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Endlich sind noch in Grenoble im Departement de l'Jssre und in Millau im Departement d'Aveyron, nach Paris den be deutendsten Orten Frankreichs für die Handschuhfabrikation — in Grenoble werden allein jährlich 1^ Millionen rohe Zickel felle zu Handschuhleder verarbeitet — eigene Ateliers zum Dolliren ! des Handschuhleders nach dem Systeme Alcan'sund Chouillou's eingerichtet worden, welche binnen Kurzem noch weiterer Ausdeh nung zugesührt werden sollen. Was nun die Kosten der neuen Arbeitsmethode betrifft, so stellen sich diese pr. Walze in Paris wie folgt: Ein Stein-Cylinder 1 Fr. — Et. pr. Tag. Dampfkraft 1 - — - - - Arbeitslohn 2 - 50 - - - 4 Francs 50 Cent. Da nun ein Mädchen mit einer Maschine (einem Cylinder) pr. Tag, von zwölf Arbeitsstunden 7 und 8 Dutzend Ziegenfelle für Herren-Handschuhe 12 - 14 - - - Damen-Handschuhe je nach Größe und Stärke der Felle, dollirt. ein geübter Arbeiter bei der bisherigen Verfahrungsweise mit dem Dollir-Messer 70 Cent. pr. Dutzend Ziegenfelle für Damenhandschuhe und 85 Cent, pr. Dutzend Felle für Männer-Handschuhe an Arbeitslohn erhält, und nur besonders fleißige und geübte, daher sehr wenige Arbeiter in der Productionsmenge den obigen Ziffern sich nähern, so ist es begreiflich, daß das neue System immer größere Verbreitung findet. Für das Dolliren von besonders starken und großen Lamm fellen wird 1 Fr. 50 Ct. pr. Dutzend bezahlt, und ein Mädchen kann bei dem neuen System 6 Dutzend pr. Tag ausschlichten. Die künstliche Stein-Masse aus welcher die Cylinder geformt werden, reibt sich bei der Arbeit nach und nach ab, und die Er fahrungen, welche in den Pariser Fabriken in den letztverflossenen zwölf Monaten, während welchen das neue System in Anwendung steht, gemacht worden find, lehren, daß ein Cylinder bei täglicher zwölfstündiger Arbeit sechs Monate benutzt werden kann, und so mit alle halbe Jahre durch einen neuen ersetzt werden muß. DieHerren Chouillou L Jaeger haben den Anschaffungs- Preis für Frankreich auf 300 Fr. pr. Cylinder und pr. Jahr ge stellt, wofür sie zwei Cylinder liefern. Aus diesem Preise erklärt sich in der obenstehenden Kosten berechnung die Annahme von 1 Fr. pr. Tag. Die drei gußeisernen Ständer für zwei Cylinder kosten hier, Paris, mitOluerschienen, Schraubenu.s.w. 350 Fr., in Brüssel nur 275 Fr. und können nach Plan von jedem Mechaniker aufge stellt werden. Jeder Cylinder wiegt 60 und 65 Kilogrammes, und macht je nach Bedarf d. i. je nach der Qualität des zu dollirenden Leders 300 und 406 Umdrehungen pr. Minute. Der Betrieb erfordert ungefähr '/a Pferdekraft pr. Cylinder. Die Herren Chouillou L Jaeger haben bisher außer in Frankreich bereits nach Belgien und England Apparate abgeliefert; nach Deutschland wurden noch keine gesendet, doch sind die eben genannten gerne bereit, zu dem Preise von 240 Fr. pr. Cylinder und pr. Jahr oder zu 120 Fr. für eine einzelne Walze frei ab Paris an deutsche Industrielle abzugeben. Auch find sie erbötig, Musterfelle zu bearbeiten, im Falle man wünschen sollte, den Effect ihres Verfahrens auf irgend einer spe- ciellen Sorte von Fellen zu ersehen. Alle diesfälligen Briefe wären an das Pariser Comptoir der Herren Chouillou L Jae ger, 17 oue in AranKo Unteliere zu richten. Schließlich sei noch bemerkt, daß das bisherige Ponciren des Leders d. h. das Abreiben der Felle mit Bimstein, um denselben eine egale, dehnbare, milde und sanft anzufühlende Oberfläche zu geben, wie dies bei allen sämischgaren Fellen, Castor, Waschleder, Wild-Büffel, Rennthier und Rehleder so wie bei dem sogenannten dänischen (mit Weidenrinde bereiteten lohgaren Leder) dann dem sogenannten schwedischen Leder, d. h. weißgegerbten Ziegen- und Lammfellen zu Handschuhen, wobei die Fleischseite nach Außen ge tragen wird, Statt findet, durch vorstehend geschildertes neue Ver fahren mit besonderm Vortheile bewerkstelligt wird. Der Unterschied zwischen einem auf der Walze und einem auf dem alten Wege mit Bimskein poncirten Leder ist so augen fällig, daß kein Fabrikant mehr den letztern betreten wird. Auch lassen viele Pariser Fabrikanten ihr bereits ganz fertiges Wasch leder nochmals in dem Atelier der Herren Chouillou L Jaeger ponciren, worauf die Felle einen höheren Werth erlangen. Die Erfinder nennen ihre Walzen-Vorrichtungen daher auch mit vollem Rechte: .Maollines ä doller, drrr^er et xonesr le« psrrux st euirs." Die Stahlfederfabrik der Herren Heintze L Blanckertz in Berlin. Mit 4 Holzschnitten. Berlin, ehemals fast nur bekannt als Hof- und Residenzstadt, hat sich in den letzten 25 Jahren zur bedeutendsten Fabrikstadt Deutschlands emporgeschwungen. Die Maschinenfabriken von Borsig, Egells, Hoppe, Pflug rc. genießen einen europäischen Ruf; die Kupfer- und Messingwerke, die Druckereien und Färbe reien, sowie zahlreiche andere Fabriken in den verschiedensten In dustriezweigen dürfen kühn den größten und berühmtesten der Erde, selbst England nicht ausgenommen, zur Seite gestellt werden. Unter allen den verschiedenen Werkstätten friedlicher Betrieb samkeit, welche wir in Berlin vereinigt finden, möchte jedoch wohl kaum eine mehr geeignet erscheinen, ein allgemeines Interesse in Anspruch zu nehmen, als die Stahlfederfabrik der Herren Heintze L Blanckertz; nicht nur weil die Fabrikation von Metallschreib federn ein in unserm Vaterlande noch neuer und bis jetzt nur durch die erwähnte Fabrik, als der einzigen ihrer Gattung in Deutsch land, vertretener Erwerbszweig ist, sondern auch wegen der großen Zahl von Manipulationen und verschiedenen Processe, welche man hier ein Stück Stahl durchlaufen sieht, ehe es zu jenem bieg samen Werkzeuge wird, welches bestimmt war, den Federkiel zu verdrängen und uns als williges Werkzeug zur Aufzeichnung unserer Gedanken, unserer Wünsche und Neigungen zu dienen. Wenn der freundliche Leser uns auf unserer Wanderung be gleiten will, so werden wir die Fortschritte vom rohen Material an bis zur Vollendung der Feder verfolgen und ihm so ein Bild von den höchst interessanten Operationen entwerfen. Der erste Proceß ist das Walzen des Stahls. Letzteres, vom besten schwedischen Eisen angefertigt, ist von außerordentlicher Härte und Zähigkeit. Es besteht vor dem Walzen aus großen Tafeln von etwa 5 Fuß Länge und 1^ Fuß Breite, welche in Streifen von 2 bis 4'/, Zoll Breite geschnitten werden. Diese Streifen werden in Eisenkasten verpackt und in einem Steinofen, Muffel genannt, aus 12 Stunden einer bedeutenden Hitze ausge setzt. Man nennt dieses Verfahren „Einsetzen" und bezweckt da mit, das Stahl weicher und biegsamer zu machen. Nachdem die Eisenkasten allmälig wieder erkaltet, werden sie herausgenommen und die Stahlstreifen von dem anhaftenden Schmutz und Oxydul gereinigt. Sie sind nun zum Walzen vorbereitet. Die Walzwerke haben schmale, aber dicke Rollen, welche sehr fest zusammenge spannt werden und zu ihrerBewegung einen großen Aufwand von Dampfkraft erfordern. Der angewandte Druck ist so stark, daß das Stahl, nachdem es verschiedene Walzen durchlaufen, von der Dicke eines Messerrückens bis zur Dünne von Papier herunterge- bracht ist. Nachdem die Streifen die erforderliche Stärke erhalten, kommen sie in den Schneidesaal, wo die Feder zuerst beginnt, eine Gestalt zu gewinnen. In diesem Saal sitzen Reihen von Mädchen an langen Tischen und schneiden mit Hilfe von Handpressen die zukünftige Feder aus dem Stahlstreifen. Es geschieht dies mit großer Schnelligkeit, indem eine gute Arbeiterin über 200 Gros oder 30,000 Stück pro Tag von 10 Arbeitsstunden ausschneidet. Aus der Breite eines jeden Stahlstreifens werden zwei Federn geschlagen und werden dieselben, Spitze an Spitze, so ineinander geschnitten, daß das möglichst niedrigste Maß von Abfall bleibt. Hiernach kommen die flachen Plättchen zum Lochen, welches ebenfalls mit Hilfe der Schraubenpressen geschieht und das Aus schneiden der kleinen Löcher und Seiteneinschnitte zum Zweck hat. Nachdem sie gelocht, kommen die Federn in den Stempelsaal, wo