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ist im Kostüm erschienen und belohnt die exakt aus geführten Wendungen mit lautem Bravo. Neugierige Lebeleute fehlen nicht, die von der Mitwirkung der Damen eine pikante Sensation erhoffen. Am erwartungsvollsten ist die Schar der Schuljungen. Die wollen dem Kunst fahrer einige verblüffende Tricks abgucken, um demnächst den Kameraden damit zu imponieren. Alles geht tadellos. — Der Achterreigen fährt ohne Signal nach der schwebenden Melodie des Songe d’amour. Die kürzesten Drehungen, vom Publikum für fast unmög lich gehalten, vollziehen sich glatt. Die Darbietungen der Zwölfer sind fast noch erstaunlicher. Zum Schluss bilden sie einen Kreis in der Mitte, ungefähr wie eine HordeSteppenpferde, wenn der Wolf kommt. Nun steigen sie sogar behutsam auf die Sättel und halten sich an den Schultern, die Räder unter den Füssen. Brausender Jubel belohnt das Turnkunststück. Auf blitzendem Nickelrad saust der Kunstfahrer auf den Plan. Ganz plötzlich springt er ab, fängt das Rad mit nonchalanter Rückwärts bewegung ein und verbeugt sich. Dann beginnt er, sein Stahlross zu tummeln. Meist sitzt er auf der Lenkstange oder steht auf dem Sattel, hängt in einem Pedal und dreht das andere mit der Hand, oder windet sich wie eine Ringelnatter durch das Gestell. Das Rad scheint leben dig und rasend geworden zu sein, es springt und galop piert wie ein Cirkusganl, wird ganz auseinandergeschraubt und wieder zusammengefügt, alles im Fahren. Zum Schlusseffekt fährt der Künstler, im Sattel stehend, um den halben Saal, die Kurven durch eine leichte Verschie bung des Gleichgewichts nehmend. Die Schulbuben wangen glühen und die Augen leuchten. Wer so was könnte! Dann springt er ab und stösst das treue Ross einem Bereitstehenden in die Arme. Ein zweistöckiges Radungeheuer wird zu weiteren Produktionen herein geschoben, dann ein Wagenrad, zuletzt ein aufgespannter Regenschirm, der sich aber sehr ungern als Bicycle miss brauchen lässt. Die Jungens toben und trampeln noch, als schon der Herren- und Damenreigen ernst und elegant anfährt. Die Kostüme sind hell, müllergrau mit schwarzen Schlipsen und Gürteln. Nach knappem Signal werden wundervoll graziöse Figuren gefahren. Mit imposanter Sicherheit verschlingen und entwirren sich die Paare. Der Zuschauer weiss nicht, wie viel Uebung das erfordert, was so leicht und einfach aussieht. Jetzt bläst die Musik Tusch und beginnt dann einen prickelnden Wiener Walzer. Etwas verschämt und sehr glückselig mit roten Backen fahren acht muntere kleine Dinger an, die Backfischquadrille. Reizend sehen sie aus. Dunkelblaue Röckchen und rosa Blusen, dazu der flotte Matrosenhut aus weissem Stroh. Sie machen ihre Sache sehr hübsch. Die zierliche Anführerin giebt mit hellem Glöckchen die Signale, einzeln und paarweise gleiten sie zusammen und 1 auseinander, sogar die sehr schwierige Steppenpferdeversammlung wird ausgeführt. Beim Abbiegen aus dem Kreis stockt den Müttern der Atem. Aber auch das gelingt spielend, eine lange Schlangenlinie entwickelt sich, die kleinen Damen wen den abwechselnd nach links und rechts und bilden so zwei Schnecken. Aber o weh, rechts sind fünf und links nur drei Radlerinnen. Das Leitbäckfischchen bekommt einen roten Kopf und empfängt seine unaufmerksame Partnerin mit einigen leise und heftig geflüsterten Worten; bei der nächsten Figur umklammert es unnötig fest ihren Oberarm, dass ein unterdrücktes Au durch den Saal geht. Im Affekt vergisst es, das Signal zu geben, die direktions lose Schar fährt durch- und ineinander, man schreit und springt zum Teil ab, aber der Haupttrupp ballt sich zum wüsten Klumpen auf dem Boden. Hüte fliegen, Zöpfe gehen auf, rosa Arme und schlanke, schwarzbestrumpfte Beinchen fuchteln wild in der Luft herum. Von allen Seiten eilen jammernde Väter und Mütter herbei, er wischen hier eine Hand, dort einen kleinen schwarzen Lackschuh und ziehen ihr Fleisch und Blut aus dem Knäuel. Eine fürsorgliche Mutter untersucht vor allein das Rad und meint, ihr Racker könne von alleine auf die Beine kommen. Das kann der Racker auch, die zorn mütige Anführerin, die all’ das Herrliche vollendet. Schleunigst entzieht sie sich allen Vorwürfen durch die Flucht, nachdem sie sich überzeugt hat, dass alle Räder und Jungfrauen mit dem Schrecken davongekommen sind. (Berl. Tagebl.) Amtlicher Teil. Adresse für alle die Bundesverwaltung usw. betreffenden Schriftstücke: Wim Geschäftsstelle dos Sächsischen Radfahrer-Bundes, Leipzig-Plagwitz, Jahnstrasse 44. Telephon: No. 6468. Verwaltungsstelle: Horst Wolff, I. Vorsitzender; Richard Seyffarth, 1. Schriftführer; Friedrich Pfost, Bundoazahl- meister; Robert Weniger, I. Vorsitzender des Sportausschusses; Engen Serbe, Zoitungszahlmoistor. MT Eingeschriebene Briefe, Wertsendungen, Geldsendungen sind zu richten an Herrn Friedrich Pfost, Leipzig, Brüderstrasse 6. "W Bekanntmachungen des Bundes-Vorstandes. Wir machen hiermit bekannt, dass der Versand der Nachnahmen jetzt vor sich geht und er halten alle Bundeskameraden, die noch nicht bezahlt haben, die 1900er Mitgliedskarte unter Nachnahme zugesandt. Der Bundesvorstan( |. Horst Wolff, I. Vorsitzender. Zur Beachtung! Da mir aus einzelnen Bezirken immer noch Abrechnungen über bereits bezahlte Bundesbeiträge für 1900 aus stehen, ist es nicht ausgeschlossen, dass Mitglieder, welche ihren Verpflichtungen für dieses Jahr bereits nach gekommen sind, trotzdem noch eine Nachnahme erhalten, ich bitte daher solches etwa vorkommenden Falles freund liehst entschuldigen zu wollen und die Nachnahme retourgehen zu lassen. Friedrich Pfost, Bunde»zahlmei»t*r do* S. R.-B.