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Ur. 10. Friedrich Georg Mecii's 1881. Anter besonderer Mitwirkung der Herren M M. Freiherr von Weder, gnqcn., K. Sächs- Finanz-Rath u. StaalSclsrnd Dirccior, Eomthur u. Rilter in Dresden. vr. Wilhelm Ritter von Schwarz, K. K. Sectio»s-Ratb und Kanzlei-Dircilor dei üstcrr. Weneral-ConsuInlS ic. in Paris. Or. Rudolph wieh, Grnßderzogl. Bad. Geb. Referent, im Handet« Minift., Ritter:c in Carlsrui-e. vr. Lnapp, Professor der angewandten Lbemie in München. A. M. Rilter von Burg, K. K. Rcg.-Ratb u. Prof., Mitglied d. Akademie t. Wissenschaften, PerwattungSralb >c. in Wien. W. Dechelhäuser, Gencral-Dirrct. d. Continental GaS-Kesellfch in Dcßau. l)r. M. Kühlmann, Prof, der Königl. Polhtechn. Schule, Ritter >c. in Hannover. Or. F. von Sleinbcis, Direct. d. K. Württemb. Eentralstelle f. Handel u. Gew., Comth. u. Ritter n. in Stuttgart. l)r. ErnU Engel, Kgl. Preuf Sleli. Reg.-Rath, Direktor de« Kgl. Statist. Bureau, Ritter >c. in Berlin. H e r a u s g c g c b e n von Or. Heinrich Hirzrl. Privatdoccnt der Ckemle a. r. Universität Leipzig, d. Z. Director der Leipziger Polytechn. Gesellschaft. Wöchentlich 2 Boqen. Zu bezicben kur» alle Buchdantlungen und Poitämler. Eechsnndzwanzistster Jahrgang. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Arbeit der Kinder in den Fabriken. Von Ur. H. Rentzsch in Dresden. Will man das Elend einer Bevölkerung, die vorzugsweise auf Fabrikthätigkeit angewiesen ist, mit den graffesten und, wie wir im Voraus bemerken wollen, meist übertriebenen Farbentönen schildern, so ist kein Thema dazu geeigneter als die Arbeit der Kinder in den Fabriken. Und in der That, da lesen wir in Reiseberichten beson ders menschenfreundlich gesinnter Schriftsteller und Schriftstellerinnen, da hören wir bei mündlichen Referaten von dem bleichen, fahlen An tlitz der armen Kinder, denen aller jugendlicher Frohsinn und Muth- wille abgehe, deren glanzloses trocknes Auge uns vorwurfsvoll an blicken soll, als wollte es uns dafür verantwortlich machen, daß es während seiner Kinderzeit zu schnöder Sclaverei verdammt sei. Neben diesem Physisch wenig erfreulichen Zustande klagt man über den Mangel an fast aller geistigen Bildung, über große Unwissenheit und nicht minder über große Rohheit, sobald die strafende Hand fern sei. Die Einen erblicken — diese Gegensätze in den Beobachtungen und Anschauungen sind wohl zu beachten — in den jugendlichen Fabrikarbeitern die stillen Dulder, die mit widerstandsloser Resigna tion ihr hartes Loos tragen: die Andern sehen in ihnen fast das directe Gegentheil, den jugendlichen Uebermuth, der aller Zucht und guten Sitte ledig, sich bis zur Ungesetzlichkeit steigern und in früherer oder späterer Zeit bis zum Verbrechen führen könnte. Und kommen wir dann mit den Eindrücken, die Lectüre oder Erziehungen in uns befestigt haben, selbst in diese Gegenden, haben wir Gelegenheit, nicht blos oberflächliche Beobachtungen auf den Straßen und bei dem Durchschreiten der Fabriklokale anzustellen, sondern mit den Leuten selbst längere Zeit zu leben und gründliche Erfahrungen einzusam meln, so lernen wir allerdings über Manches anders denken. Wie im ganzen menschlichen Leben, so gibt es auch bei der Fa brikarbeit mancherlei Schattenseiten, ja wir wollen gern zugeikehen, daß bei allen andern Berufszweigen, höchstens den Bergbau mancher armen Gebirgsgegend ausgenommen, die arbeitenden Kinder sich eines bessern Loses erfreuen, als bei der Fabrikarbeit. Es mag wohl auch hie und da lieblose Eltern geben, welche ihre Kinder nur als Einnahmequellen betrachten und ihnen kaum die nöthige Erho lungszeit gönnen; es fehlt wohl auch nicht an Fabrikherren und an Aufsehern, welche statt des herzlich ermahnenden Wortes augenblick lich zu harten Strafen verschreiten. Die'eintönige, Geist und Kör per abspannende Arbeit, wie sie gerade den Fabriken mit ihrer Ar- beitstheilung eigenthümlich ist, dürfte dem kindlichen Organismus ebenso wenig angenehm sein ; der nothwendigeMangel der harmonischen geistigen Ausbildung ist endlich ein ziemlich großer Nachtheil; allein so traurig sind die Zustände doch in ihrer Allgemeinheit nicht, wie man sie von mancher Seite aus geschildert hat. Am allerwenigsten können wir aber in die Mahnungen Derjenigen einstimmen, welche die Arbeit der Kinder — wir fügen hinzu: in wohlmeinendster Ab sicht — ganz und gar aus den Fabriken beseitigt wissen wollen. — Um den Standpunkt, den wir in dieser Frage einnehmen, im Voraus klarerkennen zu lassen, stehen wir nicht an zu bemerken, daß wir gleich falls die Arbeit der Kinder in den Fabriken beklagen, und es allerdings lieber sehen würden, wenn deren Beschäftigung in anderer Weise ge regelt werden könnte: allein, sowie die Sachen jetzt liegen, hieße dies etwas Unmögliches fordern, und kann es unserer Ansicht nach nur darauf ankommen, durch Beseitigung und Milderung mancher Uebel- stände die Schattenseiten möglichst zu entfernen. An sich kann man nämlich in einer frühzeitigen Gewöhnung der Kinder zu einer geregelten Thätigkeit nichts Beklagenswerthes erblicken, sobald eine solche nur den kindlichen Kräften angemessen ist. Eine mäßige wirtschaftliche Benutzung der Kinder, die fast den dritten Theil der Bevölkerung ausmachen. erscheint vielmehr Iv