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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.06.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110627014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911062701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911062701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-06
- Tag 1911-06-27
-
Monat
1911-06
-
Jahr
1911
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Dr. Reißig - Hamburg kritisiert insbesondere scharf Vie Tätigkeit der -leichstagskommission und wendet sich mit Entschiedenheit gegen den An trag Stadthagen, der nicht» anderes als den Kurier zwang etnsUhren wolle. Sanitätsrat Dr. Hllfler-Chemnih bespricht die Frage der Kurpfuschereien in den Apotheken. Diese Frage muß mit besonderer Vorsicht behandelt werden. Es ist unzweifelhaft, das; von einer grossen Anzahl von Apotheken im Deutschen Reiche „Kur» psuicherei" wie wir Aerzte es nennen, gewerbs» mäßige Behandlung von Krankheiten, betrieben wird. Und die Aerzteschaft ist wohl berechtigt, von einer unrcchtmäßtaen Krankenbehandlung in den Apotheken zu sprechen. Der Rescrent weist dies an Hand einer umfassenden Statistik nach. Rur eine straffe Standesorganisation mit zwangsweiser Mit gliedschaft und Ehrengerichten kann hier Helsen. Aber selbst wenn cs gelänge, mit Hilfe der Geietz- gebung und mit Hilfe des Apotheterslandes selbst das Ankündigen aller Geheimmittel oder gar aller Heilmittel zu verbieten, so wäre damit wahrschein lich noch nicht alles gewonnen. Die gesamte Medi- zinalgesehget'ung auf dem Gebiete der Heilmittel ist heute so verfahren, und alle Gesche sind so durch löchert, das; jede neue Verordnung, wenn nicht ganz neue Grundlagen geschaffen werden, umgangen werden kann. Ich habe mich bemüht, unnötige Schärfen und Ge hässigkeiten zu vermeiden und dies hoffentlich auch von der Erwiderung der Gegenseite, die ja wohl nicht ausbleiben wird. Die Kommission legte dem Deutschen Aerztetag verschiedene Abänderung-v.'rschläge zu dem Gesetzentwurf vor. Im Anschluß an diesen Punkt wurde ein An trag der Breslauer Aerzte behandelt: „Der Deutsche Aerztetag erblickt in der Art der Reklame, die von Firmen der chemischen Grossin dustrie durch geringe Anzeigen in der Tagespreise und beim Vertriebe ihrer Präparate durch Bei packung von Reklamezetteln für andere Speziali täten geübt wird, einen Miszstand. Er beauftragt die Kommission zur Bekämpfung der Kurpfuscherei, die nötigen Schritte zur Beseitigung dieser Schäden zu tun." Der Antrag wurde begründet von Dr. Karl Alexander-Breslau. Dr. Siefart-Charlottenburg: Die Reichstags kommission hat den für uns sehr wichtigen 8 5 ange nommen, nach welchem der Gewerbebetrieb dem Ein zug unterstellt wird, wenn Unzuverlässigkeit nachge- wiesen wird. Wir haben keinen Grund, mit den Ar beiten der Reichstagskommission so sehr unzufrieden zu sein. Der Redner macht dann Vorschläge, wie der Agitation der Kurpfuscher entgegcngetreten werden kann. Dr. Miller-Hagen warnt die Aerzte, die Präparate der chemischen Fabriken den Pa tienten in Original - Packungen abzu geben. Dr. Siffart fordert auf, bei den nächsten Wahlen dafür zu sorgen, das; mehr Aerzte ins Parlament lominen. In der Kurpfuscherkommission des Reichs tages seien nur drei Aerzte gewesen. Unbeschadet aller politischen Gegensätze müßten alle Aerzte hier zusammenstchen. Beifall. Die Anträge der Kommission und der An trag Breslau wurden angenommen. Das Man dat der Kurpfuscherkommission wurde erneuert. Dr. Hesselbarth-Berlin, verliest hierauf noch mals fern umfangreiches Referat zum Versichcrungegesetz der Privatangestellten, i das er bereits in der wirtschaftlichen Generalver sammlung vorgestern gehalten hat. Er wendet sich gegen die Versicherung der Privatangestellten im allge meinen, insbesondere aber gegen die Einbeziehung der Aerzte. Die Aerzte seien ein freier, akade mischer Beruf und wollten nicht mit Gewalt einem Kreise zugeführt werden, dessen Streben lediglich auf Jagd nach Rente gerichtet fei. Der Redner bittet Berliner SezeMvn 19 N. (Nachdruck verboten.) Aus Berlin wird uns geschrieben: Die Sommcrausstcllung der Berlin crSezes- sion unter dem neuen Vorstand schneidet gut ab. Sie wirkt harmonisch, und sie ist, wie es der Geist der Sezession verlangt, durchaus freizügig. Sie schmückt sich mit dem Zeichen großer, verehrter Toter, dies mal mit drei in Berlin noch nicht gezeigter Daumiers; sie ehrt ihre eigenen alten Meister, huldigt dem dahingegangenen Uhde; und sie ist in gröberem Um- fang noch als früher weitherzig dem allerneue sten Schassen gegenüber, das nun schon andere Ziele sucht als die „Väter der Sezession", sie nahm nicht nur die Grupe der jüngsten Franzosen, der „Ex pressionisten", aus, sic lieb auch eine reichliche Zahl junger Deutscher — wie der Katalog vorbeugend sagt, „unreife, aber talentvolle Arbeiten vieloer. sprechender Anfänger" — zu sich kommen. Co tann man von dieser Ausstellung das Veste sagen, dab sie Temperament hat und voll der An regungen steckt. Starke Pcrsönlichkeitsdokumente sind jene drei Daumiers, die diesmal den Ahnenkultus d«r Sezession repräsentieren. Das eine, die „Last", ein spuk- und schemenhaftes Nachtstück: eine Frau, ein Kind an der Hand, krumm emgedeugt unter einem schweren Sack daherschwankend durch eine fahlgelbe Dämmerung an einer Mauer entlang. In gleichen Tönen — dazu aber noch das Blau des Meeruscrs — die Gruppe „der Müller, sein Cohn und der Esel", in eigentümlich wolkig-geballten Formen der Körper. Und ein flackerndes Furioso: „die Flüchtlinge". In einem wie von Fackcllohe durch zuckten Dunkel braust daher die stürzende Flut von Reiterscharen, anfleuchtet das Gespensterweib der Schimmel, das Not und Blau sturmwehender Mäntel. Zu Uhdes, des großen Toten, Gedächtnis liegt ein florvcrhüllter Lorbeerkranz vor seinem Bild der Modellpause. Es ist die liebenswürdige Szene der kleinen Mädchen, die mit angebundenen Flügeln eben als Englein fromm stillegestanden und jetzt wieder muntere Backfische sind. Daneben noch einige adere aus der früheren „Pleinair"-Zeit, die Frauen mit dem Burschen im Fenster im vollen Licht. Und ein Porträt Liebermanns, scharf auf das Profil dieses zupackenden Kopfes gearbeitet. Zahm erscheint es freilich gegen Liebermanns eigenes Selbstbildnis in der Hellen Jacke mit den eingemeißelten Zügen und dem nach malerischer Deute gierigen Geicrblick. Die Reih« seiner leben- strotzenden Männerporträts wird hier noch vermehrt durch jein Bild des Baumeisters Kuhnt, eines weitz- bärtigen, jovialen Herrn — ihm blüht sein Alter wie greisender Wein — mit leichter Ehateau Larose- Couleur von der „Milch der Greise" auf den Mangen. Und «in neue« biblisches Blatt ist der barmherzig« Samariter mit dem nackten, zerschlagenen Leib voll Blut und Wunden, des Mannes, der „unter die Räuber fiel", im grünen Waldlicht. Neben dem Ehrenpräsidenten der Sezession der aktive Präsident Lovis Corinth. Tr bringt zwei gan- dann, die Resolution des Wirtschaftlichen Verbände» vom Aerztetag ebenfalls anzuuehmen, di« dahingeht, die geplante Einbeziehung der Aerzte in die Ver sicherung der Privatbeamten wird aus elbischen und wirtschaftlichen Gründen abgelehnt: in das Gesetz soll eingefügt werden: ausgeschlossen von der Ver sicherung sind Aerzte. Diese» Antrag wird ein stimmig angenommen. Dr. (soetz-Leipzig berichtet dann über die Tätig keit des Schiedsgerichte» für Streitigkeiten zwischen Der- fichernngsgescUschaften »nv Aerzten. Es folgen weitere Berichte von Dr. Munter-Ber lin über die Vcrilckirriingskaffe für die Aerzte Dcntschlanvs und von Geh. San-Rat Dr. S. Davidjohn-Berlin über das ärztliche UnterstiitzungS- und VersichernngSwesrn Vorsitzender Dr. Löbker-Bochum dankt der wirt- schastlichen Abteilung des Verbandes für ihre Tätig keit. Dieser Verband ist eine Kampfesorgani- sation und darf nicht mit Handschuhen vorgehen, wenn versucht wird, non nutzen einen Teil hlnein- zutragen. «Stürm. Beifall.» Unsere Forderungen stehen seit Jahren unabänderlich fest.^ Die Stutt garter Tagung hat als wesentlichen Fortschritt ge bracht, dag wir jetzt auch über den Weg einig sind. Auch die bisherigen Zweifler haben einmütig be kundet, das; sie bereit sind, den Weg der Selbst hilfe zu betreten. lStürm. anhaltender Beifall.) Nach einer Reihe von Dankesreden erreichte der 38. Deutsche Aerztetag sein Ende. Die Prä senzliste dieses Aerztetaaes wies 383 Delegierte von 341 Vereinen mit 23 025 Mitgliedern auf. 8. Kongreß Ser Gewerklchskten DeuMlsnüs. Uff. Dresden, 26. Juni. Der 8. Kongretz der Gewerkschaften Deutschlands wurde heute vormittag, unter Beteiligung von mehr als 40V Delegierten, durch R-sichstagsabg. Legren eröffnet. Anwesend sind Vertreter aller angesmlosse- nen freien Gewerkschaften, Ne insgesamt 2 271)400 organisierte Arbeiter vertreten. In feiner Eröffnungsrede wies Abg. Legten auf das Wachstum der Gewerk schaften in den letztenJahren hin. Aber wir dürjen incht vergessen, datz auch die Organisationen un serer Gegner stark gewachsen sind, ja stärker als unsere Organisationen. Wir dürfen ferner nicht vergessen, datz die Untcrn.'hmer auch ihre Taktik ge ändert haben. Während sie bis vor wenigen Jahren ihr Hauptaugenmerk daraus gerichtet haben, eine Ab wehrtaktik gegen die Angriffe der Gewerkschaften zu befolgen, sind sie in den letzten Jahren z u m A n - griff üoergegangen. Sie juchen nach Mög lichkeit den Ablaus der Tarifverträge auf eine gleich« Zeit zu bringen, um zu Zeiten des gleichzeitigen Ab laufes von Tarifverträgen in rehreren Berufen den Arbeitern bedingslos ihre Vorschriften diktieren zu können. Wir baden mit dem Jahre 1010 ein Kampf jahr abgeschlossen, wie es bisher in Deutschland noch nicht La war. Wir hatten n diesem Jahre allein 4110 Streiks uns Aussperrungen mit 348 000 Beteiligten und mit 18 .60 000 .tt Ausgaben. (Hört, Hörti) Dannt ist alles, was früher war, in den Schatten gestellt. Ls ist vollständig verkehrt, an- zunchmen. das; die Kämpfe der Arbeiterschaft Lurch die soziale Gesetzgebung erleichtert werden. Im ls»cg«Nteil, nach den Erfahrungen der letzten Jahre haben wir zu der Uebcrzeuguug kommen müssen, datz alles, was an gesetzgeberischen Versuchen aus diesem Gebiete geschieht, nur einen weck hat, den Fort schritt unserer Organisationen zu hindern. (Sehr richtig!) Das organisierte Unternehmertum braucht nur einen Wunsch auszudrücken, einen Wink zu geben, und die Staatssekretäre, die eigentlich objektiv die Gesetzgebung zu leiten hätten, folgen diesem Wink Lre slbsnelilche Frage. Der Chef der „provisorischen Regierung", die sich dir aufständischen Albanesen gegeben haben, der Rechtsanwalt Tocci, hat, wie die „Deutsclje Tages zeitung" aus Saloniki meldet, an die ita lienische Presse ein Schreiben gerichtet, worin er mitteilt, datz 60 000 Albanesen bereit seien, den Kampf gegen die türkische Herrschaft fortzusetzen, wenn di« Türkei die albanesischen Forderungen nicht erfüllen sollte. Von einer Unterwerfung auf Grund des A in ne st i e e r l a j j e s könne keine Rede sein. Wenn die Albanesen eine nationale Presse zur Verfügung hätten, so würden sie der Welt mitteilen können, wie grausam sie von den Türken be handelt werden, und dies würde Entsetzen und Ab scheu erregen. Er wend« sich daher an die italienische Presse, damit durch diese die europäischen Mächte auf die Zustände in Albanien aufmerksam gemacht werden und sich zugunsten der Albanesen bei der Türkei ver wenden. Die häufig offiziöse „Tribuna" bemerkt hierzu, datz eine vorsichtige und einträchtige euro päische Initiative die Hohe Pforte vielleicht hindern könnte, ihr« Energie zu zersplittern und damit die Zu kunft der Türkei und des europäischen Friedens ernst zu gefährden. Ueber die türkisch-albanesischen Unterhandlungen meldet die „Köl. Ztg." aus Tetinje: Die Besprechung des türkischen Gesandten mit den Führern der albanesischen Aufständischen in Pod - goritza hatten noch keinen praktischen Er folg. Die Albanesen wiesen die türkischen Vor schläge als ungenügend ab. In den albanesischen Ge genvorschlägen wird u. a. verlangt die Erlaubnis des Wafscntragens, die Wahl der hohen Verwaltungs beamten-und die dsr ntedcren Beamten unter den Albanesen, Ableistung des Heeresdienstes in Alba nien, Herstellung aller verwüsteten Häuser, Vergütung aller angerichteten Schäden, vollständige Amnestierung aller Albanesen, eine Bürgschaft dafür, datz die Pfort« den Bedingungen treulich nachkommt. Der türkische Gesandte reist nach Tuzi zur Beratung mit Torahut Schcwket Pascha. Nach seiner Ansicht gehen di« For derungen für ganz Albanien zuweit. ds» Unternehmertums und tun io, als wären sie An gestellte d«r Unternehmer. 'Sehr richtig!) Das haben wir in der letzten Zeit besonders beobachten können bei Erledigung der Reichsversicherungsord nung und bei der Frage der Beteiligung der Gewerk- scl-aften an der internationalen Hygiene-Ausstellung in Dresden. Wir kamen so wett entgegen, oatz wir dem Unternehmertum in der auf unser« Kosten er richteten Halle einen Raum zur Verfügung stellen wollten, um ihm gleichfalls die Möglichkeit zu einer Heimarbciterausstelluna zu geben. Diese» Entgegen kommen wurde abgeschlagen. Wir hätten in unsere Ausstellung gar keine Tendenz «sineinzulegen brauchen, wir hätten das Elend der Heimarbeiter nur so vorzusührcn brauchen, wie es i st, und es hätte schou abschreckend gewirkt. lSehr richtig!) Wir wollen den Veranstaltern der Ausstellung keinen Vorwurf machen, aber ich meine, sie hätten den Anforderungen der sächsischen Negierungsvertreter energischer ent- gegentretcn müssen. Wir verkennen nicht die Fort- jchritle, die in sanitärer Beziehung gemacht sind. Dle»e Fortschritte verdanken wir aber allein unseren gewerk schaftlichen Organisationen. Wir wollen bas, was wir in der Hygiene-Ausstellung nicht finden konnten, mündlich durch diesen Kongreß bieten, und wollen in diesem Sinne unsere Arbeiten führen. (Lebhafter Beifall.) Hierauf wurden zu Vorsitzenden des Kongresses, da der langjährige Vorsitzende Reichstagsavgeord- neter Bömelburg noch nicht ganz hergrstellt ist, autzer Abg. Legien, L e i p h a r d t - Stuttgart vom Holzarbeiterverband und Schlicker- Stuttgart vom Metallarbeiterverband gewählt. frappante Charakteristiken eines deutschen Professors — sie sind im Besitz der Kunsthalle in Hamburg —, kein Abbild „anmutiger Gelehrsamkeit", sondern eine widerborstige, kantig eckige, schrötige Menschlichkeit mit stränigcm Vollbarl, ungefügem Rock und scharfen Forschcraugen hinter den funkelnden Brillengläsern. Einmal sitzend gegen das schlichte Bücherbrcttregal, in der zweiten Fassung im Dekantalar vor dem breiten Fenster stehend, vor dem Hintergrund herein scheinender Bäume, Dächer und Kuppeln. Als ein echter Corinth, fleischfroh, prangt dann das Stillcben mit Rehen, Fasanen, Hasen, busigen Trauben und der prallen, blumengeschmückten Bacchantin, bei der ari dem Mieder alle Knospen springen. Ein interessantes Bild bringt Corinths Frau, Charlotte Behrend. Die Studie eines Malers von slawisch verbissen-fanatischem Ausdruck, wirrem Haar und Terroristenaugen hinter der Nundbrille. Schwarm geistern aus einem Andrcjewschen Drama gleicht er. Ein Kabinett ward zur Sonderausstellung Max Slevogt eingeräumt. Hier schwingt pulsierendes, rassiges Leden in eleganten, vibrierenden Damen porträts voll prickelnden Fluidums und in Herren bildnissen voll Sportselan. Der Herrenreiter in der Ulanka ist ein äusserst schnittiges Kerlchen voll ,,Klasse", mit der federnd lässig schwanken Haltung seines Leichtgewichte, in den Brcchcsbeinen sich wiegend. Und der Herr O. H. (Wiesbaden) im Autopelz, glattrasiert, mit dem ge- spannten Ausdruck de» Kilometerfressers, ist eine bravouröse Type mondäner Kraftwagenenergie. Dazu eine ganze Galerie bajuvarischer Skizzen aus der höfischen Sphäre, eine Art Prinzregentcn- Theaters. Der hohe Herr selbst, herzhaft und kernig als Jäger und Landedelmann, wie er die Enten am See füttert, wie er mit Gästen aus der weissen Terrasse eines Nymplrenburger Parkpavillons zu Abend speist. Weiter eine Menge Studien aus dem Zcrcmontal der Georgsritter voll malerischer Magie. Bei den Seelen- und Trauermessen leuchtet im schwarzdüsteren Raum der Glanz der blauen Walle- Mäntel, der rotbehängten Katafalke und des zittern den Kerzengefunkels auf: «in Prunk- und Trachten stück voll Glanz und Glorie ist die ritterlich« Fest tafel, und den Schluß macht, nach den Herrschaften, die Hatschicrwache in hellblauweig bayrischer Pracht an der Kneiptafel beim Mahkrug. Von den Beiträgen der anderen alten Mitglieder der Sezession seien kurz genannt Baluschck» Berliner Ausschnitte, die Lumpensammleridylle und d«r Mit tag in der Fabrik mit dem Zug der Frauen in Um- lchlagetüchern. Dies Bild wurd« von der Stadt, der Baluschek seit Jahren unermüdlich künstlerisch dient, erworben, vermutlich für da, märkisch« Museum, das jetzt, ähnlich wie di« Hamburg«! Kunsthall«, Gegen« wartsdokumente für die Zukunst sammeln will. Fer ner Fritz Rhein» Porträt» adliger Damen, sehr distinguiert, am fesselndsten das der Frau v. B. mit den edlen Händen und der schlichten, altmodischen Einfachheit des Kleides. Sie gleicht einer schönen Se«l«, einer Stillen im Land, etwas Nathusiushaftes, etwas Herrenhuterisches liegt über dem blassen, un irdischen Gesicht. Kalkreuth malt den Vorstand des Künstlervereins in Weimar als ein niederländisches Regenten- und Repräsentationsstück mit Schaube, Halskrause und Tonpfeife. Wilhelm Trübners gesammelte Reifekunst spricht aus dem Bild der Dogg«, wahrhaft ein Velasquez- porträt, grau im graugrünen Fond, mit dem leicht geneigten, lebensvollen Kopf und aus dem Rosen zaun mit nickendem Rot und durchsonntem Blattgrün und wehenden Schatten. Orlik, der mit geschwindem Stift alle interessanten Gegenwartsmomente aufpickt und in seinem Notizbuch nach Hause trägt, hat Max Reinhardt bei der Faustprobe festgehalten. Er bannt gut die merkwürdige Raumsttmmung der im Hell dunkel schwimmenden Bühne mit Gerüsten, Lauf, siegen und Maschinerien, und dazu in einer Ecke, in einem Verschlag, scharf belichtet von einer Blende» G.ühiampe, der mit allen Sinnen angespannte Kopf des Generalissimus dieses Zwischenrettiw. Ornamen- tale Künste in der Landschaft lägt Walter Klemm spielen. Die Rodelbahn wird zu «rnsm Schatten reigen von Flattersilhouetten auf weissglitzernder Gleitfläche. Und in den Eishauern am Flug kristalli. siert er die bläulich-glasig starrende Atmosphäre voll Schauerfrosthauchs. Aus dem Ausland erscheinen Joseph Israels, der Uralte, mit einem Selbstbildnis von anrührender Gewalt; der o)<1 mav, das einge fallene Gesicht tief unter der heruntergeklappten Hut krempe geborgen, die Gestalt eingewickelt, vermum melt, im Schatten verdämmernd; Theo van Ryssel- berghe, der Belgier, mit Porträts im Interieur, die in einem illusionistischen Opal- und Jrisschimmer, - perlmutten «rglitzern. Wie Farbenstaub von Schmet terlingen, rosa und grünlich mit metallischen Re- flexen changiert e», ein Paillettenstil; und Hodler» strenges Meistertum in dem nackten Jüngling, der in Waldeinsamkeit die Hand« als ein Adorant natur fromm erhebt, ferner in der heiligen Stunde, mit dem Kranz der blumenhaften Frauen — man fühlt Tos- cana — und der Toten, lang und länger gestreckt, di« schmal und dunkel auf dem Lager gebettet, ruht „ihr eigen Bildnis oder Grabesmal". O Reich besetzt ist, wie schon anfangs gesagt, die Juniorenklasse. Die Sezession vermittelt hier für das Publikum, vor allem aber für die Künstler, die Be kanntschaft mit einer Grupve junger französischer Maler, der Expressionisten. Der Name deutet die Absicht Verwandt d«n Be strebungen der Neuen Sezession, wollen sie vom Im pressionismus fort zu einer vereinfachenden Aus- druckssprache. Eie erstreben nicht di« Illusion der Naiurwiedergab«, di« Natur wird ihnen nicht Zweck, nur Mittel farbiger Betätigung. Die Transsubstan- tiation d«r Dinge lockt al« Ziel. Motive werden nicht analysierend wiedergegeben, si« werden nur zum Ausgangspunkt, und die Bilder sind nicht reale Ab- bilder, sondern Phantasten über reale Stoffe durch- au» und ohne Nebenaosicht au» r«in malerischer Sphär« empfunden und so recht «tgentlich farbiger Dl« Haltung Montenegro». Eine albanesisch« Abordnung ist in Teil» je angekommen, um ihre Forderungen dem Könia und allen beglaubigten Gesandten zu überreichen. Nach der Auffassung der montenegrinischen Regierungs kreise sind die Forderungen gerechtfertigt und gemähtgt. Für die Pforte sind sie aber unan nehmbar. Vie Lafseler Ausstellung üerO.L.G. Kassel, 25. Juni. Die Ausstellung, an die man in Anbetracht des fehlenden Viehes und verschiedener ungünstiger Ver hältnisse nur mit gering gespannten Erwartungen herangmg. hat bislang an den ersten drei Tagen einen über Erwarten günstigen Verlauf genommen, und auch der Sonntag hat bei günstigem Wetter einen gewaltigen Andrang gebracht. Diese ersten Tage brachten einen Besuch von ca. ssOOOO PersoneK. und den Sonntag schälst man auf 70 000. Vor allen Dingen hat die bäuerliche Bevölkerung Kurhessens die Gelegenheit, sich die Ausstellung anzusehen, in umfangreichstem Masts benutzt, so Last die Ausstellung auch in dieser Beziehung einen vollen Erfolg ver sprechen dürfte. Allerdings machte es sich sehr gel tend. datz das Klauenvieb lalio die Rinder. Schafe. Schweine imd Ziegen) vollständig fehlen, weniger zwar für das Laicnpublikum, für das die Aus stellung in ihrer überreichen Mannigfaltigkeit und Grosse immer noch sehr viel des Interessanten bietet, als für die sachliche Belehrung, und es zeigt sich evident, datz einer landwirtschaftlichen Fach ausstellung ohne das Vieh das eigentliche Rückgrat fehlt. Es erscheint demnach voll berechtigt, dass die D. L.-E, da bis zum nächsten Jahre, für das Bres lau in Aussicht genommen war. eine Abnahme der Virulenz der Seuche kaum zu erwarten ist. non der Abhaltung einer Ausstellung abaesehen und diese für das Jahr 1015 für Breslau in Aussicht genommen hat. Für 1013 ist Stratzburg und 1014 Hannover vorgesehen und für 1912 nur eine Wanderversamm lung in einem noch näher zu bestimmenden Orte. Aber abgesehen von diesem Mangel ist doch auch diese Schau von einer imponierenden Grosszügigkeit und bringt die reichsten Anregungen für das Ge werbe. Die Abteilung Fische allerdings ist verhältnis- mätzig schwach beschickt, wie das bei der geringen Be deutung der Fischzucht in Hessen nicht anders zu er warten stand. Es überwiegen die Salmoniden. Für die Pferdezucht war der Concours hippique, der an den beiden ersten Tagen stattfand, von be sonderer Wichtigkeit und erfreute sich auch des Inter esses aller den Pferdesport liebenden Kreise des Reiches. Besonders lebhaft war di« Anteilnahme an den Springkonkurrenzen, die vollendete Leichtig keit, mit der viele Pferde die groben Hindernisse nahmen, imponierte, und in der Materialprüfung für Zweigespanne deutscher Pferde errang Elmshorn mit zwei Füchsen der dortigen Reit- und Fahrschule den Sieg, während der zweite Preis an den Bentschener Tatteriall fiel. Fast sämtliche Klassen waren recht gut besetzt, und es war eine grosse Zahl von Nachnennungen eingegangen. So wies die Jagdspringkonkurr.nz 24 Teilnehmer auf. und die Ergebisse waren im allgemeinen wesentlich befriedi gender als bei dem letzten Wettstreit im Mai in Berlin. Auch für das Konkurrenz-Hochspringen fand sich eine zahlreiche Beteiligung. Fast alle guten Hochspringer, die sich in Deutschland befinden/^aten in Wettbewerb. Diesmal konnte der Argentinier Oliveira, der in Berlin leicht, gesiegt hatte.-Hegen Koch und Heil nicht aufkommen, die mit „Nevermind" und „Black Swell" auf 1,80 Meter besser abkamen als Oliveira mit 1,75 Meter. Auch der zweite Tag des Reit- und Fahrwett streites bot ein glänzendes Bild. Bei der Dressur prüfung für Chargen- und Offiziersdienstpserde kon kurrierten 14, daocn 12 Inländer, der Sieg fiel an Abglanz des Lebens. Cözanne muß al» Ahnherr dieser synthetischen Kunst angerusen werden. Und ent schieden spürbar in der Neigung zum Primitiven und zum Ethnographisch-Exotischen ist der Einfluß Gau guin». Man lernt hier eine Fülle neuer Namen kennen und merken: Pablo Picasso mit seinen mattonigcn Malaientypen; Henri Manguin mit seinen deko rativen Stossen und ihren Reflexen auf Menschen fleisch; George Braque mit seiner Terrasse, die wie ein orientalischer Aida-Traum wirkt; Derain, der Landschaften und Slädtebilder ornamental vereinfacht auf eine Grundform gebracht, wie von einem alten Kupferstecher; Dongens Frauenkapriccios, gleich wischigen Wandmalereien und exotischen Masken; Othon Frienz mit seinem Paradiesgarten, ganz aus dem Klima Gauguinischer Südsee-Reverien. Nahe steht dem Kurt Tuchs „Pfingslfreude" mit ihren trecentistischen Leibern, ihren Eobelintönen. Kurt Tuch ist bereits Mitglied der Sezession. Daneben sehen wir aber auch eine Anzahl jüngst deutscher Gäste: Oswald Galles Akte im Freien aus der strengen MarSesschule; Eerbigs Schafherde mit gelbgrauen Vliesen und schwarzen Köpfen, weich dahin wimmelnd in einer strichelnden Technik leben- digst gemalt; Haslers Pantherjagv (mit dem das Pferd ansvringenden Panther an den Fries des Alexanderjarkophags in Stambul erinnernd), voll koloristischen Temperaments des fleckigen Fells, der Schimmel, der Rappen, des Negers und voll stürmen der Gewalt; Michelsons Leda, nicht sitzend, sondern stehend, vom mächtigen Schwan überwältigt, be schattet, mit Flügelschlag und brünstiger Halsum armung; Treumanns „Bildnis eines Unglücklichen", ein« Dusterer-Physiognomie, verbissen von unten nach oben schielend mit rotem Hängeschnauzbart; Elsbeth v. Paul» Porträt der drei kleinen blauäugigen Flachs, zöpfe mit dem pikant-japanisch erfaßten Motiv der schwarz-weibkarierten Hängekleidchen. O Ein paar Schlußworte über die Skulpturen, di«, Lurch die Säle verstreut, das Ausstellungsbild beleben. Man begegnet wieder den materialhaften, aus drucksstarken Holzskulpturen Ernst Barlachs, die ihren Ursprung aus der Volkskunst kräftig bekennen. Man sieht eine gewaltige Steinplastik, die Schlummernde, machtvoll gepackt, die lebensvolle Ente von Gaul mit plustrigem Gefieder; Georg Kolbes Chinesenbüste mit der feingewogenen Flachenbehandlung des Gesichts, voll ergossener Buddha-Ruhe, und feine Tanzend«, des Rhythmus voll; Kruses Holzbüsten, vor allem die liebliche des Mägdleins mit den Rinqelhaaren, die von der Stadt Berlin angekauft wurde; Milly Stegers archaische Mädchenfigur aus porösem Stein; und schließlich Thomas Theodor Heines witzig« Kleinplastiken: der Teufel, aus Bronze, ein schwam miger Hängebauch, faltenwabernd, mit patschigen Walfischflossen, und der Engel aus Zinn in grotesker Kurvenzerrung auegezogencr Gliedmaßen, mit Spin- delbeinen, «in Engel, wie sie auf Heineschen Blättern zu Weihnachten preußischen Ministern und Konsisto- rialräten erscheinen.
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