Volltext Seite (XML)
Xr. 12. Friedrich Georg Wiecks 1861. M. 4K. Freiherr von Weder^ Or. Wilhelm Killer von Schwor; vr. Ernst Engel, Aal. Prcuß. Geb. Rkg.-Rath, Direktor deS A^l. Stallst. Bureau, Ritter tc. in Berlin. Or. M. Kuhlmann, Prof, der Aönigl. Polytechn. Schule, Ritter >c. in Hannover. A. M. Killer von Surg, A. K. Nea.-Ratl) u. Prof-, Mitglied d. Akademie d. Wissenschaften, Verwaltungiratb ic. in Wien. Or. Knapp, Professor der angewandten Lbemie in München. Anter besonderer Mitwirkung der Herren Or. Rudolph Vieh, Großherzogl. Bad. Geh. Neferend. im Handels- Mimst., Ritter rc. in Karlsruhe. W. Vechelhäuser, General-Direct. d. Continental^GaS-Gesellsch. in Deßau. Or. F. von Sleinbeis, Direkt, d. K. Württemb. (Lentralstelle f. Handel u. Gew., Comtb u. Ritter rc. in Stuttgart. H e r a u s g e g c b c n von Or. Heinrich Hirzel. Drivatdocent der (Lbeinie a. d. Universität Leipzig, d. Z. Director der Leipziger Polyteckn. Gesellschaft. Wöchentlich 14—2 Bogen. Zu beziehen rurck alle Buchbautlungen unk Postämter. SechslllldzWonMster Jahrgang. Die Getreidepreisc, die Ernteerträge und der Getreide handel. Von Or. Ernst Engel. Wir geben diese gediegene Arbeit unseres geehrten Mitarbeiters im Auszuge. Dieselbe begründet sich auf die durch statistische Be obachtungen im preußischen Staate zusammengestellten Tabellen und ist mit den Belegen in erweiterter Form in derZeitschrift des königl. preußischen statistischen Bureaus enthalten. Die Kenntnißnahme der Getreidepreise hat in landwirthschast- licher, volkswirthschaftlicher, socialer, politischer und naturwissen schaftlicher Hinsicht ihre große Bedeutung. Nichts unterrichtet mehr über den Werth der Landgüter, nichts kennzeichnet besser ihren wirk lichen Werth, als der aus einer langen, ununterbrochenen Reihe von Preisnotizen abgeleitete Durchschnittspreis der in der betreffen den Gegend erbauten wichtigsten und maßgebenden Getreidesollten, und da sich ein Steigen der Landgüterpreise im Allgemeinen nur nach einem Steigen des Preises der Bodenproducte richten kann, so liegt die Nothwendigkeit und Nützlichkeit statistischer Aufzeichnungen solcher Preise und Erträge aus der Hand. Der Preis des Brotgetreides ist ferner ein bestimmender Factor des Arbeitspreises. Einem Steigen der Getreidepreise muß ein eben mäßiges, langsames Steigen der Arbeitslöhne zur Seite gehen. Natürlicherweise können die Arbeitslöhne nicht all den momentanen Schwankungen der Getreidepreise folgen, wohl aber folgen sie, im normalen Gange, den Steigungen derDurchschnittspreisperioden; ge schieht dies nicht, so ist fast stets eine Verschlimmerung der socialen Zustande anzunehmen und gerade deshalb sind die Getreidepreise auch von politischer Bedeutung. Kein Bedürfniß verlangt so dringende Befriedigung, als das Bedursniß nach Nahrung. Wenn also, durch Mißernten, Theuerung hereingebrochen ist, so wird es politischen undsocialenReceptmachern, welche Linderung der Noth auf ihre Fahne schreiben, leicht werden, ihren Worten bei den leidenden Bevölkerungsklaffen Eingang zu ver schaffen. Angepriesene sociale und politische Utopien werden dann von den Verblendeten mit Ungestüm gefordert, Vernunftgründe fin den kein Gehör bei den irregeleiteten Massen und das wirthschaft- liche Elend erzeugt alle Schrecknisse politischer und socialer Unord nung; die Revolution ist fertig. Der aus der französischen Geschichte sich ergebende ursächliche Zusammenhang zwischen den Getreidepreisen und den innern Staats umwälzungen muß Erstaunen abnöthigen. Der Streit der Ligue (der Verbindung des Katholicismus mit der Legitimität) mir dem Protestantismus, in seinen Anfängen schon 1562 erkennbar, brach in offenen Kampf aus in den Jahren 1586 und 1587, als der Preis des Weizens plötzlich fast um das Doppelte gestiegen war. Zur Zeit der Fronde ertrug man Mazarins Herrschaft willig, so lange die Getreidepreise niedrig waren; als dieselben aber 1648 plötz lich bedeutend stiegen, wurde Mazarin gestürzt. In Folge guter Ernten sanken die Preise im Verlaufe mehrerer Jahre allmälig wie der und 1653 kehrte Mazarin im Triumphe zurück. Der größten aller Staatsumwälzungen im Jahre 1789 gingen schwere Theuerungsjahre voraus und 1793 bis 1795 folgten ebenso schwere Nothjahre. Es ist bekannt, daß auch dem Umschwünge von 1830 mehrere Fehlernten vorausgegangen waren und daß das Re volutionsjahr 1848 unmittelbar auf das Theuerungsjahr von 1846 zu 1847 folgte. Es soll durch diese geschichtlichen Citate keineswegs behauptet werden, daß die Theuerungen die alleinigen Ursachen jener pvliti. scben Störungen gewesen seien; wohl aber sind sie als die Ursacken des Ausdrucks anzusehen, als der Funke, welcher die Mine ent- zündete. Spielen also die Getreidepreise eine große sociale und politische 23