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— 188 — Aufrufe zur Bildung von Genossenschaften; ferner hat sich auch be reits ein Gewerbeverein gebildet, in welchem man auf die Nothwen- digkeit größerer Ausbildung im Gewerbestande Hinweist, Ferner hört man.bereits in manchen Fällen, daß die Söhne reicher,Hand- werker nach England, Frankreich und Belgien reisen, um sich dort auszubilden, während sich die meisten früher nur auf das Faulbett des privilegirten Zunftmeisterthums zu strecken pflegten und meinten, daß sie nach überstandener Prüfung nichts weiter zu lernen brauchten. Auf den Werkplähen unsrer Bauhandwerker sieht man schon ver schiedene großartige Vorrichtungen zu dem Betriebe mit Maschinen. Jetzt dürfen ohne Furcht vorDenunciationen und Strafen von einem Meister alle möglichen Handwerke betrieben werden. Ein Bauunter nehmer darf jetzt Maurer, Zimmerleute, Tischler, Glaser, Schlosser u. s. w. beschäftigen und namentlich das Bauhandwerk hat von der Gewerbefreiheit die größte Erleichterung erfahren. Eine wichtige Veränderung ist das Steigen der Arbeitslöhne. Ich erlaube mir dies aus den Lohnverhältnissen des wichtigsten Gewerbes, nämlich des Baubandwerkes nachzuweisen. Wie die übrigen Gewerbe ist auch das Bauhandwerk in Bremen vollständig frei geworden. Es zählen zu diesem Gewerbe allein über 700 Maurer- und Zimmergesellen, über denen früher 23 Maurer- und 13 Zimmermeister standen. Die früher staatsseitig festgestellten, jedoch schon einige Zeit vor Einfüh rung der Gewerbefreiheit aufgehobenen Lohntaxen der Maurer- und 'Zimmergesellen betrugen — 48 Eroten, d.i. Thaler pr. Tag. Gegenwärtig verdient ein gu^er 'Geselle 1 Thlr. und 'bei''Accördar- beiten ist es ihm zuweilen sogar möglich IT/2 Thlr. zu verdienen! Die Lohnerhöhung erstreckt sich aber nicht Klos auf die Gesellen, son dern auch aus die Lehrlinge und Arbeiter. Ein Lehrling z. B. er hielt früher unter dem Zunftwesen im ersten Jahre 1>/^. Thaler Wochenlohn, im zweiten Jahre 1^/g und im dritten Jahre 2 Thlr.; gegenwärtig zahlen unzünftige Bauunternehmer dem Lehrlinge im ersten Jahre 2, im zweiten 2'^ und im dritten Jahre 3 Thaler Wochenlohn. Der gewöhnlich? Arbeitsmann, welchem der Zunftmei ster früher */g Thaler Arbeitslohn zahlte, erhält jetzt von den un zünftigen Bauunternehmern Thaler und noch darüber. Diese Lohnerhöhung gerreicht aber den Bauunternehmern nicht zum Schaden; es zeigt sich im Gegentheil, daß der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich dabei besser stehen, und ich habe es aus dem Munde von Bauunternehmern selbstvernommen, daß sie sich bei Bewilligung eines höheren Lohnes viel besser stehen, als früher unter der Herr schaft der Lohntaxe, wo der Fleißige und Tüchtige ebenso wie der Faullenzer bezahlt wurde, was zur Folge hatte, daß man nicht in der Arbeit sondern im Faullenzen concurrirte. Das System des Accordlohnes ist erst jetzt, nachdem jede Einwir kung des Staates und der Zunft auf den Lohn aufgehört hat, zur vollen Aufnahme und Uebung gekommen. Wenn man früher auf den Bau kam — so erzählte ein Geselle — ging Alles so lässig und langsam her, die Arbeiter wollten sich nicht für den kargen Lohn abplagen und waren so faul wie möglich, sobald der Aufseher ihnen den Rücken wendete. Gegenwärtig wird der Arbeiter nach seinen Leistungen be zahlt; er ist auch nicht mehr an einen bestimmten Meister gebunden, sondern er kann sich an jeden beliebigen Unternehmer wenden, sich an Accorden betheiligen, kann sich mit Anderen associiren und auf eigene Rechnung arbeiten. Die Accordarbeit und die Verschiedenheit des Lohnes bei verschiedenen Leistungen hat für den Arbeiter noch den wichtigen Vortheil, daß er selbst calculiren, vermessen und prüfen lernt, was er leisten kann. Früher wurde mechanisch fortgearbeitet, der Arbeiter gab sich nicht die Mühe über seine Arbeit nachzudenken, jetzt fühlt sich schon derLehrling veranlaßt zuberechnen und zu unter suchen was er zu leisten vermag und auf tyelche Weise er später ein mal sein Brod verdienen kann; er lernt mit einem Worte nicht blos mit der Hand, sondern auch mit dem Kopfe arbeiten und über die Ehancen seines Fortkommens in der Welt nachdenken. So hat denn die Gewerbefreiheit die arbeitende Klasse nicht blos materiell, sondern auch geistig und moralisch gehoben. Ueber diesen letzteren Punkt, über die hohe sociale und politische Bedeutung der Gewerbefreiheit gestatten Sie mir noch einige Schlußworte: Meine Herren! Es geht unter der Herrschaft der Gewerbe freiheit, wenn auch den Meisten unbewußt, so doch unverkennbar ein ganz anderer frischer, freierer Zug durch alle Klaffen derjenigen Schichten der Bevölkerung, welche vorzugsweise den Ehrennahmen der arbeitenden Klassen führen. Meine Herren! Jederman hat erst dann so recht das Bewußt sein eines freien Bürgers, wenn er gewiß ist, daß ihm die verschie densten Mittel und Wege offen stehen, sich sein Brod zu erwerben. Der unglücklichste Mensch ist offenbar derjenige, welcher sich in einem, verfehlten Lebensberufe festgebannt weiß. Die Aussicht auf das ganze große Gebiet des Erwerbslebens muß das ganze Schaffen und Streben eines Mannes würdiger, ernster und erfolgreicher machen und seinem Geiste einen höheren Schwung geben. Unter der Frei heit der Arbeit späht Jeder immer nach neuem Erwerbe, Jeder muß denken, berechnen, erfinden und den Andern zu überflügeln suchen. Derselbe Arbeiter, der bisher stumpf, unselbstständig und apathisch mit seinem kargen Lohne in den Tag hineinlebte, lernt unter der Gewerbefreiheit auf einmal über die Lohnverhältnisse und die dar auf einwirkenden Umstände nachdenken. Früher wußte der Geselle und Arbeiter nicht was ihqr fehlte, er sah nur, daß der Staat sich in seinen Erwerbsbetrieb einmischte, daß der Staat ihm verbot, auf eigne Rechnung zu arbeiten; er sah, daß der Staat oder die Obrig keit die Brot- und Fleischpreise, die Lohntaxe und Andere feststellte; er sah mit einem Worte, daß gerade die ärmsten Bürger zu Gunsten der höher stehenden und privilegirten Klassen in der freien Benutzung ihrer Arbeitskraft gehindert wurden. Meine Herren! Schlichte Arbeiter haben mir gestanden, daß der Arbeiterstand früher unter der Herrschaft des Zunftwesens gar keinen schlimmern Feind gekannt habe und gekannt zu haben glaubte, als die Regierung und die Obrigkeit. Die Regierung und die Obrig- keit waren in den Augen dieser nicht tiefer nachdenkenden und am freien Erwerbe gehinderten Arbeiter an Allem schuld, an den Lebens mittelpreisen, an den niedrigen Löhnen und an Allem, was sie drückte, und gerade in dieser Ansicht lag eine beständige Gefahr für die be sitzenden Klassen. Unsere Nation ist gewiß auch aus diesem Grunde, aus einer nicht unmotivirten Furcht vor der Revolution und vor den Arbeiter klassen um eine ihrer schönsten Hoffnungen betrogen und an der Er reichung ihrer großen nationalen Ziele gehindert worden. Das System der Urwahlen ist eine der größten Gefahren für den Staat, sobald der größte Theil der Urwähler in zünftiger Abhängigkeit und staatlicher Bevormundung gelebt und sich nicht gewöhnt hat, über sein Derhältniß zum Staats- und Erwerbsleben weiter nachzu denken. Ein so gemaßregelter Arbeiterstand wirft sich unbedingt dem in die Arme, der ihm einen höheren Lohn oder sonstige Vortheile ver spricht und gewissenlose Führer haben dies in ihrer Weise ausgebeutet. Gerade dies ist die größte Gefahr des früheren Zunftwesens und der staatlichen Einmischung in das Gewerbsleben, daß es nichts anderes ist als eine Art von Staatscommunismus. Unter der Freiheit aber, meine Herren, erkennt Jeder, daß er mit dem Reichsten vor dem Gesetze gleich ist, daß die Regierung nicht schuldig ist an seinem Zu stande, daß sie ihn nicht daran hindert, mehr zu verdienen, sobald er thätig, fleißig und mäßig ist. Unter der Freiheit der Arbeit lernt Jeder, auch der Aermste, aus seiner Erfahrung die Gesetze kennen, nach welchen sich das wirthschaftliche Leben regelt. Er fühlt, daß Jeder seines eigenen Glückes Schmied ist und wird mit einem Worte ein freier, selbstständiger Bürger. Meine Herren! Die Gewerbefreiheit ist und bleibt der wesent lichste Hebel und Baustein an dem Werke eines selbstständigen Bür- gerthums. Lassen Sie uns daher nicht ermüden, in dem Geiste, wie der Verein der hier versammelten Männer seit Jahren gewirkt hat, fortzuarbeiten, und wir werden nicht blos zur materiellen, sondern auch zur moralischen, geistigen und politischen Hebung unseres Volkes unser Theil beitragen. Selbstthätige Kaffee-Röstmaschme von Robert Hooper. (IRe xrnct. IVloobanie8 ckourrml.) Mit 2 Holzschnitten. Diese sinnreich angeordnete Maschine kann nicht allein zum Rösten des Kaffees, sondern auch zum Rösten von Sämereien, Wurzeln und anderer vegetabilischer Products benutzt werden. Bezüglich des Kaffeeröstens war die allgemein befolgte Praxis die, den Röstproceß in verschlossenen Gefäßen vorzunehmen die sich entwickelnde Feuchtigkeit entwich dann durch Oeffnungen, welche in dem Rostgefäße angebracht waren und übte die unzuträgliche Wir kung der Wasserdämpfe aus. Eine andere Unbequemlichkeit entstand