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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.05.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110517010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911051701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911051701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-17
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Beiuq».Preis kür Letvi«, »nd »»rch «ms«, TrSarr »nd Evedtte»«« r»»l »t,ltch ln» ya»» -rbiachl w Vi minatU. L7U »lk. oteneltährl. Bet »»lern Ftttalen « >n» natzmesttüen ad»cl>,U 7» VI. »»»all.. ».»«l. »tenettLhrL V»rch »t« V»>: »nnerhald Dr»tt«dtond» »ad ver deutsch«» Kolonien otenestadkl. r.M Ml.. »onatl. lLVMl. a»»tihi Pokideltellgeid Ferne» l» Veleten, Dänemark, den Danaukaaten, Italien, iiurrindura. Ntedertandr. Roe» wegen. Oejlrrretch - Ungarn, Xndland, Schweden SLwete » Spanten. In alle» übrigen Staate» nur dtrekt vurch di» EelchSlteltell» »e, Viatte, «rdLiUtch. Da» L«tp,t,«r lagedlatt «rUdetnt »mal täglich. Sonn- ». Feiertag» «nr morgen». tld»nnemenr»-!ilnnal>m« 2,d»n,»»,,N« de» »nlere« Iragern. Ftttalen. Spediteure» »ad Lnnadmelrelle», lowi» itioilämlern »nd Vrteiträger». Gt»i»t»»ela»t»»e»t» »Vt. Morgen-Ausgabe. UciMM TaMatt <lii.-Zi»ichi.'!! M Haubeldzettuug. «»..^1^!««» Ämlsblatt -es Rates und des Dolizeiamtes -er Stadt Leipzig. Anzeigen-Prel- fK» S»le,are »»» U««»«,» »nd Umgeb»», di, llpalttg,SetitieU« SPs-dl»Xeklame- »etl, l M!.. oon an»wärt» N Pt. Xeklamea ll0 Mk., Inleral» »»» Behörde«« im amt lichen Teil dl, vetltieii» 50 vt. Selchäft»an»«tgkn mit Platzvorlchnft»» ». tn der Abendausgabe im Brett« «rd-ht. Rabatt nach Ians. Beilagegebichr Gelamt auslag» S Mk. p Tausend «rkl. Poltgedützr. Teildeila,« Höger. Feftertetlte Lutträa» lönnen nicht pirila- aezogen »erden. Für da» Stichel»«» an deltimmten Tage» »nd Blähen Mrd ket»» Garantie übernommen. An»«t,,n-Annahme 2»h»»»t»,,g» bei lämtlichen Filialen ». aüen Annonce», Lrvedittonea de» Ja- »nd Au,la »de» Bruck ,ud Bert», »«» tret»»«,er r»,«« blatte» G. V»l». Inhaber: V»»I ALrstr». Nedatti»» »»> Gelchisl»»«!«: Iohann«»gall« L H»»»t»Filiale Dre»d«»r Serltrah, < I lTelepha» öSA^ llr. l36. Mittwoch ürn l7. Mal lSll. los. Ishr-sn-. Die vorliegende Ausgabe umsaht 22 Seiten. Das Wichtigste. Der Reichstag vollendete am Diens tag die zweite Lesung der Bestimmungen über Krankenversicherung in der Reichsoersiche rungsordnung und begann die Beratungen des dritten Buchs, Unfallversicherung. (S. den bes. Art. und Reiststagsber.) * Der Kronprinz wohnte am Dienstaq in Posen der Eröffnung der Ostdeutschen Aus - stellung für Industrie, Gewerbe und Landwirt- ichaft bei und reiste nachmittags nach Petersburg ab. (S. den des. Art.) * Zn London wurde am Dienstag im Beisein des deutschen Kaiserpaares das Denkmal der Königin Viktoria feierlich enthüllt. (S. den bes. Art.) * Der Gesamtausschuß des Ostmarken vereins tritt am 27. Mai in Posen zusammen, um zur Enteignungsfrage Stellung zu nehmen. Wirtschaftliche Sulgsden üer deutschen vermsstungspatitilr. Es ist eine eigentümliche und keineswegs sehr erfreuliche Erscheinung, das) wir Deutschen in allen wichtigen Dingen, die wir neu be ginnen, den Mund reichlich voll nehmen und somit ins Renommieren verfallen. Es ist dies erst eine moderne Errungenschaft, die im Gründe dem deutschen Charakter so gar nicht entspricht, aber durch den tatsächlich bewunderns werten politischen und wirtschaftlichen Auf schwung Deutschlands seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Ausdruck des nationalen Stolzes und Staunens groß ge worden ist. Jedes neu vom Stapel laufende Kriegsschiff wurde zu Beginn der Flotten begeisterung als das schönste und beste der Welt gefeiert, und der im Auslande weilende deutsche Kaufmann sowohl als auch der amtliche Vertreter unserer Wirtschafts interessen wurde ob feiner Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit als Muster für andere Völker hingestellt. Trotzdem unsere Weltwirtschaft erst jungen Datums ist, sollten die deutschen Vertreter im Auslande die Vertreter alter Weltwirtschaft treibender. Völker weit über ragen. Gewiß hat ein jedes Volk sein gutes Recht, auf bedeutende Errungenschaften stolz zu sein, das deutsche Volk nicht an letzter Stelle; aber in der Ueberschätzung des Ge leisteten liegen bedeutende nationale Gefahren, vor allem die Gefahr, anzunehmen, daß in allen diesen Dingen genug geschehen sei. Solche Selbstgenügsamkeit, die nicht selten auf schlim mer Selbsttäuschung beruht, ist dann der größte Feind wirklicher Erfolge. Mit Dank muß man es deshalb begrüßen, wenn von Zeit zu Zeit ein aufrechter und mit ren tatsächlichen Verhältnissen vertrauter Mann das Wort ergreift, um warnend und mahnend dort die vorhandenen schweren Schäden aufzudecken, wo man in gewohnter Weise alles schön und in bester Ordnung wähnte, und die Wege zur Abhilfe zu zeigen. Dies hat jetzt mit herz erfrischender Offenheit der Kieler National ökonom Bernhard Harms für diejenigen Fak toren unternommen, die für die deutsche Welt wirtschaft von ausschlaggebender Bedeutung sind. In einer kleinen (im Verlag von E. Fischer- Jena erschienenen) Broschüre: „Weltwirtschaft liche Aufgaben der deutschen Derwaltungspolitik", deren Wichtigkeit im umgekehrten Verhältnis zu ihrem Umfange steht, legt er der Oeffentlichkeit die Ergebnisse seiner Studien und Beobach tungen, die er im fernen Osten betreffs der deutschen Weltwirtschaft machen konnte, vor, und man darf wohl erwarten, daß diese gehalt volle Schrift an maßgebender Stelle nicht un beachtet bleibt. Nach einigen einleitenden Worten, die dem Zweck dienen, nachzuweisen, daß Deutschland gezwungen sei, Weltwirtschaft zu treiben, wendet er sich dieser und damit der deutschen Auslands- Politik zu. Er weist sehr richtig darauf hin, daß vorläufig im Volk noch kein rechtes Verständnis für Auslandspolttik be- stehe, dieses aber notwendigerweise geweckt werden müsse, um eine richtige Würdigung dessen zu erreichen, was zu einer erfolgreichen Auslandspolitik nötig sei, damit Deutschland im Wettbewerb der Nationen Aussicht auf Er folg habe. Dieses Verständnis wird auch aus dem Grunde nötig sein, weil eine wirklich Er folg versprechende Auslands- oder Weltwirt schaftspolitik wesentlich höhere Geldopfer fordert, als ihr bisher zugewendet wurden: denn bisher stand Deutschland in dieser Hinsicht anderen Weltwirtschaftsmächten gegenüber direkt armselig da. Nachdem Harms als wesentlichste Aufgabe unserer auswärtigen Politik die Schaffung und Erhaltung von Absatzgebieten bezeichnet hat, wendet er sich zunächst der Betrachtung derjenigen Faktoren zu, die diese Aufgabe zu erfüllen berufen sind, in erster Linie also dem Auswärtigen Amte und seinem Beamten apparat. Aus der ganzen Darstellung erkennt man, wie dringend reformbedürftig die Einrichtungen dieser Behörde sind, wenn sie zum Nutzen der deutschen Weltwirtschaft bei tragen sollen. Dor allem wendet sich Harms der Betrachtung des Konsulatswesens zu, dessen gegenwärtige Mängel und dessen Er fordernisse er darlegt. Er warnt vor jeder Verquickung der Konsulatslaufbahn mit der Diplomatie und verlangt für die Konsuls eine gewisse Bodenständigkeit in ihren Bezirken, da bei dem häufigen Wechsel kein aus reichendes Verständnis für die dort herr schenden wirtschaftlichen Verhältnisse erzielt werden könne. Er will weiter eine gründliche Personenauswahl, denn der Außendienst stelle ganz besondere Anforderungen: „einwandfreien Charakter, taktvolles Auftreten, gewandte Um gangsformen, Menschenkenntnis, Redegewandt heit gepaart mit der Kunst des Schweigens, Beobachtungsgabe, Sinn für das Erwerbsleben, Anpassungsfähigkeit und — I^-t not least — eine Kinderstube". Selbstverständlich muß die Vor bildung dieser wichtigen Beamten gründlich und zweckentsprechend sein: gründliche juristische Bildung auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts, dann aber Kenntnis des Wirtschafts lebens. Der Verfasser gibt einige erstaunliche Beispiele dafür, wie wenig bisher diese eigent lich selbstverständlichen Bedingungen erfüllt worden sind, und wie sehr das Ansehen dieser Beamten im Auslande darunter leiden muß. Wir können im Rahmen dieses Referats nicht auf alle die verschiedenen, sehr beachtens werten Vorschläge des deutschen Gelehrten ein gehen, die er zur Heranbildung tüchtiger deutscher Konsuln macht, sondern nur den Wunsch aussprechen, daß sie an maßgebender Stelle gründlich geprüft werden. Wir wollen nur noch darauf Hinweisen, daß nach der Darstellung des Prof. Harms der den Konsuln zur Verfügung stehende Hilfsapparat geradezu kläglich genannt werden muß und der bei uns herrschende Bureaukratismus ihnen mit Zentnerschwere anhängt. Die gerügten Mißstände erklären es teil weise wohl auch, daß die Berichterstattung un serer Konsulate an die heimische Be hörde nach Harms durchaus nicht auf der wünschenswerten Höhe steht. Sie ist nach ihm gewöhnlich schon veraltet und wimmelt in der Regel von Fehlerquellen, so daß sie dem deutschen Kaufmann wenig nützen. Die Konsuln sollen den Exportdeutscher Waren fördern: daskönnen sie aber nur, wenn die deutschen Kaufleute im Auslande sich der deutschen Erzeugnisse auch an nehmen. Gewöhnlich ist man im Jnlande auch dieser Meinung. Harms weist jedoch nach, daß die deutschen Importeure in Ostasien überwiegend nichtdeutsche Waren erhalten, ja muß sogar schreiben: „In englischen Kolonien glauben manche unserer Landsleute dieses Kaufen auf englischem Markt sogar besonders hervor heben zu sollen, um sich in englandfreundliches Licht zu rücken". Das ist beschämend und kommt kaum bei einer anderen Nation vor. Darum erläßt Harms auch einen energischen Appell nicht nur an die deutschen Kaufleute im Auslande, sondern auch an die heimische Industrie, die er zur Anpassung mahnt (besonders die Textil industrie) und an die Konsuln, um ihre Vermittelung zu erreichen. Deutsche Welt wirtschaft beruht auf dem Import deutscher Erzeugnisse ins Ausland. Auch an die deutschen Schiffahrtslinien richtet er eine beachtenswerte Aufforderung, da leider fest zustellen ist, daß deutsche Kaufleute auf fremden Dampfern verfrachten, nur weil der Vertreter der deutschen Reederei zufällig ein Konkurrent ist. Es bleibt bei uns in Deutschland doch noch immer viel auf dem Gebiete der nationalen Erziehung zu tun! Warm plädiert Harms für die Zuerteilung von Handelssachverständigen für die Kon sulate, jedoch wünscht er für sie keinen Beamten charakter und eine größere persönliche und finanzielle Bewegungsfreiheit, als sie bisher genießen. In ihrer gegenwärtigen Verfassung ist diese Institution kläglich und geht in Bureau arbeit unter. Sehr beachtenswert ist auch, was der Verfasser über das Nachrichtenwesen sagt. Die Einflußlosigkeit Deutschlands auf die Auslandspresse ist weltbekannt und liegt haupt sächlich an den gar zu kärglich bemessenen Mitteln, während England und Amerika mit großem Vorteil mit Millionen auf diesem Ge biete arbeiten. Nach einer Betrachtung über die Handels abteilung des Auswärtigen Amtes, für die er ebenfalls manche Reformwünsche hegt, kommt Harms zu der Ueberzeugung, daß sie im all gemeinen für unsere volkswirtschaftlichen Auf gaben zu wenig vorgebildet sind, und schlägt deshalb die Schaffung einer Akademie für Staats Wissenschaften, internationales Recht und Weltwirtschaft vor, deren Eigenart und Bedeutung er in großen Zügen schildert. Er fordert dann: „Ls sollte kein Beamter ins Ausland geschickt werden, der diese Akademie nicht besucht Hütte!" Vie Eröffnung üer Dltüeullchen Ausstellung in Polen. Der Kronprinz traf in Posen im Luxuszuge-am Dienstagvormittag um 11 llhr 27 Min. auf Sem Bahnhof ein, wo er vom Oberbürgermeister Dr. Wilms und dem OberpräsiLenten o. Walüow empfangen wurde. Nach kurzer Begrüßung begab sich der Kronprinz im Wagen über die Bahnhofstraße uns die Camponiere, die reichen Festschmuck trugen, um Hauptportal der Ostdeutschen Ausstellung für Inoustrie, Gewerbe und Landwirtschaft in der Auguste-Diktoria-Straße. Oberbürgermeister Dr. Wilms dankte hier bei der Eröffnungsfeier dem Kronprinzen, dem Protektor der Ausstellung, und allen denjenigen, sie das Werk gefördert und daran mitgearbeitet haben, und gab einen Gesamtüberblick über das durch die Ausstellung repräsentierte Gebiet, das die fünf öst lichen Provinzen der preußischen Monarchie umfaßt. Mehr als 1100 Aussteller gewähren einen bedeut samen Einblick in das gewerbliche und geschäftliche Leben des Ostens. Die Kommunalverwaltungen er gänzen und beleuchten das privatwirtschaftliche Vild durch die Arbeit des öffentlichen Lebens in der gut gelungenen Kommunalausstellung. Die Landwirt schaftskammer in Posen bringt bedeutsame Vor führungen aus dem Gebiete ihrer theoretischen und praktischen Arbeit. Der Staat ist mit einer Ausstellung im Pavillon ter Staatsforstoerwaltung. der technischen Schulen und der Strombau- und Eisenbahnverwaltung vornehm und wirkungsvoll vertreten. Auch das städtische Volksschulwesen fehlt nicht. Die vielseitigen Anregungen der Aus stellung würden hoffentlich eine Befruchtung des ge schäftlichen Lebens mit sich bringen. Wenn so die Be teiligten selbst sich regten, so sei sicherlich auch die Staatsregierung mehr wie bisher bereit, die östliche Verkehrs- und Wirtschaftspolitik durch Staatsmittel zu fördern. Für den Osten sei jedes Unternehmen zu begrüßen, das das Interesse für ihn wecke und Be sucher zuführe. Einer Veranstaltung, wie der zu eröffnenden, wohne auch eine erzieherische und kultu relle Bedeutung inne. Geschmockbildend zu w:rken gehöre mit zu den Ausgaben einer guten Ausstellung. Gerade auf diesem Gebiete sei im Osten noch viel zu tun und zu lernen. An Sonderausstellungen habe man eine zweifellos vorzüglich gelungene Jagdaus stellung und im Laufe des Sommers vier Sonder kunstausstellungen. Die Ausstellung werde hoffent lich den Anstoß zur Schaffung eines Kunstge werbemuseums, einer Kunstge? erbe- schule und vielleicht einer Kunstakademie in Posen geben. — Darauf erklärte der Kronprinz als Protektor der Ausstellung diese für eröffnet. Es folgte dann ein Rundgang unter Führung des Oberbürgermeisters und Oberpräsidenten von Waldorv. Besichtigt wurden die Hauptindu strie h a l l e , der Pavillon der Druckerei Wagner L Neumeyer, die Hauptmaschinenhalle, die Pavillons der Städte der Provinz Posen und die Merzbachsche Druckerei, der Königs- und Laurahütte, die offene Maschinenhalle, die Ausstellung der ge werblichen Fachschule, und die der kleinen Besiede lungsgesellschaften. Sodann ging die Füh rung durch den Botanischen Garten weiter zum Pa- vrllon der Staats-Forstverwaltung, dem Gewehr- und Munitionspavillon und dem der Zagdaus st ellung. Um 2 Uhr nachmittags reiste der Kronprinz mit der Kronprinzessin, die kurz vorher ein getroffen war. nach Petersburg ab. van üer Srankenverlicherung zur Unkslloerlicherung. (Stimmungsbild aus dem Reichstage.) <1. Berlin, 16. Mai. (Priv.-Tel.) Die Reichstagsdrncksachen der gegenwärtigen Ta gung haben di« Zahl 1000 überschritten, und zwar mit einem Antrag Ablaß und Genossen. Er ist ein Eventualantrag, der für den Fall der Ablehnung eine« sozialdemokratischen Antrags zu 8 525» der Reichsoersicherungsordnunq gestellt ist. Diesem Para graphen wendet das Haus sich heute zu. „Knapp schaftskrankenkassen' sieht an der Spitze des S. Abschnittes des Buches über die Krankenver sicherung. Die Erörterung dreht sich hauptsächlich um eine Teilfrage des Grundproblems im 20. Jahr hundert: die Wahl. H 525», von der Kommission ge schaffen. bestimmt, daß die Knappschaftsältesten und die sonstigen Vertreter der Versicherten vom Vorstande der Knappschaftskassen in geheimer Wahl zu be stimmen sind. Die Sozialdemokraten wollen den Schutz der geheimen Wahl in gleicher Weise wie bei den Reichstagswahlen, also mit Isolierzellen und dem ganzen übrigen Apparat. Ein Kompromißan trag der bürgerlichen Parteien, der unter dem Namen des Abg. Schultz geht, will die Wahl von Knapp- schaftsinvaliden zulassen, und die Sozialdemokraten wollen diese Bestimmung noch weiter fassen. Das ist nur eine kleine Probe aus den Aufgaben, die jetzt alle Tage der Leitung der Reichstagsgeschäfte erwachsen. An die Aufmerksamkeit und den Ueber- blick des Präsidenten werden naturgemäß ziemlich hohe Ansprüche gestellt: freilich muß man nicht glauben, daß der Präsident in jedem Augenblick sich erst die Sache neu zurechtlegt. Vor ihm ruht ein be sonderes Handexemplar des Gesetzes, ein dickleibiges Werk, in das die Anträge fein säuberlich an die rich tige Stelle eingezeichnet sind. Es ist sozusagen die. Eselsbrücke des Präsidenten. Für die Journalisten ist die Sache weit schwieriger. Gerade heute herrschen unter den Herren von der Zournalistentribüne wieder recht verschiedene Ansichten. Der eine ist der Mei nung. daß soeben über diesen Antrag abgestimmt wor den ist, der andere beteuert, daß es sich um einen ganz andern Gegenstand gehandelt hab«. Ehe man zur ersten namentlichen Abstimmung ge langt, ist ein« lange Rede Hu äs gestiegen, dem Di rektor Caspar, Becker-Arnsberg (Ztr.), Beh rens (Fortschr. Vpt.), Semler (Rat!.) und Schirmer (Ztg.) antworten mußten, während Sachse seinem „Genoßen" sekundiert. Huä und Sachse haben Anrecht auf die Zensur: „Im Plenum recht fleißig." Aber was muß man durch Herrn Beh rens hören? In der Kommission haben sie sich nie sehen lassen! Die heutig« Erörterung war recht wett schichtig: sie griff über auf die Frage eines Reichs berggesetzes, dem sich die verbündeten Regierungen bisher immer widersetzt haben. Auch partelpolitische Fragen wurden besprochen. Zn diesem Zusammen hang war die Feststellung Huäs interessant, daß es in Hattingen einen christlichen Kassenbeamten gebe, obgleich dort die Sozialdemokratie der Kaffe habe. Also das ist der einzige Fall im ganzen Deutschen Reiche, den die sozialdemokratischen Bergarbeiter vor bringen können? Sonst gibt es keinen christlichen oder nationalen Kaffenbeamten bei einer Kaffe mit sozialdemokratischer Mehrheit. Sabor würde sagen: „Das «läßt tief blicken." Das Ergebnis der Abstimmungen — darunter zwei namentliche — ist die Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge und somit die Aufrecht erhaltung der geheimen Wahl gemäß dem Kommis- sionsbeschlusse und die Einführung der Wählbarkeit der Knappschaftsinvaliden nach dem Antrag Schultz. Der letztere Antrag vereinigt alle abgegebenen Stimmen, zusammen 207, auf sich. Da das Haus im ganzen 397 Mitglieder zählt, fehlen gerade 100 Abge ordnete. Eine Einladung nach Dresden zum Besuch der Hygienischen Ausstellung gibt den Ge danken für den Augenblick eine andere Richtung. Dann ist man beim letzten Abschnitt der Krankenver sicherung: Ersatz lassen. Wieder entfesselt sich eine Debatte über die Hilfskaffen. Die Sozialdemo kraten treten lebhaft für ihre Erhaltung ein. Der oldenburgische Gesandte Dr. v. Tücken befürwortet in seiner Eigenschaft als lippischer Vertreter die Zu lassung kleiner Kaffen. Es geschieht das zum Besten der lippischen Ziegelarbeiter. Abg. Dr. Zunck (Natl.) macht die vom gesunden Menschenverstand geforderte Unterscheidung und verlangt: Schutz vor Schwindelkaffen, Ausschließung neuer Hilfskaffen, anderseits aber Schonung bestehender und bewerteter Hilfskassen. Die Kommissionsbeschlüffe werden bei der Abstimmung aufrecht erhalten, womit auch die Wünsche der lippischen Ziegler berücksichtigt sind. Man geht über zu den S t r a f o o r j ch r i f t e n. Man stimmt ab. Ein Abgeordneter, es isi Mugdan lVpt.j, erhält das Wort zu einer oersönlichen Bemer kung. Ledebour ruft ihm nachher freundschaftlich zu: „Das war keine persönliche Bemerkung. Der Präsident ruft einen neuen Paragraphen auf. Wahr haftig, es ist 560! Damit ist der Sprung zum dritten Buche gemacht. Die Krankenversicherung ist verlassen, wir stehen nunmehr bei der Unfallversicherung. Der Präsident hat in seiner Schläue von dem neuen Buche nichts gesagt, um Dertagungsgelüste nicht aufkommen zu lassen. Schnell hat er Herrn Severing ksoz.) das Wort gegeben. Der steht nun am Rednerpult und spricht zur Unfallversicherung. Er zählt die Stände auf, die er und seine politischen Freunde noch der Drr- sicherungspflicht unterwerfen wollen: das ganz: Handelsqewerve. Dienstboten, alle handwerksmäßigen Betriebe, die Schiffsbciatzungen, die Maler, das Gast und Schankwirtsgewerbe, die Bühnenangestellten usf. Wenn man nun einmal der Meinung ist, daß es „Ehrenpfl'cht" des Staates sei, die Privathilfe auszu schalten, wird man einer Forderung Severinos be sondere Sympathie entgegenbringen, nämlich der jenigen, den bei Rettungsarbeiten verunglückten Per sonen die Unfallfürsorge zuteil werden zu kaffen. Ein zweiter sozialdemokratischer Redner ergänzte Seoc- rings Ausführungen: von den bürgerlichen Parteien sprach niemand zu H 560. Zn der Abstimmung wurden die sozialdemokratischen Vorschläge abgelehnt. Nun mehr wollte der Präsident vertagen, aber die Mehr heit war noch arbeitswillig, so ging man denn weiter
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