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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.07.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191107099
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110709
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110709
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-09
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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Nl »L8. ^7 s»ftsls»lllj Lelp;lyer Tkiyemnn öonnlgg, 9. Iutt l91l. ressons bei der Agadir-Entscheidung eingehend ge hört wurden, bilden zusammen eine vortrefflich« Antwort aus di« sozialdemokratische Interpellation in der Zweiten wiirttembergischen Kammer, wenn auch ihre öffentliche Behandlung im Parlament aus geschlossen erscheint." Tuluns. de „Berlin" v r 'Aqcrdir. Als der Ersatz des Kanonenbootes ..Panther", das am 1. Juli bereits vor Agadir cingetroffen war, durch den kleinen Kreuzer „Berlin" bekannt wurde, erwartete man. das? dieses stärkere Kriegsschiff be reits Mitte der vergangenen Woche den marokka nische?? Hasen anlaufen würde. Die Ankunft ist in des erst am gestrigen Sonnabend erfolgt, wie nach stehendes Telegramm besagt: Berlin, 8. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Amt liche Nachrichten aus Agadir melden das Ei »treffe«? des Kreuzers „Berlin" im dortigen Hafen. Wenn der Kreuzer, der bereits am 2!). Juni Kiel verlassen hat. stets mit voller Geschwindigkeit — 23,2 Seemeilen in der Stunde — gefahren wäre, hätte er bereits Anfang der verflossenen Woche vor Agadir cintreffen können. Die Verzögerung der An kunft kann vielleicht in dem Gang der diplomatischen Verhandlungen gesucht werden. Der vielbesciiäftiqte .>>err Ve Lclved. Der französische Minister des Auswärtigen Herr de Seines hat Pariser Telegrammen zufolge gleich nach seiner Rückkehr aus Holland zahlreiche wichtige Besprechungen gehabt. Zuerst hatte er eine lange Unterredung mit Herrn Caillaux und empfing dann in den letzten Nachmntaqsstunden des freitags den deutsche?« Botschafter Freiherr?« v. Schoen, de?« spanische?« Botschafter Siqnore Caballera und den Vertreter Mulcy Hafids in Paris El M o k r i. Am Abend hatte er dann eine legte einstündige Zu sammenkunft mit dein französische?« Botschafter in Berlin, Jules Cambon. der mit den nötige?« Weisungen versehen ist. uni nach seiner Ankunft in Berlin nützliche Unterhaltungen mit Herrn v. Kiderlen-Wächter beginnen zu können. (*inc Änsra-ze StnHlnnds. Entgegen der früheren Meldung, das; Rußland auf die Mitteilung der deutschen Regierung über die Entserrdung eines Kriegsschiffes nach Agadir nichts erwidert hab«, wird jetzt von Paris folgendes ge drahtet: Paris, 8. Juli. sEig. Drahtmeld.) Wie ver lautet, hat di« r u f s i s ch e Regierung gestern folgende Fragen an die deutsche Regierung gestellt: Was war der eigentliche Zweck der Absendung eines Kriegsschiffes nach Agadir, wo cs keinen aus wärtigen Handel, keine deutschen Staatsangehörigen und keine Unordnung gibt? Hat Deutschland die Absicht gehabt, dort Truppen auszu schiffen? Wie deutet Deutschland die Bemerkung: „Sowie der Frieden und die Ordnung in Marokko wiederhcrgestellt sein werden", die in der deutschen Note angewendet wurde, um das Ende des Auf trages der deutschen Kriegsschiffe vor Agadir zu bezeichnen? Kieürich psullens psüagogiltzes Testament. Don Dr. Paul Rühlmeun (Leipzig). «Nachdruck verboten.) Flutendes Leben, überstürzende Wellen, mehr einer Brandung gleichend als den ruhigen Wogen des Ozeans, das ist der Eindrua der sich mit Gewalt dem Beobachtenden in die Seele drängt, wenn er Ueber- schau hält auf dein Gebiete der Erziehungswissenschaft. Kein and.-r Feld unseres so reich sich entfaltende?« Kulturlebens zeigt die gleiche Revolutionsstimmung von Meinung und fundamental verschiedener Ge genmeinung. Die uralten Menschheitsgegenjätze und LlZeltanschauungskämpfe sind eben nicht tot oder aus geglichen, nur ein Narr möchte dies wähnen: sie spielen sich nur heute nicht mehr ab auf der« Kanzeln und in den Kurien und Konzilien, auch nicht auf den akademijck)en Lehrstühlen, sie werde?« sofort lebendig und recken ihr Gorgonenhaupt empor, wenn in unseren Parlamenten Schulfragen, Erziehungsang.'legenheit zur Erörterung stehen. Die rein philosophischen Meinungskämpfe des 18. und 19. Jahrhunderts sind in Machtkämpfe umge wandelt. Das pädagogische Jahrhundert Hal oas philcsophische abgelöst, man will nicht nur die wahre Gestaltung des Lebens theoretisch erkennen, nein, d«e Kinder des 20. Jahrhunderts sind durch di« Schule des Machrgedankens gegangen, sie wolle?« ihre Auf fassung vom Sein und Werden der Masse und der Nachwelt übermitteln. So kommt es, daß die Pädagogik längst nicht mehr eine zünftige Fachwissenschaft, eine Kompendium für angehende Schulmeister ist, wie etwa noch vor bO Jahren. Heule stehen pädagogisck>e Fragen fast stets im Mittelpunkte des öffentlichen Interesses: der Staatsmann, der Publizist, der Journalist kann nicht mehr achtlos an ihnen vorüdergchen. er muß sich mit ihnen beschäftigen, muß zu ihnen Stellung nehmen. Sarkastisch.' Naturen behaupten wohl, daß aus dieser Zwangslage der Haß gegen die moderne Schule und ihre Vertreter geboren sei. Auch in unserem engeren Valcrlande geben die pädagogischen Wogen hoch, stehen wir doch unmittelbar vor einer großen Reform un seres staatlichen Erziehungswesens. Ein modernes — so Hessen wenigstens alle Gutgesinnten — Volksschul- gejetz wird ausgearbeitet, «ine Reform der höheren Schulen wird dann auch kaum lange auf sich warten lassen. Schon künden die Zeitungen eine neue karser- liche Schulkonferenz an, und wer unter unseren Schul männern, der eben nichts als Philologe ist. und unter den pädagogisch interessierten Politikern wünschte nicht Erlösung aus dem Utraquismus unserer höheren Schulen und eine auf der modernen Kultur auf- Pädagogil von Friedrich Pnuljen. Stuttgart und Berit« Ivll. Sotto. VI., «SO S. Geh. S,S0 geb. 7,80 versuchter verrat militärischer Geheimniste. * Leipzig, 8. Juli. Die Verhandlung gegen den Tagelöhner Hofe- rer vor dem Reichsgericht wegen Verbrechens lxs Verrats militärischer Geheimnisse wurde bis zur Verkündung des Urteils streng unter Ausschluß der Öffentlichkeit geführt. Aus eine ganze Anzahl von Zeugen wurd« verzichtet, da der Angeklagte ein offe nes Geständnis abgelegt hatte. Die Beweisaufnahme war daher auch schon gegen 12 Uhr mittags beendet. Nach einer viertelstündigen Pause wurden die beiden militärischen Sachverständigen gehört, bann zog sich der Gerichtshof zur Beratung des Urteils zurück. Der lüerichtshof ist durch die Beweisaufnahme zu der Uebcrzeugung gekommen, daß der Angeklagte Hoferer sich in der Hauptsache dessen schuldig gemacht hat, was ihm in der Anklage zur Last gelegt worden ist. Es ist erwi sen, daß er am 10. November vergangenen Jahres mit einem Agenten des französischen Nach richtendienstes in Verbindung getreten ist, der ihm den Auftrag erteilte, eine Reihe von geheimzuhalten- den Gegenständen in seine Hände zu liefern. Eine nähere Beschreibung dieser Gegenstände, so hieß es in der Urteilsbegründung, kann im Interesse der Eicher heit des Deutschen Reiches hier nicht gegeben wer den. Der Angeklagte hat sehr wohl gewußt, daß die von dem französischen Agenten gewünschten Gegen stände gehcimgehalten werden mußten, er wußte auch genau, daß die Kenntnis dieser Gegenstände der fran zösischen Heeresverwaltung von Vorteil sein mußten, und daß das Deutsche Reich dadurch gefährdet war. Der Angeklagte hat den Vorsatz gefaßt, sich selbst in den Besitz der in Frage stehenden Gegenstände zu setzen. An« 17. November ist er dann an den Ser geanten Kießling herangetreten, er hat ihm zuge mutet, ihm derartig« Gegenstände zu verschaffen. Da durch ist der Tatbestand des tz 3 des Gesetzes vom 3. Juli 1893 betreffend den Verrat militärischer Ge heimnisse voll gegeben. Der Angeklagte hat seinen Zweck nicht erreicht, der Unteroffizier ist nur scheinbar auf bi« Forderungen des Angeklagten eingegangen und Hot davon dann Anzeige erstattet. Hoscrer hat sich bei seinem Vorgehen nicht nur der Vorbcrei- tungshandlungen schuldig gemacht, wie die Tierteidigung angenommen hat, sondern er hat seinen Entschluß durch Handlungen betätigt, die einen Anfang der Ausführung des Verbrechens darstellcn. Die Schuld des Angeklagten ist also einwandsfrei er wiesen. Was die Strafzumessung angeht, so war in Betracht zu ziehen, daß Hoferer zwar nicht selbst Sol dat gewesen ist, daß er aber einen Angehörigen der Armee zu einem Verrat hat verleiten wollen. Das Motiv, von dem der Angeklagte sich bei seinem Vor gehen hat leiten lassen, war lediglich, Geld zu bekommen. Nur deshalb hat er sein Vaterland zu verraten unternommen. Allerdings hat der An geklagte zuletzt ein reumütiges Geständnis abgelegt, aber das konnte die Auffassung von seinem Verbrechen nicht derartig mildern, daß der Gerichts hof dazu hätte kommen können, auf eine Gefängnis strafe zu erkennen. Vielmehr mußte er auf ein« Zuchthausstrafe zukommen, wenn auch zugegeben werden soll, daß durch das.Vorgehen des Angeklagten, da cs nur bei dem Versuche geblieben ist, kein Un heil angerichtct wurd«. Das Urteil lautete unter Einrechnung von acht Monaten und zehn Tagen Gefängnisstrafe, die dem Ange klagten vom Landgericht Freiburg wegen Eigentums ¬ gebaute, nach modernen psychologischen Erfahrungen eingerichtete höhere Schule. Mitten in diesem Tageskampfe, in diesem wirren Durck^einander der pädagogischen Theoretiker und pädagogiscl)«n Interessenten tönt eben eine milde, ruhige Stimme, die Stimme eines der erste» unter unseren großen Erziehern, Friedrich Paulsens pädagogisches Testament ist soeb'n veröffentlicht. Hoffen wir, daß die griinmcn Kämpfer einen Augenblick die Waffen ruhen lassen und der Stimme des nunmehr Ver ewigten lauschen, einem Klange aus fernen, reinen, höhere?« Sphären. Mit Wehmut erfüllt es uns, daß er zu früh, im Alter von nur 62 Jahren, von uns gegangen ist, denn er war der Besten unseres Volkes einer, dazu wie selten «in Mann befähigt, zu den großen Zukunftssragen der Erziehung Stellung zu nehmen: Er, der schlichte, treu« Sohn Schleswigs, der kleinen Stadt Langhorn, der seit 1876 als Professor der Pädagogik und Philosophie an der Universität in Berlin wirkte, der Mann aus eigener Kraft, der als ehemaliger Volksschullehrer die Nöte, Sorgen und Träume dieses Standes ebenso kannte wie die der höheren Lehrer, der tiefgründige Kenner der Ge schichte der Erziehung, der feinsinnige, vom höchsten Idealismus durchglühte Ethiker. der vielgewanderte Mann, der ehrliche, ernste Politiker und Publizist. Paulsen hielt seit etwa drei Jahrzehnten an der Berliner Univ.rsität Vorlesungen über Pädagogik vor einer zahlreichen, stets wachsenden Zuhörerschaft. Er selbst wollte diese Vorträge als Buch veröffentlick)«?,, der unerbittliche Tod nahm ih?. mitten im Werk die Feder fort, das Werk sollte ein Torso bleiben. Es ist sehr verdienstlich, daß der Berliner Privatdozent Dr. Willy Kabitz die Vorlesungen nach Paulsens Kon zepten und Kollegbüchern herausgcgeben hat. Ich glaube, daß es nicht nur eine Gabe für Oberlehrer ist. wi« im Vorwort steht, Paulsen gehört der ganzen deutschen Lehrerschaft, er wird auch von der Nation gern gehört werden. Aus dies.»« Grunde sollen hier an dieser Stelle aus der Fülle der behandelten pädagogischen Probleme die kurz berührt werden, über die der große Kreis der nicht berufsmäßiq pädagogisch Interessierten gern Friedrich Paulsens Meinung hörte. Man wird bedauern, daß aus äußeren technischen Gründen die Vorlesungen ungedruckt geblieben und. die den schulpolitischen Fragen gewidmet waren. Denii hier ist natürlich das allgemeine Inter esse am größten. Wir müssen uns vertrösten auf die angekündigte Sammlung seiner Einzelaufsätze zu Schulorganisation und Schulpolitik, die demnächst bei Eotta ersck»einen soll. Eine in den Parlamenten häufig erörtert« Frage ist die Vertretung der Pädagogik an der Universität. Bekanntlich weigert sich eine statt liche Reihe von Universitätslehrern, die Pädagogik I als „reine" Wissenschaft anzuerkcnnen. Mit feinem I Spott weist Paulsen den Philologen und Historikern I nach, wie wenig ihre Fächer „reine" Wissenschaft vergehens im Februar d. I. zuerkannt worden sind, und die er gegenwärtig verbüßt, aus eine Zucht hausstrafe von einem Jahre und zehn Monate n. Die bürgerlichen Ehrenrechte wurden ihm aus die weitere Dauer von fünf Jahren ab erkannt. Aus die erkannte Zuchthausslras« wurde ihm d«e bis jetz« verbüßte, entsprechend in Zuchthaus ilmgerechnete Gefängnisstrafe angerechnet. Schließ lich wurde noch Zulässigkeit o«r Stellung unter Polizeiaufsicht ausgesprochen. Ttzrmer unü Konzerte. Leipzig, 8. Juli. Neues Theater. (Zu Paula UcoaczetS Aiyu-ied.) Blumen und franze gab es ge;cern. „rl. Urbac- zek nahm als Azucena (in Lrerdis „Trouvadour") ^tvichieo von unserer Büyne, die ne. irre ich nicht, in coenoessetben Meisters „Aroa" zum ersten Mate betrat. Was das Wirken der Künstlerin wert machte und auszeichnere, i>« an dieser Stene stets hervorgehoben und entsprechend gewürdigt worden. -t.rat woyt die Sängerin an zweice Stelle, so inter- ehierce an erster iern.:ze«t um so mehr die Darstelle rin, die yier ganz Ausgezeichnetes und im Nahmen der Oper immerhin Seltenes zu geben verstand. Ihre Reproduktion einzelner Charaktere, z. B. einer .ii>ucena, ^rlruo, Lt>at-raure, oann auch vornehmlich einer Reihe von Typen der modernen und hier wieder der veristischen Oper, stand aus sehr be- irächllicher Höhe. ^rl. Urbaczek hielt sich schaujpiele- risch fern von aller Schablone, allem EckemaUschen; sie hauchte ihren Gestalten volles Leben ein und ahmre die Natur nach, ohne sie jedoch sklavisch nur zu kopieren. Als deutende, selthttätige und aus dem schätz reicher Dajeinsbeobachtung heraus schassende xuihlterul hat sich <zrl. Urbaczet bei den Leipziger Theaterfreunden ein Andenken gesichert. Vertretungsweise sang Herr Kammersänger Bahting (vom Mannheimer Hostheater) den Grasen Luna. Eins ganz vorzügliche Leistung, inter essant Lurch eine schone männliche Ersclreinung, leb haftes und natürliches Spiel und hervorragende stimmliche Mittel. Siegreich brach Herrn Bahlings umfangreicher, voller und sehr sympathischer Helden bariton die Macht des oft wieder einmal über Ge bühr losenden Orchesters, ohne cs aber diesem an leidenschaftlich bewegten Stellen an Naturalismus gleichzutun. Abgesehen von dem im Anfänge einige Riale vorkommenden Zersplittern der musikalischen Phrase, hinterließ des Künstlers Gesang ebenso tiefe Eindrücke als vorteilhafte und vornehme Wirkun gen, die auch von den Zuhörern nach Verdienst und Gebühr volle Würdigung erfuhren. h'uxron -?ocrn>t2. Sommerkonzert des Leipziger Lehrergesangver- eins. Gleich dem Arion gestaltete auch der Lehrer gesangverein sein Sommerkonzert zu einer Lisztfeier. Scheinbar hatten sich die Leiter beider Sängerschaften über die Zusammenstellung des Programms geeinigt, denn sie begegneten sich nur in dem bekannten „Gottes ist d«r Orient" und dem kurzen, doch herr lichen Chor „Saalengrün". Beide Konzerte waren somit, zumal bei der so trefflichen Darbietung, recht wohl geeignet, Liszt auch als Männerchorkomponist, als solcher bisher mit Unrecht vernachlässigt, obwohl er eine Reihe ganz prächtiger, wohlklingender und wirkungsvoller Chöre geschaffen hat, schätzen zu lernen. Umrahmt wurde das Konzert von dem schwierigen Chor „An die Künstler" und der Humo reske „Gaudeamus igitur", beide mit Orchesterbe gleitung, die, wie auch die Begleitung zum Es-Dur- - ...> > , seien Pädagogik 1-at als Wissenschaft genau nicht mehr synthetischen Charakter wie die Theologie und Jurisprudenz, vor allem verlangt die Praxis drin- g.nd Lehrstühle für Pädagogik. Paulsen will dies« verbunden wissen mit einem neu zu gründenden dritten Lehrstuhl für praktische Philosophie; er lehnt also die modernen Be strebungen, die auf eine „exakte" Pädagogik hinzielen, glatt und reinlich ab. Auch die vielerörterte Frage des Studiums der Volksschullehrer streift er. E« nimmt an, daß die begabten Volksjchullehrer in Zukunft mehr als bisher zu den Universitäten zu gelassen werden, und schon aus diesem Grunde werde künftig die Pädagogik als Univcrsitätswissenschaft mehr ausgebaut werden müssen. Es ist nur zu natürlich, daß Paulsen eine hohe Meinung von der Bedeutung des Lehr amt e s für Staat und Gemeinde, für unsere Gesamt heit hat. Freilich, er stellt auch hohe Anforderungen an den Lehrer: in seiner schlichten Art drückt er die höchste Forderung aus: „Inneren Beruf hat der Er zieher nur dann und insoweit, als er aktiven Anteil a» dem gesamten Kulturleben seiner Zeit und seines Volkes hat." (S. 19.) Ueber all die anderen all gemeinpädagogischen Fragen: über die höhere Mädchenschule, den Nietzsck;ekultus, den Mangel an Autorität, die sexuelle Aufklärung, die Schüler tragödien, die körperliche Züchtigung, die gleich feine Abwägung zwischen berechtigtem Neuen und über lebtem Alten, freilich wird er vielen der Stürmer als zu konservativ in seinen Anschauungen erscheinen; so wagt er es z. B., für die innere Berechtigung der körperlichen Züchtigung, für die Ablehnung der An gleichung der höheren Mädchenbildung an die der Knaben einzutreten. Paulsens Stellung zu der Frage der Gleich berechtigung der drei Gruppen der V o l l a n st a l t e n ist ja bekannt. In seiner Ge schichte des gelehrten Unterrichts bereits hat er die heute durchgesetzie Gleichberechtigung gefordert, und zwar um des humanistischen Gymnasiums willen. Er ist ein warmer Verteidiger geisteswissenschaftlicher humanistischer Bildung, besonders der altsprachlichen. Er warnt dringend vor einer Ueberschätzung der naturwisseiischastlich-mathematischen Fächer, wie sie in der Zeit zu liegen scheint. Ausführlich legt er dar (S. 380 ff.), wie Mathematik und Naturwissenschaften zu periphherisch der kindlichen Seele liegen. Die heutige Gestaltung unseres höheren Unterrichts geht im wesentlichen auf Paulsens Vorschläge zurück: er hat an den Ergebnissen der Schulkonferenz von 1890 und 1900 hervorragenden Anteil. Doch hat er noch einige Wünsche für die Zukunft: Er hofft auf eine Verstärkung des Deutschunterrichts, er möchte philosophischen Unterricht eingeführt und den Geschichtsunterricht nach d«r staats bürgerlichen Seite hin ausgebaut sehen. Den philosophischen Unterricht fordert er aus folgenden Gründen: „Im gelehrten Unterricht tritt deutlich zutage ein Mangel an formaler, logischer Klavierkonzert, von der Kapelle des 107. Infanterie- Regiments im großen und ganzen in zufriedenstellen der Weise ausgeführt ward. Es war wahrlich kein« leicht« Aufgabe, die hier Herr Pros. Hans Sttt als Orch«sterleiter zu vollbringen halt«. Ganz Her vorragendes aber leisteten wieder di« Säng«r, deren Darbietungen, wie schon so oft, auch diesmal fester Zusammenschluß der einzelnen Stimmgruppen,sinn gemäße Deklamation, deutliche Textaussprache, Rein heit der Intonation und vor allen Dingen ein« d«m geistigen Gehalt der einzelnen Chöre und ihrer Teile fein «»gepaßte, ausdruckvolle Vortragsweise nachzu rühmen sind, so daß die Wirkung auf die zahlreich erschienenen Zuhörer nicht ausblieb, di« wiederum durch reiche Beifallsspenden für die dargebotenen Genüsse dankten, wie sie auch Fräulein Else Siegel durch wohlverdienten Applaus auszcichn«ten, die durch ihre feingebildete Sopranstimmc von sym pathischen« Klang, wie nicht minder durch ihr« schlichte, natürlich« Art des Vortrags, die Herzen er freute. Der junge Pianist Herr Hernani-Tor- r e s war seiner Aufgabe noch nicht ganz gewachsen. Wohl war die erforderliche Geläufigkeit der Finger vorhanden, doch machte sich stellenweise der Mangel an Kraft, den er durch nicht immer einwandfreien Pedalgeb'auch wettznmachen suchte, unliebsam be merkbar, wie es ihm auch an dem Vermögen gebrach, den Geist des Stückes mit Hilfe eines farbenreichen Anschlags genügend zum Ausdruck zu bringen. 6. H. Letzte Spart-Nachrichten. Leipziger Tennis-Turnier. 2. Tag. Trotz des oft recht störenden Windes wurde aus allen Revieren des Sportplatzes lebhaft gespielt, jo daß einzelne Spiele die Zuschauer zu lebhaftem Bei fall veranlaßten. Es wurden folgende Resultate er zielt: Herreneinzeljpiel um d«n Wanderpreis, ohne Vorgabe: Mädge—Möckel 6—3, 3—6, 6—4. Knauer—Mädge 6—2, 6—1. Liersch schlägt Bert 8—6, 6-4. Herreneinzelspiel mit Vorgabe: Magda (0)-E. Mannborg (-)-2/6) 4—6, 6—1, 6—3. Eläsel t-s- 15.3/6)—Krieger (—2/6) 6—2, 6—1. Berli ner 0—Magda 0, 6—4, 6—3. Dameneinzelspiel ohne Vorgabe: Frl. j Eaumitz—Frl. Glaser 6—0, 6—1. Frl. Meder—Frl. j Helling 7—5, 6—1. , Dameneinzelspiel mit Vorgabe: Frl. > M. Steinbrück (0)—Frl. Roth (0) 6—3, 6—2. Herrendoppelspiel oyne Vorgabe: Dr. Schmidt—Schneider schlagen Bert—Sperling 5—7, 7—5, 7—5. Herrendoppelspiel mit Vorgabe: Mädge, Schneider-Magda, Fr. Schmidt 6—3, 5—6, 8—6. Fritz Hanns -s- 15.4/6—Bert, Sperling 6—3, 6—3. Herren- und Damendoppelspiel: Frau und Herr Dr. Schmidt—Frl. Helling, Herr Schneider 2-6, 6—3, 6—3. Schülereinzelspiel: Seifferth (—- 2/6)— Martin (0) 6—2, 6—1. Helm (-s- 3/6)—Hanns (-s- 15) 6—4, 6—4. Helm—St«g«r 6—4, 5—1 zurück gegangen. Die Spiele werden am heutigen Sonntage früh fortgesetzt. Nachmittags von 3 Uhr ab dürften die Entscheidungen fallen. Die Preisverteilung findet abends 7 Uhr auf dem Turnierplätze statt. Nach Aussage aller Spieler befinden sich die Platze in aus gezeichneter Verfassung. Schulung, ein Mangel an logischem Denken, an der Fähigkeit, Begriffe scharf zu definieren, eine Maier « logisch zu disponieren, die Argumente präzis zu fassen. Zweitens zeigt sich ei'. Mong.'l an philoso phischen Grundbegriffen. Wenn unsere Meoizrner oder Juristen zur Stellungnahme in allgemeinen Fragen gezwungen werden, geht »an sie kläglich ent gleisen. Endlich ist eine Folz« der Mangel an phllc- fcphifcher Weltanschauung. Fast niemand hat über die letzten und tiefsten Frag'» nachgedacht, stellt sich aber das Bedürfnis Lazu ein, so stehl man jedem Einfall wehrlos gegenüber." Aus diesen Gründen hält Paulsen für dringend nötig eine Stätte in unserem höheren Schulwesen für EinführungindiePhilosophie.vor allem in die Psychologie, Ethik und Logik. Deshalb möchte er auch die D e u t s ch stunden vermehrt sehen; er will in den Oberklasscn philosophische Prosastücke ge lesen wissen. Im Geschichtsunterricht, zu dessen didaktischer Gestaltung er eine Reihe aus gezeichneter Bemerkungen macht, weist er der Ober stufe „po litischen Anschauungsunter richt" zu. An einem Lehrbeispiel: „Beim Nachbar ist eingebrochen" entwickelt er mit der Geschicklichkeit des geborenen Pädagogen die drei Aufgaben des Staates Von besonderer Tragweite ist im Hinblick auf die modernen Kämpfe Paulsens Stellung zum Reli gionsunterricht. Er lehnt die Bestrebungen der Bremer Lehrer ab als Verirrung, ebenso ist er ein Gegner der Simultanschule; freundlicher schon steHt er der Einführung des ethischen Unterrichts gegenüber, aber am Religionsunterrichte will er unter allen Umständen überall festhalten. Freilich, die rein dog matische Lehre ist der Kirche zuzuweisen, die Schule soll nur die historische Einführung in das Christentum übernehmen. Sein Hauptbeweis für di« Beibehaltung des Religionsunterrichtes ist di« Achtung vor der historischen Kontinuität. Es ist eben sein« tief inner liche, stets historisch denkende und fühlende norddeutsche Natur, die ihn zu diesein Schluß kommen läßt. „Das Christentum ist älter als di« christliche Dogmatik und die Konfession. Und vielleicht ist es in dieser älteren Gestalt annehmbarer als in der Gestalt des Triden- tinums oder der Augsburger Formel. Die Ehrfurcht vor der Person Jesu reicht überhaupt viel weiter." Wie ihm in politischen und nationalen Fragen besonders verhaßt ist der einseitige, bornierte, enge Fanatismus, wie er da einem weitherzigen, versöhn lichen Menschentum Las Wort redet, nicht minder weist er in Religionsfragen weit von sich jenen düsteren, finsteren, trüben Zelotismus: er glaubt an ein friedliches Nebeneinander der Konfessionen, siegen muß ja „die Vernunft in den Dingen". Hoffen und wünschen wir, daß dieser Paulsensche Geist, dieser Geist der Versöhnung, der weitschaucnden Humanität, der Achtung vor dem tüchtigen, ernsten Gegner auch in den kommenden Religionskämpfen in dem Weltanschauungsring«n den Kämpfenden nie fehlen möge.
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