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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.06.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110624016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911062401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911062401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-06
- Tag 1911-06-24
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Monat
1911-06
-
Jahr
1911
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politische Umschau. Vie Lonlervattoen unü üie Sozialüemokratle. Dsr Reichstagspräsident Graf v. Schwerin- Löwitz hat kürzlich in Treptow an der Tollens« über die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Reiches im letzten Jahre gesprochen. In dieser Rede hat er u. a. erklärt, er würde bei einer Stich wahl immer und unter allen Umständen auch den schlimmsten bürgerlichen Demokraten doch noch mit aller Entschiedenheit als das kleinere llebel gegen jeden Sozialdemokraten zu unter stützen bitten. Dazu schreibt die „Deutsche Tages zeitung": „Wir sind in der Lage mitzuteilen, daß die Mehrzahl der bei der Leitung der kon- fervativen Partei beteiligten Herren in viesem Punkte von dem Grafen Schwerin- Löwitz abweichen und der Ansicht sind, man müsse von Fall zu Fall entscheiden und direkte Bundesgenossen der Sozialdemokratie genau wie Liese selbst auch bei den Stichwahlen behandeln." Die „Köln. Ztg." bemerkt dazu folgendes: „Wir wissen nicht, ob die „Deutsche Tageszeitung" mit größerer Autorität für die Leitung der Konservativen Partei zu sprechen befugt ist, als der von dieser Partei auf den Schild erhobene Reichstagspräsident. Jedenfalls beweist diese Auslassung des agrarischen Blattes, daß seine Tiraden, die Konservativen würden unter keinen Umständen die Sozialdemokratie unterstützen, nur so weit stichhaltig sind, als diese Taktik die agrarischen Interessen zu fördern imstande ist. Denn was die „Deutsche Tageszeitung" hier als Absicht der konservativen Parteileitung ausgibt, ist schlechterdings nichts anderes als eine Unterstützung der Sozialdemokratie." Der Zweifel der „Köln. Ztg.", ob tatsächlich die konservative Parteileitung diese vom nationalen Standpunkt aus sehr bedenkliche Haltung einnimmt, ist bereits durch die parteioffizielle „Konser vative Korrespondenz" zerstreut worden. Sie veröffentlicht nämlich folgende Mitteilung, die eine glatte Bestätigung der Notiz der „Deutschen Tageszeitung" datstellt: „Wir können dies«, dem Standpunkte des Herrn Grafen Schwerin entgegen stehende Auffassung namens unserer Partei- leitung nur bestätigen. Wir vermögen einen Unterschied zwischen Sozialdemokraten und deren Helfern nicht gelten zu lassen und müssen im übrigen die Entscheidung über die in den einzelnen Wahlkreisen zu beobachtende Stellung zur Stichwahl lediglich von taktischen Grün- den unseres Parteiinteresses abhängig machen." Diese Kundgebung ist von einschneidender Bedeu- tunz für die Reichstagswahlen und laust letzten Endes eben auf nichts anderes als eine direkte oder in direkte Unterstützung der Sozialdemokratie hinaus. Wie man sich angesichts solcher parteioffizieller Er klärungen über den Mangel einer allgemeinen Stich wahlparole beim Hansabund entrüsten kann, ist uns unverständlich. Deutsches Kelch. Leipzig, 24. Juni. * Aus dem 18. Reichstagswahlkreise wird uns geschrieben: Am Donnerstagabend traten die Vor sitzenden der Einzelvereine des Verbandes national gesinnter Vereine im 13. Reichstagswahlkreise im „Schloß Ritterstein" zu einer neuen eingehenden Be ratung über ihre Kandidatur im 13. Reichstags- wahikreise zusammen. Unter ausdrücklichem Hin weise darauf, das; alle Schärfen im Wahlkampfe zwischen den bürgerlichen Parteien unbedingt zu ver meiden seien, hielten die fast vollzählig Versammelten an der ausgestellten Kandidatur des Redakteurs Dr Günther bei einer Stimmenthaltung und nur einer Gegenstimme fest und erklärten seine Kandidatur für die Verbandskandidatur, für die mit allen Kräften einzutreten sei. * Borträge über die neue Reichsversicherungs- ordnung und die Anträge der Sozialdemokratie hält gegenwärtig im Erzgebirge der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Professor Dr. Eörcke. Die am Mittwoch" in Schneeberg vom dortigen Vereine reichstreuer Männer abgehaltene Versammlung war gut besucht, und der Redner fand lebhaften Beifall. Die Sozialdemokraten waren ferngeblieben und hatten vor dem Besuche gewarnt, angeblich, weil keine Redefreiheit zugesichert worden sei. In Wirk lichkeit hatte aber der Vorsitzende des Vereins, Fabrikbesitzer Wilisch, dem Vorsitzenden des Sozial demokratischen Vereins in Schneeberg für jedermann Redefreiheit bis zur Dauer von je 20 Minuten zu gestanden. Die Sozialdemokraten wollten aber auch hier ihre Anhänger die Wahrheit nicht hören lasten, verdrehten den Tatbestand und erschienen nicht; ja am Tore des Versammlungslokales waren sogar Posten aufgestellt, um die Genosten zurückzuweisen. * * Eramsch bleibt Präsident der Anfiedlungs» kommission. Wie dem „Berl. Lokalanz." aus Posen geschrieben wird, ist soeben durch Königliche Order die Berufung des Präsidenten Gramsch zum Mit glied der Ansiedlungskommission auf weitere 3 Jahre erfolgt. In der Stellung des Präsidenten der An- siedlungskommission besteht die Anomalie, daß die Ernennung zum Präsidenten auf Lebenszeit, zum Mitglied jedoch stets nur auf 3 Jahre erfolgt. Man schliefst aus der neuen Berufung Gramschs zum Mit glied darauf, daß Gramsch die Aufrechterhaltung der bisherrgen Grundsätze der Ansiedlungspolitik als gewährleistet ansieht. Ob diese Schluß folgerung zu weit geht, wird wohl die Zukunft zergen. * Landrat a. D. Rötger kein Reichstagskandidat. Wie eine dem Zentralverband deutscher Industrieller sehr nahestehende Berliner Korrespondenz auf das bestimmteste versichert, entspricht es nicht den Tat sachen, daß Herr Rötger sich um ein Reichstags mandat im Wahlkreise Merseburg bewerbe, Herr Rötger habe sich überhauot um rein Reichstags mandat beworben noch sei ihm von dort aus ein solches angeboten worden. * Zur Reform der Fahrkartenftener erfahren wir, daß im preußischen Eisenbahnmtnisterium eine neue Vorlage über die Reform der Fahrkartensteuer sich in Vorbereitung befindet, jedoch noch nicht ad- geschlossen ist. Die Vorlage wird nach den Sommer ferien nach ihrer Fertigstellung den Bundesstaaten zugehen, damit diese sie begutachten können. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Vorlage noch dem alten Reichstag zur Beschlußfassung zugehen wird. Ein Beschluß hierüber liegt jedoch noch nicht vor, auch läßt sich über den Inhalt der Vorlage noch nichts Bestimmtes sagen. Fest steht nur, daß auch in der neuen Vorlage auch die vierte Wagenklaste nicht be steuert werden soll. Es ist möglich, daß auch die Fahrkartensteuer für die I. bis Ul. Wagenklasse in der neuen Vorlage eine Ermäßigung erfahren wird, wenn die Einnahmen des Reiches sich in der gleichen hohen Weise fortbewegen, wie es bisher der Fall ist. * Herrenhausdisposttionen. Das preußische Herren haus beabsichtigt bis zum Freitag, den 30. d. M.. eine Pause emtreten zu lasten, um am 30. Juni und am 1. Juli in zwei Schlußsitzungen das noch zu er ledigende Material aufzuarbeiten. Ein früherer Zu sammentritt ist nicht möglich, da verschiedene Kom missionen noch am 27. und 28. Juni zusammentreten werden, um die Ausführungsbestimmung zum Vieh seuchegesetz und zum Reichszuwachssteuergesetz und die vom Abgeordnetenhauie abgeänderte rheinische Landgemeindeordnung zu beraten, ferner weil am 29. Juni ein katholischer Feiertag ist. Rach den Ver einbarungen zwischen der Regierung und den Land tagspräsidien wird der Schluß der Session am Sonnabend, den 1. Juli, nachmittags eintreten. Auf die Verabschiedung des Pflichtiortbitdungs'chulgesetzes und des Gesetzes über die ländlichen Pflichtfortoil- dungsschulen m Brandenburg, Sachien ujw. ist von der Regierung Verzicht geleistet worden. * Reichstagswahlvorbereitungen. Für den Wahl kreis Friedberg-Büdingen ist als gemein samer bürgerlicher Reichstagskandidat Amtsrichter Strack in Gießen' in Aussicht genommen. — Im Wahlkreise Naumburg-Zeitz ist von der konservativen Partei der frühere Ober bürgermeister von Weißenfels Wadehn in Aus sicht genommen. Die Entscheidung wird in der nächsten Vertrauensmännersitzung fallen. * Mittelstandsgruppengründung. In Wiesbaden fand eine Versammlung von Handwerkern usw. statt, in der eine Mittelstandsvereinigung für Wiesbaden und Umgegend gegründet wurde. Die neu gegründete Vereinigung beabsichtigt, sich an die reichsdeutsche Mittelstandsvereinigung in Leipzig anzuichließen. * Trinkerfürsorge und Berufsvormundschaft. Hat sich der Gedanke der Berufsvormundschaft für vor mundschaftsbedürftige, besonders uneheliche Minder jährige mehr und mehr Dahn gebrochen, weil man ihre segensreiche Wirkung aus die Verminderung der Säuglingssterblichkeit, die günstige Entwicklung des Kindes und die Entlastung der Armenpflege erkannt hat, so ist bei der Bevormundung entmündigter Trunksüchtiger die Einzelvormundschaft noch vor herrschend. Und doch wäre gerade hier der Berufs vormund, das ist der durch sein Amt oder seinen Beruf für die einschlagenden Ausgaben interessierte und vorbereitete Vormund, dem gerade deshalb, weil er eine Anzahl solcher Vormundschaften führt. Sach-. Menschen- und Geichästskunde zur Seite stehen, ein dem zufällig gewählten Einzelvormund überlegener und daher geeigneterer Vertreter des Trinkers. Auf der letzten Tagung deutscher Berufsvormünder in Berlin im Oktober 1910, bei der diese Fraoen er örtert wurden, sprachen sich denn auch in der Dis kussion die Fachleute (Geheimrat Pütter, Vorsitzender des Zentralkomitees der Auskunfts- und Fürsorge stellen für Lungentrante und Alkoholkranke in Berlin, der Geschäftsführer des deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke R. Burckhardt, Vor- mundschaitsrichter Amtsgerichtsrat Dr. Friedeberg- Berlin-Weißenjee) für die Berufsvormundschaft für Trinker aus, und nahm die Versammlung die Leit sätze des Referenten Dr. Polligteit-Frankfurt a. M., die die Errichtung von Berufsvormundschaften für Trinker empfahlen, einstimmig an. Die nächste Tagung deutscher Berufsvormünder findet vom 17. bis 19. September in Dresden statt und wird diese Frage unter dem weiteren Gesichtspunkt der Bevormundung von Eeistestranlen behandeln, über die Professor Dr. Weygandt und Rat Dr. Crasemann aus Hamburg sprechen werden. Ausland. Oesterreich-Ungarn. * Zur Demission Weißkirchners. Am Donnerstag wurde Ministerpräsident Freiherr v. Bienerth vom Kaiser in einstündigcr Audienz empfangen, um über die Demission des Handelsministers Weiß kirchner Vortrag zu halten. Die Entscheidung des Kaisers ist bisher noch nicht bekannt geworden. Der Eisenbahnminister Elombinski hat, wie aus politischen Kreisen bestimmt versichert wird, dem Ministerpräsidenten Bienerth nunmehr ebenfalls seine Demission überreicht. Die Fraktion der alten Polen, der Elombinski angehört, ist bekanntlich in der Wahlschlacht zertrümmert worden. England. * Zu den Krönungsfeierlichkeiten. Das Königs paar trat am Freitagmittag unter Glockengeläuts den Umzug durch die Stadt an. Das glänzende Schauspiel des Umzuges erweckte auf dem ganzen Wege große Begeisterung unter der Menge. Ueberall wurde das Königspaar, das in einem von acht Pferden gezogenen Wagen fuhr, mit großem Jubel empfangen. Der König trug die Uniform des Feldmarschalls, die Königin eine weiße Robe. Besonderes Interesse erregten die indische und die koloniale Gruppe. Zwischen den ein zelnen Truppenteilen waren beträchtliche Abstände gelassen, so daß die Zuschauer alle Teile des Zuges mit voller Muse betrachten konnten. Es dauerte ungefähr '/. Stunden, bis der ganze Zug vorüber gezogen war. Gegen IV, Uhr erfolgte die Rückkehr nach dem Palast. * Stapellauf eines 27 ÜÜÜ-Tonnen-Panzer«. In Narrow ist das englische Panzerschiff „Prinzeß Royal" von 27 000 Tonnen vom Stapel gelassen worden. Es ist zurzeit das größte Panzerschiff der Welt. Frankreich. * Das Zuchtpolizeigericht von Larochelle ver urteilte den Sekretär des Bauarbeitersyndikats Milaret wegen Behinderung Arbeitswilliger zu 12 Tagen Gefängnis, obwohl festgestellt wurde, daß er keinerlei Drohungen ausgestoßen, ja sogar die Mißhandlung eines Arbeitswilligen verhindert hatte. In der Urteilsbegründung heißt es: Die bloße Tat sache» daß Milaret sich in einer Gruppe von Strei kenden befunden habe, die Drohungen ausstießen und Gewalttätigkeiten verübten, laßen den Angetlagten strafbar erscheinen. * Zur Wahlreform. Die Minderheit von 223 Deputierten, die bei der Wahlreformdebatte für den Zusatzantrag stimmte, wonach die Kammer wahlen nach dem Mehrheitsprinzip stattfinden sollen, besteht aus 98 Sozialistisch-Radikalen, 60 Mitgliedern der republikanischen Linken, 35 Mitgliedern der demokratischen Linken, 16 sozialistischen Republi. kanern, 3 geeinigten Sozialisten und 5 Unab hängigen. Die Mehrheit von 341 Deputierten, die sich gegen den Zusatzantrag aussprachen, setzt sich aus den geeinigten Sozialisten, allen gemäßigten Re publikanern, den Mitgliedern der katholischen Action Liberale und der Rechten sowie aus einer Anzahl Radikaler und Linksrepublikaner zusammen. Die Anhänger des Prcportionalsystems geben ihrer Be friedigung über diesen Ausgang lebhaft Ausdruck. — Iaurös schreibt in der „Humanite": Die Ab stimmung bildet in der Wahlreform einen ersten entscheidenden Erfolg, der alle anderen nach sich ziehen muß. Die gemäßigte republikanische „Republique Fran<.aise" sagt: Nun kann man sagen, daß die Wahlreform gesichert ist. Eine so be trächtliche Mehrheit kann nicht mehr zurückweichen. Schweir. * Der deutsch-schweizerische Riederlasiungvvertrag. Der Nationalrat behandelte in zwei Sitzungen den Nlederlassungsvertrag der Schweiz mit Deutsch land. Dr deutsä)« Gesandte v. Bülow wohnte den Verhc irdlungen in der Diplomatenloge bei. Von ver schiedenen Rednern wurden Einzelheiten kritisiert, ohne daß der Vertrag direkt bekämpft wurde. Der Sozialist Greulich (Zürichs beantragte die Verwer fung des Vertrages mit der Begrünoung, daß er die Stellung der schwiez.'rischen Arbeiter in Deutschland verschlechtere. Das Mitglied des Bundesrats Hoff mann, Lhef des Justizdepartements, verteitigte den Vertrag, der zumindest Len gegenwärtigen Zustand nichr verschlimmere. Die von Deutschland erhobene, von Greulich kritisierte Gebühr von zwei Mark für die Legitimationskarte für schweizerische Arbeiter sei nicht hoch. Die Schweiz werde selbst genötigt sein, für russisä-e Arbeiter ähnliche Maßnahmen zu treffen. Schließlich wurde der Vertrag mit 90 gegen 3 Stim men angenommen. Spanien. * Wegen der letzten Skandale zwischen Carlisten und Radikalen in San Felio de Llobregat sind drei Priester in Haft genommen worden. Der steckbrieflich verfolgte Priester Antonio Brosa hat sich freiwillig dem Untersuchungsrichter gestellt, der ihn in Haft nehmen ließ. Der Geistliche am Frauen gefängnis in Barcelona, James Suria. ist eben falls wegen Teilnahme an Schlägereien zwischen Carlisten und Radikalen in San Felio verhaftet worden. Portugal. * Das erwartete Ausnahmegesetz wurde am Donnerstag in der Kammer vorgeleat, doch von der Regierung nicht unterstützt. Der Entwurf wurde nach lebhafter Debatte einer Kommission über wiesen. Serbien. * Der neuernannte österreichisch-ungarische Gesandte v. Ugron überreichte dem König sein Beglaubigungs schreiben. Der König hieß den Gesandten herzlich willkommen und sprach die Hoffnung aus, daß die Beziehungen zwischen den beiden Staaten sich mög lichst gut gestalten würden. Abends gab der König zu Ehren des Gesandten ein Galadiner, bei dem er auf die Gesundheit Kaiser Franz Josefs und auf die Monarchie ein Hoch ausbrachte, v. Ugron toastete auf das Wohl des Königs und auf das Aufblühen Serbiens. Türkei. * Die Lage in Albanien. Die freudige Zuversicht der türkischen Presse auf eine friedliche Lösung der libanesischen Frage ist rasch verflogen. Seit einigen Tagen sehen die türkischen Blätter die Vorgänge im Malissorengebiet wieder pessimistisch an. Das der Regierung nahestehende Komitecblatt „Sia" macht Montenegro für die Erfolglosigkeit der Amnestie verantwortlich, womit diese Erfolglosigkeit schon eingestanden ist. Nach Ansicht des „Sia" strebe Montenegro die Einberufung §iner europäischen Konferenz zur Lösung der albanesischcn Frage an, was die Türkei niemals zugeben werde. * Scheußliche Greueltaten an Armeniern. Aus Kcnstantinopel, 22. Juni, meldet die „Frankfurter Zeitung": Das armenische Blatt „I a m a n a k", welches über die wenig erfreulick;en Verhältnisse der Armenierin den Provinzen Van und Erzerum fortlaufend berichtet, veröffentlicht jetzt einen Be richt über ein geradezu kannibalisches Mas saker von acht Armeniern, worunter ein Priester, in Taghevank. Die Mörder waren es nicht zufrieden, ihre Opfer niederzumetzeln, sondern blen deten ihnen vorher die Augen und zerschnitten sie buchstäblich. Die Pforte wird durch ein strenges Vorgehen verhindern müßen, daß die Ereigniße ein treten wie im Jahre 1896. * Der Sultan legte den Grundstein zu einem Denkmal, das zum Andenken an seinen Aufenhalt in Monastir errichtet wird, und ordnete an, baß das Volk zu dem Gartenfest, an dem er auch teilnimmt, ungehindert zugelaßen werde. pretzMmme«. Der Austritt Rötgers aus dem Hansabund steht im Brennpunkt der Preßerörterungen. Die „Rhei n. Wests. Zeit g." steht in der Ablehnung von Rießers Antwortschreiben völlig auf dem Boden des Zentral oerbandes: „Ein dialektisches Kunststück zunächst, das aber dem gepriesenen Scharfsinn des Rechtslehrers nicht viel Ehre eintragen dürft«. Wichtiger ist das „unbeirrt". Danach fühlen sich die jetzigen Leiter des Hansabundes stark genug, im Großblock- und Freihandels-Interesse weiter zu wirtschafccn und auf die weitere Unterstützung seitens der natio nalen Industrie und ebensosehr auch des Handwerks zu verzichten. Damit ist der gänzliche Zerfalldes Hansabundes proklamiert und eingeleitet." Die „K r e u zze i t g." konstatiert, daß der „un vermeidliche Krach" nun endlich da sei und schreibt: „Herrn Rötger hat mit Recht der Umstand empört, daß diese angeblich persönlichen Bemerkungen Riegers zu dem von uns schon gekennzeichneten offiziellen Hansarundschreiben benutzt worden sind. Eine solche Handlungsweise ist in der Tat unerhört. Man sieht daraus, daß der Präsident des Bundes die übri gen Präsidialmitglieder nur als Dekorationsfiguren ansieht, die dazu da sind, seinen scharfen Links abmarsch zu verdecken. Und in diesem Sinne wird man nun auch die noch verbleibenden Mitglieder des Hansapräsidiums entweder als Jung- und Linksliberale oder Strohmänner an sehen." Die „Post" sagt: „Wie aus der Sachlage ja an und für sich klar ist, wie sich aber auch aus dem Briefe mit aller Deutlich keit ergibt, hat Landrat Rötger in erster Linie nicht als Person, sondern als Vertreter des Zentral verbandes bei seinem Austritt aus dem Hansabund« gehandelt. Der Brief bedeutet also den völligen Bruch zwischen Z e n t r a l v e r b a n d und Hansabund, der allerdings für jeden, der die Be strebungen beider Verbände kennt, nichts Ueber- raschendes haben kann." In den dem Zentraloerband« sehr nahestehenden „Berl. Polit. Nachrichten" werden weitere Aufklärungen angekündigt: „Es steht außer Zweifel, daß der den Austritt des Herrn Rötger aus dem Hansabund« vorangegan gene Schriftwechsel mit dem Präsidenten des Hansabundes, Geheimrat Dr. Rießer, der Oefsentlich- keit nicht vorenthalten bleiben kann, und die ser Briefwechsel wird über die Motive, die Herrn Rötger leiteten, erschöpfend« Auskunft geben." Di« „Hamburger Nachrichten" reden zum Frieden und raten dem Hansabund Mäßigung an: „Der Vorsitzende des Zentraloerbandes, Geheim rat Rötger, istbisherden Angriffen auf d«n Hansa bund nachdrücklich entgegengetreten, und die Tatsache seiner Teilnahme an der Leitung des Bundes wurde wiederholt als bester Beweis für die Richtigkeit der Bestrebungen des Bundes, namentlich auch auf wirtschaftlichem Gebiete, hingestellt. Um so bedeutsamer ist die entschiedene Absage, die jetzt von dieser Seite kommt. Diese Tatsache sollte für den Hansabund doch die ernstliche Mahnung sein, in letzter Stunde von den Wegen zurück- z u k e h r e n, auf die ihn zu seinem Schaden eine ein seitige und verkehrte Auffassung der politischen Not wendigkeiten d«r Gegenwart auf feiten der leitenden Männer im Bunde gedrängt hat. Bleibt auch diese, wie alle vorhergehenden Warnungen unbeachtet, so geht der Hansabund unfehlbar dem Zusammen bruche entgegen." In der „M a g d e b u r g i s ch e n Zeitung" lesen wir: „Die Schwerindustrie, die ihre Vertretung iin Zentraloerbande findet, hat es schon seit dem An fang unserer Zollpolitik verstanden, sich mit den Konservativen zu st eilen, und sie ist immer gut dabei gefahren. Daß sie sich auch jetzt in eine Kampfstellung gegen Rechts nicht hineindrängen lassen würde, war unschwer vorauszusehen. Und man wird Herrn Rießer zutrauen müßen, daß er das vor her bedacht hat. Er baut wohl darauf, daß er f ü r den Ausfall der Schwerindustrie reichen Er satz findet in den weiten Kreisen der verarbei tenden Industrie, deren hervorragendste Ver treter, Dr. Stresemann und Dr. Wendtland, sich von Anbeginn an lebhaft für den Hansabund eingesetzt haben. Und diese Berechnung wird sich auch insofern als richtig erweisen, als der Ausfall an Mitgliedern und Geld nicht allzu erheblich sein wird; hat doch der Zentralverband sich bereits längst seinen eigenen Wahlfonds geschaffen und mit Geldmitteln den Hansabund nicht unterstützt. Trotzdem aber bedeutet dos Ausscheiden des Herrn Rötger und seiner Freunde eine Durchbrechung der bisher geschloßenen Phalanx der Industrie und damit eine starke moralische Einbuße; und es wird sich erst zeigen müßen, ob der Hansabund stark genug ist, um diesen Stoß über winden zu können." Die „N a t i o n a l-Z e i t u n g" erinnert an die Geburtsstunde des Hansabundes und findet an seiner Haltung nichts auszusctzen: „Die Entwicklung des Hansabundes hat bewiesen, daß er in diesen Tagen der aufgedrungenen Defensive des erwerbstätigen Bürgertums nur eine Kampf organisation sein kann. Denn er ist geboren ausderNotdesBLrgertums, das unter der trotz aller gegenteiligen Versicherungen der halbamt lichen Kreise nun einmal feststehenden Zurücksetzung leidet, und das für sich Gleichberechtigung und Frei heit fordert. Die Mächte, gegen die der Hansabund den Kampf ausgenommen hat, sind Gegner, dr« ihre Waffen gut zu brauchen verstehen. Deshalb muß der Hansabund von einem einheitlichen Geiste beseelt sein, wenn er in diesem schweren Kampfe bestehen will. Der Weg des Hansabundes dagegen geht nach links; und er kann nur nach links gehen, wenn er in seinen Reihen das gesamte fortschrittliche, vom m o- dernen Geiste erfüllte und großen Idealen nach strebende Bürgertum vereinigen will. Man darf dem- ungeachtet von den Führern des Hansabundes über zeugt sein, daß sie sich auf diesem Wege niemals auf Gebiete drängen laßen werden, wo der vernünf tige und berechtigte Liberalismus auf hört und die Herrschaft einer in ihren Forderungen anmaßenden Demagogie beginnt." Die „Frankfurter Zeitung" bringt ähn liche Gedanken zum Ausdruck: „Hinter den Kulißen mag es stark gegärt haben und der Zentralverband kommt nun zur Erkenntnis der Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen. Er zieht seinen Vorsitzenden aus dem Präsidium des Hansa bundes zurück, weil Rießer den Kampf gegen Rechts proklamiert habe. Das ist ein begrüßens wertes Ereignis, denn es klärt die Situation. Will der Hansabund seine Ziele erreichen, dann geht es nicht ohne harten und rücksichtslosen Kampf. Er muß jene „zur Strecke bringen", die ihre Jntereßen über d'e der anderen stellen, er muß also den Kampf gegen Rechts führen. Das ist das Gebot der Stunde und wer es nicht hört, wer Tränen vergießt, weil er mit alten Freunden in Widerspruch gerät, der taugt nicht in ein« Kampforganisation. Es wird voraussichtlich noch der und jener dem Beispiel des Landrates Röt ger folgen, und es werden sehr ehrenwerte und acht bare Männer darunter sein. Gleichwohl verliert der tcoca« Küchenzettel für Sonnabend: I. Suppe; Rinder braten; Salat. — O. Kirschpfanne. Di« Rezept« zu den vors»«h«nd ausgrsUbrten Speis«» sind in dem »Praktisch«» Sachbuch stir Stadt und Land und sedr Stich«' «ntbalten, da» in ncubearbeitcter und «rwriterter Ausgabe durch die Srpeditionen dr» Lctpzigrr Tageblatt«- und ber Allgemeinen Zeitung Leipziger Stadt- und Lorsanjeigrr »um Prris« van 1 ^e, nach auswärts A) Pf. sür Port» mehr, bezog«» w«rb«a kann.
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