verderben soll. Die dankbare „Germania" be eilt sich denn auch, dafür die nötige Quittung auszustellen, und erklärt „den Zwischenfall, so weit die konservative Partei in Betracht kommt, als erledigt." Aber mit dieser löblichen Unterwerfung ist das selbstbewußte, an Uniformität der Anschauungen gewöhnte und darum jede abweichende Meinung scharf be- fehdende Zentrum nicht voll befriedigt. Es verlangt ein weiteres Opfer, denn die „Ger mania" schreibt ausdrücklich: „In bezug auf den Reichstagspräsidenten ist da» — die Er- ledigung des Zwischenfall» — leider nicht der Fall." Das heißt aber mit anderen Worten: Graf Schwerin muß auch noch selbst revozieren. Diesem unerbittlichenBerlangen desZentrums ist inzwischen leider auch, wennschon in bedingter Form, entsprochen worden. Graf Schwerin hat der „Kreuzztg." eine Auslassung zugesandt, in der er zunächst die hitzige Preßfehde über eine vom Zentrum inkriminierte Bemerkung „aufs äußerste bedauert". Dann nimmt er einen Anlauf zu abweisender Kritik: für die Politik des Zentrums seien bei der letzten Reichsfinanz reform doch „in hohem Maße p arteipolitische Rücksichten bestimmend" gewesen. Aber diese erfreuliche Feststellung erfährt gleich im nächsten Satze eine wesentliche Einschränkung insofern, als dem Zentrum ausdrücklich bezeugt wird, daß diese Politik „eine den Reichsinter essen durchaus entsprechende" gewesen sei. Weiter hält Graf Schwerin an seiner „vom evange lischen Standpunkte aus doch ganz selbstverständ lichen Ansicht" fest, daß das Bestehen der Zentrumspartei in Deutschland „nicht er freulich" zu nennen sei. Aber auch auf dieses wichtige Bekenntnis folgt eine stark einschränkende Bemerkung: „Ich denke gar nicht daran, dem Zentrum zu bestreiten, daß es zu den nationalen Parteien zu rechnen sei." Damit wird aber der ungemein vorteilhafte Eindruck, den die Aeußcrungen des Grafen Schwerin über das Zentrum hervorgerufen hatten, sehr abgeschwächt, wenn nicht gar ganz ausgetilgt. Die „Ger mania" wird nicht zögern, nunmehr auch dem Grafen zu absolvieren. Das Zentrum hat also in dieser Fehde auf der ganzen Linie glänzend gesiegt. Mögen parteitaktische Erwägungen für die Stellung der „Konservativen Korrespondenz" und des Reichstagspräsidenten ausschlaggebend gewesen sein, in weiten Schichten der Bevölke rung wird man diese höchst überraschende Nach giebigkeit schlechterdings nicht verstehen Seit der Reichsgründung ist das Bewußtsein von der Reichsfeindlichkeit des Zentrums tief im Volke eingewurzelt, seit den Tagen Bis marcks hat das Volk immer wieder markante Handlungen oder Unterlassungen des Zentrums erlebt, die diesem Bewußtsein neue Nahrung zufügen mußten. Die ganze Geschichte und die politische Haltung des Zentrums rechtfertigen es darum, wenn das deutsche Volk, soweit es nicht romhörig ist, mit dem Altreichskanzler im Zentrum noch heute eine „national gefähr liche" Partei erblickt, die „berechnet ist auf die Zerstörung des unbequemen Gebildes eines Deutschen Reiches mit evangelischem Kaisertum". Konstituierung üer Ernest-Lallel-Stiftung. Die von Sir Erne st Cassel ins Leben gerufene „König Eduard VII. britisch-beutsche Stiftung", Deutsche Abteilung, konstituierte sich am 4. Juli in einer im preußischen Herrenhause abgehaltenen Sitzung des vom Kaiser berufenen Berwaltungsrates. Zum Vorsitzenden wurde Staatsminister Dr. Graf o. Posadowsky-Wehner, zu seinem Vertreter der Vorsitzende des Direktoriums der Hamburg- Amerika-Linie, Vallin, gewählt. In der Sitzung wurden die Grundsätze für die Verwendung der Stis- tungserträge festgelegt, die bekanntlich in erster Linie zur Unterstützung großbritannischer, in Deutschland in Not geratener Staatsangehöriger, dienen sollen, und die weiterhin zu Stipendien für Studienzwecke in Deutschland Verwendung finden können. Die un mittelbare Verwaltung der Stiftung erfolgt durch einen Verwaltungsausschuß dem Oberpräside^rt a. D. Wirkl. Geh. Rat v. Löbell als Vorsitzender, Mini sterialdirektor Dr. Lewald als Vertreter und Bankier Dr. Max Warburg (Hamburg) als Schatz meister anqehören. Der Derwaltungsrat, an dessen Sitzung außer den Genannten noch Staatsminister Dr. Frhr. v. Thielmann, Geh. Kommerzienrat Eduakd Arnhold und Dize-Obe-rzeremonienmeifter v. d. Knesebeck Teilnahmen, meldete dem Kaiser paar die Konstituierung und sandte ein Dank- und Begrüßungsielegramm an den Stifter Sir Ernest Cassel. Auf das Telegramm an den Kaiser erging an den Geh. Rat v. Löbell nachstehende Antwort: „S. M. der Kaiser und König haben die Mel. düng von der Konstituierung des Derwaltungsrats der König Eduard VII. britisch-deutschen Stif tung, Deutsche Abteilung, und von dem Beginn seiner Tätigkeit mit lebhafter Freude Kenntnis genommen und lassen vielmals danken. Allerhöchst- dieselben hoffen zuversichtlich, daß dem Wirken der Stiftung reicher Segen im Sinne des hochherzigen Stifters beschißen sein möge. Auf allerhöchsten Befehl der Geh. Kabinettsrat i. v. v. St r e m p e l." Die Verwaltung der Stiftung befindet sich vom 1. August ab in Berlin, Behrenstraße 47. Der Sekretär der Stiftung, an den alle Gesuche und An fragen zu richten find, ist Steffen. Ngaüir. Aus Berlin wird uns von unserem ,1.-Mitarbeiter gedrahtet: Wenn in Pariser Meldungen erklärt wird, der auf seinen Posten zurückkchrende Botschafter Cambon habe keine Aufträge seiner Regie rung mitgenommen, da erst die Heimkehr des Ministers des Aeußern be Seloes aus Holland abge- wartet werden solle, so kann das von allen, die eine schnelle Erledigung der marokkanischen Angelegenheit wünschen, nur bedauert werden. Jedenfalls kann Herr Cambon bei dem raschen Wechsel der franzö sischen Minister des Aeußern und dem persönlichen Einfluß, den man ihm zuschreibt, als der berufene Unterhändler mit dem Deutschen Reiche erscheinen. Da er nun einmal zurückkehrt, darf man doch wohl annehmen, daß er mit dem deutschen Auswärtigen Amt alsbald Fühlung nehmen, und daß zum min - destens Besprechungen cnformatori- schen Charakters stattfinden werden. Die Mei nung, daß die Angelegenheit in 10 Tagen erledigt sein würde, war von vornherein völlig unglaubhaft. Es werden immer von neuem ""„lüste zur Verzögerung auftauchen. Die Marokkointerpellation der württembergischen Sozialdemokraten, die bereits gestern angekündigt wurde, ist in der Zweiten württembergischen Kammer am Donnerstag eingebracht worden. Sie hat folgenden Wortlaut: „Ist die Königliche Staatsregierung bereit, Aus kunft darüber zu geben, erstens, ob vor der Entsen dung des deutschen Kriegsschiffes nach dem Hafen von Agadir in Marokko der Bundesratsausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu sammenberufen worden ist: zweitens, ob sie auf Grund ausreichender Informationen diese Aktion billige und sich davon überzeugt habe, daß hier durch die zurzeit bestehenden freundlichen Be ziehungen des Deutschen Reiches zu den euro päischen Mächten nrcht gestört werden." Eine Enttäuschung für Frankreich. Aus Petersburg wird „emeldet: Rußland hat. cntgegen ausländischen Blätterberichten, in der Marokkofrage keiner Intervention zugun sten Frankreichs seine Zustimmung gegeben. Ebensowenig hat Rußland sich zu einem Notenrvechsel in der Frage der Entsendung eines deutschen Kriegs schiffes nach Marokko entschließen können. Eine offi zielle russische Auslastung zu Deutschlands Vorgehen wird deshalb nicht erfolgen. Unsichere Lage in Agadir. Nach einer Privatmeldung aus Berlin lauten die letzten Berichte der Gesandtschaft in Tanger über die Lage in Agadir wenig beruhigend. Agadir ist an sich nicht bedroht, jedoch berichten Sendboten von einer Zunahme der Gärung unter den benachbarten Stämmen. Die Karawanenwege von Agadir nach dem Norden sind - '.passierbar. Zwischen dem deutschen Kriegsschiff im Hafen von Agadir und der Gesandtschaft in Tanger wird eine Funkcnspruch- verbindung hergestellt. -H- Frankreichs Hoffnungen. 1i. Paris, 5. Juli. „Die Lage erscheint heute in günstigerem Licht" schreibt der „Malin", „nach Erkundigungen an guter Quelle." Mit einigen kaum nennenswerten Ausnahmen ist die Pariser Presse heute aus ein liebenswürdigeres Diapason nbgestimmt. Vielleicht nicht so freiwillig, wie sie sich den Anschein geben möchte. Denn was ist gestern Neues geschehen? Man erfuhr, daß Frankreich und England keine Kreuzer, Deutschland aber ein größeres Kriegsschiff nach Agadir entsandten. Als es in den Wandelaängen der Kammer bekannt wurde, daß der Ministerrat noch nicht seine Beschlüsse zu fasten vermocht hatte, weil mit England noch weiter verhandelt werde, wußte man, um die Tatsache ohne Beschönigung klar zu jagen, daß London diesmal ebensowenig gegen Berlin wie vorher gegen Madrid an einer energischen französischen Aktion teilzunehmen wünschte. Die Hoffnungen der Pariser Kolo- nialpolitiker, die das Parlament oft mit sich fortzureißcn vermochten, wurden ent täuscht: England schien nicht, wie sie versichert hatten, den kleinen Hafen Agadir als eine Drohung für Gibraltar aufzufasten. Daß die Antwortnote Frankreichs und Englands, wenn sie endlich zustande- gekommen sein wird, keine Billigung der deutschen Intervention enthalten wird, darauf ist man in Berlin gefaßt, und das hat keine Bedeutung. Wie von Madrid wird man von Berlin weitere Auf klärungen verlangen, „wie lange man zu bleiben gedenke". Darüber hatte Deutschland schon in seiner Zirkularnote ausreichend viel gesagt: .^So lange die Ordnung in Marokko nicht wiederhergestellt ist." Von einer definitiven Besetzung war nicht die Rede. Man wird nicht länger bleiben als Frank- reich und Spanien, die ja auch versicherten, daß sie wieder gehen würden, sobald die Ordnung in Marokko wiederhergestellt sei. Sollte man Deutsch land geringere Loyalität zutrauen als Frankreich und Spanien? Das ist nicht zu befürchten. Die Hauptsache ist, daß London nicht einwilliate, etwas zu unternehmen, das wie ein Druck auf Deutsch land zur sofortigen Räumung'Agadirs erschienen wäre. Iaurös zeigt sich heute in der «Humanitö" lehr erfreut, daß nicht die „verbrecherisch« Dummheit" begangen wurde, französische und englisch« Schiffe zu entsenden. „Wenn Frankreich einen Kreuzer nach Agadir gesandt hätte, würde das ausgesehen haben, als wäre er beauftragt, das deutsche Kanonenboot zu überwachen. Andere deutsche Kreuzer würden sich dem Kanonenboot »ugesellt haben und bald würden die gesamten deutschen, franzöMchen und englischen Flotten in den marokkanischen Gewässern versammelt fein. Das wäre der Krieg in kürzester Frist." Obschon niemand weiß, was eigentlich ur den beiden englischen Ministerberatungen beschloßen wurde, stellen sich die Pariser Blätter so, als wäre die Haltung Englands hochbefriedigend. Nur das „Journal" läßt erkennen, daß man eine starke Enttäuschung erlebt hat. „In London muß man die Hauptursache für die Verzögerung suchen. Wenn kein Zweifel über die rückhaltlose Unterstützung Rußlands möglich ist, hat sich die Haltung Englands noch nicht deutlich kundgegeoen. Die Unterhaltung des Botschafters Paul Cambon mit Sir Grey hatte die Frage nicht erschöpft. Der englische Minister des Innern vermochte nur seine persönliche Ansicht aus zudrücken, weil sich der englische Ministerrat erst Dienstag früh versammelte. Die Vertagung der gestrigen Debatte im Unterhaus deutet an, daß selbst diese Ministerberatung nicht entschei dend war. In Summa verlängert sich die Periode der Konsultationen und Erwägungen. Diese Haltung verursacht Unannehmlichkeiten. Sie unterstreicht die Mängel einer Kombination, die sich nie anders als durch ihre Schwäche kundtat. Sie schiebt die Stunde einer Besprechung über die Grundlage des deutsch französischen Sonderabkommens hinaus. Dagegen hat die gewonnene Frist wenigstens einen Vorteil. Sie erlaubte, die Erregung der ersten Stunde zu be ruhigen, die geheimen Absichten des deutschen Plans herauszubekommen." Alle Blätter behaupten heute, diese „geheimen Absichten" zu kennen: Deutschland will gar nicht in Agadir verbleiben: es will nur ein Pfand Haden, um eine gehörige Vergrößerung Kameruns zu erlangen. Das bestätigte angeb lich eine Persönlichkeit, die die Ziele der deutschen Regierung kennt l?1, dem „Echo de Paris". Der „Mattn" will ebenfalls aus erster Quelle wissen, daß man es nur auf eine Erweiterung der südafrikani schen Besitzungen absieht. Herr Caillaux soll sich gestern mit einer Reihe bedeutender offiziöser oder halboffiziöser deutscher Persönlichkeiten unterhalten Haven, aber nunmehr entschlossen sein, mit Deutsch land nur über die gesamten afrikanischen Fragen zu verhandeln. Wer diese Persönlichkeiten sind, sagt das Blatt nicht.... Nur der „Figaro" warnt davor, zu glauben, Deutschland werde aus Agadir wieder Weggehen wollen. Es lasse diese Meinung jetzt auf kommen, um Zeit zu finden, sich sestzusetzen .... KVD. nnü Nrbeltgederpklicht. Es scheint die Annahme begründet zu sein, so schreiben die „V. P. N.", Laß die Sozialdemo kratie auch weiterhin die Macht ihrer Or ganisation gegenüber der RVO. zur Geltung bringen will. Die „Apotheker-Zeitung" enthält fol genden Hinweis: „Einen bemerkenswerten Ausspruch, der so recht zeigt, wie wenig dieKranken- lassen, insonderheit die sozialdemokratischen, durch die Bestimmungen der RVO. sich beengt fühlen, hat die „Deutsche Krankenkassen-Zeitung" in ihrer letzten Nummer getan. Sie hat die bekannte Notiz über die Boykottierung der Apotheke in Grünau und Las Eingreifen des Regierungspräsidenten von Potsdam übernommen und bemerkt zu dem von der „Märki schen Volkszeitung" gewühlten Stichworte: „Ein Apothekenboykott durch die Aufsichtsbehörde aufge hoben" höhnisch: „Wenn sie das glaubt, jo hat sie die Rechnung ohne die Kastenmitglieder gemacht." Die „Deutsche Krankenkasten-Zeitung" bestätigt hier, wenn auch nur unmittelbar, was ein sozialdemokra tischer Krankenkassenführer kürzlich gesprächsweise bereits geäußert haben soll. Der Betreffende ließ nämlich durchblicken, daß die Krankenkassen irötigen- falls einen „stillen Boykott mit der Hilfe der Gewerkschaften" ins Werk setzen würden." Die „V. P. N." schneiden damit einen Gegenstand an, dem in ganz anderer Weise als bisher Aufmerk samkeit geschenkt werden muß: denn die Frage, ob und wie es der Sozialdemokratie möglich wäre, trotz der in der RVO. vorgesehenen Neuordnung ihre bis Irrige Machtstellung in den Krankenkassen zu be haupten, ist für unser« sozialpolitische Entwicklung von größtem Gewicht. Der anfänglich so überraschende Verzicht auf Obstruktion ließ ja immerhin die Deu tung zu, daß die Sozialdemokratie die in das Gesetz gegen den politischen Mißbrauch aufgenommenen Kautelen von vornhinein als für ihre Patteiinter esten wenig bedrohlich ansah. Die „B. P. N." ver weisen oben auf eines der Mittel, mit denen die Sozialdemokratie die von dem Gesetzgeber gewollte unparteiische Handhabung der Kassengeschäfte ver eiteln zu können glaubt. Wichtiger dünkt uns eine andere Erwägung. Die Sottaldemokratie wird sich den bisherigen Einfluß mit leichtester Müh« auch für die Zukunft dann zu sichern vermögen, wenn die Arbeitgeberkreise der ihnen hier zufallenden Aufgabe ein gleich geringe» Interesse z«ig«n wie bisher. Man wird ihnen ob ihrer Zurückhaltung unter der alt«n Ordnung aller dings kaum einen Vorwurf machen können; sie ver fügten nur über ein Drittel der Vorstandssitzc und waren der Zweidrittelmehrheit der Arbeiter gegen über zur Ohnmacht verurteilt. Di« RVO. aber räumt ihnen, wenn dies« Stimmenvetteilung auch beide halten wurde, insbesondere für di« Wahl des Vor sitzenden und die Anstellung der Beamten Rechte ein. welche denen der Arbeitnehmer nicht mehr nachstehen und sie jedenfalls in die Lage bringen, ihren Einfluß entscheidend in di« Wagschale zu werfen. Im Lande herrscht, wie aus mehrfachen Zuschriften an uns hervorgeht, di« Befürchtung, das llntenehmer- t u m werd« es auch jetzt an energischer Geltend- machunader ihm eingeräumten Macht befugnisse au» Kurzsichtigkeit oder Bequemlich keit fehlen lasten. Sollte das zutreffen, so wäre die ganze Arbeit des Gesetzgebers umsonst gewesen und die Sozialdemokratie brauchte zur Vereitlung der Absichten der RVO. nicht noch besondere Listen ver wenden. Wir glauben aber zu der Annahme be rechtigt zu sein, daß die weitaus überwiegend« Mehr zahl unserer Arbeitgeber di« bedeutsamen, ihnen hier «rwachseuden Pflichten erkennt und weitz, daß die
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