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durchgehenden Retorten wie mit zwei Mundstücken, so auch mit zwei Steigeröhren versehen. Oefen besonderer Construction. Im Vorstehenden ist nur die Rede von Oefen normaler onstruction gewesen. Daß auf vielen Anstalten Abweichungen hiervon vorkommen, liegt aus der Hand. Die wichtigeren hiervon dürften in England die Clift'schen großen gemauerten Retorten von 20 Fuß Länge, 5 Fuß Weite und 2'^ Fuß Höhe sein; ferner die King'schen schmiedeeisernen Retorten. Von den ersteren gelten zunächst die schon früher gegen die Retorten aus einzelnen Steinen ange führten Bedenken; auch scheint in der Praxis die Vergrößerung der thönernen Retorten über etwa 250 ss^Zoll Querschnitt hinaus (die Clift'sche hat hiervon das 7- oder 8fache) keine Dortheile mehr zu bieten. Fast gleiche Dimensionen, nämlich 4'^ Fuß Weite, jedoch nicht wie die Clift'sche durchgehend, sondern nur 8 Fuß lang, hat die King'sche eiserne Retorte, deren Boden aus 1^ bis l'/y Zoll starker Gußplatte mit hohen Verstärkungsrippen besteht, während die Wandungen aus bis ^zölligem Dampfkesselblech zusammen genietet sind. Jeder Ofen hat nur eine Retorte; in achtstündigen Chargen werden je 900 Pfund Kohlen destillirt. Die Dauer einer Retorte ist höchstens 10 bis 12 Monate. Diese schmiedeeiserne Retorte hat jedenfalls, so lange sie überhaupt hält, den Vorzug großer Dichtigkeit; auch soll der Ofen bei sehr einfachem und sicherem Betrieb äußerst wenig Feuerung verbrauchen. Allein einmal nimmt diese Ofen - Construction im Vergleich zur Gaser zeugung äußerst viel Grundfläche und Mauerwerk in Anspruch; dann aber sind auch die Kosten einer solchen Retorte, die selbst in England nicht unter L. 22. 10 Sh. per Stück zu haben ist, im Verhältniß zu ihrer Dauer viel zu hoch; unter deutschen Verhält nissen kann nicht die Rede davon sein. Ueberdies kommen bei diesen übergroßen Retorten trotz der weitesten Steigerohre Verstopfungen äußerst häufig vor, weshalb z. B. King an jedem Steigerohr Sicherheitsventile in Form großer Wasser-Manometer angebracht hatte, damit bei zu starkem Druck das Gas das Wasser hinaus werfen und entweichen könne; wie ich mich persönlich überzeugt, war diese Sicherung in der That sehr nöthig. Von größerer praktischer Bedeutung (für bestimmte Verhält nisse wenigstens) scheint dagegen die Gaserzeugung in den Pau- wells und Dubochet'schen Koksöfen zu sein. Dieselben, in Paris seit Jahren auf der Station Jvry im Betrieb, sind seitdem auch auf der großen neuen Station La Vilctte eingeführt worden und steigt deren Anwendung so, daß in nächster Zukunft schon die Hälfte des in Paris consumirten Gases Lurch diese Oefen dargestellt wer den dürfte. Sie gleichen ganz den gewöhnlichen mit unseren Hoch ofenanlagen verbundenen Koksöfen, sind 2 Metres weit, 1 Metre hoch und 7,20 Metres lang, an beiden Seiten offen und mit großen durch Hebel zum Aufziehen eingerichteten gußeisernen Thüren ver sehen. Das Chargiren geschieht durch eine runde Oeffnung von oben, während die Koks mittelst eines auf Schienen beweglichen Druckwerks, das einen Stempel von dem Querschnitt des Ofens in Bewegung setzt, gerade wie bei allen neueren Koksöfen üblich, nach Oeffnung beider Thüren mit einemmale hinausgeschoben wer den. - In der Anwendung dieses Ofens ist nur der Unterschied gegen die gewöhnlichen Koksöfen, daß die im Ofen befindliche Koh lenmasse nicht angezündet wird und in sich fortbrennt, sondern daß sich unter dem Ofen eine besondere Feuerung befindet, während die Thüren des Ofens hermetisch verschlossen bleiben und das Gas durch ein oben angebrachtes Steigerohr entweicht. Gegen die vor erwähnte Clift'sche Retorte besteht demnach der wesentliche Unter schied nur darin, erstens, daß keine Züge um die Retorte führen, sondern bloß der Boden derselben erhitzt wird, somit also auch von einer besonderen eingebauten Retorte keine Rede ist, indem Retor tenwand und Ofengewölbe eins sind, und zweitens, daß ein äußerst niedriger Wärmegrad, etwa nur die Hälfte der Hitze gewöhnlicher Retorten erhalten wird. Eine Charge dieses Ofens wiegt 120 Centner und dauert 72 Stunden; er erzeugt in dieser Zeit aus französischer Kohle gegen 45,000 Cubikfuß oder 7,500 Cubiksuß pr. englische ton oder 1300 Cubikfuß pr. preußische Tonne, bei einem Feurungsverbrauch von etwa 24 bis 25 Pfund ordinären Retorten-Koks pr. loo Pfund Kohle. Dieselbe Kohle gibt in den Retorten 8,000 Cubikfuß pr. ton, gleich etwa 1,400 Cubikfuß pr. Tonne bei 22 Prozent Feuerung. Die Production der Oefen ist also gegen 7 Prozent geringer, die Feuerung gegen 10 Prozent höher, als bei dem Retortengas. Ueberdies ist es klar, daß bei der übermäßig niedrigen Temperatur des Ofens der Gehalt des Gases an Kohlenwasserstoffverbindungen ein geringerer sein muß und wurde mir der Unterschied der Leuchtkraft gegen das Retortengas auf 16 bis 17 Prozent angegeben, was auch mit Clegg's Mitthei lungen stimmt. *) Das Gas wird somit nicht für sich allein zur Beleuchtung verbraucht, sondern mit reicherem, in Retorten dar gestelltem, gemischt. Alle diese Verhältnisse sind also ungünstiger und kann die dabei eintretende Ersparniß,an Arbeitslohn und an Oefen-Unterhaltungskosten hiergegen an und für sich kaum in An schlag gebracht werden. Dagegen soll sich nach den allerdings durch langjährige Erfahrung unterstützten Berechnungen der Pa riser Gesellschaft ein solcher Mehrgewinn an Koks Herausstellen, daß unter dortigen Verhältnissen ein bedeutendes Plus zu Gunsten des Koks-Gasofens bliebe. Es würden nämlich, den er haltenen Angaben zufolge, dem Gewicht nach 72 Prozent Koks, oder gegen 10 Prozent mehr als bei den Retorten gewonnen und dabei erhielten sie von den Eisenbahnen 35 Franks pr. 1000 Kilo- grammes, während für den gewöhnlichen Retortenkoks nur mit größter Mühe 20 Franks zu erzielen seien. In der That ist ein schönerer Koks nicht denkbar als der in diesen Oefen — denen eigentlich der Koks Haupt-, das Gas Nebenproduct ist — gewon nen wird. Auch in Deutschland beträgt vielfach die Differenz zwischen dem Preis der Gaskoks und der normalen Koks wenn auch nicht 75, so doch 50 bis 60 Prozent des Preises der ersteren. Ob ein solcher Ofen gegen Retorten ökonomische Vortheile gewährt, ist also in jedem einzelnen Falle eine Frage der localen Preisver hältnisse; wir werden nächstens genaue Berechnungen aufstellen, ob für unsere größeren Anstalten die Erbauung eines solchen Ofens, der selbstredend für kleine Anstalten gar nicht anwendbar ist, wesent liche Vortheile verspricht.**) (Der Schluß folgt in Lein Februar-Hefte.) Tie preußischen Provincial-Gewcrbeschnlen. Unter den Schulprogrammen, die uns im Laufe des verflosse nen Jahres freundlich zugesandt sind, nimmt das der Provincial- Gewerbeschule zu Potsdam ein besonderes Interesse in Anspruch. Es führt den Titel : „Beitrag zur Geschichte der preußischen Pro- ') Wir scbcn also hier bei Oefcn mit ter möglichst niedrigen Temperatur das schlechteste Gas erzeugen! ") Nachdem ich vorstehende Darstellung nach eigener Anschauung und den Angaben des Ingenieurs von Pa Bilette niedergcschricbcn, er kalte ich auf eine bei dcrjWichtigkeit der Sache an den Gcncral-Director der Gesellschaft nachträglich gerichtete Anfrage eine Antwort, nach deren Inhalt sich das Resultat dieser Oefcn noch günstiger, als oben ange geben, Herausstellen würde. Herr Director Gayfsier schreibt mir ci. cl. Paris,- ll. November 1K59 in wörtlicher Uebcrsctzung Folgendes: „Bei Anwendiing derselben .stoblensorte in den Koköosen wie in den Retorten ist die Gasausbeute der erster» 5 bis 6 Proc. niedriger; die Retorten geben durchschnittlich 245 Kubikmeter per Tonne, die Oeten demnach 2.13 Kubikmeter. Die Tkeerausbcutc ist etwa dielelbc j» Oefen wie Retorten. Jedoch ist der Tbcer aus den Oefen viel reicher, als aus den Retorten. Der Theer aus den Oefen gibt 25 Proc. leichte, 10 Proc. schwere Oele und 62 Proc. Rückstand; aus den Retorten da gegen nur 5 Pro. leichte, 20 Proc. schwere Oele und 72 Proc. Rück stand. „Das Brennmaterial für die Destillation von einem Hektoliter Kokle kostet für die Oese» 34 Cents, für die Retorten 39 Cents. „An Koks geben die Oefcn 740 Kilometres per 1000 Kilogrammes Kohlen, die Retorten 650 Kilogrammes. Die Koks der Oefen verkaufen sich zu 35 Fr. pr. Tonne, die der Retorten dagegen nur zu 22 Fr. 50 Cent. „Das Gas der Oefen hat eine etwas geringere Leuchtkraft wie bei den Retorten; der Unterschied betragt etwa 6 Proc. Der Kohlensäure gehalt ist derselbe bet beiden Gasartcn." Der Verbrauch an Brennmaterial wäre hiernach, falls kein Schreib fehler untergelanfen ist, bei den ^csen sogar günstiger, als bei den Re torten; vielleicht erklärt stch die Differenz dieser mit obiger Angabe da durch, daß bei der Feuerung ter Oefen Kvksabfall zugesetzt wird, also trotz Mehrgewicht doch geringere Kosten erwachsen.