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Ur. 4. Friedrich Georg Wieck s 1884. Tie gemeinnützigen Ban-Gesellschaften. I» den letzten Jahren haben sich in vielen Städten Deutschlands Aktien-Gesellschaftcn gebildet, deren Zweck es war, kleine Wohnungen für Arbeiter zu bauen, um letzteren gute, gesunde und billige Woh- nuugcn zu schaffen. Mit sehr verschiedenem Erfolge sind diese Unter nehmungen in den verschiedenen Städten begonnen und durchgeführt worden. Mitunter war mangelnder Gemeinst»» in den Kreisen der i Kapitalisten Schuld, daß die Unternehmungen nicht den Umsang ge winnen konnten, mitunter waren die Statuten der Gesellschaften der Art, daß eine gedeihliche Entwickelung dadurch verhindert wurde. Die Fehler der Statuten hier nochmals zu beleuchten, scheint über- ! flüssig, weil dieselben schon wiederholt, wenn wir nicht irren, auch in diesen Blättern besprochen worden sind, und der Zweck dieser Zeilen s auch nicht der ist, darauf näher eiiizugchen. Wenn wir die Errungenschaften durchgehen, welche die gemein- nützigcn Bau-Gesellschaften im Allgemeinen bis jetzt erworben haben, ! so können wir uns nicht verhehlen, daß sie den Zweck, für den sie sich bildeten, nur in sehr schwachem Grade erreicht haben, und selbst da, wo sie am meisten blühen, haben sie dem Bedürfniß nach guten, ge sunden Arbeiterwohnungen noch lange nicht genügt, und können es , auch nicht, wenn sie bei der Organisation bleiben, die sie sich im All- ! gemeinen gegeben haben. Bei Gründung einer solchen Gesellschaft fließt eine große Menge Kavital zusammen, und selbst wenn das Unternehmen sich in seiner weiteren Entwickelung gut anläßt, so gelingt es doch selten, der Ge sellschaft immer neue Mittel zuzuführen, damit sie ununterbrochen weiter bauen kann. Die Grenze der Wirklamkeit ist der Gesellschaft gesteckt, sobald ihr Kapital verbaut ist; neue Geldmittel fließen nicht zu, denn es liegt in der Natur der Sache, daß die Zahl der gemein nützigen Kapitalisten in einem gewissen Kreise eine frühe Grenze fin det, und daß alle die, welche überhaupt vorhanden sind, sich gleich bei der Bildung des Unternehmens mit einer solchen Summe bethci- ligen, wie sie der Größe ihres Vermögens und dem Grade ihrer Ge- meinnützigkeit entspricht. Gesetzt die Gesellschaft habe ein Kapital von 100,000 Thlrn. zusammcngebracht, so wird sic dafür die ent sprechende Anzahl von Wohnungen bauen, etwa 150—200, und dann ist sie fertig. In größeren Städten, wo starke Arbeiter-Bevöl- kerung vorhanden ist, und wo auch gewöhnlich starker Zuzug von Ar beitern ist, ist mit 200 guten Wohnungen dem Arbciterstande nock ! wenig geholfen, zumal sich selten Privat-Bauunternehmer finden, die auch Arbettcrwohttiingcn bauen. Die gemeinnützigen Bau-Gesellschaften würden eine viel größere Wirksamkeit ausüben können, wenn sie gute Arbeiter-Wohnungen bauen, und die Häuser, sobald sie fertig und bezogen sind, auf Grund der ersten Mieths-Kontrakte verkaufen würden. Mit den durch den Verkauf gewonnenen Geldern würden neue Häuser gebaut werden können, und in dieser Weise müßte sortgefahren werden, entweder unbegrenzt, oder so lange das Bedürfniß vorhanden ist, d. h. so lange die gebauten Häuser noch verkäuflich sind. Nach dem gewöhn lichen Lauf der Dinge würden die von den Bau-Gesellschaften ge bauten Häuser allerdings zuerst in die Hände von Spekulanten fallen, welche die Micthen steigern, so daß der Arbeiter zwar gut und gesund, aber sehr thcner wohnt, und hiermit wäre dem Nrbeiterstand nicht geholfen, weil er nicht allein gut und gesund, sondern auch billig wohnen will und soll. Indessen das Vcrhältniß würde sich bald ändern; denn wenn die Bau-Gesellschaft jedes Jahr auch nur 50 Wohnungen schafft, so ist in wenigen Jahren dem drückendsten Be dürfniß abgeholfen, und den Hauseigenthümcrn wird cS unmöglich, die Miethcn zu einer außergewöhnlichen Höhe zu steigern. Wie lange das Verkaufen der Häuser möglich ist, läßt sich auch nur annähernd nicht vorausbcstimmen, da Niemand die Verhältnisse, die nach einer Reihe von Jahren maßgebend sein werden, vorherbestimmen kann, und die Verhältnisse sich auch in jedem Ort anders gestalte». Es ist genügend, wen» die Bau-Gesellschaften für jedes verkaufte Haus so fort ein neues bauen, und nicht danach trachten, sich beim Verkauf der Häuser zu bereichern. Es läßt sich nicht verkennen, daß die Bau-Gesellschaften erst dann gemeinnützig wirken könnten, wenn^ßj so verfahren, wie hier angege ben, während der Nutzen, den sie jetzt dem Arbciterstande bringen, ein verschwindend geringer ist. Wir legen ein geringes Gewicht dar auf, daß der Arbeiter, wenn die Bau-Gesellschaften nach dem von uns vorgeschlagenen Wege verfahren, noch einige Jahre hindurch die selben hohen Miethcn zahlen muß, wie er sie bisher bezahlt hat, aber wir legen das Hauptgewicht darauf, daß eine große Menge gesunder Wohnungen geschaffen wird. Der vorhin erwähnte Nachthcil ist gegen diesen Vortheil völlig verschwindend, und auch der Nachtbeil bessert fick mit jedem Jahre. Die Sicherheit der von den Aktionären eingezahlten Kapitalien wird unter den Verkäufen nicht leiden, wenn die Operationen klug und mit der nöthtgen Vorsicht ausgeführt werden. Aber cs wird