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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110209018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911020901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911020901
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-09
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Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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Donnerstag, 9. /edruar 19l1. Sitzung üer Slaümerarüneten. Leipzig. 9. Februar. „Kurze Tagesordnung, lange Sitzung" — das war die Signatur des gestrigen Abends. Zunächst kam die Vorlage wegen Vermehrung der Waldwege im Connewitzer Holze. Die Perle der neuen Wege ist der vom Pleitzensteg bis zur Hakenbrücke am linken User der Pleiße, hinter dem Pfahlbaurestau rant. Die Ausschüsse hätten ihn gern schon in diesem Zähre fertiggestellt gesehen und die Kosten auf das Zahr 1912 übernommen. Hiergegen wurden jedoch verschiedene finanztechnische Bedenken erhoben. Man lehnte daher den Antrag ab. Sicher wird aber der Rat die Herstellung des Weges nach Möglichkeit be schleunigen. Weiter wurde wieder das alte und sehr berechtigte Klagelied darüber erhoben, daß der nach Großzschocher führende Dammweg auf dem Gebiete der Rittergutsherrschast gesperrt sei. Ein Redner erhoffte etwas von der Betätigung des noblem Er wird vergeblich hoffen. Private. Vereine und der Rat haben in langen Jahren mit ihren Be mühungen bei der Rittergutsherrschaft keinen Erfolg gehabt. Bei der Vorlage wegen Herstellungder Anlagen am Dölkerschlachtdenkmal kam es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen den Sozialdemokraten und den bürgerlichen Fraktionen. Die ersteren hatten ein sehr radikales Mitglied ihrer Gruppe als Sprecher vorgcschickt und bei den gegen sätzlichen Anschauungen konnten Explosionen nicht ausbleibcn. Mit besonderer Ruhe und Objektivität äußerte sich der Vorsitzende des Patriotenbundes zu der Angelegenheit. Daß die Sozialdemokraten allein in der Opposition stehen würden, stand von Anfang an fest. Fast ohne Debatte wurde die Vorlage wegen der Reform des Elementarunterrichts in den Volksschulen angenommen. Das jenige, was man jetzt einführt, soll man. wie im Aus schuß behauptet wurde, schon früher in einfacherem Maßstabe in den Spielschulen, die zum Teil gar nicht schlecht waren, gehabt haben. Von einem Redner wurde übrigens die befremdliche Mitteilung ge macht, daß die Lehrer selbst ihre Kinder nicht in die neuen Reformklassen schicken wollen. Die längste Debatte entspann sich über das Offenhalten der Schaufenster an Sonn- und Festtagen. Der Gegenstand ist so oft und breit erörtert worden, daß wir hier von weiteren Bemerkungen absehen können. Erwähnen wollen wir nur die sehr geschickte Reklame, die wir in Paris auf einem geschlossenen Schaufenster be merkten. Dort stand auf einem mitten auf dem Rouleau angebrachten Plakat zu lesen: „Wir halten unser Geschäft Sonntags geschlossen, damit unsere An gestellten einen freien Tag haben." Das dürfte dem Mann manchen Kunden eingebracht haben. Den Be schluß des Abends bildete gestern die Sie ver trage. Unser städtischer Steuersäckcl hat nämlich ein Loch bekommen, gerade groß genug, daß die Wer^» zuwachssteuer durchfällen konnte. Also muß man auf einen Ersatz sinnen. Drohend stieg das Gespenst der Biersteuer aus. Wird man es bannen können? U. A. w. g. * Den Vorsitz führt der Vorsteher Iujtizrat Dr. Rothe. Am Ratstische anweiend Oberbürgermeister Dr. Dittrich, Bürgernreister Roth, Polizei direktor Dr. Wagler, Stadträte Esche, Hof mann, Peters, Dr. Barthol, Dr. Pall- mann, Zopfs, Janke, Schmidt, Gangloff, Men er, Ryssel.Dr.Goehring.Dr. Acker mann, Pfeiffer, Rehwoldt, Hecker, Dr. Weber, Seifert. Eingeaangen ist eine Eingabe des Haus- und Grundbesitzervereins zu L.-Stünz. Derselbe ersucht um eine Verbesserung der Zugangswege zum Stadtteil L.-Stünz, die nicht dem Wesen einer Groß stadt entsprechen. Hauptsächlich komme der Zuaangs- neg von der Kirche zu L.-Sellerhausen aus in Be fracht. Stadtv. Völlig machte die Eingabe zur scinigen. Der Käuferbund spricht sich in einer Eingabe gegen das Offenhalten der Schaufenster an Sonn tagen aus. Stadtverordneter Reinhardt machte die Eingabe zur seiniqen. Die braunen und grünen Eilboten bitten in einer Eingabe die Stadtverordneten darum, den» Rate gegenüber ein Interesse an der Erhaltung dieses Eilbotendienstes, dem die Neichspost Konkurrenz be reiten will, zu erklären. Stadtverordneter Böhme machte die Eingabe zur seiniaen Der Ratsvorlage wegen Bewachung des Ver waltungsgebäudes und Aenderung des Nacht wachdienstes im Neuen Rathaus unter Begründung der Stelle eines Wohlfahrtsschutzmanns, Einstellung von drei Wächtern und Anschaffung von drei Wach hunden wurde unter Bewilligung der Kosten von 3721,50 zuaeslimmt und weiter der Betrag von 7f>0 ./6 für Hilfsarbeit für die Hausinspektion des Rathauses und Verwaltungsgebäudes vom 1. April 1911 bewilligt. Die nächste Vorlage betraf die Vermehrung und Verbreiterung von Wegen im Connewitzer Walde, Herstellung einer Volkswiefe durch Auffüllung des ehemaligen Streitteiches, sowie Errichtung eines Schutzhäuschens mit Abortanlage und M i l ch v e r k a u f s st a n d an dem durch den Hirfchpark führenden Weg unter Bewilligung der erforderlichen Mittel. — Der Tiefbauausschuß, für den Stadiv. Wagner referierte, beantragte: 1) den neuen Fußweg am linken Pleißenuier hinter den» Pfahlbaurestaurant bereitslSILauszuführen, die Kosten aber in den Haushaltplan für 1912 einzustellen, 2> sür das Sch'.itzhäuschcn nebst Milchverkaufsstand ujw. nur 5000./c: zu bewilligen, 3) der Vorlage im übrigen zuzustimmen, 41 dem Rate zur Erwägung zu neben, die Linienfahrwege im Connewitzer Holz durch Zuschütten der Gräben zu verbreitern. Oberbürgermeister Dr. Dittrich bemerkt zu letzterem, daß im Rate schon Erwägungen nach dieser Richtung hin gepflogen worden seien. — An der weiteren Debatte beteiligten sich Stadt verordnete Dr. Werner, Dr. Struve, Dr. Müller und Pollender. Bei der Abstimmung wurde Antrag 1 mit 31 gegen 28 Stimmen abgelehnt,' der Weg wird also erst 1912 fertiggestellt werden. Die übrigen Anträge sanden Annahme. Zur Herstellung von Anlagen am Völkerschlacht denkmal wnd in einer Vorlage, über die vir schon ausführ lich berichteten, die Bewilligung von rund 120 000 .<( beantragt. Der Betrag soll dem Betriebsvermögen in fünf Jahresraten zurückerstattet werden. Weiter soll ein Betrag von jährlich 9700 -g für Unterhaltung der Anlagen von 1912 ab bewilligt werden. — Die Ausschüsse, für die Stadtv. Dr. Struve referierte, beantragten Z u st i m m u n g, mit der einzigen Aus nahme, daß für Unterhaltung der Anlagen nur jähr lich 9000 . lt bewilligt werden sollen. Zn der Debatte wendete sich Stadtv. Seger gegen die Vorlage, namentlich dagegen, daß der Rat «ich grundsätzlich für die Ausführung der Anlagen er klärt habe Zm Verlaufe seiner Ausführungen nannte er den Denkmalsbau einen „Steinhaufen", ein Ans- vemuger Tagedlatt. druck, der vom Vorsteher Dr. Rothe als sehr un. passend bezeichnet wurde. Oberbürgermeister Dr. Dittrich: Bei den in Betracht kommenden Anlagen handle es sich um solche, deren Ausführung als Abschluß des vor handenen Parkes schon früher beschlossen worden sei, und deren Herstellung geplant war, auch wenn das Denkmal nicht dorthin gekommen wäre. Er könne nur die Stellung des Vorredners gegenüber dem Denkmalsbau bedauern. Der Patriotenbund ver diene sür sein Wirken den größten Dank. Das Denk mal werde unseren Nachkommen allezeit zur Freude und unserer Stadt zum höchsten Schmuck ge reichen. (Bravo!) Stadtv. Höhne bezeichnete den Denkmalsbau als «ins der bedeutendsten künstlerischen Werke aller Zeiten. Wer anderer Meinung sei, dem könne man nicht helfen. (Beifall.) Vizevorsteher Enke stellte fest, daß die Sozial demokraten in ihrer blinden Wut gegen alles Natio nale selbst die Parkanlagen nicht vewilligen wollen. Stadtv. Leger deharrie bei seinem Standpunkte und erörterte die Haltung Sachsens im Zähre 1813. Stadtv. Wagner bezeichnete den Denkmalsbau ebenfalls für ein Izervorragend schönes Werk. Stadtv. Clemens Thieme führte aus, daß der Rat vor zehn Jahren den Berg auf städtische Kosten aufschüttcn wollte. Diese Kosten hab« der Patrioten bund auf sich genommen. Die jetzige Ausführung der Anlagen am Denkmal sei in gewissem Sinne nur ein Entgelt hierfür. Bei der Abstimmung wurde die Ratsvorlagc gegen 18 Stimmen der Sozialdemokraten ange nommen. Zu der Ratsvorlage wegen Reform des Elementarunterrichts in den Volksschulen (und die damit im Zu sammenhang stehende Eingabe) beantragte der Schul ausschuß: 1) von der Mitteilung des Rates Kennt nis zu nehmen, 2) die Eingabe für erledigt zu erklären, 3) dem Rate zur Erwägung zu geben, ob bei der geplanten 'Neuerung des Elementarunter richts die Schüler im zweiten Schuljahr nicht iibcrlastet erscheinen. Der Referent Stadtv. Hiemann berichtete über die gesamten Verhandlungen, die über die Schul reform gepflogen worden sind, sprach sich dann per sönlich für die Streichung des Antrags 3 aus und stellte persönlich den Antrag, den Rat zu ersuchen, über das Ergebnis des Versuches Mitteilung zu machen. Stadtv. Zähne sprach für den Antrag 3. Die Abstimmung ergab die Ablehnung des An trages 3, im übrigen Annahme der Ausschußanträge und Annahme des Antrages Hiemann. Zu dem Ortsgesctz über das Offcnhalten der Schaufenster an Sonntagen und die damit zusammenhängenden Eingaben bean tragen Verfassungs und Verkehrsausschuß: der Vorlage zuzusti m in e n und die Eingaben da durch für erledigt zu erklären. Der Referent Stadtv. Prof. M a y er bemerkte, daß in den Ausschüssen ein Vorteil im Offcnhalten der Schaufenster für die Geschäftsinhaber und auch für die Hebung des Verkehrs erblickt worden sei. Eine Beschränkung der Sonntagsruhe für die Angestellten dürste nicht cinrrelen. Letztere könnten sich auch durch Beschwerdcir wehren. Stadtv. Prof. Dr. Bennewitz sprach die An sicht aus, daß von dem Offenhalten der Schaufenster nur die Warenhäuser und kapitalkräftigen Kroß- firmen den Vorteil haben werden. Die Gefahr für die Handlungsgehilfen sei nicht so leicht zu nehmen. Wenn sich jemand beschwere, könne es Vorkommen, daß ihn der Prinzipal maßregele. Stadtv. Reinhardt wendete sich in längeren Ausführungen gegen die Ratsvorlage. Das Straßen bild werde nicht verbessert, sondern da ein Teil der Ladcninhaber geschloffen halten wird, werde es eher verschlechtert. Die großen Geschäfte seien bei der ganzen Maßregel im Vorteil. Sie können das Oesfnen der Schaufenster durch Markthelfer besorgen lassen. Der kleine Kaufmann müsse in vielen Fällen in die Sradt, um das Oefsnen selbst zu besorgen. Auch die Annahme, daß eine Hebung des Verkehrs eintreten werde, dürfte auf Irrtum heruhen. Er beantage, die Beschlußfassung auszusetzcn und den Rat zu er suchen, eine Umfrage bei den Laden inhabern über das Offcnhalten der Schaufenster an Sonntagen zu veranstalten. Stadtrat Zopif: Es sei durchaus nicht Absicht des Nates gewesen, mit dieser Vorlage in den Be trieb der Geschäftsinhaber einzugreisen. Die An regung zur Vorlage la in von der Handelskammer, und nachdem die Kirchenbehörden keine Bedenken gegen das Offenhalten der Schaufenster an Sonntagen hatten, hatte der Rat auch keinen Grund, sich gegen die Wünsche ablehnend zu verhalten. Zweifellos werde die Stadt an Sonntagen mit offenen Schau fenstern einen freundlicheren Eindruck machen. Der fremde Besucher werde auch beurteilen können, wie Leipzig an den Tagen der Arbeit aussehe. Für die Hanoelsangestellten erblicke er kerne Gefahr. Beson dere Arbeiten würden auch besonders zu entlohnen sein. Gegen die gewünschte Umfrage müsse er sich aussprechen. Man könne keinen Zwang zur Stimm abgabe ausüben, und deshalb würde das Ergebnis kein maßgebendes sein. Stadtv. Lehmann sprach sich zugunsten der Ratsvorlage aus. Zn den Großstädten, wo die Schau fenster offen bleiben dürfen, seien von den Ange stellten noch keine Klagen darüber laut geworden. Stadtv. Tobias: Die Leipziger Handels kammer habe auf die ihr zugegangenen Anregungen bin die ganze Frage genau geprüft und auch Um fragen gehalten. Alle befragten kaufmännischen Ver bände haben sich für das Offcnhalten der Schaufenster ausgesprochen, teilweise mit Fünfsechstelmehrheit. Die Schaufenster spielten im heutigen Verkehr eine große Rolle. Es kommen nicht nur die Interessen der Ge schäftsinhaber in Betracht, sondern auch die des kaufenden Publikums. Stadtv. Klemm erklärte sich für die Ratsvor lage. Er habe eine Anzahl von Ladeninhabern in der Bayerschen Straße über das Offenhalten der Schaufenster befragt. Von 40 waren 44 dafür. Zn einem Teile der Windmühlenstraße war das Verhält, nis 19 zu 12. Vizevorsteher Enke: Er werde gegen die Rats vorlage stimmen. Das Offenhalten der Schaufenster an Sonntagen werde mit dem Aufhören der Sonn tagsruhe enden. Stadtv. Heinze teilt« mit, daß bei einer Ab stimmung in einem kaufmännischen Verbände 71 für das Offenhalten und 21 dagegen waren. Stadtv. Dr. Bischoff: Wenn man jetzt das Offenhalten der Schaufenster einführe, so werve sich ja zeigen, ob sich Schäden zeigen sollten. Stadtv. Simon bemerkte, daß die Gewerbe kammer sich nach eingehenden Erwägungen für das Offenhalten ausgesprochen habe. Stadtv. LLttrch sprach ebenfalls sür die Rats- Vorlage. Die Abstimmung ergab di« Ablehnung des Antrages Reinhardt mit großer Mehrheit, und sodann die Annahme dar Ausschuß anträge mit allen gegen 8 Stimmen. Steuerfragen. — Einführung einer Viersteuer? Der letzte Punkt der Tagesordnung betraf die Riickäußerung des Rates wegen der — vom Rate abgelehntcn — Einführung einer Schul steuer und di« Fortführung der Pro'- gression im Steuersätze für die Einkommen über 100 000 auf tt Prozent, sowie eine damit im Zu- jammengange stehende Eingabe. — Die Ausschüsse beantragten: Bei den Mitteilungen des Rates Be ruhigung zu fassen und die Eingabe damit für erledigt zu erklären. Der Referent Stadtv. Tobias führte zur Frage der Schulsteuer aus, daß man keine im Absterben begriffene Steuer einführen wolle und deshalb von weiteren Anträgen absehe. Die Progression der Einkommensteuer auf Einkommen über 100 000 .« wurde abgelehnt, da nur wenig Privat leute in Frage kommen, dagegen hauptsächlich Aktien gesellschaften, di« im vorigen Jahre durch Sonder gesetze neu belastet wurden und die Gefahr des Weg zuges naheläge. Man müßte dann auch die mittleren Einkommen von der 11. bis 27. Steuerklasse, die jetzt nicht die Staatsstaffel haben, mehr belasten. Der Referent erwähnte weiter den Wegfall der Wert zuwachssteuer und führte aus, daß durch Ein verleibung, Bäder, Krankenhaus, vermehrte Anleihe tilgung, Schulzahnklinik große Ausgaben ent standen wäre». Man müsse also auf neue Einnahmequellen bedacht sei». Das Anziehen der Steuerschraube und die Ausgabe neuer Anleihen ginge nicht so weiter; er habe deshalb im Ausschuß beantragt, den Rat zu ersuchen, neue Einnahmequellen aufzuschließen, speziell habe er auf die Biersteuer hingewiesen, und zwar, ob es nicht angezeigt sei, die in allen größeren Städten, speziell Sachsens, eingeführte, dort in keiner Weise als Härte empfundene Biersteuer auch unserer Stadt dien st bar zu machen. Redner bemerkte, daß die Reichsbrausteuer die Folge gezeitigt habe, daß im Konsum viel höhere Preise genommen würden. Der Ausschuß beschloß aber, nicht so weit zu gehen, sondern nur eine Referalsbemerkunq dahin zu machen, „den Rat zu ersuchen, er möge bemüht sein, dem Kollegium mit tunlichster Be schielt nigung Vorschläge über Er schließung neuer Einnahmequellen zu m a ch e n". Zm Ausschuß habe man sich dahin aus gedrückt, daß man erhöhte Ausgaben durch erhöhte Steuern decken müsse. Stadtv. Pollender sprach sich für die Fort führung üer Progression bei der Einkommensteuer aus 6 Prozent aus. Er glaube nicht, daß die großen Steuerzahler deshalb abrücken werden. Das fei nicht jo leicht. Wenn jetzt in den Ausschüssen die Einfüh rung neuer Steuern angeregt werde, so könne sich das nur auf indirekte, die ärmeren Volksklassen belastende Steuern beziehen. Eine Biersteuer werde nur die Wirkung haben, daß das Bier noch teurer werde. Damit dürfte der Konsum des Schnapses steigen. Er halte es für angezeigt, schon heute Farbe zu bekennen und stelle deshalb den Antrag: „Das Kollegium wolle erklären, daß es die indirekte Besteuerung, ins besondere die Besteuerung aller Nahrungs- und Ge nußmittel und Gebrauchsgegenstände der unbemittel ten Volksklassen ablehnt und das indirekte Steuer- svstem überhaupt verwirft." Er beantrage über den Antrag namentliche Abstimmung. Oberbürgermeister Dr. Dittrich hielt die Ge fahr eines Abzuges der großen Steuerzahler, nament lich der Gesellschaften, für naheliegend, wenn die Pro gression auf 6 Prozent erhöht werden sollte. Das würde zu einem bedeutenden Ausfall führen. Ander seits werden in letzter Zeit immer größere Ansprüche an den städtischen Säckel gestellt, und fortwährend treten neue Aufgaben an die Stadt heran. Dazu komme, daß die Reichswertzuwachssteuer bedeutend weniger schütten werde als die jetzige städtische Steuer. Von der Reichssteuer werde die Stadt auch nur 40 Prozent erhalten. Es werde Sache des Gemischten Steuerausschusses sein, die ganze Angelegenheit ein gehend zu prüfen. Sich heute schon im Sinne des Antrages Pollender festzulegen hafte er für ganz ver fehlt. Stadtv. Tobias trat den Ausführungen des Oberbürgermeisters hinsichtlich der künftigen Gestal tung der Dinge bei. Stadtv. Höhne: Er sei Gegner der Biersteuer, aber er werde auch gegen d«n Antrag Pollender stim men, denn man könne sich nicht so allgemein für alle Zukunft festlegen. Stadtv. Klemm war der gleichen Ansicht. Mit einer Erwiderung des Stadtv. Pollender erreichte die Debatte ihr Ende. Die Abstimmung ergab die Ablehnung des Antrages Pollender mit 41 gegen 17 Stimmen (dafür 18 Sozialdemokraten und Stadtv. Hiemann). Dann wurden die Ausschußan träge angenommen. Es folgte eine nichtöffentliche Sitzung. Sport. Die Trsyvächenoeünnüung üer Seroplsne. kup. Zu dem Todes stürz des Leutnants Stein inDöberitz wird der Korrespondenz „Heer und Politik" von einem hervorragenden Fachmann geschrieben: Man ist völlig im unklaren, wodurch die furchtbare Katastrophe entstanden ist, da der Apparat bisher vorzüglich funktioniert hat. Diese Unklarheit ist um so erstaunlicher, als man in Fach kreisen längst die Schuld einzig und allein der sog. Tragflächenverbindung beimißt. Der bekannte Aero plankonstrukteur Louis Gaudard hat erst jüngst in der französischen Zeitschrift „La Revue aörienne" darauf hingewiesen, daß in der Tragflächenverbindung die größte Gefahr ruht, weil di« Holzrippen, die an das Stahlrohr montiert sind, in ungeheurer Weise beansprucht werden. Das Holz ist den ständigen Biegungen nicht gewachsen und wird spröde. Wenn der Apparat nicht gebraucht wird, dann verdirbt das Holz erst recht, indem es feucht wird. Durch die Leinewandbespannung entgeht dem Flieger aber voll kommen dieser Vernichtungsprozeß, und er alaubt einen tadellosen Apparat zur Verfügung zu haben, während er tatsächlich nur noch «inen morschen und höchst gefährlichen Flugapparat vor sich hat. Wenn der Flieger mit diesem Flugapparat nun aufsteiat, so kann eines Tages der bisher vorzüglich arbeitende Flugapparat versagen und, wie in dem Falle des Leutnants Stein, das größte Unglück nach sich ziehen. Die Ueberzeugung, daß der Unglücksfall des Leut nants Stein nur durch morsches Holz hervorgerufen worden ist, wird durch den Umstand zur Gewißheit, daß die Katastrophe bei dem Aostiege im Gleitsluae erfolgte. Während der Flugapparat in die Höhe steigt und sich in der Luft in gleichmäßigem Fluge befindet, tritt nämlich die Schadhaftigkeit der Trag flächen noch nicht in Erscheinung. Beim Abstiege aber braucht sich der Apparat nur im geringsten nach irgendeiner Seit« zu neigen, und die Katastrophe muß mrt absoluter Sicherheit erfolgen. Wie e, ja auch tatsächlich der Fall war, stellte Leutnant Stein das Höhensteuer ein und gab dadurch den Anlaß, daß der morsch gewordene Apparat jetzt völlig versagte. Die Tragfläche wurde durch die Neigung nämlich einem außerordentlich erhöhten Widerstande ausgesetzt, die Holzrippen, die bisher gehalten hatten, aber tatsäch lich schon morsch waren, gaben nach, di« Tragfläche strebte dadurch auseinander und der Apparat stürzte Nr. 40. los. Istlr-rmy. zur Erde. Dies war die Folg« der Tragflächen. Verbindung. * Wintersport. 4 Sport-Sonderzug Leipzig-Dresden—Zittau — Oybin. Der Zittauer Fremvenverkehrsverein ver anstaltet am nächsten Sonntag einen schnellzu as- mäßigen Sport-Sonderzug zu allgemeiner Be nutzung mit bedeutend ermäßigten Fahrpreisen von Leipzig nach Oybin, wo an diesem Tage em großes Wintersportfest stattfindet. Der Sonderzug verläßt Leipzig früh 5.45 Uhr und trifft abends 11,39 Uhr hier wieder ein. Da auch ge sonderte Karten für die Strecke Leipzig-Dresden ausgegeben werden, so eignet sich dieser Sonderzug auch zur Benutzung für solche Reisende, die nur Dresden oder die Sächsische Schweiz besuchen wollen. Näheres über den Fahrkartenverkaus wird morgen durch Inserat bekanntgegeben werden. * Wetterbericht vom Greifenstein vom 8. Februar: Westwind, 5 Gr. Kälte, Rauhfrost, Schneetreiben, vorzügliches Skigelände. Schneetiefe: (io < m. ** Der erste staatliche Wintersportknrsus. Die vom preußischen Kultusministerium ins Auge gefaßte kräftige Förderung der Leibesübungen ist. wie der „Inf." mitgetcilt wird, kürzlich zum erstenmal auf dem Gebiete des Wintersports zum Ausdruck ge kommen. In Brotterode am Inselberg wurde der erste staatliche Wintersportkursus eröffnet, in dem namentlich das Rodeln und Ski laufen gepflegt wird. Der Kursus zählt einige 80 Teil nehmer und ist von dem auf dem Gebiet der jugend lichen Körperpflege bestens bekannten Landrat Dr. Hagen eröffnet worden. .8. Wintersport im Badischen Schwarzwald. Zn Tride rg lBad. Schwarzwald) findet am 11. Februar, abends ' >7 Uhr im Rathausjaal ein Vertretertag siidwcstdcutscher Rodlerklubs statt, der wegen Grün düng eines südwestdeutschcn Rodleroer bandes zu beraten hat. Zn Betracht kommen zu nächst die Rodelklubs von Baden, Württemberg, Elsaß-Lothringcn, Hessen und Provinz Hessen Nassau lPreußen). — Am 12. Februar wird in Triberg aus der bekannten Hofwaldrodelbahn ein großes Wettrodeln abgehalten, bei dem die Rodelmeister- schaft von Baden 1911 zum Austrag kommt. Am 19. Februar veranstaltet der Ski- und Rodelklub in Tribera das erste Dobsleighrennen. Es ist dieses auch das erste im Schwarzwald und im Groß herzogtum Baden. Gekämpft wird in zwei Läufen um den „Pokal von Triderg" und den „Pokal vom Schwarzwald". Eine Reihe von Start meldungen liegen schon vor. Der 26. Februar lFastnachtsonntag) bringt den „kostümierten Rodelkorso", dem die Zdee „Eine Reise um die Welt" zugrunde liegt. Dieses interessante Fastnacht spiel lockt alljährlich eine große Zabl Zuschauer von nah und fern an. Futzballsport. Deutscher Fußball-Bund. Ein Konflikt zwischen dem Bundesvorsitzenden und dem Spielausschuß scheint sich zu einer Krise ausbilden zu wollen. Bekanntlich erhob vor einigen Monaten der Bundes spielausschuß (Sitz in Hamburg) Angriffe gegen den Verband Süddeutscher Fußballvercine, weil dieser seine für das Ländcrwettspiel Deutschland gegen Holland in Cleve aufgestellten Spieler plötzlich ohne genügende Begründung zurückzog. Nach langen Unterhandlungen und Klarstellungen verlangte der Bundesvorstand eine Ehrenerklärung vom Spiel ausschuß in Sachen Süddeutschland, die dieser abzuaeben sich weigerte. Aus diese Weigerung hin suspendierte der Vorsitzende den Spielausschuß und übernahm dessen Geschäfte, fragte außerdem beim Bundesausschuß (bestehend aus dem sünftöpfigen Bundesvorstand und den Vertretern der acht Landes- verbände) durch Rundschreiben über dessen Stellung nahme an. Hieße dieser seine Schritte gut, so würde die Suspendierung bestehen bleiben, andernfalls sollte ein außerordentlicher Bundestag Neuwahlen vornehmen. Inzwischen hat der Vorsitzende schon einen Termin zur Bundesausschußsitzung mit an schließendem außerordentlichen Bundestag festgesetzt (am 25. und 26. Februar in Hannover), ohne die Antwort des Bundesausschusses abzuwarten, und hat den Punkt: Neuwahlen des Vorstandes und des Spielausschusses auf die Tagesordnung gesetzt. Be hält der Bundesvorstand, in dessen Namen der Vor sitzende bei der Suspendierung des Bundesspielaus- schusses handelte, recht, so wird man zur Neuwahl eines Spielausschusses schreiten müssen. Im Falle der Mißbilligung seines Schrittes wird die Suspension aufgehoben werden müssen und der Vorstand wird neu zusammengesetzt werden. :: Um den englischen Pokal konkuriencn in der zweiten Runde 30 Mannschaften in 15 Wettspielen miteinander. Das Ereignis des Tages war das Zusammentreffen der beiden führenden Klubs Man chester United und Aston Wille. Letzterer unter lag mit 1: 2. Unsere Südligamannschaften sicherten sich die weitere Teilnahme an den Pokalspielen, so schlug Swindon die erstklassige Woolwich Arsenal mit 1: 0. Die anderen Ergebnisse waren: Everton Liverpool 2:1, Chelsea-Chesterfield 4 :1, Blackbourn Rovers-Tottenham Fotspurs 0:0, Brighton-Coventry City 0: 0, Crewe Alexandra - Grimsby 1: 0. Derby County-West Bromwich Albion 2:0, Full City Oldham Athletic 1 :0, Burnley-Barnsley 2 :0, New castle United - Northampton 1:1, Wolverhampton Wanderer-Manchester City 1 :0, Middlesborough- Leicester-Fosse 0:0. Luftschiffahrt. 2 Die Luftreise von Pau nach Paris im Aero plan beabsichtigt Hauptmann Belle na er auszu führen, der erst kürzlich den Flug Paris—Bor deaux — Pau auf einer Bleriotmaschine glücklich beendete. Hauptmann Bellenger will für den Flug einen anderen Weg benutzen, und zwar über Toulon und durch Mittel-Frankreich nach Paris. Schießsport. 8 Die SchießgeseUschaft „Falkenauge" in Leipzig hielt im Zanuar ihr Meisterschaftsschießen im Restaurant „Sonnenhof" in L.-Plagwitz ab. Die Meisterschaftswürde errang sich für das Zahr 1911 Herr Geschäftsführer Georg Schmidt, L.-Plag witz, mit 799 Ringen bei 48 Schuß auf kleiner 20er Ringscheibe. kunvkslenüer. Theater. Leipziger Stadt-Theater. Im Neuen Theater gelang« heute (in der ueuen Inszenierung) »Die Somödie der Irrungen-, vorher Shaw- Sinakter »Ter Schlachtrnlenker' zur Aufführung. Morgen geht Weber» romantische Oper Oberon" in Szene. Im Alten Theater steht heut« »Die schöne Risctte" auf dem Lpiklplan, morgen (erstmalig wieder > holt) di« bretakttge Tragödie .Glaube und Heimat" von »art Schönherr. Leipziger Schauspielhaus. Heute Tonnerötag gelangt al» volkstümliche Vorstellung zu halben Preisen »Tie versunkrne Glocke" zur Aufführung. Morgen Ireltag geht mit Anto» Iranck al» Gast in der Rolle der Reermann nrueinstudiert Ludwig Thoma» lustige Komödie .Moral' in Szene. Am Sonnabend wird einmalig zu halben Preise« da» sröhliche Spiel .Lommerspuk' gegeben. Am Sonntag sindet mit Anto» Iranck al» Gas« eine Aufsührung deö beliebten Schwankeg von Karl Laus» und Kurt Sraatz »Tie Sogenbrüder' statt. Tag Weihnachtsmärchen »Tie goldene Märchenwelt' wird am Sonnabendnachmittag N«, Uhr zu halben Preisen zum Beste» de» Margueritentage» gegeben. — In Vorbereitung: .Ag- brand', Tragikomödie in t Akten von Aredertk »an «ede».
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