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vollständigen Ersatz der dem Boden durch die Ernten entzogenen organischen und anorganischen Stoffe sollte als Hauptgrundsatz in der Düngerlehre eine allgemeine Geltung haben. Die einander widersprechenden, gemeinschädlichen, zu einseitigen Theorien einiger Chemiker werden hoffentlich bei der gesunden Praxis wenig Auf nahme finden. Die Bindung des kohlensauren Ammoniaks und dessen Um wandlung in ein nicht flüchtiges, aber in Wasser lösliches Salz wird also beim Stallmist sehr nützlich, beim Abtrittsdünger aber sogar nothwendig sein, weil dieser im rohen, nicht desinficirten Zustande nach vielseitigen Erfahrungen eine nachtheilige Wirkung auf die Güte und den Geschmack mancher Bodenproducte, besonders der Gemüse, haben soll, die Desinficirung der städtischen Gruben aber auch jedenfalls in gesundheitspolizeilicher Beziehung unerläßlich ist. Beiläufig ist hier jedoch der Umstand zu erwähnen, daß nach vergleichenden Versuchen mit Halmfrüchten das sich natürlich ent wickelnde kohlensaure Ammoniak eine viel kräftigere Düngerwirkung als das schwefelsaure Ammoniak gezeigt haben soll. Zur weiteren Aufklärung der Verbältnisse möchten mehrseitige Versuche, z. B. auf die des Schwefels bedürftigen Leguminosen zu empfehlen sein; denn ziemlich analog hat der schwefelsaure Kalk (Gyps) auch nur auf letz tere eine vorzügliche, auf Halmfrüchte aber fast gar keine Wirkung. In beiden Fällen kommt auch noch viel auf die Bodenbestandtheile an und es bleibt in dieser Beziehung noch viel zu erörtern. Hinsichtlich der Anwendung poröser Körper zur Absorption so wohl flüchtiger als auch flüssiger Düngerstoffe habe ich auf meinem ehemaligen Besitzthum die Erfahrung gemacht, daß lufttrocken ge wordene Torferde ganz vorzüglich geeignet ist, sowohl als Streu mittel, besonders in den Sckasställen, als auch zur Durchschichtung des Düngers auf der Miststätte zu dienen, wodurch nicht nur der Verlust kräftiger Düngerstoffe vermieden, sondern auch quantitativ eine bedeutende Düngervermehrung bewirkt werden kann. Von einer zum Gute gehörigen Wiese ließ ich alljährlich einige hundert Fuder Torferde zu diesem Behuf ausgraben, die theils in dachförmigen Haufen, theils, und besonders für den Winter, in einem Schuppen getrocknet und nach und nach verwendet wurde. Es gibt sehr viele torfige Wiesen von höchst geringem Futter werth, deren Torfsubstanz als Brennstoff zu schlecht, aber zur Dün gerbereitung sehr nutzbar sein würde, wodurch man sich viel größere, sichere und dauernde Erfolge verschaffen könnte, als durch den An kauf der verschiedenen lächerlich kleinen, auf Kosten der Bodenkräfte stimulirend wirkenden Düngemittel. Dies ist gewiß die zweckmäßigste und bezüglich wohlfeilste Weise, sich guten und reichhaltigen Dünger zu verschaffen, in welchem alle Bedingungen vorhanden sind, um den Boden mit Kohlenstoff, Hu mus, thierischen Stoffen, Ammoniaksalzen, Phosphaten und allen mineralischen Stoffen zu versorgen, welche ihm durch die Ernten ent zogen werden. Vermittelst des Torfs gewinnt man einen wohlfeilen und vollständigen Dünger, der eigentlich, nur unter einer andern Form, dem Stalldünger in seiner Natur und Wirksamkeit gleich ist, weil alle Grundstoffe des Stallmistes in ihm enthalten sind und seine orgänischen Bestandtheile unter dem Einfluß eines Alkalis, z. B. des sich bei der Vermischung mit faulenden thierischen Stoffen ent wickelnden Ammoniaks, löslich werden. Ueber die Erfolge der Gewcrbefreiheit. (Aus einer stenographirten Rede, gehalten auf denitrierten Kongresse der deutschen Bolkswirthe zu Stuttgart am 6. Lcpt. l8til.) Der Berichterstatter Bö hmert wieß im Anfänge seines Berich tes auf die Zeugnisse hin, welche über die Bewährung der Gewerbe freiheit diejenigen Länder geben, in welchen dieselbe schon seit Jahr zehnten eingeführt ist, wie in Rheinbayern und Rheinhessen, wo sie bekanntlich noch zu den Errungenschaften der französischen Revolution gehört und wo man dieses Gut treu zu wahren wußte im mannhaften Widerstande gegen die zünftigen Bestrebungen des deutschen Hand werkerstandes in den Jahren 1848 und 1849. Die Pfalz trat da mals wie ein Mann auf und erklärte, daß sie sich einem Versuche der Reichsversammlung, die Gewerbefreiheit aufzuheben, widersetzen würde. Aus den neuern Berichten der Wormser und Mainzer Han delskammer ergeben sich die wohlthätigen Folgen der Gewerbereform in den erwähnten Ländern. Aber auch aus den Staaten, wo die Ge werbefreiheit neueren Ursprungs ist, aus Oestreich, Nassau und Olden burg hört man von ihren segensvollen Wirkungen. Specieller geht der Redner auf die Gestaltung der Verhältnisse in Bremen ein und wir geben den Schluß seiner Rede wörtlich. Mögen die angeführten Thatsachen dazu dienen etwa vorhandene Bedenken noch vollends zu zerstreuen. „Meine Herren, ick habe bisher mehr allgemeine Zugeständnisse zur Beantwortung der Frage, wie sich die Gewerbefreiheit bewährt habe? mitgetheilt; lassen Sie mich zum'Sckluffe noch einige positive Thatsachen über die concreten Gewerbeverhällnisse Bremens seit Ein führung der Gewerbefreiheit anführen und Einiges über die Beobach tungen berichten, die ich über den Einfluß der Gewerbesreiheit in Bremen gemacht habe. In Bremen wurde die Gewerbefreiheit durch das Gesetz vom 4. April 1861 eingesührt und zwar sofort am Tage der Publikation des Gesetzes. Im September 1857 wurde die Gewerbefrage zum ersten Male auf die Tagesordnung der Bremer Bürgerschaft gestellt und die Zunftpartei hatte mit 32 gegen 30 Stimmen den Sieg da von getragen. Jener Vorgang mag unsere Freunde in Bayern be ruhigen. Die erlittene Niederlage veranlaßte die Freunde der Ge werbefreiheit in Bremen zu um so lebhafterer Agitation und schon nach wenig Jahren feierten sie einen um so glänzenderen Sieg; zwar nicht in so fern, als eine große Majorität errungen wurde, aber doch in so fern, als die Gewerbefreiheit ohne Zwischenzustände sofort und unbedingt eingeführt worden ist. Der Einführung selbst ging ein sehr harter Kampf voraus und der Beschluß wurde nur mit 74 gegen 69 Stimmen gefaßt. Seit der Zeit der Einführung der Gewerbe freiheit in Bremen ist nun beinahe ein halbes Jahr verflossen, aber von den unheilvollen Befürchtungen, welche von der Zunftpartei aus gesprochen wurden und womit eine förmliche Bewegung in unserer kleinen staatlichen Gemeinde hervorgerufen wurde, von Massenar- muth, von dem Ruine vieler hundert Handwerker, Unordnung und sogenannten chaotischen Zuständen u. s. w. ist nichts zu bemerken ge wesen, wohl aber hat man bereits bemerkt, daß sich die Gesammtheit dann am Besten steht, wenn sie Jedermann selbst für sein Fort kommen sorgen und seine Hände frei gebrauchen läßt. Im Allgemeinen kann man sagen, daß der Uebergang ein ganz unmerklicher und allmähliger gewesen ist und daß jetzt alle Welt sich wundert, wie man vorher so großes Geschrei erheben konnte. Die Statistik der Fallissements und Concurse weist kaum einige wenige Bankerotte zünftiger Handwerker nach, während sie nach allgemeiner Befürchtung gleich zu tausenden hätten eintreten müssen. Nur die jenigen Gewerbe, auf welche die jetzigen amerikanischen Verhältnisse einwirken, wie z. B. die Cigarrenfabrikation, welche übrigens nie zünftig war, haben eine kleine Stockung erlitten. Daran ist aber doch gewiß die Gewerbefreiheit nicht schuld; die Arbeit in den früher zünftigen, jetzt frei gewordenen Gewerben geht eifrig vorwärts. Fleißige Handwerker sind überall gesucht und nicht genug zu be kommen. Das ganze Erwerbsleben geht einen rascheren und be quemeren Gang und das Publicum wird weit sckneller bedient. Wo man früher Tischler und Zimmermann zusammen haben mußte, führt jetzt ein Gewerbsmann Alles aus. Die Schaufenster der Hand werker und Kleinhändler zeigen jetzt eine Menge Waaren mit denen sie nickt handeln durften. Der Höker schafft sich jetzt offen eine große Anzahl Materialwaaren an, die er früher nur verstohlen führte. Der Papierhändler verkauft Schreibe-, Geschäfts- und andere Bücher, welche früher nur der Buchbinder verkaufen durfte, und der Buck binder wiederum handelt mit Papier. Der Schneider führt alle Arten Manufakturwaaren und der Manufakturwaarenhändler stellt in sei nem Magazin fertige Kleider zum Verkauf aus, kurz, man hat sich von vielen alten Beschränkungen losgemacht. Der ganze Kleinver kehr ist offener, ungezwungener und mehr als ein Mal habe ich Leute ausrufen Hörern Welch' ein Segen, daß man nicht mehr so genirt ist, wie früher! Dies ist der richtige Ausdruck, der am genü gendsten die Anschauung des Publikums kund gibt. Das Gewerbegericht, welcbes früher die Zunstgesetze zu prüfen hatte und wobei mehrere Juristen ihren Scharfsinn erproben mußten, hat aufgehört. Die Zünfte selbst lösen sich allmälig auf und sind schon verschiedene Beschlüsse in dieser Hinsicht gefaßt worden. Die Häschereien und Denunciationen wegen Pfuschereien und unbefugten Handels haben damit ebenfalls aufgehört. Man braucht dies nicht zu bedauern, denn es Hat sick gezeigt, daß man keinen neuen Wein in die alten verdorbenen Schläuche des Zunft wesens füllen kann. Die Bildung von freien Genossenschaften ist durch das Aufhören der Zünfte angebahnt. Man erläßt bereits