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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.03.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110302021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911030202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911030202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-02
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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ÄLzelgen-Preis ch« Auf«««« au« Leipzig und Umgedu», dm Sgeipaltene St) moa breit« Petitzeil. 2S die 74 moa breite Reklamezeile l von «ndwärt» UV lsteNamen I.L) Inserate von Behörden amtlichen Te,l die 74 wm breite Petitzeil« »t ch, »eschtltran,eigen mit Plagvorschristen und >n der Abendausgabe PreUe erhöht. b>abail nach Lanf. Bcilagegebuhr ä p. Lausens r;kl. Postgebühr. zesterteilt« Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Iür da« lirscheinen an bestimmten Lagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen Anzeigen. Annahme: Augustutzplatz x, bei ,ämtlichen Filialen u. allen Annoncen, ztrpaditiouen oe« In« und Auslände«. Haupt-Filiale lverlt«: klar! Duncker, Herzogl. Bahr. Hofbuch. Handlung Lützowstranr IO. (Leliphoa Vl. Nr. 4M3). Haupk-Jtliale Dresden: Seestrasje 4,1 (Telephon 40L1-. Nr. St Vonnersmg, üen 2. MSr; lSll. l0S. Jahrgang. NM Annahme üer Vierttener in Leipzig. Mit 38 gegen 31 Stimmen ist am Mittwochabend vom Leipziger Stadtverordnetenkollegium trotz der zahlreichen Mahnungen und Warnungen aus den Kreisen der Bürgerschaft die kommunale Bi« r- steuer angenommen worden. Weder die Hinweise auf die wirtschaftlichen Nachteile, noch die Andeutungen der politischen Gefahren, die infolge der Annahme dieser Steuer zweifellos in Zukunft «intreten werden, haben die Mehrheit des Stadtver- ordnetenkollegiums umzustimmen vermocht. Der Ver lauf der gestrigen Verhandlung hat vielmehr ge zeigt, daß man diesen Momenten kein allzu großes Gewicht beilegt; man hat sich sogar verletzt gefühlt, -atz äußere Einflüsse geltend gemacht worden sind, um die Stadtverordneten umzustimmen. Derselbe Stadtverordnete, der über die kommunalen Protest versammlungen so abfällig geurteilt hat, muß dann aber logischer- und konsequenterweise auch über all gemeine Wählerkundgebungen, die für den Reichs tag oder für den Landtag bestimmt sind, den Stab brechen. Warum gibt z. B. die Regierung ihre Gesetzentwürfe sehr zeitig bekannt? Eben doch nur, um der Oeffentlichkeit die Möglichkeit zur Aussprache darüber zu ge währen. Der Entwurf über die Privatbeamten- nersicherung ist noch nicht einmal dem Reichstage zu gegangen; aber man hat es für gut gehalten, ihn zu publizieren, damit sich Freunde und Gegner dieser Vorlage gründlich darüber aussprechen könnten. Es hieße jedenfalls das Interesse der Bürger an den öffentlichen Angelegenheiten lähmen oder gar töten, wenn man ihnen das Recht der freien Meinungs äußerung verwehren will. Wir sind überzeugt, daß sich sehr wohl andere Mittel und Wege hätten finden lassen, um neue Einnahmequellen für di« Stadt zu er- ichTießen. Es soll ja eine stärkere Belastung der Ein kommen über 100 000 vorgeschlagen gewesen sein. Warum ist man nicht auf diesen vom Standpunkt des sozialen Ausgleichs viel empfehlenswerteren Vorschlag zugetommen, sondern hat vielmehr eine in direkte Steuer durchgesetzt, die nur geeignet ist, di« herrschende Unzufriedenheit und Verbitterung noch zu vermehren? Wir glauben nicht, daß d«nen, die dies« Steuer bewilligt Haden, schwere Enttäuschungen er spart bleiben. Wir wiederholen nochmals, daß die Haltung der Stadtverordnetenmehrheit s«hr leicht in -er Richtung wirken kann, daß der Wahlkreis Leipzig-Stadt dem Bürgertum ver loren gebt und daß die Sozialdemokratie zum lachenden Erben wird. Wir haben vor dieser immer hin möglichen Folge eindringlich gewarnt Un glauben damit unsere Schuldigkeit getan zu haben. Der Referent der Vorlage hat zu recht durch sichtigen Zwecken ein Urteil des früheren Stadtver- ortnetenoorsitzenden und gegenwärtigen Reichstags- ak^eordneten Dr. Iunck über die Biersteuer aus dem Jahre 1901 zitiert. Damals lagen aber weder dre Finanzgesetze von 1906 noch die von 1909 vor; da mals wurde wohl auch kaum schon an eine so um fangreiche Reform der Reichsfinanzen gedacht; da mals hätte infolgedessen eine kommunale Biersteuer nicht entfernt so drückend gewirkt wie heute. Und darum ist es grundfalsch, ohne Berück sichtigung dieser Momente die Aeußerungen Dr. Juncks, di« vor zehn Jahren unter ganz anderen Verhältnissen gefallen find, als beweiskräftig auch für di« Gegenwatt zu zitteren. Eins haben die gestrigen Verhandlungen des Stadtverordnetenkollegiums ganz gewiß gelehrt: daß die Bürgerschaft ein starkes Interesse an einer gründlichen Aenderungder Zusammen setzung des Kollegiums hat. Diese Aende- rung ist nur möglich unter einem neuen Wahl recht, das nicht so stark plutokratischc Tendenzen trägt wie das gegenwärtige. Vornehmste Aufgabe der Bürgerschaft wird es sein, auf ein« entsprechende Umgestaltung des Stadtverordnetenwahlrechts hin zuwirken, und zur Lösung dieser Aufgabe sind in erster Linie die liberalen Parteien berufen. Di« Politisierung der Gemeindever tretungen läßt sich nicht aufhatten, sie wird aber jedenfalls durch die gestrige Verhandlung des Stadt- verordnetenkollegiums eine nicht unwesentliche Be schleunigung erfahren. Oie Sozislüemakrstle in üen krsnkenksllen. In der Mittwochssitzung der Reichsversicherungs kommission wurde die Diskussion über die Frage der Kassenange stellten fortgesetzt. In der Dis kussion wurde gegenüber entgegengesetzten sozial demokratischen Behauptungen von allen Red nern betont, da« die Kompromißanträge nicht die Absicht verfolgten, Anhänger der sozialdemokratischen Pattei überhaupt von der Verwaltung der Krankenkassen ackrxu- schließen, sondern lediglich mißbräuchliche politische oder religiöse Betätigung zu verhindern. Davon würden gleichmäßig alle Beamten, ohne Rücksicht auf ihr« politische Ge sinnung, betroffen. Weiter wurde nochmals scharf betont, daß im übrigen — von der Angestellten frage abgesehen — den Arbeitern in der Ver waltung der Ortskrankenkassen die Zweidrittel mehrheit verbleibe. Wenn von einem sozialdemokratischen Redner geäußert worden sei, daß man lieber der Halbierung der Beiträge zustimmen wolle, als der beabsichtigten Regelung der Ange stelltenfrage, so gehe daraus zweifellos hervor, daß die Sozialdemokratie nicht die Inter essen der Arbeiter verfolge, sondern ledig lich politische Absichten. Denn die Zwei drittelmehrheit ermögliche auch für die Zukunft eine Erhöhung und Erweiterung der Kassenleistungen ohne Zustimmung der Arbeitgeber, was bei Hälfte lung der Beiträge und d«r Verwaltung nicht mehr angängig sein würde. Die Sozialdemokratie wolle aber nach jener Aeutzerung lieber auf dieses weit gehende Vorrecht verzichten, als auf den allein maß gebenden Einfluß bei Anstellung der Beamten. Das kennzeichne zur Genüge das politische Interesse der Sozialdemo kratie an dem gegenwärtigen unhaltbaren Z u st a n d. Vas Kabinett Monis. Monis hat sein Ministerium schneller zujammen gebracht, als allgemein erwartet wurde. Wir Haden bereits in unserer heutigen Morgenausgabe die Namen der einzelnen Mitglieder des neuen Ministe riums wiedergegeben. Natürlich machen sich noch kleine Aenderungen in der Zusammensetzung not wendig, aber die ausgesprochen radikale Tendenz des Kabinetts steht fest. Das Triumvirat Monis- Berteaux-Delcass«; im Verein mit dem klugen Cruppi wird nunmehr die Geschicke Frankreichs leiten. — Aus Paris liegen folgende Depeschen vor: Paris, 1. März. (Tel.) Eruppi ist zum Minister des Aeußern gewählt worden wegen der glänzenden Rolle, die er als Handelsminister in den Debatten über denZolltarif und in den Verhand lungen über diesen Gegenstand gespielt hatte. So hielt er vielbemerkte Reden, in denen er für eine zollpolitisch« Mäßigung und eine auf Ver trägen anfgedaute Wirtschaftspolitik eintrat. In einer Zeit, wo wirtschaftliche Fragen in den internatto nalen Beziehungen eine überwiegende Roll« spielen, konnte dre Uebertragung des Ministeriums des Aeizßern an den früheren Handelsminister nur als eine äußerst günstige Lösung angesehen werden. Paris, 1. März. (Tel.) Poirrier und Ieanneney Haden im letzten Augenblick die Ueber- nahnre des Handels- bzw. Iustizpottefeuilles ab- ge lehnt. Monis hat nunmehr dem Senator Pans das Pottefeuille des Handels und dem Senator Develle das Iusttzportefeuille angeboten. Da letzterer zurzeit nicht in Paris anwesend ist, kann die Antwort nicht vor morgen erwartet werden. Paris, 2. März. (Tel.) Zu Unterstaaatssekretären wurden ernannt; für Inneres Emile Constant, Kultus Malvy, Poft und Telegraphen Chaumet und Künste D u jardtn-Beaumetz. Patts, 2. März. (Tel.) Wie die „Agence Havas" meldet, wird das neue Kabinett in seinem Pro gramm in bezug auf die auswärtige Politik betonen, daß es den festen Willen habe, an den be stehenden Allianzen und Ententen fest zu kalt en. Paris, 2. März. (Tel.) Monis wird nach der Antwort Pans' und Deoellesdie neuen Minister dem Präsidenten Fallieres heute nachmittag vorstellen. Gestern abend hatte Monis mit den Mitarbeitern eine Besprechung. Der Meinungs austausch ergab vollständige Ucbereinstimmung in den großen Richtlinien des Programms, das dem Parlament unterbreitet werden wird. püUMche Nachrichten. Ein Entgegenkommen in der reichsländ'schcn Versassungssrage. Die Antworten der Bundesregierungen auf die Frage des Reichskanzlers, ob dem Wunsche des Reichstages entsprechend weitere Zugestand nisse wegen der Verfassungsreform für Elsaß Lothringen gemacht werden können, sind noch nicht vollzählig cingetroffen. Es ist aber zu er warten, daß binnen kurzem eine Einigung unter den Bundesregierungen erzielt werden wird, in der Richtung, daß drei B u n d e s r a t s st i m m e n Eljaß-Lothringen für wirtschaftlicheFragen zugestanden werden. Um Singers Mandat. Die Sozialdemokraten des vierten Berliner Reich stags Wahlkreises hielten am Diens tagabend eine Wählerversammlung ab zwecks Auf stellung von Kandidaten für den Reichstag und das StadtverordneteNkollegium. Für -en Reichstag wurde an Stelle Singers Krankenkassenrendant Otto Büchner und für das StadtverordneteNkollegium Spediteur Mann nominiert. Der Zentralausschuß der Fortschrittlichen Volkspartei ist zu einer ordentlichen Iahressitzung auf Sonntag, den 19. März, einberufen worden. Nach der Rech nungslegung wird sich der Ausschuß mit der Vorbe reitung für die nächsten Reichslagswahlen befassen. Ueber die griechisch-türkischen Grenzzwischenfälle laufen immer ernster« Nachrichten ein. Die beteiligten Regierungen sollten es doch als ihre dringende Auf gäbe ansehen, durch geeignete Maßnahmen di« sich häu senden Bluttaten zu verhindern. Besonders schlimm scheint die Lag« bei Domonikon zu sein, wo, wie berichtet, erst am Montag zwei türkische Sol daten von Griechen ermordett wurden. Ueber die neuen Unruhen liegt folgende Meldung vor: Saloniki, 1. März. (Tel.) Wie amtlich gemeldet wird fanden an der griechischen Grenze in der Nähe von Domonikon seit vorgestern Reibereien zwischen griechischen und türkischen Soldaten statt. Mehrfach sind trotz Einschreitens der Offiziere Schüsse gefallen. Zwei türkische Soldaten sind gefallen, mehrere wurden verwundet. Bei Disbata stieß ein« türkische Patrouille auf eine acht köpfig« gtt«chi sch« Bande. Drei Griechen wurden gelötet, der Rest flüchtete; auf türkischer Sette wurden zwei Soldaten verwundet. — Amtliche Mel dungen aus dem Vilajet Skutari besagen, daß sich die Lage verschlechtert habe. Es werden mitt- tärische Vdrsichismaßregeln anyeraten. Drei be waffnete Griechen, di« die Erenze gegen Narota zu überschritten, wurden durch die türkische Grenzwache erschossen. Amerikanische Finanzverträge. Washington, 1. März. lTel.) Das Senatskomiree für auswärtig« Angelegenheiten stattete über den Finanzoertrag mit Honduras einen günstigen Bericht ab. Dem Vernehmen nach wird dies der erste einer Reihe ähnlicher Verträge zwischen den Vereinigten Staaten und den Ländern von Zentral-Südamerika sein, deren Zweck Oie Dame i« Grau. 2s Roman von Anny v. Paunhuys. (Nachdruck verboten.) Zweites Kapitel. Die Pause nach dem dritten Akt begann eben, als Stetten wieder seinen Platz einnahm. Er sah, daß die Nebenloge leer war. Die Dame kam auch nicht mehr zurück, die Loge blieb leer. „Vor wenigen Minuten ging die Fremde fort", erzählte ihm seine Schwester. Das interessierte ihn momentan nicht allzusehr, seine Gedanken waren bei dem verschwundenen Bril lantkreuz. Ach, das war mal so eine Sache nach sei nem Herzen, hoffentlich war der Fall nicht gar so ein fach, sondern ein bißchen verwickelt. Er freute sich schon darauf, wirklich und wahrhaftig. Und er teilte, seiner Schwester mit, daß er heute ihren Wagen nicht mit benützen würde, und sie allein heimfahren müsse, -er Direktor hätte ihn um eine kleine Gefälligkeit gebeten, di« ins „Kriminalistische" schlüge. „Za, freilich, Rudi, dann geh« nur, ich kenne ja dein Steckenpferd", erwiderte sie lächelnd. „Morgen reden wir darüber, Ellen. Vielleicht habe ich ois dahin schon einen kleinen Erfolg." Er wußte, zu seiner Schwester konnte «r über alles sprechen, sie gehörte zu den Ausnahmefrauen, die Schweigen für kein Laster ansehen. Der Vorhang fiel zum letztenmal. Das Spiel der Künstlerin hatte, außer anfangs, wenig befrie- -igt. Dementsprechend war der Beifall auch nur lau und mit unerfüllten Erwartungen wanderten die Zu schauer heimwärts oder in die Restaurants. Im Zimmer des Direktors, der ihn flüchtig vor stellt«, fand Stetten bereits die Künstlerin noch im Kostüm des letzten Aktes und eine etwas ältliche Per son, die Kammerjungfer, die ihre Dame auf allen Gastspielreisen begleitete und seit zwei Jahren bei ihr in Stellung war. Der Direktor, Fräulein Wendland und die Jung fer sprachen zunächst alle auf den Referendar ein. Er unterbrach dieses Durcheinander, indem er. sich einen Stuhl herbeiziehend, sehr ruhig sagte: „Meine Herr- schäften, so kommen wir nicht weiter! Ich bitt« Sie, nur meine Fragen zu beantworten, denn die Umrisse -«r Diebstahlsaffäre erzählte mir bereits der Herr Direktor. — Nicht wahr, gnädiges Fräulein, Sie ver mißten nach dem ersten Akt der heutigen Vorstellung ein wertvolles Brillantkreuz?" „Ja, Herr Referendar." Müde und blaß sah das feine Gesicht der schönen Künstlerin aus, und ihre Stimme zitterte ein wenig. Wo befand sich das Kreuz?" „In einem schwarzen Lederetui mit den Initialen der Spendend." „Darf ich Sic bitten, mir diese anzugeben?" ,^F. R. und eine Krone darüber." Stetten zog sein Notizbuch heraus und machte sich ein paar stenographische Aufzeichnungen, dann fuhr er fort: „Wo verwahrten Sie das Etui?" „In einem verschließbaren Ledertäschchen mit Ein richtung zur Unterbringung von Schmucksachen, das ich auf Reisen immer mitführe. Das Täschchen stand auf dem Earderobentisch, rechts von meiner Schmint- kassette." „Steckte der Schlüssel in der Tasche?" „Ja, meine Jungfer hielt sich ja in der Garderobe auf, die sie niemals verläßt, solange ich auf -er Bühne beschäftigt bin. Ich nehme nicht viel Wertvolles an Schmuck mit, wenn ich mich irgendwohin zu einem Gastspiel., begebe. Das Wertvollste ist das Kreuz. Es war mein Talisman, ich trage es eigentlich immer während meines Auftretens, oder wenn das nicht geht, unter dem Kleid. Nur unter dem knappen Pagenkostüm drückt es mich. Weil's nun über diesem Anzug etwas seltsam wirken würde, lasse ich es diesen Akt hindurch immer in seinem Etui. So auch dies mal. Als ich es, nachdem ich mich währen- der Pause umgekleidet, antun wollte, vermißte ich cs." „Wie heißen Sie, bitte", wrnote sich jetzt der Re ferendar an die Jungfer. „Mathilde Schulz." „Also, Fräulein Schulz. Sie waren mit den Ge wohnheiten Ihrer Herrin vollkommen vertrant, nicht wahr?" Jawohl, mein Herr!" „Schön! Blieben Sie währen) des ersten Aktes in der Garderobe?" „Za." „Gingen Sie nicht vielleicht einen Augenblick hinaus? Wissen Sie das ganz bestimmt?" „Ganz bestimmt." „Kam jemand während dieser Zeit in die Gar derobe?" „Nur die Frau, die für Fräulein Wendland die Bronchialtabletten holte." Jetzt blickte di« Künstlerin ihre Jungfer fragend an. „Was sagen Sie da, Mathilde? Ich verstehe Sie nicht!" „Aber gnädiges Fräulein sandten doch eine Frau zu mir und ließen um die Tabletten bitten, die gnä diges Fräulein manchmal nehmen, wenn die Stimme ein wenig angestrengt ist." „Ja, ja, Mathilde, aber heute benutzte ich keine Tabletten, ich dachte auch gar nicht daran, danach zu schicken." Der Referendar sah die beiden Frauen an, dann sprach er: „Bitte, Fräulein Wendland, lassen Sie mich wei ter fragen." „Sie sagten soeben, Fräulein Schulz, eine F.rau sei während des ersten Altes in der Garderobe gewesen und hätte die Tabletten Fräulein Wendiands geholt. Wie sah die Frau aus?" „Groß und schlank. Ihr G-sicht betrachtete ich nicht so genau, das war mir auch nicht gut möglich, da ich die elektrischen Flammen, außer einer, ausae- dreht hatte." „Fräulein Wendland, Sie beauftragten niemand, Ihre Tabletten zu holen?" „Nein!" „Was sagte die Perjon zu Ihnen, als sie in die Garderobe trat?" fragte Stetten wieder die Kammer jungfer. „Ich saß auf einem Stuhl und dachte so an allerlei, als es leise an die Tür klopfte. Ich öffnete. Eine Gestalt in einem roten Mantel mit goldenen Knöpfen, auf dem Kopf einen Toquehut, stand draußen und sagte: „Das gnädige Fräulein läßt schnell um ibre Tabletten bitten!" Darauf entnahm ich die Tabletten dem Schmuckköfferchen, in dem sie immer aufbewahrt werden." „Sahen Sie bei dieser Gelegenheit noch das Etui, in dem sich das Kreuz befand?" „Ja! Ich übergab der Fremden, die mir ins Zimmer gefolgt war und nun neben mir stand, die Schachtel mit dem Gewünschten. In dem Augenblick stolperte die Frau, und die Tabletten, wohl noch zwanzig Stück, fielen zur Erd«. Ich half ihr beim Aufsammeln." „Behielten Sie beim Aussammeln die Fremde fortwährend im Auge?" „Beinahe, nur einen Moment nicht, als ich unter den Tisch kroch, da die meisten Tabletten darunter gerollt waren; die Fremde sagte, sie könne so schlecht sehen." „Hm, nun wüßten wir ja schon, wann das Kreuz aus dem Täschchen genommen wurde." „Aber, Mathilde, warum erzählten Sie das nicht gleich?" — fast hastig fuhr die Schauspielerin auf die arme, unscheinbare Jungfer los. „Gott, ich erfahre doch soeben erst, daß gnädiges Fräulein nichts von den Tabletten wußten. Auch fürchtete ich. gnädiges Fräulein würden mir zürnen, wenn gnädiges Fräulein hörten, daß die Tabletten an der Erde lagen." — „Bitte, wir wollen uns jetzt nicht mit Neben fachen aufhalten", mischte sich Stetten in das Ge spräch. „Herr Direktor, Sie waren wohl so liebens würdig, Ihr heute beschäftigt gewesenes Personal unter einem plausiblen Vorwand zurückzuhalten?" „Za. ich ließ in die Garderoben sagen, alle, ohne Ausnahme, möchten so lange bleiben, bis ich ihnen mitteilen würde, wann morgen Probe sei. Das Repertoire müsse plötzlich geändert werden." „Gut. Gibt es nur einen Ausweg von den Earderoberäumen nach der Straße?" „Ja" „Wo?" „Durch den Hinteren Torbogen in die kleine Nebenstraße." „So! Bitte, Herr Direktor, lassen Sie in etwa fünf Minuten das Personal gehen, und Sie, Fräulein Schulz, ziehen Sie schnell etwas über, 's ist ziemlich kühl draußen, wir beide werden uns in der Nähe des Tores aufhalten. 2kenn Sie eine Person sehen, die vielleicht dieselbe sein könnte, die von Ihnen die Tabletten holte, so stoßen Sie mich an. Wenn mehrere zusammen gehen, so daß ich nicht wissen kann, wen Sie meinen, bitte, flüstern Sie mir ein paar Worte zu. Und nun holen Sie sich schnell ein Jackett oder Tuch, ich lasse mir derweil von dem gnädigen Fräulein das gestohlene Schmuckstück genau beschreiben." Drittes Kapitel. Die Jungfer eilte davon, doch nach kaum zwei Minuten trat sie schon wieder ein, sie befand sich in heftiger Erregung und vermochte kaum zu sprechen. „Ich habe sie gesehen, die Person — die von mir die Tabletten holte — die eine Garderobentür war wett
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