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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.06.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191106045
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110604
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110604
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-06
- Tag 1911-06-04
-
Monat
1911-06
-
Jahr
1911
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Bezug--Preis Mr «» <«1» durch «»>«, Lrädrr m» Eo«dtte»r, 2»»l täaltch t« van, gedrach» « V1. »conatL. L.7V ML »irNeUähkl. B«< «»Irr, FUial«, ». Ln» »h««lt«ür» abacdoU: 78 Vt. «»»atL. L»«L otrrreULHrl. »«ch «» V»N» nmerhald De»»1chwnv» «nd der druUchr« Kolonie» oieNrliShrL ».» MI„ «onaU. LN ML «slchl. Poktbektellaeld Kerner in Belate^ DanemarL de« Donau Kaare«. 2taUe». «uremd-ra. Rtederla»»«, R*r» weg«». Onr«rretch»U«aar», Rolland. Schwede». Echwet» a. Evaate» 2» alle« üdrtrea Etaare» «r dtrev durch dt« S«IchLtt»ll«ü» »«» Blatt«» «rdäültch. Da, L«rp»r««r DaardUM «ich«« »mal tLgllch. Ko»»- «. Krrraa,, «» moroeu». kld onaem»nt»-Lllnahme I»dan»>»gaH« 8» det a»I«re» Träger», FUialr», kpedireure» mrd SairatzmeKellen, lowt« Postämter» «ad Bnetträaer». Ot«»»t»»rr»i»»r«t» dBL ripMrrTagMM HltN^kldKkt^Uttg. «rI.-AnschI^u^ Amtsblatt des Rates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Auzeigeu-Prei» ^u« 1 ML.»» «wärt» M PU SleName» U0 ML^ 2»I«nrt» »an BetzSrde» «m amt- liche» I«U dt, L«ttt»,tl, « «f. Belchäft»a»j«ta«» E Platzo»rlchrifte» ». t« der Adendauogab« l» Preil» «rhöstt Sladattnach TariL Betlagegedübr kelamr. «flag« S ML o, Tanlend «rkl. Pottaeblchr. Irtldeilag« Höher. IeUeNellt, Aufträge können nrcbr „rück- -eroge» «erd«,». Für da, Srlchetnen a» desttmaue« Tage» and Plätzen wird kein« Earaatt« übernommen. «»zeig«»-«»nahm,: Jod,»«»,,st« ch det lämtltchea Filiale» ». allen Annonce«. Lruedittoae« de» 2a» »ad Auolande« Demi aa» Verla« »«, Uri»,«,», Aa«, blatte» v. Pol». 2»dadrr: Paal «Seite». NedaMo» »»» «el»äsl»«etz,: Iohanntogall» U -a»»t - Filiale Dre»be»: kerstratz« < l lTelevhoa AMI Nr. 154. Sonntag. Sen 4 Juni lSll. 105. Jahrgang. Die vorliegende Auigade nmsißt 38 Teilen. Ne Ächße Armer erjchkirt LierStrz früh. vis LLvvMiousu äü8 LeipLievr iLKSdlLUvs ullä der leeipriAer ^IlZemviusn IvitunZf boüaäou sieb uur oocb lovipriß, JodallllisALSse 8, VolckvrxedLucko parterre ttuki, im (rbbLuüs äss iLAbdlattes. Das Wichtigste. * Nach dem Urteilsspruch des Preisgerichts für den Sachsenrundflug iftLaitsch Erster, Büchner Zweiter und Lindpaintner Dritter. * Die französische nationale Liga rich tete an den französischen Senat das Ansuchen, zur E r- richtung von Flugstationen an der Grenze 10 Millionen Franken zu bewilligen. (S. Ausl.) * Der spanische Ministerpräsident Canalcjas und -er Senator Marquis Porta go haben sich infolge eines rein persönlichen Zwischenfalles im Senat ihre Zeugen geschickt. * Der frühere Bürgermeister von Guade loupe wurde in dem Augenblick verhaftet, als er ein Attentat gegen Madero zur Ausführunq bringen wollte. (S. Ausl.) * Aus Frankreich werden große Verheerun gen durch Unwetter gemeldet. Der Blitz schlug in eine Batterie und tötete einen Wachtmeister sowie 11 Pferde. sS. bes. Art.) Pfingsten. Mit Maienluft und Sonnenschein ist wieder einmal das Fest der Pfingsten herangekommen. Durch unsere Zimmer zieht sich der würzige Duft der Birke; grün umkränzt rollen die Last wagen durch die Straßen, und auf den Bahn höfen drängt sich die frohe Unrast, die ins Freie strebt. Und doch will der echte Pfingstgeist sich nicht auf uns niederlassen. Da fehlt so ziemlich alles daran, daß wir „einmütig bei einander sind". Dabei ist es uns politisch eigentlich bester ge gangen als seit langer Zeit. Draußen auf dem Welttheater freilich sind die Dinge undurch sichtig wie bisher. Die Errungenschaften von Potsdam, die wir allzu laut besangen, sind nach gerade verblaßt, und von Marokko sehen wir zur Stunde wenigstens nicht viel mehr, als daß die Algeciras-Akte zwar formell vielleicht noch nicht verletzt ist, die Franzosen aber drauf und dran sind, das Scherifenreich gar nicht pazifizisch zu „durchdringen." Indes macht man zur Fest zeit am liebsten durch nur eine häusliche Bilanz auf. Und die stellt sich nicht schlecht; zum mindesten erträglicher, als seit mancher Frist. Nicht daß wir dazu neigten, das Erreichte zu überschätzen. Der Kanzler mag sich der er- strittenen parlamentarischen Siege freuen: für ihn ging es im Grunde um Kopf und Kragen. Er brauchte nach zwei Jahren eines von keiner Sonne bestrahlten Regiments einen Erfolg. Brauchte ihn, weil sonst seine Autorität be denklich ins Schwanken geraten wäre, und ein wenig wohl auch, um nicht den Glauben an sich und seine Sendung zu verlieren. Auch er aber wird, wenn erst der Rausch des ungewohnten jungen Glücks verflog, sich sagen müssen, daß ein Hauptstück von dem, was er im Dezember 1909 in der Programmrede, die keine sein sollte, sich vorgesetzt hatte, nicht erreicht ward. Die Par teien find, obschon — wenn man so will — sie den „Zwang zum Schaffen" an sich erfuhren, nicht versöhnt, und sie werden auch in der Herbstsession, die jetzt eigentlich nur noch wie ein Rachtusch wirkt, nicht versöhnt werden. Zentrum und Liberale stehen, wenngleich sie beim reichsländischen Reformwerk schließlich gemeinsam operierten, sich genau so feind lich gegenüber, als da Herr Herold, Herr Gröber und Herr Erzberger uns die Reichs finanzreform bescherten, und die Abneigung der Konservativen gegen den nicht mehr dienst willigen Nationalliberalismus hat sich dadurch noch nicht gemindert, daß dieser ihnen bei der Reichsversicherungsordnung Rat und Hilfe lieh. Wir beklagen das nicht, weil wir immer der Ueberzeugung gelebt haben, und weil auch auf konservativer Seite der Ueberzeugung immer wieder Ausdruck gegeben wird, daß der große Gegensatz zwischen Liberalismus und Konser vatismus endlich einmal reinlich ausgetragen werden muß; daß das ewige Applanieren und Verkleinern uns nicht weiter bringt, und es nachgerade Zeit wurde, die Frage an das Schicksal zu richten, ob dieser preußisch-deutsche Staat, der längst zu sehr wesentlichen Teilen ein Industriestaat wurde, dauernd agrarischen Jnteressenpolitikern ausgeliefert bleiben soll. Nur daß bei solchem Stand der Dinge die rechte Pfingststimmung natürlich nicht aufkommen kann; daß wir nach wie vor weit davon entfernt sind, einmütig beieinander zu sein. Trotzdem ist diese Festbilanz nicht ohne tröstlichen Ausblick zu schließen. Es ist doch manches geschehen, was zu neuem Hoffen Raum läßt. Wir haben einen Kanzler gesehen, der sich der Rechten entgegenzustellen gewagt hat: nicht nur einmal, bei der Verfassung für die Reichslande, sondern auch zum andern in Preußen bei dem allerdings längst überfälligen Feuerbestattungsgesetz. Und wir haben ferner erlebt, daß die Sozialdemokratie nicht nur wie sonst-wohl bei Handelsverträgen, sondern bei einem ausgesprochen politisch-nationalen Unter- nehmen positiv mittat und, um es zum hoffent lich guten Ende zu führen, ein ganz Teil ihrer sonst wie die heiligen Schaugeräte verbohrten Prinzipien still beiseite legte. Schließlich aber waren wir Zeugen, wie dieser oft und sicher nicht zu Unrecht gescholtene Reichstag selber vom heiligen Feuer erfaßt ward: einmal — für einen flüchtigen, doch stolzen Tag — haben wir ihn, der sonst nur abgestandene Leitartikel zu deklamieren vermag, in Zungen reden hören. Gewiß: es wird schon wieder Alltag werden; ist's vielleicht schon geworden. Die Sozialdemo kratie vor allen Dingen wird noch für lange hinaus an die unfruchtbare Negation ge bunden bleiben und ihr dogmatisches Steckenpferd tummeln wie bisher. Aber ganz werden diese Vorgänge aus der Erinne rung der Nation nicht zu tilgen sein und werden mit der leisen, zähen Kraft, die im staatlichen Leben dem Präzedenz innewohnt, weiter wirken. Daß der Staat nicht stillstehen kann, daß er vorwärts schreiten muß, ist, wenngleich es bei Licht besehen eine Binsen wahrheit ist, für Preußen-Deutschland doch schon eine Pfingstbotschaft. Und in ihrem Zeichen können wir immerhin dieses Fest der Maien feiern. Line Verlobung im Kaiserhaus? Während der kürzlichen Englandreise des Kaiser paares ist, vereinzelt auch in deutschen Blättern, die Kombination aufgetaucht, daß zwischen dem noch nicht siebzehnjährigen Prinzen Eduard Albert von Wales und der im September ihr neunzehntes Lebensjahr vollendenden Prinzessin Biktoria Luise von Preußen eine Verbindung vorbereitet wor den sei. Zkenn auch diese Nachricht auf den ersten Blick nicht die gleiche Unwahrscheinlichkeit in sich barg wie die schon wiederholt aufgetauchte Behauptung einer beschlossenen Heirat zwischen der evangelischen Kaisertochter und dem katholischen Erzherzog sund präsumtiven österreichisch-ungarischen Thronfolger) Karl Franz Josef, ja eine solche neue deutsch-englische Familienallianz von sehr beachtenswerter britischer Seite als ein besonders glücklicher Gedanke bezeichnet worden ist, so durste doch allein der dem großbritan nischen Kronerben vorgezeichnete weitere Erziehnngs- und Ausbildungsweg und der immerhin über zwei Jahr« betragende Altersunterschied den ganzen Ge danken als blaße und wenig wahrscheinliche Ver mutung erscheinen lassen. Es kommt hinzu, daß Kaiser und Kaiserin an dem „Prinzeßchen" so sehr hängen, daß das in Hostreisen umgehende Wort des Kai sers: „Ich qebe doch die Kleine nicht für die Politik her: sie soll glücklich werde n!" durch aus glaubwürdig klingt. Damit wurde sich auch die weitere Vermutung er ledigen, als könne über eine Heirat der Kaisertochter hin mit einem den braunschweigischen Thron be steigenden kumberländischen Prinzen, wohl dem jetzt 24jährigen Ernst August zu Braunschweig und Lüne burg, der endgültige Friede zwischen den Häusern Zollern und Hannover gesunden lverden. Da auch diese Eventualität, allein schon durch die Haltung des Gmiindener Hofs, ihre Erledigung ge funden hat, so soll nunmehr — wie die „Milit.-pol. Korrespondenz" hört — die seit langem in Pots damer Hofkrcisen umgehende Version recht behalten, daß nämlich die Verlobung der Prinzessin mit ihrem Jugendfreund und Verehrer, dem Erbgroß- herzog Adolf Friedrich von Mecklcn- burg-Strelitz, beschlossene Sache ist, and das, möglicherweise bereitsam 17. Juni, am 20. Ge burtstage des Erbgroßhcrzogs, die Veröffentlichung dieses an die alte preußisch-mecklenbur gische Tradition aus den Tagen der Königin Luise anknüpfenden, sicherlich in Preußen und in ganz Deutschland sympathisch berührenden Bundes er folgen wird. Der Erbgroßherzog hat unlängst mit dem Kaiser paar und mit der Prinzessin Viktoria Luise in Eng land geweilt, gehörte bis vor Jahresfrist, als er noch beim 1. Garde-lllanenregiment in Potsdam Dienst tat, zu den ständigen Intimen des Neuen Palais und war von Kaiser wie Kaiserin gleich gern gesehen, die mit der Prinzessin nach den Pfingsttagen einen Besuch in Neu-Strelitz planen. Bei seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst erhielt der Prinz den Ober leutnant Grafen v. Hahn von den 2. Garde-Dragonern als Ordonnanzoffizier zugeteilt und hat seither in Neu-Strelitz in den Bureaus der Landesregierrung gearbeitet. Das bringt üie Relchsoerlicherungsorünung? 1. Krankenversicherung. Di« Reichsversicherungsordnung, di« nun end gültig vom Reichstage verabschiedet ist, hat den Kreis der gegen Krankheit versicherten Personen ganz er heblich ausgedehnt. Bisher waren, so weit nicht die Landesgesetzc oder statutarische Bestimmungen etwas anderes bestimmten, im allgemeinen nur gewerbliche Arbeiter versichert. Dieser Grundsatz ist geändert worden. Nach der Reichsversicherungsordnung unter liegen im allgemeinen alle Personen der Kranken versicherungspflicht, die bisher gegen Invalidität ver sichert waren. Es sind also, fortab auch zur Kranken kasse anzumelden die Dienstbote«, tzie land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter, die Auf Wärter innen, Stundenfrauen, Lehrer und Erzieher, letztere soweit sie nicht anüffentlichenSchulen angcstellt sind. Wei ter sind neu in die Versicherung einbezogen die sämt lichen Hausgewerbetreibenden, die Büh nen- oder Orchestermitglieder ohne Rück sicht auf den Kunstwert ihrer Leistungen, die Apo thekergehilfen und Lehrlinge sowie die Schiffs besatzung, letztere soweit sic nicht anderweitig sichergestellt ist. Besondere Bestimmun gen sind für die unständigen Arbeiter getroffen. Als unständig gilt eine Beschäftigung, die nach der Natur der Sache oder im voraus durch den Arbeits vertrag auf weniger als eine Woche beschränkt ist. Diese Personen waren nach dem Krankenversiche rungsgesetz nicht versicherungspflichtig, sind aber durch die Reichsversicherungsordnung in die Versicherung einbezogen. Der Arbeitgeber braucht diese unständi gen Arbeiter aber nicht zur Krankenkasse anzumeldcn: das müssen sic selbst besorgen, sie haben auch ihren Beitragstcil selbst an die Kasse zu zahlen. Den Beitragsanteil der Arbeitgeber zieht die Kaffe von der Gemeinde ein. Diese kann das Geld von den Arbeitgebern zurückfordern oder den Beitrag auch auf alle Einwohner des Bezirkes umlegen. Auch für die Hausgewerbetreibenden gelten in Bezug auf die Anmeldung und Deitragsleistung besondere Vor schriften. Für die höheren Angestellten ist die Einkommengrenze für die Versicherungs pflicht von 2000 .«auf 2500 tt erhöht. Für die freiwillige Versicherung ist die Neuerung von Wichtigkeit, daß die Versicherungsbe rechtigung in allen Fällen erlischt, wenn das regel mäßige Gesamteinkommen 4000 .« jährlich übersteigt. Im übrigen können wie bisher alle Personen, die aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung ausscheiden, sich freiwillig weiter versichern. Zum freiwilligen Eintritt in die Krankenversicherung sind insbesondere Gewerbetreibende und andere Betriebs unternehmer befugt, die in ihren Betrieben regelmäßig keinen oder höchstens z»vci Versicherte be schäftigen, aber nur dann, wenn zur Zeit des Ein tritts ihr Gesamteinkommen den Betrag von 2000 nicht übersteigt; auch diese müssen aus der Kranken kaffe ausscheiden, wenn ihr Gesamteinkommen den Betrag von 4000 überschreitet. Eine wesentliche Erweiterung der Leistungen ist nicht eingetreten, doch kann im Kassenstatul der durch schnittliche Tagesentgelt, der der Berechnung des Krankengeldes zugrunde gelegt wird, bis zu 6 Mark festgesetzt werden. Die Krankenhilfe wird wie bisher für 26 Wochen gewährt, durch Statut kann die Unterstützungszeit verlängert werden. Ein« Ver pflichtung der Krankenkaffen zur Gewährung von Kranlenhauspflege ist nicht eingeführt worden, des gleichen nicht die Verpflichtung der Kranken kaffen zur Gewährung von Krankenpflege an versicherungsfreie Familienmitglieder der Ver sicherten. Diese Leistungen bleiben also wie bisher freiwillige Leistungen. Die Wochen hilfe, di« die Krankenkassen nach bisherigem Rechte für 6 Wochen gewähren müffen, ist auf 8 Wochen ausgedehnt worden, von denen mindestens 6 Wochen auf die Zeit nach der Nieder kunft fallen müffen. Bei den Landkranke n-- kassen ist Herabsetzung auf 4 Wochen zulässig. Neu verliehen ist den Krankenkassen das Recht für allgemeine Zwecke der Krankheitsverhütuna und z» allgemeinen Schutzmaßregeln gegen Er krankung der Kaffenmitglieder Mittel zu verwenden. Für die besoldeten Angestellten der Orts-, Land- und Jnnirngskrankenkasse ist eine Dienstordnung aufzustellen, die der Genehmi gung des Oberoersicherungsamtes bedarf. Die Ge nehmigung darf nur versagt werden, wenn ein wich tiger Grund vorliegt, insbesondere wenn Zahl und Besoldung der Angestellten in auffälligem Miß verhältnis zu ihren Aufgaben steht. In der Dienst ordnung sind die Rechts- und allgemeinen Dienstver hältnisse der Angestellten, insbesondere der Nachweis ' ihrer fachlichen Befähigung, ihr« Zahl, die Art der Anstellung, die Kündigung oder Entlastung und die Festsetzung von Strafen zu regeln. Die Beziehungen zwischen den Kranken kassen und Aerzten sind durch Vertrag zu regeln; die freie Arztwahl ist nicht vorgeschrieben, doch soll die Kasse, soweit es sie nickst erheblich mehr be lastet, ihren Mitgliedern die Wahl zwischen mindestens zwei Aerzten freilassen. Kann di« Krankenkasse zu angemessenen Bedingungen keinen Vertrag mit einer ausreichenden Zahl von Aerzten schließen, so kann sie mit Ermächtigung des Ober versicherungsamtes an Stelle der Krankenpflege oder sonst erforderlichen ärztlichen Behandlung eine bare Entschädigung gewähren. Außer den Zahnärzten können mit Einwilligung des Versicherten auch Zahn techniker die Behandlung von kranken Zähnen über nehmen. Wegen der Arzneilieferung gilt folgendes: Die Satzung kann die Kasse ermächtigen, wegen Liefe rung der Arznei mit einzelnen Apothekenbesitzern innerhalb des Kaffenbersichs oder mit Genehmigung des Versicherungsamtes darüber hinaus besondere Vorzugsbedingungen zu vereinbaren. Es steht dann aber allen Apothekenbesitzern im Bezirke der Kaffe frei, dieser Vereinbarung beizutveten. Für die Wahl der Vorsitzenden und des Vorstandes und der Kaffenangestellten sind weitschichtige Bestimmungen getroffen, die darauf hinauslaufen, den Arbeitgebern mehr Einfluß ein zuräumen. Von den Beiträgen zahlen wie bis her Arbeitgeber ein Drittel, Versicherte zwei Drittel. Die bisherige Eemeindekrankenoersicherung ist beseitigt. Dafür sind di« Landkrankenkassen, bei denen die in der Landwirtschaft und im Wander gewerbe Beschäftigten, sowie die Dienstboten und Hausgewerbetreibenden zu versichern find, neu ein- geführt. Die Vetriebskrankenkassen müffen mindestens 150 Versicherungspslichtige haben, bei Landwirtschafts- und Binnenschiffahrtsbetrreben ge nügen 50. Freie Hilfskassen werden nur dann als Ersatzkaffen zugelaffen, wenn sie dies Privilegium vor dem 1. April 1909 erlangt hatten und dauernd mehr als 1000 Mitglieder haben. Lin Lekemttmsbuch. Verfemt von ihren Standesgenossen aus der Jugendzeit, verlästert und verleumdet von den selbst erkorenen und so herzlich mangelhaft bewährten Kampfgenossen ihrer Blittejahre hatte sich Lily Braun reichlich vor Jahresfrist an die Öffentlich keit mit einer umfassenden Lebensbeichte gewandt, die in formenreiner, farbensprühender, lebenspru delnder Sprache Wahrheit mit etwas Dichtung innig verschlang und doch am Ende das packendste Zeit gemälde, den fesselndsten Zeitroman darstellt, den uns das letzte Jahrzehnt schriftstellerischen Schaffens geschenkt hat. Den „Lehrjahren" sind nun als eben bürtige Leistung die „Kampfjahre" in den „Memoiren einer Sozialistin" gefolgt. Der unwiderstehliche Wahrheitsdrang der cntsagungsreichen kainpfgehärteten Frau, der schon dem ersten Band dieses Werkes eine zauberisch starke Anziehungskraft auch politisch widerstrebenden Lesern gegenüber verlieh, der gleichsam als poetisches Prin zip das Ganze durchsetzte, gelang im zweiten Bande zu freiester, kühnster Entfaltung. Mit rücksichtsloser Klarheit schildert Lily Braun den endgültigen Bruch mit ihren Eltern, der nach dem Tode ihres ersten Mannes und seit ihrer Verbindung mtt dem Schrift steller Dr. Heinrich Braun (in den Memoiren ist er als Heinrich Brandt eingeführt) unvermeidlich ge worden war und erst in späteren Jahren durch die alles überwindend« Liebe eines starken"Vaters zu der selbstsicheren Tochter einigermaßen geheilt wurde. Mit schonungsloser Härte reißt sie die Hüllen von den sonst wohl sorglich verborgenen oder gar ge leugneten Schäden der sozialdemokratischen Partei, deckt sie die klaffenden Gegensätze in de§ Anschau ungen der einzelnen Parteigenoffen und Partei gruppen auf. Mit überraschender, aber doch be freiend wirkender Schärfe geißelt sie die arge Spieß bürgerlichkeit männlicher, di« blöde Unfähigkeit weib licher Proletarier in fiihrenden Stellungen. Mit er schütternder Offenheit gibt sie ihr geheimstes Ringen und Kämpfen, ihr innerlichstes Erleben und Erleiden preis, wobei sie allerdings leider die Grenze des ästhetisch Schönen, des künstlerisch Notwendigen un nötigerweise, zu peinlicher Enttäuschung des sym pathisierenden Lesers, manchmal überschreitet. Sce läßt uns ekelerweckend« Bilder greulichsten Elends im Ostviertel von London schauen, sie führt uns in die lichterfunkelnden Nachtccstaurants des mondänen Paris, sie gewährt uns einen Einblick in das kümmerliche Leben armseliger Kätner auf märkischem Sande, sie entwirft packende Skizzen bemerkenswerter Sitzungen der sozialdemokratischen Parteitage und des Reichstags, sie schildert mit verblüffender An- schaulichkeil stürmische Lolsversammlungen und er regte Ausschußsitzungen: Ueberall offenbart sie sich als meisterhafte Beherrscherin reifster impressionisti scher Formengebung; unausgesetzt weiß sie aufnahme fähig« Menschen in den Bann ihrer Darstellung zu zwingen, die ffch dann mit ihren Darlegungen krtti^ auseinandersetzen müssen. Die rasch wechselnden Bilder verschiedenartigster Schilderungen könnten verwirrend wirken, wenn es nicht gerade dem unter-
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