Volltext Seite (XML)
die ganze bewohnte Erde in drei Theile ein, von welchem jeder ein zeln alle möglichen klimatischen Unterschiede umfaßt. Den ersten dieser Theile bildet Amerika und es besteht dieser Continent aus mehr oder minder geordneten Staaten, deren eigene politische Lebensthätigkeit berücksichtigt werden muß, sofern sie Han delsbeziehungen betrifft, welche Europa mit ihnen unterhält. Der zweite Theil umfaßt Europa und Afrika bis zur äußersten Südspitze sammt allen zunächst liegenden Inseln. Die Handels verhältnisse Europas sind active und nach außen gerichtete, während, was Afrika anbelangt, nur einzelne Küstenstriche und wesentlich die äußerste Südspitze, das Capland und die Küstenstriche am Mittelmeere in den Bereich der thätigen Handelsbeziehungen gezogen werden können, während alle übrigen Küstenstrecken theils des Klimas wegen, theils der geringen Entwicklung der Bevölkerung wegen, von sehr untergeordneter allgemeiner Bedeutung für den Handel sind. Auf der Westküste Afrikas find zwar englische, französische, nord amerikanische und portugiesische Colonien, aber der Handel ist nur gering und liegt ganz in den Händen der betreffenden Nationen. Das Capland verspricht in merkantiler Beziehung äußerst wich tig zu werden. Es zeichnet sich jetzt bereits durch seine Wollproduction aus und scheint auch für Wein- und Getreidebau sehr günstige Ver hältnisse zu bieten. Die Bevölkerung, hauptsächlich aus Weißen, zum Theil auch aus gemischter bestehend, ist sehr thätig und treibt ganz besonders Viehzucht und Ackerbau, ohne daß es den Anschein hätte, als wenn sich in nächster Zeit eine nur Halbweg bedeutende Indu strie entwickeln würde. Es wird sich daher ein guter Absatz für Jn- dustrieproducte entwickeln, während Wolle, Cerealien, Wein u. s. w. das Gegenäquivalent bilden werden. Der ganze Ostrand von Afrika ist für den Handel von fast gar keiner Bedeutung; doch haben z. B. auf Zanzibar Hamburger Han delshäuser Agenten stationirt. Der Handelsverkehr mit Amerika und Europa ist bedeutend. Zur Ausfuhr kommen besonders Elfenbein, Gummi-Kopal, Gewürz nelken. Im Jahre 1859 wurden an Elfenbein ausgeführt 488600 Pfund, Kopal 876000 Pfd., Gewürznelken 4860000 Pfd. Ein hauptsächlicher Ausfuhrartikel ist noch Cocosöl. Die einzuführen den Waaren bestehen hauptsächlich aus Baumwollenproducten, vene- tianischen Perlen, Mesfingdraht, Flinten, Pulver, Reis, Weizen und indischer Butter. *) Die Insel Madagaskar kann vielleicht erst in späterer Zeit einige Bedeutung gewinnen; vor der Hand ist sie in Folge ihrer Be völkerung — ein Gemisch malayisch-afrikanischer Rassen—bedeutungs los. Aeltere Niederlassungen arabischer und jüdischer Kaufleute, welche inzwischen zu zahlreichen, aber verwilderten Stämmen heran gewachsen sind, beweisen, daß sie in früherer Zeit dem Handel zu gängig gewesen ist. Der dritte Theil der bewohnten Erde ist der wichtigste von allen. Er producirt die meisten Rohstoffe und consumirt die meisten Jndustrieproducte. Derselbe begreift die südlichen und östlichen Küsten Asiens, die Inselgruppen, die sich an Australien anschließen, Australien selbst und Neuseeland. Dieses Gebiet vereinigt die Pro dukte aller Zonen in sich und hat die zahlreichste Bevölkerung der Erde. Das Gebiet ist so umfangreich, vielgestaltig und wichtig, daß es als nothwendig erscheint, dasselbe in Unterabtheilungen zu bringen. Es zerfällt solchergestalt in drei Theile. I. Die indischen Gewässer von Aden bis Singapore. Die Küstenstriche, welche das arabische oder persische Meer und den Busen von Bengalen umgrenzen, sind für den Handel von höchster Bedeu tung. Sie haben ein Hinterland, dessen Production concentrisch zu dem bengalischen Meerbusen vorschreitet. Hauptstapelplätze find in diesem Gebiete Calcutta, Madras, Bombay und die Insel Ceylon. Letztere hatte früher Bedeutung durch ihre Droguen, jetzt durch ihre Kaffeepflanzungen und Cocosölproduction. Die ihr gegenüber lie genden Nicobaren tragen nur Cocosbäume, sind aber deshalb von Interesse, weil sie einst die Kaiserin Maria Theresia für Oestreich beanspruchte. Jetzt gehören sie Niemand, doch sind sie, ihrer Lage wegen, nicht ohne Bedeutung. ') Im vergangenen Jabre betrug der Umsatz durck Nord-Amerika 245000 Britisch Indien 205000 Frankreich 16000 Hamburg 137000 England 5800 In den Gewässern dieses Gebietes herrscht ein reger Verkehr von Schiffen aller Nationen und es war traurig für uns— berichtet Herr von Wüllerstorf — unter den Hunderten von Schiffen, die z. B. in Madras vor Anker lagen, nicht ein einziges östreichisches zu gewahren.— Wenn auch vor der Hand in jenen Ländern die Anhalte punkte fehlen sollten, so kann sie doch individuelle Thätigkeit, der moralische Muth erringen. 2. Die Malayische See mit Inbegriff der indo-chinesischen Halb insel. Es geht dies Handelsgebiet vom Cap Negrais der Halbinsel Malacca bis zum Meerbusen von Siam und zu den Küsten von Cochinchina, gleichzeitig umfaßt es aber auch die malayischen Inseln, von Sumatra und Java im indischen Ocean bis zur Straße von Gilolo; nördlich wird es von der chinesischen See begrenzt und es enthält zur Zeit nur zwei bekanntere Stapelplätze, Singapore und Batavia. Der letztere ist der Hafenplatz für die Ausfuhr der bedeu tenden Production der Insel Java und der Haupthafen der hollän- ! dischen Besitzungen, der erstere dagegen nur ein Durchzugshasen, ohne productives Hinterland, denn die wenigen Gewürze und Boden erzeugnisse der Insel sind nicht zu recknen. Es vereinigt fick jedoch i in Singapore der chinesische Küstenhandel und der der umliegenden Inseln, so daß dieser Punkt eine stets wachsende Bedeutung erhält, die noch dadurch gehoben wird, daß er als Abfahrtspunkt nach Eu- ropa gilt. Die völlige Freiheit des Verkehrs macht den Hafen von Singapore zu einem der gesuchtesten, worin Hunderte von Schiffen j ihreLadungen einnehmen und sich mit Lebensmitteln für weite Fahr- > ten versehen. 3. Die chinesisch-japanische See. Die zunehmende Handels bewegung an den chinesischen Küsten, der in Aussicht stehende größere Verkehr mit Japan, die mögliche Ertragsfähigkeit der Philippinen ! machen dieses Gebiet zu einem höchst bedeutungsvollen. Als Aus- fuhrartikel nach dort können besonders die minder feinen Jndustrie- ! und Gewerbserzeugnisse gelten, als ordinäre Glaswaaren und Spie gel, sogenannte Nürnbergerwaaren, Tuche, selbst Porzellan, inso- j fern dasselbe dem chinesischen Geschmacks angepaßt wird. Es würde für diese Gewässer nicht zweckmäßig sein, größere Schiffe mit starken ; Ladungen abzusenden, da sich selten Gelegenheit findet, auf einmal ganze Ladungen abzusetzen oder einzunehmen, vielmehr wird es oft nöthig, so lange sich auf Zwischenhandel zu beschränken, bis sich ! günstige Conjuncturen für Rückfracht ergeben. Aus diesem Grunde eignen sich Schiffe von 400 bis 600 Ton nen ganz besonders für jene Häfen. Daß auf diese Weise glänzende Geschäfte gemacht werden können, hat in neuererZeit der östreichische Capitän Visin der kleinen Brigg Splendide bewiesen. Die wichtigsten Hafenplätze an der chinesischen Küste sind zur Zeit Hongkong mit Einschluß von Canton für den südlichen, Schanghai für den nördlichen Theil Les chinesischen Reichs. Schanghai im Norden des Reichs gehört jener Zone an, in welcher sich stets die industrielle Thätigkeit der Bevölkerung am meisten zu entwickeln pflegt und die wachsende Größe dieses Hafen platzes gibt Zeugniß von der Rührigkeit der Bevölkerung und von - dem Einflüsse, welchen chinesische Erzeugnisse selbst auf den euro päischen Markt haben werden. Wenn es nun auch Wünschenswerth erscheint, daß die dort Handel treibenden Nationalitäten durch Consuln vertreten werden, so haben solche Consularvertretungen nur dann Werth, wenn — wie Herr von Wüllerstorf ganz besonders hervorhebt — dieselben durch Entwicklung physischer Macht unterstützt werden und wenn die Beziehungen mit jenen Ländern durch Tractate gestützt werden, wozu allerdings abermals eine Macktentfaltung zur Aufrechthaltung der selben gehört. Für alle kalbgebildeten Seevölker erscheinen nur solche Nationen achtungswürdig, welche ihren Wünschen und For derungen durch Kriegsschiffe Nachdruck verleihen können. Auf der andern Seite haben fremde, nicht geschützte Kausfahrer oft genug vom Neide und der Mißgunst concurrirender Nationen zu leiden, wie dies oft genug Hamburger und Bremer Schiffe zu erfahren Ge legenheit haben. Es ist nun zwar nicht die Stationirung einer Flotte in jenen Gewässern nöthig, ein Paar Kriegsschiffe genügen für gewöhnlich, doch muß natürlich ein Nachdruck gegeben werden können. 4. Das Australische Gebiet. Während die vorerwähnten Han delsbeziehungen mit nur halbcivilistrten, eingebornen Bevölkerungen angeknüpft werden können, so findet in Australien eine vorwiegend weiße Bevölkerung, aus eingewanderten Europäern bestehend, sich vor. Die handeltreibende Bevölkerung überwiegt in Australien und