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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.05.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110516018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911051601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911051601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-16
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Virngwy, IS^MÄ iSll. Waansee, 15. Mai. (Di« Eröffnung de« Freibade») erfolgte gestern bei heißem Sommer» weiter. Die anfangs so viel umstritten« Einrichtung hat sich in der Gunst des Publikums zu behaupten ge» wugt. Der Andrang zählte gestern nach Tausenden, und auch die früheren Betriebseinnahmen waren zu« friedenstellend. Sie würden sogar einen stattlichen Gewinn ergeben, wenn nicht die Ausgaben so groß wären. Da gibt es ständig zu bessern an Unterkunfts räumen, an Wasserversorgung, an Befestigung der Wege und Zugänge. Der Brunnen namentlich hat sich als eine höchst wichtige Vorsorge erwiesen. Er hat sich bei dem gestrigen Hundstagswetter ausgezeich. net bewährt und war ständig von Durstigen umlagert. Die Haltung des Publikums wird von den Aufsichts organen als gut geschildert. Das Freibad scheint seine Kinder, oder richtiger seine Flegeljahre überwunden zu haben; es trägt gesittete Manieren zur Schau und gibt den Badelustigen und Erholungsbedürftigen Ge« legenheit zur köstlichen Erfrischung. Neuerdings wurde die Verfügung getroffen, daß hinter den Ta feln am Strande Personen beiderlei Geschlechts nur im Badeanzug verkehren dürfen, das hält Neugierige fern und unterbindet im vorhinein Störungen. Der Badestrand bat gestern von der bochbelegenen Terrasse aus einen prächtigen Anblick. Heber und über war er mit einem lustigen Völklein besät, das sich des wundervollen Wetters, der berrlichen Havellandschaft und des glänzenden Sees erfreute. Frankfurt a. M., 15. Mai. (Vom Zuge ab gestürzt.) Infolge rasender Fahrt eines elektrischen Bahnzuges von Saalburg nach Homburg sind fünf Personen von der Plattform eines Waggons aus dem Zuge geschleudert. Sie wurden zum Teil schwer verletzt. Kiel, 15. Mai. (Liebestragödie.) Hier erschoß heute früh nach durchzechter Nacht der am 1. Mai verabschiedete 29jährige Deckoffizier Poetz die 22jähriae Wirtin Frau Weißbacher und sich selbst. Beide waren sofort tot. Eine Liebesaffäre ist die Ursache zur Tat. * Ansbach, 15. Mai. (Briefentwendungen beim Postamt.) Durch Zufall wurde entdeckt, daß ein jugendlicher Depeschenbote beim Postamt Briefe entwendete. Eine Leibesvisitation und Haussuchung förderte eine große Anzahl Briefe und bayerische und österreichische Marken zutage. Er entwendete, wie er zugab, solche Briefe, in denen er Geld oder Eeldes- wert vermuten konnte, und beraubte sie ihres In haltes. Scouffanx (Belgien), 15. Mai. (Zwölf Berg arbeiter verunglückt.) Im Bergwerk bet Was- mes stieß ein Förderkorb mit 12 Arbeitern infolge Versagens der Bremseinrichtunaen mit so großer Heftigkeit auf, daß alle Insassen mehr oder weniger schwer verletzt wurden. Der Zustand einiger Arbeiter ist lebensgefährlich. Kunst unü WMenläfstt. Oss „elektrische Auge". Vor einigen Wochen wurde in sehr bestimmten An gaben die Kunde verbreitet, daß Profeßor Rösing in Petersburg eine Erfindung gemacht habe, durch die auf elektrischem Wege das Sehen auf große Entfernungen ermöglicht werde. Nach diesem Ziele haben die Physiker schon seit etwa einem Jahrzehnt gestrebt, und manche Feder ist in Bewegung gesetzt worden, um die Folgen eines solchen Apparates für die Zukunft auszumalen. Rösing hat nun einen Fern seher konstruiert, der einen wesentlichen Fortschritt bedeutet und uns der endgültigen praktischen Lösung des Fernseherproblems näherbringt. Die Fachleute werden jetzt in der Lage sein, sich ein Urteil über die Erfindung, die in den nächsten Tagen im technologi schen Institut zu Petersburg erprobt werden soll, und ihre voraussichtliche Bedeutung zu bilden. Der Apparat besteht aus zwei durch sechs oder auch nur Lurch vier Drahtleitungen miteinander ver bundenen Stationen. Die eine von ihnen schickt kine- matographische Bilder aus, und zwar mit einer Ge schwindigkeit von vierzig in der Sekunde. Dazu wer den zwei Gruppen von drehenden Spiegeln benutzt, deren Achsen aufeinander senkrecht stehen. Zum Wechsel der Lichtintensität benutzt Rösing im Gegen- satz zu den meisten bisherigen Erfindern auf diesem Gebiete keine Seelenzelle, sondern ein sogenanntes Photoelement. Dies Element besteht aus einer Kugel, deren untere Hälfte mit einer negativ geladenen Schicht von Kalium, Natrium oder Rubidium überzogen ist. Die Masse bat die Eigenschaft, sich unter dem Einfluß des Lichtes zu entladen. Dir Entladung pflanzt sich auf einen Kon densator der Empfangsstation fort. Während der Drehung der Soiegel wird außerdem durch Wechsel strom in Elektromagneten ein Bündel von Kathodenstrahlen erzeugt, die zur Ueber- tragung der Bilder wirken. Was dabei übertragen wird, sind die bei der Drehung der Spiegel vermittel ten Schwankungen eines Lichtbündels von wechselnder Intensität, von einem Hellen Licht bis zu völliger Dunkelheit. Diese Uebertragungen geschehen in äußer st schneller Folge, die nach Millionstel- Sekunden zu bemessen ist. Der Betrieb geschieht durch kleine Dynamomaschinen. An der Empfangsstation erscheinen die Schwankungen des Lichtbündels in gleichzeitiger und ebenso schneller Folge, so daß sie für Vie Netzhaut mit einander verschwimmen und so das Auge ein fort laufend sich veränderndes Bild zu seken vermeint. Das photoelektrische Element scheint der wich tigste nud entscheidende Bestandteil des Apparates zu sein, und von seiner Bewährung wird es daher wohl abhängen, ob das von Professor Rösing erfun dene „elektrische Auge", dessen Existenz allgemein skeptisch betrachtet wurde, einen größeren und nachhaltigeren Erfolg haben wird als seine Vor läufer. S * Leipzigs neuer Operndirektor. Laut Telegramm ist gestern der Vertrag mit dem Kölner Operndirektor Otto Lohse definitiv abgeschloffen worden. Der Künstler wird also vom 1. August 1912 an dem Ver bände der Vereinigten Stadttheater in Leipzig angehören und der Oper als Leiter vorstehen. Eine, die musikalischen Interessen in hohem Grade be rührende Frage hat somit ihre glückliche Lösung ge funden. Außerordentlich bedeutendes Können, emi nente Tatkraft und organisatorisches Talent zeichnen den Künstler aus, dessen gesamte Persönlichkeit für unser Kunstinftitut einen großen Gewinn bedeutet. Wünschen wir also ihm Glück und — uns. * Eine Ausstellung zu Ehren Wallot». Am 26. Juni 1911 feiert Geheimrat Wallot, der Er bauer des Ncichstagsgebäudes. seinen 70. Geburtstag und wird am 1. Oktober sein Lehramt an der Königl. Akademie der bildenden Künste zu Dresden nieder legen. Die ehemaligen Schüler des Bauatelier» Wallot werden ihrem großen Meister dadurch eine besondere Ehre erweisen, daß sie eine Ausstellung von Werken veranstalten, die ne nach der Studienzeit geschaffen haben. Dem Ausschuß für diese Veranstal tungen gehören als ehemalige Schüler u- a. an: von Leipziger Tageblatt. Dresden Professor Hempel, von Leipzig Architekt Liebig, von Berlin Architekt Straumer. Die Aus stellung soll am 1. Juli in der Galerie Arnold, Dresden, eröffnet werden; hieran soll sich eine interne Feier mit Festmahl im Königl. Belvedere anschließen. * Werther und sei» Gefolge. Welchen Erfolg Goethes Heiden des jungen Weither" in Deutschland gehabt hat, zeigt ein mit größter Sorgfalt bearbeiteter und ebenso ausgestatteter Anttquariatskataloa, den die Leipziger Firma Fried rich Meyers Buchhandlung soeben versendet. Der Katalog enthält wohl fast alle bei Goethes Lebzeiten erschienenen Original- und Nachdruckausgaben des Romans, sowie die durch ihn angeregten Gegen schriften und Nachahmungen in seltener Vollständig keit. Als größte der angezeigten Seltenheiten ist der Einblattdruck zu verzeichnen, durch den Goethe sich gegen eine zugeschriebene Autorschaft des Pam phlets „Prometheus, Deukalion und seine Rezensen ten" verwahrt, welches in Wirklichkeit von seinem Frankfurter Jugendfreunde Heinrich Leopold Wag ner verfaßt ist. * Harzer Bergtheater bei Thale a. H. Am 25. Mai (Himmelfahrt) 4., 5. und 6. Juni finden im Berg theater Pfingstspiel« statt, und zwar wird am 25. Mai und 6. Juni „Des Meeres und der Liebe Wellen" von Grillparzer gegeben. Am 4. und 5. Juni erlebt das unlängst mit Vem Grillparzer-Preis ausgezeichnete Schönherrsche Drama „Glaube und Heima t", das seit Monaten im Siegeszug über die deutschen Bühnen geht, seine Erstaufführung auf der Naturbühne des Dergtheaters. Die Borstellungen be ginnen alle um 4 Uhr nachmittags, so daß man bequem die Anschlußzüge erreichen kann. Das Marionettentheater Münchner Künstler auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung. Durch das soeben erfolgte Zustandekommen eines Gast spieles des bekannten „Marionettentheaters Münchner Künstler" wird die Internationale Hygiene-Ausstellung um eine wesentliche Anziehungs kraft bereichert. Haben doch die dieswinter lichen überaus erfolgreichen Gastspiele in Berlin und Wien wieder gezeigt, wie diese so heitere und feine Kunst in der Art, wie sie hier von ersten Münchner Bildhauern und Malern zu neuem Leben erweckt wurde, allerorten rasch ein sehr be geistertes und großes Publikum findet. Ja selbst in Paris, wo ein großer Teil des zahlreichen Figurenbestandes gelegentlich des Herbstsalons im Grand Palais auf besonderen Wunsch der französischen Künstler ausgestellt wurde, geriet die dortige Presse und die Gesellschaft in großes Entzücken über das, was hier, allerdings in jahrelanger Arbeit geschaffen wurde, und man verlangte lebhaft, dieses Theater spielen zu sehen. Die MünchnerKünstler- Marionettenspiele begannen ihre Saison auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung mit dem Tage der Ausstellungseröffnung am 6. Mai unter perfönlicher Leitung ihres Begründers, des Schrift stellers Paul Brann und werden außer ihrem bisherigen reichhaltigen Repertoire an kleinen klassischen Meisteropern und historischen und moder nen Puppenspielen in Dresden Werke auf führen, die anläßlich dieses Gastspieles mit neuen Figuren und Dekorationen zum ersten Male über ihre Bühne gehen, die bekanntlich eine Drehbühne ist. geschaffen zur Vollbringung der schwierigsten technischen Theaterwunder vom Erfinder der Drehbühne selbst, dem verstorbenen bayrischen Hoftheater-Maschineriedirektor Lautenjchläger. * Pfitzners Mufikdrama „Der arme Heinrich" gelangt am 29. Mai im Münchener Prinz-Regenten- Theater zur Aufsührung. * Die „Bossische Zeitung" verlauft. Die Berliner Vossische Zeitung", die bisher im Verlage Vossischer Erben erschien, ist jetzt an die Frankfurter Bank firma Lazzard, Speyer u. Ellissen verkauft worden. Bald nach dem Ableben des Geheimen Iustizrats Lessing, der 60 Jahre lang der Haupteigentümer des Blattes gewesen war, wurden Verkaufsverhand lungen einaeleitet, die vorgestern zum definitiven Abschluß geführt haben. * Walter Bloem, der Dichter des kürzlich er schienenen Kriegsromans „Das eiserne Jahr", ist dieser Tage seiner Berufung als Dramaturg an das Stuttgarter Hoftheater gefolgt und von seinem bisherigen Wohnsitz Berlin nach Stuttgart über gesiedelt. * Max Schillings' „Pfeifertag" ging gestern Sonn tag rn Stuttgart unter Leitung des Komponisten zum ersten Male über die dortige Hofbühne. Die heitere Oper erzielte bei wohlgelungener Aufführung und Ausstattung starken Erfolg. Das Publikum brachte Schillings stürmische Huldigungen dar und rief ihn nach jedem Akte hervor. * Hochschulnachrichten. Der ordentliche Professor für Geburtshilfe und Gynäkologie, Direktor der Unioersitätsfrauenklinik und Verwaltungsdirektor der Universitätskliniken in Bonn, Dr. H. Fritsch beabsich tigt aus Gesundheitsrücksichten mit Schluß des lau senden Semesters seine Aemter niederzulegen. — In Stuttgart ist der Baudirektor Robert von Rein hardt, ordentlicher Professor für Bauformenlehre, Baugeschichte, Mittelalterliche Baukunde und Bau zeichnen an der Technischen Hochschule auf sein An suchen in den Ruhestand versetzt worden. — Der ordentliche Professor der Geographie Leonhardt Schultze in Jena, der kürzlich eine erfolgreiche Forschungsreise durch Neuguinea beendete, hat einen Ruf als Ordinarius nach Kiel erhalten. — An der Universität Berlin hat sich Dr. R. Po bl für Physik habilitiert. — Der Privatdozent für Innenausbau der Architekturabteilung der Technischen Hochschule Berlin, Baurat Professor W. H. Cremer, hat seine Lehrtätigkeit niedergelegt. — Der ordentliche Pro fessor für theoretische Philosophie an der Universität Padua Dr. Franzisko Bonatelli ist gestorben. Serichtslaal. Königliches Schwurgericht. ; Leipzig, 15. Mai. Unter der Anklage de» Mordes hatte sich in der ersten Verhandlung der dritten Sitzungsperiode des Schwurgerichts die 26jährige Dienstmaad Maryanna Krzyvania aus Riechmierzow in Rußland zu ver antworten. Die Angeklagte ist erst kürzlich bestraft und zwar wegen falscher Anschuldigung mit fünf Monaten Gefängnis. Von einem Bekannten hatte sie nämlich, wie wir berichtet haben, an sich selbst zwei Briefe schreiben lassen, rn denen ihr früherer Ge liebter, der Arbeiter V., sie angeblich bat, nichts davon zu sagen, daß er sie zu den Diebstählen, wegen der sie in Untersuchung gezogen war, überredet habe. Die Beschuldigung, die der heutigen Anklage zu grunde liegt geht dahin, daß die Angeklagte am 29. Januar 1910 in Wurzen ihrem sechs Wochen alten Knaben eine so große Menge des ihr als giftig be kannten Nitrobenzols eingeflößt hat. daß er daran sterben mußte, wenn er das Gift nicht sofort wieder ausgebrochen hätte. Am 2. Februar hat st« dem Kinde nochmals ein Quantum Nitrobenzol ein gegeben, und nun ist der Tod eingetreten. Zu er wähnen ist. daß der Arbeiter V. bi« Krzyvania ver lassen hat, er hat sich mit einem anderen Mädchen verheiratet. Zu der Verhandlung sind zehn Zeugen geladen, als medizinische Sachverständig« sind an wesend Geheimrat Prof. Dr. Flechsig und Dr. Stich, außerdem wohnt der Verhandlung Geheim rat Dr. Lessing vom Justizministerium in Dresden bei. Das Kind der Angeklagten, besten Vater der genannte Arbeiter V. sein soll, ist am 23. Dezember 1909 geboren worden. Die Angeklagte hat in ihrer ersten Vernehmung zugestanden, daß das Kind ihr im Wege gewesen sei, deshalb habe sie es töten wollen, heute nimmt sie dieses Geständnis zurück, sie will nicht die Absicht gehabt haben, ihr Kind umzubringen. Der Kleine habe so stark geschrien, und da hab« sie einige Tropfen des Mittels in gezuckerten Tee gegossen und das dem Kind« zu trinken gegeben. Das Schreien habe aber nicht aufgehört, ihre Dienstherrin habe dem Kinder Jerusalemer Tropfen eingeflößt und da sei es bester geworden. Als das Kind das zweite Mal das Gift bekommen habe, sei es gleich still ge worden, nach einigen Stunden war es tot. Der Arbeiter V. hat die Unterhaltsbeitrüge für das Kind zunächst bezahlt, die Angeklagte behauptet indessen, daß er sich später zur Zahlung nicht mehr habe ver stehen wollen. Die Affäre ist dadurch ans Licht ge kommen, daß die Frau H., die in der Diebstahls angelegenheit als Zeugin vernommen wurde, an gegeben hat. es sei ihr gleich merkwürdig mit dem Tode des Kindes oorgekommen. Daraufhin hat die Angeklagte sich energisch gegen den Verdacht, ihr Kind getötet zu haben, gewehrt und die Vermutung auf gestellt, der Jung« fei wohl von anderen Leuten ver giftet worden, von der Frau H.. die dem Kinde Tropfen eingegeben habe. Die Familie H. ist «in« durch und durch ehrenwerte Familie; das Fläschchen mit dem Nitrobenzol, das in der Küche stand, stammte aus dem Besitze eines Ingenieurs, der in dem Hause gewohnt hatte. Die Angeklagte hat mit ihren Aus sagen öfter gewechselt; das eine Mal behauptete sie, das Fläschchen niemals gesehen zu haben, dann wieder gab sie an, die Amme H. habe dem Jungen einige Tropfen eingegeben, um ihn zu beruhigen, und zwar sowohl am 29. Januar wie am 2. Februar. Am 1. März ist die Leiche des Kindes exhumiert worden, die Krmoania hatte ihrem Kinde das Saugfläschchen, zwei Münzen und mehrere andere Kleinigkeiten in den Sarg mitgegeben. Das soll auf einem heimischen Aberglauben beruhen: „Gib mir meines, ich laste dir deines!" Der Tote und die Ueberlebende haben dann nichts mehr miteinander zu tun. Der Zeuge Vogtländer bekundet, daß er für das Kind gesorgt habe, die Angeklagte sei also nicht in Not wegen des Kindes gewesen. Nach dein Tode des Kindes habe er an der Krzyvania keine beson dere Trauer bemerkt, dagegen habe sie früher ge äußert, wenn er sie verlasse, dann werde sie das Kind töten und sich selbst das Leben nehmen. Nach dem Tode des Kindes hat die Angeklagte dem Zeugen gesagt, daß sie an dem Tode des Knaben keine Schuld trage. Der Zeuge behauptet, daß er für seine Ge liebte stets gesorgt habe, auch dafür, daß das Kind ein Unterkommen finde. Dem allen gegenüber bleibt die Angeklagte dabei, daß sie nicht gewußt habe, daß sich in dem Fläschchen ein Gift befand. Die Frau H. bestreitet, daß sie jemals der Angeklagten gesagt habe, in dem Fläschchen sei Mandelöl, das sei gut für den Hals. Auch die Emma H. hat der Angeklagten niemals etwas Der artiges gesagt. Dem Gendarnr Rudolf gegenüber hat die Angeklagte einen wenig glaubhaften Ein druck gemacht, sie war sogar sehr verlogen. Ge heimrat Dr. Hofmann bekundete, daß die Leiche bei der Exhumierung schon stark in Verwesung übergegangen gewesen sei, Nitrobenzol sei ein sehr starkes Gift, einige Tropfen können schon tödlich sein, indessen seien die besonderen Um stände dabei in Rücksicht zu ziehen. Die tödliche Wirkung dieses Giftes betätige sich in der sogenannten inneren Erstickung, wenn es nicht früh zeitig genug wieder aus dem Körper hinausbefördert werde. Die bleiche und blaugraue Färbung der Haut sei ein ganz charakteristisches Zeichen der Ver giftung mit Nitrobenzol, und dieses bestimmte Symptom soll die Leiche nach den Aussagen der Zeugen allerdings nicht gezeigt haben. Die dem Kinde bei der ersten Gelegenheit verabreichte Dosis habe nur eine krankmachende, nicht eine tödliche Wirkung gehabt, ob die zweite tödlich gewirkt haben muß, sei nicht festzustellen, denn bei der fortgeschrittenen Verwesung der Leiche waren genaue Feststellungen in dieser Beziehung nicht mehr zu machen. Aufgefallen ist dem Sachverständigen, daß die Leichenfrau gemeint hat, die Todesursache sei Lebensschwüche gewesen. Der Staatsanwalt hält dem entgegen, daß die blau graue Färbung der Haut, das Dürsten und das Röcheln bei dem kranken Kinde doch von den Zeugen festgestellt worden sei. Der Sachverständige bleibt aber dabei, daß in dieser Beziehung die Aussagen der Zeugen durchaus nicht genügend seien. Auf. Grund der Beweisaufnahme konnte Geheimrat Dr Hofmann nicht der unbedingten Ueberzeugung sein- daß das Kind bestimmt an nichts anderem gestorben sei, als an dem Genüsse von Nitrobenzol. Kinder sterben in den ersten Lebensmonaten ganz plötzlich an falscher Ernährung, beim Nahrungswechsel und der gleichen schädlichen Umständen mehr. Bei einem Kinde, das unter den vorliegenden Verhältnissen er nährt wird, ist es nichtausgeschlossen, daß es an Diarrhöe und Lebensschwüche zugrunde gehen kann. Der Sachverständige kann es nicht auf sich nehmen, zu behaupten, daß das Kind infolge des Genußes von Nitrobenzol gestorben ist; die Aussagen der Zeugen schweben, da könne der Sachverständige nichts machen. Die Beweisaufnahme war damit geschloffen, der Verteidiger der Angeklagten stellt in Aussicht, daß er beantragen werde, eine Hilssfrage auf fayr- lässige Körperverletzung zu stellen, nachdem der Vor sitzende erklärte, oaß nach den Ergebnissen der Zeugenaussagen nicht ausgeschlossen lei, daß eine Aenderung der Schuldfragen vorgenommen werden müsse. Die Angeklagte wurde unter Einrechnung der eingangs erwähnten fünf Monate Gefängnisstrafe zu sechs Jahren zwer Monaten Zuchthaus, fünf Jahren Ehrenrechtsverlust und Stellung unter Polizei aufsicht verurteilt. — Die Geschworenen haben ver suchten Mord angenommen. Königliches Landgericht. r Leipzig, 15. Mai. Wegen mehrerer Schaukastendiebstähle standen unter Anklage vor der dritten Strafkammer des Landgerichts der Arbeiter Paul Anton Karl Zähler ans Querfurt, der Markthelfer Paul Kurt Kuhn aus Lindenau. der Arbeiter Otto Paul Wilhelm Johannes aus Wittenberge und der Markthelfer Georg Richard Klötzer aus Reudnitz. Sie baden Anfang Februar in verschiedenenNächtenamTäubchen- weg. in der Gabelsberaerstraße und rn der Eisenbahn straße Schaukästen erbrochen und sich deren Inhalt, Mützen, Hosen und Zigaretten, angceianet. Zähler wurde auch beschuldigt, durch Einbruch aus einem Kontor in der Kuchengartenstraße vier Einhundert markscheine und kür vier Mark Postwertzeichen ge stohlen und sich der Kuppelei schuldig gemacht zu haben. Die Verhandlung, die teilweise unter Aus schluß der Oeffentlichkeit geführt wurde, endete da- mit, daß Zähler zu zehn Monaten, Klötzer zu sechs Monaten, Kuhn zu vier Monaten und Johannes zu drei Monaten Gefängnis ver urteilt wurden. Buchmacherei. Der Agent Franz Arno G. von hier hat längere Zeit hindurch einem gewerbsmäßigen Buchmacher, den er nicht genauer kennen will, zum Abschlüsse von Wetten über auf in- und ausländi schen Rennplätzen laufende Dferde Beihilfe geleistet, indem er den Verkehr -wischen dem Leger und den M. l3S. los. Züllryang. Wettenden vermittelte. Wegen Vergehens gegen das Totalisatorgeketz wurde G. von der dritten Strafkammer des Landgerichts zu 300 Geldstrafe oder 20 Tagen Gefängnisstrafe verurteilt; die Strafe ist durch die einmonatige Untersuchungshaft voll verbüßt. Sporr. Kriegsmäßiger Gepäckmarsch sttr Neleroeolklziere. Bei der jüngsten Uebung der Reserveoffiziere des 14. Armeekorps in Hagenau i. E. fand, wie der Korrespondenz „Heer und Politik" von militärischer Seite mitgeleilt wird, eine kriegsmäßige Sportübung statt, die in militärischen Kreisen großen Beifall gefunden hat, da sie ein bedeutsame« Zeugnis für die Kriegsleistungen unserer Reserve offiziere darstellt. Die Reserveoffiziere de» 14. Armeekorps veranstalteten nämlich einen Armee, gepück marsch, wie er schon früher von Sport vereinigungen unter,wmmen worden ist und zum Teil von Mannschaften, zum Teil von Zivilisten aus geführt wurde. Der (tzepäckmarsch der Reserveoffiziere ging über 25 Kilometer. Bedingung war das Mit nehmen der vollen Kriegsausrüstung, da man dadurch feststellen wollte, welchen Leistungen unsere Reserve offiziere im Kriege mit voller Ausrüstung auf dem Marsche gewachsen wären. An dem Wettbewerb be teiligten sich 15 Offiziere. Als erster Sieger ginn aus dieser Konkurrenz der Leutnant der Reserve im Leib- greiradierregiment Nr. 109 B. v. Gaza hervor. Er legte die Strecke von 25 Kilometer ohne Unter brechung in drei runden Stunden zurück, d. h. er mar schierte in einer Stunde durchschnittlich mehr als eine Meile. Tatsächlich legt« Er in der ersten Stunde 9 Kilometer zurück und in den beiden andern Stunden je 8 Kilometer. Die Leistungen der andern Reserve offiziere blieben nur sehr wenig hinter d«r Leistung des Siegers zurück. Der zweite Sieger, der Ober leutnant der Reserve Roller vom Infanterieregi ment Nr. 111 in Rastatt brauchte nämlich nur 10 Minuten mehr als der erst« Sieger. Wenn diese Leistung auch vom sportlichen Standpunkt aus natür lich hinter der ersten Leistung zurücksteht, so ist sie doch vom kriegstechnischen Standpunkt aus ihr völlig gleichwertig, da hier Unterschiede von Minuten nicht in Betracht kommen. Der Dritte war der Leutnant der Reserve Roth vom Grenadierregiment Nr. 169, der weitere 5 Minuten später am Ziel anlangte. Die andern Reserveoffiziere, die diesen Armeegepäckmarsch mitmachten, kamen in Abständen von mehreren Minuten am Ziel an. Alle waren nach Zuriicklegung der Strecke vollständig frisch und keiner brauchte mehr als durchschnittlich 3!-> Sunden. Aus dieser Leistung geht hervor, daß die Befürchtungen über die zu ge ringe Kriegstüchtigkeit und besonders über die zu ge ringe Marsckstiichtigkeit unserer Reserveoffiziere, die früher einmal ausgesprochen worden sind, als gegen standslos angesehen werden mästen, zumal es sich bei den Teilnehmern an diesem Gepäckmarsch nicht nur um ganz junge Leutnants, sondern auch um Offiziere in reiferen Jahren handelte. Da dieser Armeegepäck marsch nicht nur eine schöne Prüfung der Leistungs fähigkeit unserer Reserveoffiziere, sondern auch eine Uebung darstellt, so wird er bei mehreren Armeekorps schon während der Reseroeübungen dieses Jahres Nachahmung finden. An maßgebender Stelle Dringt man diesen Veranstaltungen großes Interesse ent gegen und wird die Ergebnisse der Wettbewerbe mit Aufmerksamkeit verfolgen. Pferdesport. Rennen zu Hoppegarten am 15. Mai. (Eigener Drahroericht) Preis von Köpenick. 5660 .X Lehrlings reiten. Dist. 1400 m. Hrn. A. v. Schmieders br. H. „Carter", 3j., 49 k» (Ludwig) 1., Graf Seidlitz- Sandreczkis F.-H. „Narses", 3j., 51', k:.', 2., Hrn. H. Müllers br. H. „Diakon", 3j., 516, K--, 3. Tot.: Sieg 197:10, Platz 16, 17:10. Ferner liefen: „Beatrice B.", „Ops", „Savoy de First", „Lichten stein". Jedfoo t-Hand ikap. 5000./X Dist. 1600 m. Fürst Hohenlohe-Oehringens br. H. „Kalif", 3j., 53 (Foy) 1., Dr. Lemckes F.-H. „Bluff", 3j„ 51 1^, 2., Hrn. E. Buggenhayns F.-W. „Julius Cäsar", 4j., 61 lrrr, 3. Tot.: Sieg 24:10, Platz 14, 1!): 10. Ferner liefen: ,,Jor", „Morgenruf". „Bleibtreu l." Hammerfest-Rennen. Preis 38<)0./t 1600 m. Hrn. Balduins br. St. „Lobet ia", 3j„ 51 k^ (Wcatherdoon), 1.. Hrn. Orbergs br. H. „Salomons Wisdom", 3j„ 54 Ku, 2., Hrn. H. v. Treskows F.-St. „Fichte", 3j„ 48'/, k-r, 3. Tot.: Sieg 23:10, Platz 12, 15,18:10. Ferner liefen: „Heilige Waffe", „Sigi- bert", „Solide", „Windsbraut". Chamant-Rennen. 13000 Dist. 2600 m. Hrn. P. Pakheisers br. H. „Star", 4j„ 55 Kq; (N. Spear', 1., Herren A. und C. v. Weinbergs F.-H. „Jnamor", 5j., 58 kx, 2., Hrn. A. v. Schmieders dr. H. „Hüon", 6j., 58 Ke-, 3. Tot.: Sieg 18:10, Platz 11, 12:10. Ferner liefen: „Bajazzo", „Major Fife". Strausberg-Rennen. 50'M Für Drei jährige. Dist. 1400 w. Hrn. A. Wagners F.-H. „Eisen könia", 56 k<> (Weatherdoon), 1., Hrn. I. Beutlers br. H. „Walzerträumer", 54'/, ka. 2, Graf Seidlik-Sandreczkis F.-W. „Morenga", 53 Ku-, 3. Tot.: Sieg 67:10, Platz 18, 18,13:10. Ferner liefen: „Herzog ll". „Kommandeur", „Erfinder", „Mary". Mahlsdorfer Handikap. 3800 ./z Distanz 1600 m. Hrn. E. Bauers br. St. „Dakota", 3j. (Foy), 1., Mr. W. H. Jones' br. H. „Spießer". 3j., 2.» Hrn. F. v. Schmidt-Paulis br. «t. „Epioma", 3j., 3. Tot.: Sieg 53:10, Platz 15,17,15 :10. Ferner liefen: „Prinz Kuckuck", „Ulk", „Ria", Charis". Preis von Frieduchsfelde. Lraditzer Gestüt preis 6000 und 1300 ./! Für Dreijährige. Dist. 1800 m. Herren A. und C. v. Weinbergs br. H. „Despot", 53 Kix (I. Childs), 1., Hrn. Balduins or. H. „Papyrus", 51'/, Ke, 2., Dr. Fr. Rieses Sch.-H. „Salvator", 55 Ke. 3. Tot.: Sieg 56:10, Platz 30. 30:10. Ferner liefen: „Smart", „Tarnkappe". Rennen zu Laint-Lloud am 15. Mai. (Eig. Drahtber.) Prix des Marguerites 3000 Fr. Dist. 2000m. Mons. Nash Turners „Santo Remo", 4j„ 61 kcr (Nash Turner), 1., Mons. A. Dufours „Lady Harrcy", 3j.. 53'/, k?, 2., Mons. Math. Goudchaux' „Ice Love", 3j., 55 k«, 3. Tot.: Sieg 24:10, Platz 13. 16, 14:10. Ferner liefen: „Danito", „Loriot", „Heloup", „Ivy", „Royal Ham", „Toscane II", „Roudnitza", „Vio lette ll". Prix des Eresset» 4000 Fr. 1400 m. Mons. M. Lazards „Jmrak", 3j„ 53'/, k- lM. Baratt, 1., Mons. J^ Sterns „Le Sopha", 3j., 52 k«, 2., Princetz Duleep-Singhs „Accroche Coeur", 3j., 52 ka, 3. Tot: Sieg 33 :10, Platz 15, 37, 29 : 10. Ferner liefen: „Le Bert Galant", „Prince de St. Taurin", „Forma", „Caroline", „Reseda IV", „Orme du Mail". Prix des Rochers 5000 Fr. Für dreijährige Hengste. Dist. 2400 m. Mons. Auguste Pellerins „Templier III", 58 kg (I. Reiff), 1., Mons. R. Le- vylier» „Made in England", 58 kir, L, Mons. Auguste Pellerin« „Le Spadaffin", S1 kg, 3. Tot.: Sieg 13: 1L Drei liefen.
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