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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.07.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110713028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911071302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911071302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-13
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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Personenfahrtarteirstempel mit einer Solleinnahme von rund 22 Millionen Marl den höchsten Stand seil seiner Einführung, am l. August 1i)0ti, erreicht. l. Von der preußischen Lahn. Line Verordnung des Eisent»ahn»ninistexs über die Entlassung von Arbeitern bestunmt, daß cur Auslösung des Dienst verhältnisses der noch nicht 10 Jahre beschäftigten Arbeiter, wem» diese aus d»s.ziplinären Gründen für erforderlich erachtet wird, von den Dienststellen künftig stets vorher die Genehmigung des oor- aesctzte>> Amtes einzuholen ist. Nicht nur vor der Entlastung ohn» Einhaltung der Kündigungsfrist, sondern auch v»»r der Aufkündigung des Dienstver hältnisses aus Gründen der Dienstzuchl soll dem Arbeiter Gelegenheit gegeben werden, sich zu Pro tokoll zu erklären und den Tatbestand, soweit not wendig. durch Vernehmung von Zeugen und andere Beweiserhebung schriftlich festzustcllcn. Zur Aus lösung des Dienstnerhältnisjes bei Arbeitern mit mindestens 10 Diens.'jahren bedarf es der vorherigen Genehmigung der vorgesetzten Direktion. Ist zu der Entfernung aus dem Dienst eine Genehmigung nötig gewesen, so muß in der Eröffnung an den Arbeiter ausdrücklich angegeben werde»», daß und von wem die Genehmigung erteilt »vorder» ist. * Paul Lincke in Park Meusdorf. Tas war gestern ein ..großer Tag ' für das bekannte Garten- Etablissement, als Paul Lincke selbst den Taktstock ichwang über die große Künstlerschar und lockende, kosende Walzerweisei» unser Ohr umschmeichelten. ..Es war einmal", „Die Liebe kommt vom Märchen land" und all die ftebaewordenen Schlager aus den Metropolräumen marschierten auf vor den rund 12 000 Besuchern der beiden Konzerte. Abends war es ein furchtbares Menschcngedränge. Schon der Kampf um die Elektrische aus dein Augustusplatz. Dann in Probstheida der Sturrn auf die Autos, und die ungezählten Droschken und Privatautos, die hinausjausien. Herrliche Stimmung gewann der große Koazerlgarten durch die vielen Hunderte lapanischer Lampions, durch die Fächer und Schirme der Damen. Und dazu Linckcs Walzer. Ungezählte Zugaben wurden durch den minutenlangen donnern de»» Applaus direkt erzwungen. Lorbeerkränze, Blumenkörbe an» Musiktempel. Und als gar Lincke drin im Großen Festsaal, wo getairzt wurde, den Taktstock ergriff und eigene Walzer dirigierte, kannte die Begeisterung keine Grenzen. Paul Lincke wird sich gefreut haben der herzlichen Aufnahme, die er in Leipzig fand. Rekognosziert. Der gestern verunglückte Mann in Stünz ist als der Arbeiter Karl Theodor Nest ler. Sellerhausen, Engelmannstraßc 13 wohnhaft, rekognosziert worden. * Mujeums-Dicbjtahl. Aus einem auswärtigen Museum wurden in Ser Nacht zum 10. d. M. folgende Gegenstände gestohlen: drei Bernsteinkastcn, ein Hals schmuck aus kleinen goldenen Platten, eine Anzahl Orden, Ehrenzeichen und Denkmünzen, darunter eine Dentmünzc von dem Regierungsjubiläum des Fürsten von Lippe 1645, eine solche vom Bischof Liborius von Paderborn llOOOjährigc Erinncrungs-Spoltmünze), von Napoleon I aus St. Helena, Denkmünze von» <00 Geburtstag Luthers 1883, Denkmünze von dem Tod Ludwigs XVI. von Frankreich 1700, von General Bonaparte 17iüi, von Napoleon l ll., von der Kaiserin Eugcnic, von Maximilian Friedrich Erzbischof von Münster, von E. L. Fr. von Hinkeldey, verschiedene optische Gegenstände und eine Anzahl historisch wert voller Schnupftabaksdosen Es wird vermutet, daß die Diebe die Beute in größeren Städten an Antiqui- rätenhändler zu verkaufen suckfen. Auf die Ergreifung se» Tater und Wiedererlangung der Gegenstände sind 20o . ü Belohnung ausgesetzt. Die hiesige Kriminal Polizei nimmt etwaige Wahrnehmungen entgegen- * Diebesdeute? Ain 1. Iuli vormittags hat ein junger Mann bei der Aufseherin der öffentlichen Lesehalle am Johannisplatz ein Paket, angeblich zur einstweiligen Ausl»ewahrung, übergeben, dieses jedoch bisher nicht wieder adgeholt. Das Pake», enthielt ei,» getragenes dunkelgestreiftes Fackelt, eine dunkle getragene Weste, ein blaugestreiftes Leinenhemd und ein Paar braune Segeltuchschuhc. Es ist nicht aus geschlossen, daß es sich um Diebesbeute handelt. Der eventuelle Eigentümer kann sich bei der Kriminal polizei melden. * Bauernfänger. Das Opfer zweier Betrüger wurde ein von Amerika zurücktehrender und auf dem Wege nach der Heimat begriffener böhmischer Ar beiter. Gestern abend in der 10. Stunde gesellte sich zu dem Fremden ein Unbekannter, angeblicher Pole, der nach kurzer Unterhaltung den Unkundigen in eine Schankwirtschast in der Nähe des Bayrischen Bahnhofes verschleppte. Als sie kurze Zeit hier an wesend waren, kam der zweite Betrüger, der sich als Italiener ausgab und auch italienisch gesprochen hat. Der Italiener erzählte nun, daß er direkt von London komme und dort von seinem verstorbenen Bruder eine Erbschaft von 00000 .//. gemacht hätte. Der Italiener war anscheinend sehr erfreut und wollte den Beiden je 20 schenken. Zuerst ließ er sich das Portemonnaie des angeblichen Polen geben, steckte auch ein 20 Markstück hinein, wickelte es in das Taschentuch des Polen und steckte es diesem selbst in die Brusttasche. Der unkundige Böhme hatte dieses alles mit angesehen und gab auf Wunsch auch sein Portemonnaie dem Italiener. Mit diesem Portemonnaie machte es der Gauner ebenso und wickelte es auch anscheinend in das verlangte Taschentuch des Böhmen, worauf er dann das Taschentuch auch in die Brusttasche des Böhmen verschwinden ließ. Natürlich hatte der Gauner das Portemonnaie des Böhmen nickt in das Taschentuch gewickelt, sondern es auf geschickte Weise zu sich gesteckt. Das.Portemonnaie enthielt ca. 500 ./L, die sich der Böhme innerhalb zwei Jahren in Amerika erspart hatte. Bald nach Ausführung des Tricks verschwanden die Beiden und erst nachher merkte der Böhme, daß er bestohlen war. Der angebliche Pole ist ungefähr 30 Jahre alt, 1,72 m groß, hat volles rotes Gesicht, blonden Schnurrbart und war bekleidet mit braunem Iackettanzug und braunem weichen Filzhut. Der Italiener ist ungefähr 35 Jakre alt, 1,75 in groß, hat hageres, blasses Gesicht und schwar zen starken Schnurbart; bekleidet war dieser mit schwarzem Iackettanzug. * Gestohlen wurden aus einem Kellerabteil in der Windmühlenstraße eine Anzahl Flaschen Weine ver schiedener Marken: aus einer Laube einer Garten kolonie an der Meusdorfer Strotze Handwerkszeug und Kleidungsstücke; in der Querstraße ein Expreßrad Nr. 155 045 und in der Eisenbahnstraße ein Ienesia- rad Nr. 1700. Aus einem öffentlichen Gebäude am Augustusplatz «in wertvoller gelbfarbiger Spazier stock mit Elfenbeingriff; daran befinden sich ein« Fliege und eine Libelle aus Perlmuttereinsatz. * Festgenommcne Personen. Ein 25 Jahre alter Schlosser von hier stahl während eines kurzen Auf enthaltes aus einer Wohnung zwei wertvolle Ringe, die er dann einer Kellnerin schenkte. Er mußte sich deshalb verantworten; ebenso ein 19 Jahre alter Klempner, der in einem Lokal in L.-Anger-Crotten- Lorf zecht«, ohne Barmittel zu besitzen. iff Unfälle. In einer Maschinenfabrik in Leipzig- Lindenau sprang beim Schmieden ein Stahlsplitter ab. der einem dabei beschäftigten 22 Jahre alten Schlosser in den Unterleib drang und ihn schwer ver letzte. — Heut« früh wurde in der Sibonienstvatze «in 30 Jahre alter Grünwarenhändier aus der Oststraß« in L.-Reudnitz, indem beim Besteigen seines Wagens das Pferd plötzlich anzog, überfahren. Der Mann erlitt einen Wadenbeinbruch. * Leutzsch. Der Nationale Wahlvercin zu Leutzsch hielt leine letzte Sitzung im Auenjchlößchen ab. Herr I. Gethardt bot einen aktuellen Vortrag über deutsche Interessen am Orient mit besonderer Berücksichtigung der Bagdadbahn zur Herstellung eines Festlandweges nach dem wirtschaftlich so wichtigen Gelände zwischen Euphrat und Tigris bis zum Persischen Golf. Nach Hervorhebung der wirtschaftlichen Seite dieses Unter nehmens der Iungtürken mit Unterstützung deutsche»» Kapitals erörterte der Redner die politische Be deutung des Baues der Bagdadbahn, die für Deutsch land im Bunde mit Oesterreich einer Unabhängigkcits erklärnng an England und Amerika gleichlommt. Der Vortragende bezweckte vor allem, das Interesse der Zuhörer an diesem großen Kulturwerk zu er wecken, was er auch erreicht hat, wie aus der sich anschließenden lebhaften Debatte hervorging. Kus Sschfen. * Plauen i. V., 12. Juli. «Verschiedenes.» Direktor Huber vom hiesigen städtischen Elektrizi tätswerk scheidet Ende September freiwillig aus seinen, Amte, um in die Zentrale der Allaem. Elek- trizitätsgcsellschaft zu Berlin einzutreten. Der Stadt rat schreibt deshalb die Direktorstelle mit einem Anfangsgehalt von 0000 -/l, steigend bis 7500 .4L, aus. Rian sieht den bewährten Beamten hier un gern scheiden. — (Zu einer Aussprache über die neuen Bestimmungen der Haus ge rn erblichen Krankenversicherung) ist eine Kommission aus dem Reichsamte des Innern hier eingetroffen. Sie wird im Beratungssaale der Amtshauptmannschast mit den beteiligten Kreisen aus Stadt und Land, vornehmlich auch Vertretern unserer Industrie, konferieren. — «Mitdem Auto mobil) überfuhr ein hiesiger Zahnarzt den lOiährigen Bäckerlehrling Jos. Püßler, der auf dem Rade, an einer Straßenkreuzung, direkt in den Kraftwagen hineingefahren sein fall. Der junge Mensch erlitt einen Unterschenkelbruch. — lDer Bau einer neuen Schule) in der Nachbarstadt Elsterberg ist dem hiesigen Architekten Max Mayer über tragen worden. Sein Entwurf wurde preisgekrönt. Werdau, 13. Juli (TödlicherUnfall.) Wi« das „Werdauer Tageblatt" »neidet, wurde gestern nachmittag gegen Z^3 Uhr d«r in Fraureuth wohn hafte 25 Jahre alte, verheiratet« Fabrikarbeiter Langbein innerhalb des fog«nannt«n Kurven dreiecks von einem Personenzug überfahren und ge tötet. b. Zwickau, 12. Juli. (Dom Zug überfahren.) Heute nachmittag wurde von den» Personenzug Reichenbach—Zwickau an der Kurve zwischen Werdau und Lichtentanne ein Mann überfahren und getötet. Die Persönlichkeit konnte infolge der furchtbaren Verstümmelungen noch nicht festgesteltt werden, ebenso wenig, ob Unfall oder Selbstmord vorliegt. i. Hohenstein-E., 12. Iuli. (Falsches Geld.) In unserer Stadt sind seit einiger Zeit falsche Ein- und Zweimarkstücke im Umlauf. * Oberoderwitz. 12. Iuli. (Ein schwerer Un glücksfall) ereignete sich gestern nachmittag. Die Frau des Zimmermanns Richard Hänsch war mit Kirschenpflücken beschäftigt und stürzte infolge eines Schwindelanfalles von der Leiter. Hierbei fiel sie auf einen etwa fünf Zentiineter starken Pflock, der ihr etwa 30 Zentimeter in den Leib eindrang. Die Verunglückte hatte bei ihren gräßlichen Schmerzen noch die Geistesgegenwart, sich den Pflock selbst herauszuziehen. Nachbarn hoben die Unglückliche auf. * Crottendorf i. E., 10. Juli. (Stiftung.) Der Privatier Herr Carl Feuereißcn hat der hiesigen Kirchgemeinde eine Strftung von 1500 letzt willig vermacht. i. Crottendorf, 12. Juli. (Bei Dachdecker arbeiten) stürzte ein Schieferdecker aus Cranzahl ab und zog sich lebensgefährliche Verletzungen zu. Tsgeschronik. Die Cxplosionskatastrophe von Würgendorf. Siegen, 12. Juli. Durch die Explosion in der Dynamitfabrik von Würgendorf (LlKstfalen) (über die bereits berichtet) sind, wie sich herausstellt, acht Personen, fast alle arine Familienväter, ge tötet. Die meisten von ihnen waren buchstäblich in Fetzen zerrissen. Drei andere Arbeiter wurden so schwer verletzt, daß sie ins Burbacher Krankenhaus gebracht werden mußten; sie haben schwere Brandwunden iin Gesicht und an den Armen erlitten. Die erste Explosion erfolgte gegen 11 Uhr vor mittags im Mengehaus mit donnerartigem ts-etös«. Sie griff auf das erste Oellager über, wenig« Minu ten später erfolgte eine Explosion im zweiten Oel- tnger. Die letzte Explosion war so stark, daß sich den Arbeitern auf dem Felde die Werke aus den Taschenuhren lösten und fast alle Umzäunungen in der Umgebung uingerissen wurden. Alle Arbeits räume unter der Erd« sind total) ertrümm er t. Die Ursache der Explosion ist noch nicht be kannt geworden; der Betrieb mußte gänzlich eingc stellt werden. In Würgendorf sind sämtliche Fensterscheiben zer trümmert. In den drei Kilometer entfernt gelegenen Ortschaften war der Luftdruck noch so stark, daß Kinder und Erwachsene zu Boden geschleu dert wurden. Selbst in Siegen, das etwa 0 Kilo meter entfernt ist, machte sich di« Explosion derartig bemerkbar, daß di« Leut« an «in Erdbeben glaubten. Die Unglücksstätte ist durch Polizeibeamtc abgespcrrt. Mit den Aufräumungsarbeiten ist be gonnen. Vor zwei Jahren hatte sich in der gleichen Fabrik schon eine Explosion ereignet, bei der zwei Mann getötet wurden. Amerikanische Kaufleute in Hamburg. Etwa 100 amerikanische Kaufleute werden »oin 13. bis 14. Juli Hamburg einen Besuch abstatten. Die Europareise, bei der die größten deutschen Handelsstädte berührt werden, ist von der Handels kammer in Boston veranstaltet worden. Die Ham burger Handelskammer gibt Den Gästen ein Frühstück. Dann werden Hafen, Börse, Eewerbekammer. Detaillistenkammcr usw. bestchttgt. Allen dre» Kammern wird eine Einladung zu der im Jahre 1912 stattfindenden Bostoner Zusammenkunft sämtlicher Handelskammern überreicht. Abends sind die Gäste zu einem Fest, das die amerikanische Kolonie in Ham bürg veranstaltet, eingeladen. An der Spitze der Veranstaltung für den Ham burger Aufenthalt steht der amerikanische General konsul Robert P. Skinner. Unter den amerikanischen Teilnehmern befinden sich der Bürgermeister von Boston John F. Fitzgcrald, der Bürgermeister von Denver R. W. Speer, der Sekretär der Bostoner Handelskammer James A. Mac Kibbcb. der Sekretär der Handelskammer Philadelphia N. B. Kally. der Landschaftsarchitekt John Noten aus Cambridge und der Kaufmann Henry Howard aus Boston. Berlin, 13. Juli. (Selbstmörderin) Die S ch u tz m a n n s f r a u, die vorgestern ihr Kind ver giftet hatte, wurde gestern im Grünewald in einer Blutlache bewußtlos aufgefunden. Sie hatte sich di« Pulsadern geöffnet und anscheinend ein« größere Meng« Opium zu sich genommen. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Wien, 13. Iuli. (Zwei Schauspieler a b - gestürzt.) Im Zillertal erlitten der Hofopcrn Das 25 jährige Jubiläum üer Lnglilh Goethe Society. Die Deutsche Goethe Gesellschaft besteht jetzt 26 Jahre. In Weimar wurde sic gegründet, um einen Mittelpunkt zu schaffen sür die lebendige Er innerung an Goethe für die Erforschung seines Lebens und das Studium seiner Werke. Sett ihrem Bestehen Hal die Gesellschaft sich außerordentlich ent wickelt, »u ihren Generalverjammlungen strömt immer eine aroßc Anzahl andächtig gestimmter Mitglieder nack Weimar zusammen, und ihre Publikationen und übrigen Leistungen sind von anerkannter Bedeutung. Ein Jahr nach der deutschen Gesellschaft, am .'6. Februar 1666, wurde in England eine Goethe Society gegründet. Ihr erster Präsident war der berühmte Sprachforscher Max Müller in Oxford. !lm die Entwickelung und Förderung der Society bat Dr. Eugen Oswald in London große Ver dienste. ein deutscher Lehre» und Schriftsteller, der sick durch die Ereignisse des Jahres 1646 gezwungen sah, die deutsche Heimat zu verlassen, und der seitdem in London lebt. Neben Oswald sind cs Professor Dowden in Dublin und besonders die Lehrer des Deutschen an den Univcr iitätc» Cambridge und Oxford, die Professoren Breul und Fiedler, denen in dieser Beziehung viel zu danken ist. Während man sich in England in Anlehnung an die Deutsche Gesellschaft zuerst das Ziel gesteckt hatte, Goethes Leben und Schaffen zu studieren, wurde im Jahre 1601 dieses Ziel er weitert in der Weife, daß Goethe zwar als Mittel punkt der Betrachtungen gelten, die Aufmerksamkeit und das Interesse der Mitglieder aber auch auf die anderen Felber deutscher Literatur, Kunst und Wissenschaft gerichtet sein sollten. Die Gesellschaft verfolgt diesen Zweck durch Versammlungen. Diskus sionen. Veröffentlichungen und andere Veranstaltungen. Unter den Mitgliedern bennden sich u. a. folgende Perfonlichtcitcn: Prinz und Prinzessin Christian von Schleswig-Holstein, Pros. Attins in London, Sir Thomas Barclay in London, Hubert von Hcrkomcr. der frühere Times-Korrespondent in Berlin Sidney Low. der Präsident der deutschen Kolonft' in London C. E. Melchers. Frau Ludwig Mond, die Frau des verstorbenen bedeutenden Chemikers, C. I. Monte- üare, Pros. Robertsen in London, der bekannte Schau spieler Sir Becrbohm Tree, sowie die Bibliotheken in Dublin, Johannesburg und Straßburg. Aus den letzten Jahren sind solgcndc Veranstaltungen her- vorzuhebcn: Am 150. Geburtstage Schillers sand eine Gcdächtnissitzung statt, in der Professor Fiedler eine Darstellung der Freundschaft Schillers und Goethes gab. Am 25. Februar 19M wurde eine Sitzung ab gehalten, die Detlev non Liliencron gewidmet war. Ein zahlreicher Besuch von Mitgliedern der English Goethe Society in Weimar wurde zum 25. Jubiläum der Deutschen Goethe-Gesellschaft unternommen. Die englischen Gäste besuchten gemeinsam das Goethehaus und lebten Lorbeerkränze am Goethe- Schiller und am ^Hakcspeare-Dcnkmal nieder. Ein Kranz von weißen Rosen »vurdc auf das Grab Alma »».Goethes gelegt Prof. Fiedler überbrachte eine Glückwunsch adressc. So war zwischen der deutschen Gesellschaft und der englischen eine nahe Verbindung entstanden, die ihren Ausdruck sand in einer Einladung zum 25jährigcn Jubiläum der English Goethe Society, die Julius Norden bei der diesjährigen Goethe- Versammlung in Weimar den deutschen Goethe- Genossen mit warmen Worten ans Herz legte. Die „Commemoration Festival Weck" begann am Montag, den 3. Juli mit einem Besuch in Cambridge. Als offizieller Delegierter war von der Weimarer Gesellschaft Exzellenz von Vignau, der frühere Intendant des Weimarer Hoftheaters, ent sendet worden. Der Besuch in Cambridge bildete einen glücklichen Auftakt zu der englischen Goethe- Woche. Zum Lunch wurde von Master A. W Ward, dem Direktor des Pcterhousc, eingeladen. Ward hat ein großes Werk „The Cambridge Modern History" hcrausgegcben, eine Geschichte der englischen Lite ratur liegt zur Hälfte vollendet vor, und viel hat er über die Geschichte des englischen Theaters ge arbeitet. Vor wenigen Tagen wurde er zum Präsidenten der British Academy gewählt. Seine Tischrede hielt er in vortrefflichem Deutsch und er konnte darin er zählen, daß er im Jahr 1853 von Ottilie von Goethe gev. von Pogwisch, durch das Goethe Haus geführt wurde, und daß sein Vater damals im Russischen Hof zu Weimar den Besuch des Dr. Eckermann er hielt. In Cambridge wird von den Studenten oft betont, daß man sich in diesen Zeiten internatio nalen Mißtrauens glücklich schätzen kann, in Meister Ward einen Lehrer zu besitzen, der Deutschland mit Sympathie und Verständnis be trachtet. Dann wurde King's College besucht, wo Prof. Breul als Lehrer tätig ist. Ein ernstes und gründliches Studium Goethes begann in Cambridge im Jahr 1884, als Prof. Breul über Goethes Leben und Werke Vorlesungen hielt. Seit 27 Jahren hat Breul dauernd ühcr Goethe wichtigere und für Aus länder schwierigere Werke gelesen. I»» seinem gast lichen Heim wurde der Tee eingenommen: auch andere Angehörige der Universität sanden sich dort ein, u. a. Pcmbcrton, ein bekannter Mathematiker. Den Mittelpunkt der Veranstaltungen bildete das große Festmahl in den Empire Rooms des Trocadcro- Restaurants. Es muß als Mittelpunkt deswegen bc zeichnet werden, weil das Festmahl gewissermaßen, wie cs lin Eimland häufig geschieht, die Festsitzung vertrat. An Stelle des verhinderten Botschafters, des Grasen 'Wolff-Metternich, erschien sein erster Sekretär Herr von Riepenhausen, der die Glückwünsche des Botschafters überbrachte und aus den König von England und den Deutschen Kaiser sprach. Bekannt lich trennt man in England Esten und Tischreden streng von einander. Die Reden werden erst am Schlüsse der Festtafel, beim Kaffee und der Zigarre gehalten und in dieser Anordnung erscheinen sie dann zweckmäßig gesammelt und angcordnct vor dem Hörer und sind dem Zufall und der Improvisation entzogen. Auf oie English Goethe Society sprach der be rühmte Chemiker Sir William Ramsey in launiger Weise, ihm antworteten der greise Dr. Os wald und Proseisor Breul. Letzterer machte die sehr wichtige ldurch den Draht schon verbreitete) Mittei lung von der Gründung eines Commcmorativc Goethe Scholarship. Es ist dies ein zum Gedächtnis Goethes gestiftetes Stipendium, das dazu diene»» soll, englischen Studenten den Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen, mit dem beson deren Ziel, daß zunächst Weimar ausgesucht und die deutsche Literatur gewissermaßen an der Quelle studiert werden soll. Frau Ludwig Mond hat für dieses Stipendium einen erhebliche»» Grundstock ge stiftet. Man hofft auf eine baldige Vergrößerung des Kapitals und wird dann bei der Entsendung englischer Studenten nicht stehen bleiben, sondern man denkt bereits daran, das Stipendiuin englischen und deutschen Austauschstudenten zufließen zu lasten. Der Plan ist sehr gut und seine Ausführung wird dazu beitragen, das gegenseitige Interesse und Ver ständnis zu fördern. Auf die Deutsche Goethe-Gesellschaft sprach Dr. L. Thorne und ihm antwortete der deutsche Delegierte Exzellenz von Vignau. Der Redner hob hervor, wie herzlich immer die Beziehungen der deutschen und der englischen Goethe-Gesellschaften zu einander ge wesen seien und kam dann auf das bedeutsame und beinahe unvermeidliche Thema der deutsch-englischen Verständigungzu sprechen. „Seitciner ReihevonJahren ist man," so führte der Redner aus, „bestrebt ge wesen, auf manchen Gebiete»» des Kulturlebens des englischen und deutschen Volkes gemeinsame Be rührungspunkte und gegenseitige Verständigung zu suchen und zu finden. So haben seit geraumer Zeit die englische und deutsche Shakespeare-Gesellschaft sich in der Verehrung und Erforschung des größten eng lischen Dramatikers oereinlgt, und so haben auch die schwesterlichen Goethe-Gesellschaften ge meinsame Berührungspunkte in der erhabenen Gestalt des großen deutschen Dichterfürsten ge funden Lassen Sie uns hier in dieser festlichen Stunde der Hoffnung Ausdruck geben, daß unsere nach den» Vorbild und im Geiste Goethes unternommenen Bestrebungen und Arbeiten die schönen Beziehungen zwischen den beiden Schwester gesellschaften immer mehr fördern werden, und daß zunehmendes gegenseitiges Verständnis zum Heil und zur ungestörten friedlichen Fortentwicklung unserer stammverwandten Nationen, sei es auch in kleinem Kreise und in bescheidenem Umfange, beitragen möge." Herr von Vignau verlas dann solgcndc von Professor Erich Schmidt und Rählmann unterzeichnete Adressc der deutschen Goethe-Gesellschaft: „Die Goethe- Gesellschaft hat im vorigen Jahre, als sie das erste Vierteftahrhundert ihres Bestehens und Wirkens feiern durfte, von feiten der English Goethe Society eine so warme Begrüßung und Sympathiekundgebung erfahren, daß cs »hr lebhafter Wunsch ist, jetzt, wo die English Goethe Society ebenfalls die Feier ihrer 25jährigen Wirksamkeit begeht, jenen Gruß in gleich warmer Weise zu erwidern. Und dies kann sicherlich nicht besser geschehen, als mit dein Gruße des 82jährigen Goethe „An die fünfzehn Freunde in England", deren geistiger Mittelpunkt Thomas Carlyle war: Worte, die der Dichter spricht, Treu, in heimischen Bezirken, Wirken gleich, doch weiß er nicht. Ob sie in die Ferne wirken. Briten! habt sic aufgefaßt: .^Tätiger Sinn, das Tun gezügelt, Stetig Streben, ohne Rast", Und so wollt Ihr cs besiegelt. Möge das stetige, hastloje, doch rastlose Streben nach dem Wahren, dem Guten und Schönen, für das Goethe in seinen» Leben wie in seinem Wirken uns ein Beispiel höchster Art gegeben hat, in England wie in Deutschland lebendig bleiben für alle Zeiten; möge, wie bei uns, so auch der eng lischen Schwestergejellschaft eine segensreiche Wirk samkeit bcschtedcn sein. Und so fortan!" Aus die Gäste sprach dani» noch in witziger uno liebenswürdiger Weise Professor Fiedler aus Oxford. Jene Stimmung, die aus der Rede von Vignaus herausklang, die in der Hoffnung auf ein immer stärker werdendes Verständnis der beiden Nationen beruhte, beherrichle denn auch alle anderen Ver anstaltungen. Die Stadt London öffnete den Güsten die Guildhall mit ihren reichen Kunst- und Bücher sammlungen, und die Väter und Beamten der Stadt waren als liebenswürdige Führer und Er klärer anwesend. Der Lordmayor und seine Ge »nahlin luden die beiden Goethe-Gesellschaften zu einem ihrer Empfänge ein, jedenfalls eine seltene Gelegenheit für die deutschen Gäste, die groß artige Gastlichkeit und Repräsentation des Mansion House kennen zu lernen. Es öffneten sich ihnen Privathäuser, wie die Villa der Frau Mond mft ihrer unschützbaren Gemäldesammlung, und das vor nehme Henn des Herrn Scnd-Ruste und seiner Ge mahlin, wo „Goethe songs" zum Vortrag kamen, und Sir Thomas Barclay über Weltliteratur plauderte. Und wie man» Cambridge kenne»» gc lernt hatte, so wurde der vorletzte Tag der Fest woche dem Besuchs Orfords gewidmet. Hier über nahm Professor Fiedler »nit einigen seiner Stu- denten die Führung und zeigte de»» Güsten die Stadt, die berühmte»» alten Kollegs, die Univer sitätsaula, Parks und weite Wiescnflächcn, und erklärte ihnen, wie es auch Breul in Cambridgc getan hatte, das eigenartige Leben der englischen Studenten. In der herrlich schönen, altertümlichen Halle von Queens College hieß Fiedler die Gäste zum Lunch willkommen, bei den» auch die Witwe des verstorbenen Sprachforschers Max Müller an wesend war. Auf Fiedlers herzliche Begrüßungs rede antwortete Professor Francke aus Weimar mit warmen, von innerer Bewegung erfüllten Worten. Er hatte vor zwanzig Jahren ein Jahr und acht Monate sich zu wissenschaftlichen Studien in Oxford aufgehalten, viele Freundschaften ge schlossen und besonders des nahen Verkehrs mit Max Müller sich erfreut. So manchen, der da mals in Oxford wirkte, deckt der kühle Rasen, und so war die Rührung erklärlich, die den Redner er griff. Nachmittags besuchten die deutschen Gäste dann Max Müllers Witwe in ihrem stillen, welt abgeschiedenen Heim, wo ein Bild und eine Büste des Kaisers Zeugnis davon ablegen, mit welcher Hochachtung und Verehrung der Kaiser Max Müller zugetan war. Und dann empfingen uns noch Herr und Frau Fiedler bei sich, und in dem Garten der Villa, mit dem Blick auf blühende Rosen, genossen wir beim Tee die Ruhe und Rast nach dein eindrucksreichen Tage. Zum würdigen Abschluß der Festwoche besuchte»» wir am letzten Tage Stratford on Avon, die Shakespeare- Stadt, wo ein wohlunterrichteter Reverend und der Direktor des Shakespeare - Erinnerungshaujes die Führung übernahmen. Im Hause und am Grabe Shakespeares brachten die beiden Goethe-Eescllichasten dein großen Meister ihre Huldigung dar, zu dem auch Goethe voll Ehrfurcht aufgeblickt hatte. Die Goethetage in England, die wir der gütigen Gastlichkeit unserer englischen Freunde verdanken, sind vorüber und werden uns unvergeßlich bleiben. Herzliche Beziehungen sind geschloffen worden, neue Freundschaften entstanden: sie werden sicherlich dazu beitragen, die geistigen Beziehungen beider Länder zu stärken und die beiderseitigen Kulturgüter in ge »ncinsamcr Arbeit und Studium zu bewahren.
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