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Neber einige in (England nnsgefiihrte Processe zur Dar stellung künstlicher Brennmaterialien iPatenlkohlcn) und insbesondere über die Bessemer schen Kohlen. Von M. S. Jordan, Ingen, der Gas- u. Eisenhütten-Gesellschaft zu Marseille. (Nullet, (le la soc. <ls Iinäu8tr. min. durch das chem. Ccntralbl.) Der Ausdruck künstliches oder patentirtes Brennmaterial (Pa tentkohle) wird in England angewandt, um verschiedene industrielle Products zu bezeichnen, welche als Brennmaterialien benutzt werden und durch Umformung von Substanzen entstanden sind, deren Un reinheit oder zu große Zerkleinerung ihre unmittelbare Verwendung unthunlich machte. Diese Brennmaterialien find sehr verschiede ner Art. In den norwegischen Sagemühlen, wo sich große Masten von Sägespänen ansammeln, ist man schon vor langer Zeit daraus ge kommen, mit Ziegeln zu feuern, welche aus 18—24 Theilen Säge spänen , 8 Theilen Thon und >/§ Theer bestehen. Die Masse, welche man gewöhnlich zur Darstellung künstlicher Brennmaterialien be nutzt, sind Holzkohlenlösche und Quandelkohlen, ausgebeizte Eicken lohe, Torf-, Braunkohlen-, Steinkohlen- und Koksklein, welche man mit Oel und Fettabfällen, Harz, Steinkohlen- oder Schiffstheer vermischt. Eine Menge von Processen, die entweder durch die angewandten mechaniscken Mittel oder die Zusammensetzung der Produkte ver schieden sind, hat man für diesen Fabrikationszweig in verschiedenen Ländern erfunden. In Frankreich verstehen die Lohgerber schon seit mehreren Jahr hunderten die mit Hilfe eines Bindemittels aus ausgebeizter Eichen lohe geformten Ziegel zur Feuerung zu verwenden. Zu Paris hat seit länger als 10 Jahren P o p elin-D u c ar re die sogenannten Pariser Kohlen erfunden und seine Erfindung ausgebeutet. Es ist dies ein Industriezweig, welcher die Darstellung künstlicher vegeta bilischer Kohlen aus Holzkohlenlösche und verkohltem Reißholz mit Hilfe des aus den Gasanstalten bezogenen Steinkohlentheers bezweckt. In Oestreich hat vor länger als lOJahrenSwozil ein Patent zur Umformung des Torfes in eine der Steinkohle ähnliche Masse genommen; er vermischte den Torf mit verschiedenen organischen Substanzen, welche zu einer Art faulender Gährung Anlaß gaben. Außerdem stellte derselbe ein Brennmaterial dar, welches mit be wunderungswürdiger Leichtigkeit und beträchtlicher Heizkraft brannte. In Irland trennt Mr. Hill durch trockene Destillation die brenzliche Holzsäure und den Theer vom lufttrockenen Torfe, ver mengt den noch heißen Theer mit der Torfkohle und verwandelt so das sperrige und in machen Fällen ganz unbrauchbare und werthlose Material in einen nützlichen, mit Vortheil anwendbaren Brennstoff. Vor langer Zeit erfand ein Russe, Weschniakoff, einen von ihm Carbolein genannten Stoff, der aus Steinkohlenklein und thie- rischem Abfallsett dargestellt wurde, welches in Formen gedrückt und zwischen Filzen aus groben Pferdehaaren stark ausgepreßt war. Diese Substanz bestand nach einer Analyse von Kayser aus: Steinkohlenklein 84 Th. Fettsubstanz 8 - . Asche! 8 - 100 Th. Außerdem ward eine Probe von Kayser nach der Berthier'schen Methode untersucht und deren Heizkraft geringer, als die einer guten Steinkohle befunden, was wahrscheinlich in der schleckten Qualität der bei der Fabrikation benutzten Steinkohle seinen Grund hat. Ein Hauptvortheil dieses Brennmaterials, der vorzüglich bei Schiffs dampfmaschinen von Wichtigkeit ist, ist der, daß es sich gut ver packen läßt und in den Brennmaterialbehältern wenig Raum ein nimmt. Ein Fabrikant zu Paris, Latry, endlich hat erfunden, das vorerwähnte Princip auch auf die Fabrikation künstlicher Luxushölzer anzuwenden, die er aus Sägespänen des Palisanderholzes aus den Tischlerwerkstätten anfertigt. Alle diese verschiedenen Processe jedoch, alt oder neu, sind weit entfernt, dasselbe lebhafte Interesse zu erregen, wie die aus England nach unseren verschiedenen Seehäfen gelangenden und Patentkohlen genannten künstlichen Brennmaterialien. Einer dieser in England am längsten in einem großartigen Maßstabe betriebenen Fabrikationszweige ist der des Mr. Wylam. Die von ihm zusammengemengten Substanzen sind Steinkohlenklein und Theer. Im Folgenden werden wir die verschiedenen Operationen dieses Processes kurz beschreiben. Patentkohle von Wylam. Die erste Operation bildet die Zerlegung des Steinkohlentheers durch trockene Destillation in leichte und schwere Oele und Theer. Wylam führt dieselbe in gußeisernen Retorten aus, die mit einem Schlangenrohre versehen sind und durch direktes Flammenfeuer erhitzt werden. Die ersten Products der Destillation sind die leichten Oele; er destillirt dieselben ein zweites Mal mit Wasser und ein drittes Mal mit Chlorkalk oder Aetzkalk, um sie farblos zu erhalten, in welchem Zustande dieselben besser verkäuflich sind. Das zweite Destillationsproduct ist schweres Oel, welches zur Erleuchtung der Ladeplätze in Häfen, der Hüttenplätze, der Eisen weichen rc. verkauft wird; ferner dient es zur Präparation der Hölzer zu Pfählen, Sckiffsstapeln u. s. w., zur Auflösung des Theers und bildet einen geschätzten Anstrich für Holz- und Eisengeräthe; außer dem verfertigt man daraus ein schwarzes Elfenhein von guter Qualität. Der Ueberrest der Destillation ist Theer, den man in Stein kufen erkalten und erstarren läßt. Wenn der Theer vollständig er härtet ist, mahlt ihn Wylam unter Mühlen zu Staub und vermengt ihn mit Steinkohlenklein im Verhältnisse von 1:4. DiesesGemenge gelangt über einen Vertheiler in Trichter, deren jeder am Boden ein Paar cannelirte Walzen besitzt, die durch eine Transmission bewegt werden und gleichmäßig die den ersten Theil des Apparates bildende Retorte speisen. Diese gußeiserne cylindrische Retorte liegt auf einem gewöhnlichen Herde, wo sie beständig in dunkler Rothgluth erhalten wird. Eine archimediscke Sckraube bewegt sich längs der Axe der Retorte und treibt das eintretende Gemenge in ungefähr 3 Minuten durch ihre ganze Länge (4,50 Meter). Dasselbe befindet sich beim Austritte in einem teigigen Zustande und wird durch eine Kette ohne Ende in einen Behälter geführt, in welchem es durch Arme, die an einer rotirenden Welle befestigt find, beständig in Bewegung erhalten wird, um zu verhindern, daß es erhärtet. Aus diesem Behälter gelangt dasselbe in große Formen, in wel chen es auf folgende Weise zusammengepreßt wird: Die Formen sind auf einem rotirenden runden Tische befestigt. An einem Punkte über dem Tische befindet sich das Reservoir, aus welchem die Formen ge füllt werden. An zwei andern diametral entgegengesetzten Punkten befinden sich zwei hydraulische Pressen. Die Pfannen werden aus dem Reservoir gefüllt, der Tisch dreht sich und durch den niedergehen den Kolben der hydraulischen Presse wird der Brei in sechs nebenein ander liegenden Pfannen gleichzeitig comprimirt. Während der Kolben wieder in die Höhe geht, kommt eine andere Reihe von Pfannen und wird ebenso zusammengepreßt, wäh rend der Kolben der zweiten hydraulischen Presse bei seinem Nieder gange die Kohlenziegel aus der ersten Reihe von Pfannen heraus drückt und dieselben in einem solchen Zustande der Vollendung nie derfallen läßt, daß sie nur noch mit dem Fabrikzeichen versehen zu werden brauchen. Der Mechanismus und die Anordnung dieses Apparates find bewunderungswürdig. Eine Analyse der Wylam schen Patentkohle hat folgende Resul tate ergeben . Kohlenstoff 76,60 Wasserstoff 5,15 Sauerstoff 0,63 Stickstoff 1,54 Asche 7.68 100,00 . v- j Kohlenstoff 61,67 oder Kohle f Usche 7,08 Flüchtige Verbindungen 3l,25 100,00 Der zur Fabrikation dieser Art künstlicher Kohlen benutzte Theer hat ein spec. Gewicht von 1,01016 und gab bei derAnalyse folgende Zusammensetzung: Kohlenstoff 73,56 Wasserstoff 8,08 Sauerstoff 17,79 Asche 0,57 100,00