Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.05.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110517010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911051701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911051701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-17
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
?slitizche Umschau. Ium Streik im mittelüeuilchen Braunkokienrevler wird Utts geschrieben: Zn völliger Verdrehung der Tatsachen wird in der Arbeiterpresse behauptet, der Kampf sei den Berg arbeitern von den Werkbesitzern ausgezwungen worden, und alle von den Arbeiterorganisationen und den Belegschaften bzw. den Ausschüssen unter nommenen Versuche, auf friedlichem Wege eine Ver ständigung herbeizuführen, seien gescheitert. Zn Wirklichkeit hat die Streikleitung gar nicht an eine friedliche Lösung gedacht. Noch ehe den vorgeschictten Arbeiterausschüssen oder Belegschaftsvertretern eine endgültige Antwort von den Werken erteilt war, wurde in den von der Organisation einberufenen und geleiteten Bergarbeiterversammlungen eine Massenkündiguag oder, was dasselbe be sagen will, der Streik beschlossen. Die Ver treter der Belegschaften wiederholten bei den Ver handlungen nur die Forderung nach Einführung eines Tarifvertrages. Ueber die einzelnen Be stimmungen dieses Tarifvertrages waren die Leute bezeichnenderweise meistens gar nicht unterrichtet. Neuerdings haben auch Vertreter der Berg arbeiterorganisationen versucht, eine Vermittelung der Bergbehörde herbeizuführen. Eine solche mutzte aber von Arbeitgeberseite um so mehr abgelehnt werden, als die aus Westfalen und auswärtigen Organisationssitzen kommenden Abgesandten ledig lich Vertreter der Organisationen und nicht, wie sie sich selbst gern bezeichnen, Vertreter der Braunkohlenbelegschaften sind. Nach Ablauf der Kündigungsfristen find nunmehr die organisierten Bergarbeiter im Zeitz-Weißenfelser Nevier. in Sachsen-Altenburg und im Halleschen Be zirke sEegend von Oberröblingens am 8. Mai in den Ausstand getreten; es handelt sich um insgesamt rund 5650 Arbeiter von 12228 Gesamtbeleg schaften. Zu einer völligen Betriebseinstellung ist es bisher nirgends gekommen, und das Mitteldeutsche Braunkohlensyndikat ist nach wie vor in der Lage, seins Abnehmer zu befriedigen. Die Streikleitung gibt sich, wie die Auslassungen in der Arbeiterpresse zeigen, die grösste Mühe, die Streitlust anzufeuern und die Solidarität der Werk- bcntzer zu unteraraben. Sie scheut sich dabei nicht, mit unwahren Behauptungen zu operieren. So ist die Mitteilung, datz den Maschinisten und Heizern auf Grube „Marie" bei Deuben eine wöchentliche Lohn- rulaae von 1.86 F versprochen worden wäre, wenn sie nicht streikten, eine glatte Unwahrheit. Jur Spaltung üer /armer in Vilümev, über die wir bereits berichtet haben, hat sich der vom Bundesausschuh zum Vertrauensmann des Farmer bundes gewählte Dr. Rohrbach auf eine Anfrage folgendermatzen geäutzert: „Mehr oder weniger hängt dieses Vorkommnis mit der Dernburgschen Politik und den Stim mungen zusammen, die sie in Deutsch-Südwestafrika hervorgerusen hatie. Die Stimmung war ent schieden an tidernburgisch, während Erdmann ganz im Lager des Staatssekretärs stand. Die Gegnerschaft gegen Staatssekretär Dernburg war durch seine Diamantenpolitik hervorgerufen. Die Farmer hatten schon damals mich ausersehen, ihr Vertrauensmann in Berlin zu sein. Es war dies durch einen Beschluß geschehen, den sie in einer Ver sammlung gefasst hatten, der einem von mir veran stalteten Vortragsabend vorausging. Ich hielt diesen Vortrag in Omarruru und beschäftigte mich darin mit dem Vodenkrsdit für Südwestasrila. Zum Schlutz legte ich eine Resolution vor, in der ich zum Aus druck brachte, datz Dernburg durch seine Diamanten politik dem Fiskus bedeutende Mittet entziehe, die besser zugunsten des Vodenkredits in unserer Kolonie Anwendung finden könnten. Gegen die Einbringung dreier Resolution erhob nun Erdmann Einspruch mit der Begründung, das; die Farmer-Vereinigung keine Politik treiben dürfe. Etwa die Hälfte der an wesenden Farmer wollte jedoch von dieser Zurück weisung der Resolution nichts wrssen. Es wäre schon an jenem Abend zu einer Spaltung gekommen, und um diese zu vermeiden, zog ich die Resolution zurück und lehnte auch das Amt als Vertrauensmann des Bundes ab. Ich tat dies eben im Interesse der gefährdeten Einigteit, die dann auch erhalten ge blieben ist. Nunmehr zeigen die jüngsten Nachrichten aus Windhuk, da» der Antagonismus gegen Erd» mann sich doch nicht länger mehr in Schranken halten lies;. Das mir aufs neue angetragene Ehrenamt werde ich selbstverständlich annehmen. Es hat lediglich die Bedeutung, datz ich der Uebermittler der mir aus Südwest zugetragenen Wünsche uno Forde rungen bei den in Frage kommenden Instanzen und sür die Oefsentlichkert bin." Torpeüolchutznetze. sind beinahe ebenso alt wie der Torpedo selbst, der seinerseits sehr bald mit einer Vorrichtung zum Durch schneiden Les ihm entgegengestellten Hindernisses, mit Netzscheren, ausgerüstet wurde. Wurde hierdurch der Wert der Netze in Frage gestellt, so ergeben sich im praktischen Gebrauch auch bald allerlei Nachteile. Die Spieren zum Ausbringen der Netze waren in Seegang hinderlich oder sogar gefährlich, sie wie die Netze be anspruchten viel Gewicht, waren schwer zu handhaben und schlietzlich konnte die ganze Schutzvorrichtung nur in Wirksamkeit treten, wenn das Schiff sich in Ruhe oder in ganz langsamer Fahrt befand. Die Schutz netze sind daher auch sehr bald in den meisten Marinen wieder abgeschafft worden. Dies geschah allerdings zu einer Zeit, wo der Torpedo nur eine klein« sichere Schutzweite hatte, so datz man mit der Möglichkeit rechnen konnte, «in Torpedoboot durch das wohlgezielte Feuer der leichten Artillerie unschädlich zu machen, ehe es auf Schutzweite herangekommen war. Jetzt ist aber die Schutzentfernung des Torpedos auf das Zehnfache und mehr gestiegen und damit auch die Schwierigkeit, ein Torpedoboot zu entdecken und zu vernichten, ehe es einen wirksamen Schutz abaeben kann. Auch die Geschwindigkeit de« Torpedos hat zu genommen und damit auch die Treffsicherheit. Der Torpedo ist grötzer und sprengkräftiger. im allgemeinen eine gefährlichere Waffe geworden, und es scheint, als wenn einige Marinen ihren Standpunkt in der Netz, frage einer Nachprüfung unterziehen wollen. Mit Torpedoangriffen wird man, wie Tlulchima gezeiqt hat, besonders nach einer Seeschlacht zu rechnen haben. Die leichte Artillerie wird dann voraussicht lich zum grotzen Teil vernichtet, die Besatzungen werden desorqanisiert sein, so datz Torpedoschutznetze unter Umständen von Nutzen sein könnten. Aber auch sie werden voraussichtlich durch da» feintl'ck,« Feuer gelitten haben und wertlos sein, selbst wenn sie noch ausaebrocht werden können. Die Ansichten über den Wert der Netze sind daher noch durchaus geteilt. Unentwegt beibehalten hat sie bisher nur ein« einzige Marine, die englische, obgleich di« Mehrzahl der englischen Seeoffiziere nicht sehr für sie begeistert sei« soll. 2« Deutschland, Frank reich und den Vereinigten Staaten sind die Netze schon seit Zähren abgeschafft, obgleich von Zeit zu Zeit er neute Versuche mit ihnen angestellt werden. So ist z. B. das Linienschiff ..Nassau" mit Torpedonetzen ausgerüstet. Zn der französischen Fachpresse treten Stimmen für die Wiedereinführung der Netze ein. Zm allgemeinen wird aber als wirksamster Schutz gegen die Torpedo- und gleichzeitig die Minengefahr eine stärkere Schiffsbodenkonstruktion anaesehen. durch die die Sprengwirkung eines Unterwassertreffers örtlich beschränkt wird. Gmtte Ollivier unü üer Krieg lsro. In der Sonntagsausgabe des..Figaro' veröffent licht Emile Olli vier, der Ministerpräsident Napo leons 11l. und Verfasser des „Lmpiro lvbdrnl" einen Brief an Professor Hans Delbrück, der vor nahezu zwei Jahren in den „Preussischen Jahrbüchern" an seinen Ausführungen über die Verantwortlich keit für den Ausbruch des Deutsch-Franzö sisch e n K r i e g s Kritik geübt hatte. Während Delbrück wie Ollivier der Ansicht ist, datz die spanische Kandi datur des Hohenzollernprinzen tatsächlich ein Bestand teil der Bismarckschen Politik gewesen war, bestreitet er, daß Bismarck von vornherein den Endzweck des Krieges dabei ins Auge gefasst habe. Ollivier ist der gegenteiligen Ansicht und sucht dies außer aus Buschs Darstellung durch eine Reihe psychologischer Argumente zu begründen. Das Hauptgewicht legt er jedoch auch jetzt wieder auf die Umredigierung der Emser Depesche, die nach ihm zweimal, von Abeken und nachher von Bismarck gefälicht worden ist. Neues an Tatsachen bringt er jedoch zu dieser Frage nicht bei, wie denn der ganze „offene Bries" lediglich eine dialektische Bedeutung hat. Man kann nicht ohne Bewunderung die Lebhaftigkeit konsta tieren, mit der der 86jährige Staatsmann tn einer übrigens vornehmen Form seinen Standpunkt gegen über dem deutschen Gelehrten verficht. Aber alle diese Bemühungen müssen schon deswegen ziemlich unfruchtbar bleiben, weil auch dann, wenn das Urteil der Geschichte im Sinne seines Plädoyers gegen die Politik Bismarcks auf ein volles Schuldig lauten würde, die Schuld der französischen Regierung, deren Chef Herr Ollivier, nicht ge ringer würde. Man mag Herrn Ollivier glauben, datz er persönlich ernstlich bemüht gewesen ist, es nicht zum Kriege kommen zu lasten, aber datz andere Personen geradezu dahin getrieben haben, ist aus seiner eigenen Darstellung hinreichend deutlich ge worden, und ebenso, datz er schwach genug gewesen ist, nicht die Konsequenzen zu ziehen, die ihn von der Verantwortlichkeit entlasten würden. Auch sein offener Brief gegen Delbrück vermag an dieser Ver teilung der Schuld nichts zu ändern. Deutsches Reich. Leipzig, 17. Mai. * Aus dem Reichstagswahlkreise Leipzig-Stadt. Die „Kreuzztg." lätzt sich aus Sachsen melden, datz die Konservativen in Leipzig-Stadt beabsich tigen, dem jetzigen Reichstagsabgeordneten Dr. Iunck (Natl.) einen eigenen Kandidaten gegenüberzustellen. — Dies ist eigentlich nur eine Wiederaufwärmung einer von denselben konservativen Blatte bereits vor mehr als Jahresfrist gebrachten Nachricht. * Gegen die Forderungen der sächsischen Lehrer ist vor längerer Zeit eine Petition an die Regierung von einem „Schutzkomitee der selbständigen Erwerb stände Sachsens" zusammengestellt worden. Der Zweck dieser sehr lang ausgefallenen Petition geht dahin, gegen die Resormwünsche Stimmung zu machen, weil ihre Verwirklichung viel Geld kosten würde und die Summen vornehmlich von Mittelstandstreisen auf gebracht werden mutzten. Ganz abgesehen davon, datz das ideelle Moment der Bildungsverbesserung hierbei ganz außer Betracht gelassen wird, entbehrt aber die Beweisführung des Schutzlomitees auch insofern der Schlüssigkeit, als sich sehr leicht nach weisen lätzt, datz der kleine Mittelstand durchaus nicht in dem in der Petition beanspruchten Matze „das Rückgrat der kommunalen Finanzgebarung" bildet. Die „Leipz. Lehrerztg." führt dielen Nachweis im einzelnen in recht glücklicher Weise an der Hand des Steueraufkommens in Reich, Staat und Gemeinde. Die Petenten hätten in der Tat wahrhaftig bester getan, ihre Einwendungen sorgfältiger zu begründen, vorerst aber zu bedenken, datz die guten Folgen eines durch höhere Aufwendungen wesentlich verbesserten Unterrichts auch ihren eigenen Kindern zugute kommen, datz sie also nur im Zntereste ihres eigenen Standes handeln, wenn sie sich zu den Forderungen für die Verbesserung des Volksjchulwesens freund lich stellen. * * Der Bundesrat hat in seiner Dienstag-Sitzung der Vorlage betreffend einen Handels- und Schiff fahrtsvertrag zwischen Deutschland und Schweden und der Vorlage betreffend die Beschlüsse des Landes- haushaltselats für Elsaß-Lothriugen für das Rech nungsjahr 1911 die Zustimmung erteilt. * Reden bei der Einweihung der Hohenzollern- brücke in Köln. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, wird der preußische Minister der öffentlichen Ar beiten, v. Breitenbach, bei der Einweihung des Kaiser-Friedrich-Denkmals auf der Hohenzollernbrücke in Köln, die in Gegenwart des Kaisers stattfindet und auf den 22. d. M. festgesetzt ist, eine Festrede halten. Man nimmt an. datz auch der Kail er bei dieser Gelegenheit eine Ansprache halten wird. Anläßlich der Einweihung des Denkmals Kaiser Wilhelms ll. auf derselben Brücke hat der Minister bekanntlich im vorigen Jahre auch das Wort er griffen. Die Hohenzollernbrücke, die bereits seit längerer Zeit dem Verkehr übergeben ist, weist nun mehr im ganzen vier Standbilder von Hohenzollern- herrschern auf. * Wahlen und Inkrafttreten der Tierarztkammern. Zn der Königl. Verordnung vom 2. "'pul d. Z. über die Tierarztkammern war bestimmt worden, daß der Zeitpunkt, zu dem die ersten Wahlen für die Tierarzt kammern vorzunehmen sind, durch Verfügung des preußischen Landwirtschaftsministeriums bestimmt werden sollte. Wie der „Znf." mitgeteilt wird, ist beabsichtigt, die e r st e n W a h l e n für die Kammern im Herbst des Jahres anzusetzen. Die Kammern selbst sollen dann im Januar 1912 zum er st en Male zusammentreten. Zur Wahl berechtigt und wählbar sind alle im Wahlbezirk wohnhaften appro- bierten Tierärzte. Die aktiven Militärveteri» näre find hiervon ausgeschlossen. Die Dauer der Wahlperiode ist auf drei Jahre bemessen, und auf je 20 Wahlberechtigte soll ein Kammermitglied ent fallen. Jede Kammer muß mindestens 6 Mitglieder aufweisen. Die Bildung eines Tierarztkammeraus schusses in Berlin ist in Aussicht genommen. Sein« Tätigkeit soll darin bestehen, innerhalb der den Tier ärzten zugewiesenen Zuständigkeit vermittelnd zu wirken, und zwar sowohl zwischen der Aufsichls- behörde und den Tierärztekammern als auch zwischen diesen untereinander. Die Vorschriften über da» Wahlverfahren und die Wahl find im allgemeinen den Vorschriften der Verordnungen über die Aerzte- und Apothekerkammern nachgebildet. Tierärzten, di« die Pflichten ihres Berufs in erheblicher Weise oder wiederholt verletzen oder sich durch ihr Verhalten der Achtung, die ihr Beruf erfordert, unwürdig zei- gen, kann durch die Kammern das Wahlrecht oder die Wählbarkeit dauernd oder auf Zeit entzogen werden. * Reichstaaswa'lvorbereitungen. Die Fort schrittliche Volkspartei stellte im Wahlkreise Kiel-Rendsburg-Neumünster den Professor Titius-Göttinnen als Reichstagskandidaten auf. Die Nationalliberalen unterstützen diese Kandidatur. — Die Meldung, wonach zwischen der Zentrums partei in Duisburg und der natronallide- ralen Partei in Essen Verhandlungen zur Unter stützung beiderseitiger Reichstagskandidaten schweben, wird von der Geschäftsstelle des Essener Nationalen Vereins entschieden dementiert. — Wie die „Bad. Landesztg." erfährt, soll der Heidelberger Universitäts professor Gothein als Blockkandidat für den Reichs tagswahlkreis Mannheim in Aussicht genommen sein. Gothein ist langjähriges Mitglied der natio nalliberalen Partei. — Die Konservativen in Königsberg unterstützen diesmal nicht die Kandidatur des fortschrittlichen Abg. Gyßling, sondern stellen einen eigenen Kandidaten in der Person des Archivrats Karge auf. * Keine Ertrozlige für den Hansabund. Am Sonnabend erst hat der Reichskanzler in Heidelberg seine hübsche Tischrede über die Bedeutung und den Wert von Handel und Wandel in deutschen Landen gehalten, und schon liegt ein sprechender Beweis von der Wertschätzung vor, die den Vertretern von Handel und Wandel bei uns zulande zuteil wird. Der badische Landesverband des Hansabundes in Karlsruhe gibt bekannt, daß die von ihm be antragte Stellung eines Extrazuges von Mann heim nach Berlin zum Deutschen Hansatage von der preußischen Eisenbahnverwaltung grundsätzlich ab gelehnt worden sei, und datz infolgedessen sowohl die von der badischen Staatsbahndirektion wie die von der preußischen Eisenbahndirektion Halle bereits erteilte Zusage wieder rückgängig gemacht werden mußte. Der Landesverband des Hansabundes sieht aus diesem Nein der preußischen Regierung, daß ihr ein zahlreicher Besuch des Hansatages sehr unerwünscht sei. — Bei Tische hörte man's über Handel und Industrie anders. * Die verstärkte Handels- und Sewerbekommisfion des preußischen Abgeordnetenhauses nahm mit allen gegen sechs Stimmen einen Antrag Hammer (Kons.) an, die Regierung zu ersuchen, spätestens bei der organischen Neuregelung des Einkommensteuergesetzes einen Gesetzentwurf vorzulegen, der in den 8 15 des Einkommensteuergesetzes vom 19. Juni 1906 die Be stimmung einfügt, nach der bei in 8 1 Nr. 5 bezeich neten nichtphyfischen Personen jede an ihre Mitglieder rn Form von Rabatten oder eine in sonstiger Art gewährte Rückvergütung als ver teilte Dividende gilt. Der Vertreter des Finanzministers hatte erklärt, daß der Minister dem Anträge durchaus sympathisch gegenüberstehe. * Vergebung von Dienstland. Vom preutzifchen Minister der öffentlichen Arbeiten ist jetzt endgültig angeordnet, datz sogenanntes Dienstland in geeigneten Fällen auch an Arbeiter vergeben werden darf. Eine Benachteiligung der vorhandenen Beamten und Hilfsbeamren soll dabei ausaeichlosjen sein. Nach der neuesten Verfügung des Ministers braucht aber eine solche Benachteiligung noch nicht darin gesunden zu werden, daß nach Lage des Falles die etwa in höherem Mage bedürftigen Arbeiter bevorzugt werden. * Fürsorge für entlassene Geisteskranke. Die Abgg. Dr. v. Savigny und Schmedding (Münster) haben im preußischen Abgeordnetenhause mit Unter stützung des Zentrums folgenden Antrag eingebracht: die Königliche Staatsiegierung zu ersuchen, zum Zwecke der Verbesserung der Fürsorge sür entlassene Geisteskranke die Dotationsrenten der Provinzen unter der Verpflichtung zu erhöhen, a) durch ge eignete Organisationen die Beobachtung der als ge heilt entlassenen und die Ueberwachung und Pflege der als gebessert entlassenen Geistestranken aus führen zu lassen, b) leistungsschwachen Gemeinden für die Unterbringung und wirtschaftliche Unter stützung entlassener Geisteskranker Beihilfen zu ge währen. * Warnung. Raa) einer amtlichen Mitteilung be absichtigt der Kolonist Hermann Brückner aus dem Blumenauer Bezirk nach Deutjchlrrd zu rellen. um wiederum 100 Personen zur Einwanoeruiq nach der Bunderkrlonie Annitapolis zu oerin'assen; er sckeint seine Propaganda von Venloo an der ii'cserländiichen Grenze aus betreiben zu wollen. Der letzte Transport von Auswanderern ist vor mehreren Monaten von Amsterdam auf dem niedec'.äudiichen Dampfer „Frisia" unter seiner Führung in Floriano- polis eingetroffen. Brückner soll von dem früheren Staatsgouoerncur von Florianopolis bis Rio de Janeiro Freipassage sowie Empfehlungen für die Hauptstadt bekommen haben. Der Genannte lebte früher in der Hansakolonie. Er stammt aus Beck bei Ruhrort, ist etwa 50 Jahre alt, angeblich früher in der Zeche bei Marxloh beschäftigt gewesen und soll noch in Beck heimatberechtigt sein. Da die von ihm zur Auswanderung verleiteten Personen zum Be triebe der Landwirtschaft und der Arbeit im Urwalde meist ungeeignet gewesen sind, so wird vor einer Auswanderung nach Annitapolis und der Tätigkeit des Brückner amtlich gewarnt. * Aus dem Zentrum der Privatangestellten bewegung wird uns aeichrieben: „Es gehen allerlei Nachrichten durch die Presse, wonach das Versiche rungsgesetz für die Privatangestellten wieder einmal auf dem toten Gleis angeiangt wäre. Der noch immer im Bundesrat liegende Gesetzentwurf solle erst nach den Neuwahlen dem neuen Reichstag oder aber frühestens im Herbst dem jetzigen Reichstage zugehen, wenn, wenn ufw. . . . Die Veröffentlichung des Entwurfs vor dem Sommer wird allerdings in Aus sicht gestellt, damit „die Oeffentiich.eit in der Lage ist, Kritik zu üben". Aber die Oeffentlichkeit übt ja ihre Kritik, und zwar reichlich, schon seit dem Januar, denn so lange ist der Gesetzentwurf bekannt, und was jetzt noch Neues zu erwarten ist, das sind kleine Aenderungen an Einzelheiten. Die Oeffentlichkeit hat auch schon die ganze Zeit vor dem Erscheinen des jetzigen Eeietzentwurfs, mehr als neun Jahre lang, Zeit gehabt, sich mit der Versicherung der Privat angestellten zu befassen, denn io lange vollzogen sich die Vorarbeiten in aller Oeffentlichkeit. Diese ewigen Hemmungen und Störungen sind wirklich in hohem Matze geeignet, den Unwillen der 4 bis 5 Millionen so lange vergeblich hoffenden Menschen zu erregen, sind ganz danach angetan, den Privat angestellten das „staatsbürgerliche Denken" beizu bringen, von dem jetzt soviel die Rede ist. aber bet zubringen weniger durch Erziehung, als durch ein kühlbares Daraufhinstoßen. Es werden die Dinge so dargestellt, als ob die sich jagenden ungünstigen Nachrichten aus offiziöser Quelle stammten, wir lönnen versichern, datz diese Annahme nicht zutrifft. Die Privatangestellten haben das Versprechen der Regierung! Und wenn auch manche nicht un erfahrenen Politiker heute sagen, darauf sei nichts zu geben, so verträgt sich das schwerlich mit der ein fachen Moral, der wir noch anhangen und die uns nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, an ein ge gebenes Versprechen zu glauben." * Ueber di« bedingte Begnadigung hat das württembergische Justizministerium eine neue Ver fügung erlassen. Die Bewilligung des Auf schubs gegenüber jugendlichen Verurteilten wird als die Regel bezeichnet. Für erwachsene Ver urteilte kann ein bedingter Strafaufschub ausnahms- weise vorgeschlagen werden. Eine polizeiliche Ueber wachung des Verurteilten während der in der Regel zweijährigen Probezeit fand schon bisher nicht statt. Bei der Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen ein Widerruf des Strafaufschubes zu erfolgen hat, wird für alle Zweifelsfälle eine Prüfung darüber vorgeschrieden, ob nicht statt des Widerrufs eine Verlängerung der Probezeit genügt. Schließ lich ist als Gnadenakt nach befriedigendem Ablauf der Probezeit neben dem völligen Strafnachlatz auch eine bloße Strafmilderung, namentlich die Umwand lung der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe, vor gesehen. * Internationale Sparkassenstatistik. Die „Sta tistische Korrespondenz veröffentlicht eine inter nationale Uebersicht der Sparkassenstatistik. Aus ihr ergibt sich für Deutschland und Preußen ziffermäßig eine recht vorteilhafte Stellung. In Deutschland kamen 1908 auf je 100Einwohner 31,28. in Preußen 30.22, im Jahre 1909 31,04 Sparkassenbücher. Das ist ungefähr die Stufe, von der sich gegen Deutsch land nach den neuesten Nachrichten Australien und Frankreich und namentlich Belgien mehr oder weniger merklich nach oben, Großbritannien und die Nieder lande etwas nach unten entfernen. Wesentlich höher steht die Schweiz mit 55,23, Dänemark mit 54,49, Norwegen mit 38,59 und Schweden mit 37,96 Büchern, während Oesterreich und Italien, namentlich aber die Vereinigten Staaten, Ungarn und Rußland weit Zurückbleiben. Besonders günstig erscheint das Er gebnis für die Bevölkerung Frankreichs, wenn man sich der dort bestehenden Beschränkungen des Einlage verkehrs sowie der vorherrichenden Neigung der fran zösischen Kleinbürger zur Anlegung ihrer Ersparnisse in Staatsrente erinnert. Was die Höhe der Ein lagen betrifft, so standen die Vereinigten Staaten mit 15,60 Milliarden an der Spitze, dicht gefolgt von Deutichland mit 14,55 Milliarden, während alle anderen Staaten unter 5 Milliarden blieben. * Auch ein Beitrag zur „Not der Zeit". Als Zeichen, datz das sozialdemokratische Eeichrei über die „Not der Zeit" grundlos ist, mögen folgende Zahlen registriert werden: 150 000 tonnten die Berliner Metallarbeiter in voriger Woche an die Hauptkasse abführen, so in Hamburg 50 000, Hannover 20 000, Leipzig 20000, Magdeburg 10000 und Nürn berg 50000 M Ausland. Oestrrrrich-Ungarn. * Passive Resistenz der kroatischen Lehrer. Eine von 1500 Lehrern aus allen Teilen Kroatiens und Slawoniens beschickte Versammlung in Agram hat angesichts der mißlichen materiellen Lage der kroatischen Lehrerschaft die Durchführung der pas siven Resistenz beschlossen. Im Sinne dieses Beschlusses Haden die Lehrer demonstrativ alle Ehren stellen in kulturellen und Humanitären Vereinen niedergelegt, das Singen und Orgelspielen in den Kirchen, sowie jede Teilnahme am öffentlichen Leben eingestellt. In einem Aufrufe der Lehrerschaft wird erklärt, datzpiie Lehrer in Zukunft an keinerlei Wahlen, weder an den Landtags- noch an den Gemeinde wahlen, teilnehmen und nicht mehr als je 80 Kinder zum Unterricht übernehmen werden. Gegenwärtig müssen manche Lehrer 200 bis 300 Kinder unter richten. Der Aufruf schließt mit einem Appell an alle Lehrer, nach Möglichkeit andere, besser dotierte Berufe zu ergreifen. Die Kundgebung der unzu friedenen Lehrerschaft hat in Kroatien allgemeine Bestürzung hervorgerufen. Die Presse fordert die Re gierung auf, die Regelung der Lehrergehälter unverzüglich durchzuführen. Frankreich. * Die Abgrenzung des Champagneweindaugebiets. Der Deputierte Paul Meunier, Präsident des Eeneralrats des Aube-Departements, überreichte, wie aus Paris telegraphiert wird, dem mit der Ab grenzung des Champagneweinbaugebiets betrauten Staatsrat ein von einer Frankfurter Firma an den Präfekten des Aube-Departements gerichtetes Schreiben, in dem sie um ein Verzeichnis der jenigen Winzer seines Departements bittet, die geneigt wären, Weißweine für die Tbampagner- erzeuanisse zu verkaufen. Aus diesem Schriftstück, so glaubt Meunier, gehe hervor, daß die Ausländer mit Recht die Aubeweine als Champagnerweine ansehen. Die Deutschen würden also die Aube weine auch kaufen und dann mit ihren Erzeugnissen dem französischen Champagner Konkurrenz machen. * In dem Bericht des Rechnungshofes für das Jahr 1908 wird an der Geldgebarung ver schiedener Ministerien eine überaus scharfe Kritik geübt. Unter anderem wird der Mißbrauch, den einzelne Ministerien dadurch begingen, datz sie ihren Beamten sogenannte Missionen im Auslände anvertrauten, um ihre Bezüge zu erhöhen, leb haft gerügt. Als Beispiel wird angeführt, datz ein Beamter des Arbeitsministeriums eine Mission zum Studium der Schuhwarenerzeugnisse in Südamerika bekam, die 14 000 Frcs. verschlang. Belgien. * Tas Schulgesetz. Am Montag hielt die christ lich-demokratische Vereinigung ihre General versammlung ab, an der mehrere Minister teilnahmen und in der Kolonialminister Rentin den klerikalen Schulgesetzentwurf verherrlichte. Der frühere klerikale Abgeordnete de Ponthiäre erklärte, datz bis jetzt immer noch die klerikale Privatschule unter der Konkurrenz der offiziellen Reichs- und Gemeinde schulen gelitten habe. Der neue Gesetzentwurf mache dem ein Ende. Die ganze Christenheit der Erde, und nicht allein die Katholiken Belgiens, sei an dem nun anyebenden Kampfe interessiert. „Wenn unsere Gegner auf die Straße ziehen," so rief Ponthiäre aus. „so sind wir bereit, das gleiche zu tun. uns mit ihnen zu schlagen und unser Blut für die edle Sache zu vergießen." Diese, in Gegenwart der Minister gehaltene, mit jubelndem Applaus auf genommene Rede beleuchtet die Kampfstimmung der Klerikalen. Wie die „Frkf. Ztg." meldet, ist die Regierung und die Rechte entschlossen, die Diskussion über das Schulgesetz noch in dieser Session zu erzwingen und die Annahme des Entwurf» durchzu setzen, selbst wenn es nötig sei, bis in den Oktober zu tagen. Spanien. * Bevorstehend« Kabinettskrisi»? Wieder einmal tauchen Gerüchte über eine Ministerkrisis auf, die trotz aller Dementis nahe bevorstehen soll. Wie aus Madrid gemeldet wird, soll die liberale Partei gegen das Kabinett kämpfen. Unabhängig von dieser Obstruktion, die sich gegen die Pläne des Kabinetts, wie die Einführung des obligato rischen Militärdienstes, des Ass oziations- aesetzes und der Regelung der Zollfrage richtet, findet hauptsächlich die Marokkopolitik Cana- lejas Widerspruch. Er soll hier in direktem Gegensatz zum König sowie dem Kriegsminister und Marineminister, die für eine kriegerische Aktion in Marokko sind, stehen. Canalejas fürchtet aber europäische Verwicklungen, falls Spanien in die marokkanischen Verhältnisse tatkräftig eingreifen sollte. Die Lage soll al» sehr schwierig betrachtet Verden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)