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daß der Verkauf einen sehr bedeutenden Gewinn ergab, natürlich auf Kosten derer, welche dieses werthvolle Metall in der Medicin, den Künsten und Gewerben zu gebrauchen gewohnt waren. Später kaufte ein ausländisches Haus alle gute Vanille auf, die zu bekom men war, und hielt auf ähnliche Weise unsern Marht so entblößt davon, daß außerordentlich hohe Preise für diesen Artikel gezahlt werden mußten. So raffinirt wurde dieses Spiel gespielt, daß zu Zeiten große Blechkästen Vanille an gewisse Häuser in London con- fignirt wurden, und wenn diese einen erhöhten Preis nicht zu erzie len vermochten, so lautete ihre Vollmacht ganz bestimmt, — das Ganze nach Paris zurückzusenden, dort zu lagern oder zu einem vor her bestimmten Preis zu verkaufen. Zu anderen Zeiten kann aber wirklicher Mangel als Ursache der Preiserhöhung angegeben und diese häufig von Ursachen bewirkt werden, über welche Niemand eine Controle ausüben kann, wie z. B. rauhes, ungünstiges Wetter während der Zeit des Wachsens, wovon wir gegenwärtig sehr gute Beispiele haben an der Seltenheit und dem deshalb hohen Preis von Belladonna, Pfeffermünze und Lavendel. Auch den Weinstein können wir erwähnen, dessen fortwährend hoher Preis von dem Oidium oder der Weinbeerkrankheit herrührt, welche auf die Erzeu gung des Weines störend wirkt und somit auch die Menge jenes Absatzes verringert, aus welchem der Artikel gewonnen wird. Aber um noch weiter von der Heimath zu gehen, insbesondere auf den Artikel zu kommen, welchen ich einer Beachtung zu empfehlen wün sche, möchte ich hiermit auf die außerordentlichen Verhältnisse Hin weisen, welche der Schellack gegenwärtig in der Handelswelt ein nimmt. Diese Substanz ist uns Allen bekannt, denn, obgleich nicht als Medicin, wird sie doch vielfach in der Kunst angewendet. So ist Schellack z. B. der Hauptbestandtheil unserer feineren Sorten Siegellack, während er in dem sehr wichtigen Fabrikzweig der Ver fertigung von Hüten nicht nur in Massen gebraucht wird, sondern man hat noch keinen Körper gefunden, der ihn ersetzen könnte. Zur Politur von Holzgegenständen ist er ein nothwendiger Bestandtheil, und unsere Pianos und andere prachtvoll polirte Möbels und Haus- geräthe wären weniger angenehm fürs Auge, wenn wir fie des Schellack-Ueberzuges berauben würden. Bei Firnissen, welche Ta pezierer und Andere gebrauchen, kann man ihn nicht missen, während die Farbe, welche einen Hauptbestandtheil des Harzes bildet, in den Wollfabriken so vielfach gebraucht wird, daß selbst die schöneKleidung unserer Soldaten matt aussähe, ohne die Hilfe des haltbaren und prächtigen Lno-Oz-ss. Ehe wir über die Handelsverhältnisse des Schellacks sprechen, ist es vielleicht nicht uninteressant, etwas näher aus die Art und den Ort seiner Erzeugung einzugehen. Wir erhalten den Schellack haupt sächlich aus Ostindien. Die berühmtesten Districte sind Assam, Pegu, Bengalen und Malabar und besonders die Ufer des Ganges. Die Verschiffung erfolgt hauptsächlich von Calcutta. In den oben genannten Districten befinden sich zwei oder drei sehr große Anstalten, in welchen über tausend Personen beschäftigt werden. Außer diesen Factoreien gibt es zahlreiche Verfertiger in kleinerem Maßstabe. Ein Gesühl von Geheimniß durchdringt diese Anstalten, und Fremden ist der Zutritt verweigert. Auf den Zweigen gewisser Bäume, welche man als b'ieuo re- liKlosa L., Lieus inckiea Loxb., Llramnus ckujulm I-., 6roton lneoiksrus L. und Luten tronäosn Loxd. kennt und die man in den Dschungeln und Wäldern Indiens findet, hält sich ein kleines Insekt, Oooous Laeoa L. genannt, auf und sondert eine gewisse Menge dunkelfarbiger harziger Materie ab.") Bei sorgfältiger Untersuchung hat man gefunden, daß dies die Magen der Insekten sind, welche nach dem Tode als Futter für ihre Larven zurückbleiben, indem die äußere oder besonders harzige Decke zum Schutze der Jungen dient. Etwa in den Monaten November oder December entschlüpft die Brut aus ihren vorher geschützten Wohnungen, und setzt sich nun ihrer seits auf die kleinen Zweige fest. Wenn sich dieselben vermehren (was sehr schnell der Fall ist), so werden Zweige und Stämme ganz und gar davon bedeckt. Zur geeigneten Jahreszeit gesammelt und in Säcke gethan, bringt man sie zur Fabrik. Diese incrustirten Zweige werden zuerst in einer Mühle zu grobem Pulver gemahlen (^mdnlu) und dann nach dem sogenannten Färbewerk der Anstalt gebracht. Hier sind Tröge zum Empfange bereit, und nachdem das . ) Ob sich hier ter Versager nicht irrt? Allgemein nimmt man an, tast Ne harzige Substanz tcn verwuntctcn sinnigen unt Aesten entquillt und in ihr sich die Maten entwickeln. ' Martins. Pulver mit Wasser übergossen wurde, beginnen die Eingebornen auf das Material zu treten, um den Farbstoff vom Harz zu trennen. Da dieser Farbstoff im Wasser löslich ist, so wird er in kurzer Zeit von diesem ausgenommen, und läuft dann die Flüssigkeit in andere passende Gefäße ab. Es wird nun frisches Wasser zugeführt und mit diesem Proceß unter Hinzufügung von frischem Wasser so lange fortgefahren, bis das Ganze vollständig erschöpft ist. Den Rückstand sammelt man dann und entfernt die Holzfasern. Die zurückbleiben den kleinen, fast ganz von Farbe befreiten Harzstückchen werden in unserm Handel 8eeck Ino (Samenlack, Körnerlack) genannt. Sämmt- liche Wasser, welche auf diese Weise den Farbestoff des Stangenlacks aufgelöst enthalten, stießen in Cisternen oder Fässer, wo das Nieder fallen im Laufe der Zeit stattfindet.") Dann wird die erhaltene Masse in Form einer Paste halb getrocknet in viereckige Kästen ge than, gestampft und vollständig getrocknet. So bildet sie dann den gewöhnlichen Lao des Handels. Er wird nach England in diesen viereckigen Stücken geschickt und zum Zweck des Handels pulverifirt. Ich könnte wohl mit diesem Theil meine Mittheilung schließen, indem ich nur noch bemerke, daß diese Farbe sehr viel und sehr häu fig zum Färben wollener Stoffe mit Zinnchlorid gebraucht wird. Man erhält so ein feines und sehr schönes Scharlachroth. Diese Zu bereitung ist sehr bekannt und wird erhalten, indem man Zinn in Chlorwasserstoffsäure mit Zusatz von Salpetersäure kocht. Wegen ihres allgemeinen Gebrauches für obigen Zweck hat fie den Namen Lack-Spiritus erhalten. Die große commercielle Wichtigkeit dieses Artikels kann man daraus ersehen, daß der jährliche Export von Calcutta allein auf sehr nahe an 4 Millionen Pfund Gewicht geschätzt wird. Die verschiedenen Arten Schellacks kann man, wie folgt, be nennen : 1) Stück-Lack, Stocklack, 2) Seed-Lack, Körnerlack, Samen lack, 3) Shell-Lack, Schellack, 4) Lump-Lack, Blocklack, 5) Button- Lack, Knopflack, 6) White-Lack, weißer Schellack. Einige Schattirungen Schellackes erhalten die Namen Granat- roth (Oarust), Leberfarben und Orange. Dies hängt von der Menge natürlichen I-ao Oz-es ab. welcher in dem Körnerlack geblie ben ist, ebe er geschmolzen wurde, wie man gleich sehen wird. Die 5 zuerst genannten Arten werden importirt, die letzte (gebleichte) hier zu Lande bereitet. Stock- und Körnerlack erheischen wenig Be achtung. Ersterer ist das natürliche Product des schon beschriebenen Insekts. Letzterer ist der Rückstand nach der Extraction des Farb stoffes , um den Lao Lz-ss zu bilden. Die kleinen zurückgebliebenen körnigen Stückchen Harz werden so viel als möglich frei von fremd artigen Beimischungen gesammelt und an der Sonne getrocknet. Knopflack und Schellack sind die zwei Arten, welche man in unserm Lande am meisten verwendet; beide werden aus dem Körnerlack bereitet, und zwar in folgender Art: die Körner werden in lange, wurstförmige Säcke gethan und am Feuer erwärmt, bis das flüssige Harz langsam durch die Zwischenräume des Zeuges dringt. Man streift dasselbe ab, und bringt es augenblicklich auf die äußerst fein polirte Oberfläche irdener Chlinder, die durch Füllung mit heißem Wasser erhitzt sind. Das geschmolzene Harz wird von Männern, Weibern und Kindern auf diesen Cvlindern, indem dieselben vorher mit Palmblättern (nach Andern Blättern der lVluss.) bedeckt find, ausgebreitet. Auf diese Weise werden Tafeln von 20 Quadratzoll hervorgebracht. Wenn abgekühlt, wird der Schellack dann in Kisten gebracht. Auf dem Transport zerbricht viel, ehe er bei uns an kommt. Von dem schönsten Hellen Orange-Schellack glaubt man, daß er künstlich gefärbt sei, und ich denke mit Recht, da ich mehr als einmal Gelegenheit hatte, Proben wegen ihrer eigenthümlich gelben Farbe zu verwerfen. Auripigment hält man für den dazu verwen deten Färbestoff. Knopflack, Blocklack und leberfarbener Schellack sind alle mehr oder weniger sorgfältig aus den verschiedenen Qualitäten des Körner lacks bereitet und hängt Farbe und Aussehen ganz und gar von den Districten ab. wo der Körnerlack gewonnen wurde, und von der Vollständigkeit der Entfernung des rothen Farbstoffes des Lae vz-os. Ich brauche nichts weiter über die Bereitung dieser Lacke hinzuzu- sügen — und glaube in der That, daß keine näheren Angaben be kannt sind. Weißer Lack wird hier zu Lande aus ordinärem Schel lack bereitet, indem man ihn zuerst in einer Auflösung von kohlen- ") Hier scheint, um das Absitzen des Farbstoffes zu bewerkstelligen, Alaun unr Kall ober Natron zugesetzt zu werken. 23"