Volltext Seite (XML)
Xr. 32. Iriedrich Heorg Wiecli's 1863. Der Pantclcgraph des Abbe Casclli. Von Prof. H. Schwarz in Breslau. Mit dem bisher am Allgemeinsten angewendeten Morseschen Telegraphen arbeitet man bekanntlich, indem man jeden Buchstaben des Alphabets, jede Ziffer in eine Kombination von Punkten und Strichen übersetzt, die durch den Griffel des Apparats in einen Strei fen Papier gedrückt werden, sobald und so lange ein galvanischer Strom den Elektromagneten umkreist, dessen Anziehungskraft den Griffel gegen das Papierblatt bewegt. Ob man den Griffel durch den Rand einer mit Farbe überzogenen Scheibe ersetzt nnd so statt der vertieften — farbige Punkte und Striche erzielt, — immer bleibt es doch nöthig, daß ein mit der Morsc'schen Schrift vertrauter Beam ter die aufgegebene Depesche in die Morsc'sche Schrift übersetzt, daß ein anderer am EmpsangSpunkte der Depesche diese Schrift in die ge wöhnliche Sprache zurück überträgt. Das Wiedergeben von eigen- thümlichen Schriftzügen, von Zeichnungen, von musikalischen Noten ist unmöglich. Der Pantelegraph von Caselli leistet dies auf sehr einfache und sichere Weise; er überträgt Autographen, und seine Thä- tigkeit ist von der Intelligenz und Aufmerksamkeit der Beamten fast unabhängig Man schreibt auf ein vorbereitetes metallisches Blatt die Depesche mit nichtleitender Dinte, man zeichnet einen Plan, ein Portrait ab, man legt das beschriebene Blatt in den Apparat nnd nach wenigen Minuten findet sich die Schrift, der Plan, die Zeich nung Zug für Zug auf der Hunderte von Meilen entfernten Station wicdergegeben. Man ist versucht, an Zauberei zu glauben. Der gal vanische Strom, dieses geheimnißvollc Fluidum hat so Wunderbares geleistet, daß das Publikum nur zu geneigt ist, mit seinem Glauben die Grenzen zu überschreiten, die dieser Kraft, wie allem Irdischen gesetzt und. Es ist wahr, mau vermag mittelst des galvanifchen Stroms mecbanfiche Kraft zu erzeugen; deshalb aber ist noch lange nickt der Zeitpunkt gekommen, wo alle Dampfmaschinen durch magnet elektrische Maschinen ersetzt werden können. Im Gcgcnthcil ist anzu- nebmen, daß vorläufig die durch die Verbrennung der Koblc unter dem Dampfkessel erzeugte Kraft noch bedeutend billiger zu stehen kommt, als die durch Verbrennung des Zinks in der galvanischen Sänle erzeugte. Es ist ferner wahr, daß man den elektrischen Funken, der zwischen Koblcnspitzcn überspringt, mit Erfolg zur Beleuchtung von Lcucbt- tbürmen angewendet hat, damit ist aber die Gasbeleuchtung unserer Städte noch lange nicht ans ihrem Rechte verdrängt. Es ist endlich wahr, daß man mit Leichtigkeit Hunderte von Meilen Depeschen sen den kann. Damit ist aber noch nicht bewiesen, daß auf tausende von Meilen, von Pol zu Pol dieselbe Leichtigkeit der raschen Uebertra- gung von Zeichen existirt. So leicht es aussicht, mit einigen Stücken Zink und Kupfer, mit etwas Schwefelsäure und Kupfervitriol, mit einigen Gläsern und Thonzellen eine Batterie auszubauen und den erzeugten elektrischen Strom durch einen isvlirtcn Drath fortzulcitcn, so schwierig gestaltet sich dies Alles, sobald größere Dimensionen und Entfernungen in s Spiel kommen. Von allen physikalischen Kräften ist der galvanische Strom am schwierigsten zu behandeln. Man wird dies am leichtesten bei der Betrachtung der Schwierigkeiten cinsehcn, die sich dem Erfin der des Pantelegraphcn in den Weg stellten. Das Prinzip dieses Apparats war lange bekannt und vielfach versucht. Er gehört zu der Klasse der Telegraphen mit chemischer Wirkung. Wird ein galvanischer Strom durch eine mäßige Lösung eines Salzes geleitet, so erfolgt die Zerlegung, indem sich an dem einen Pole die Säure, an dem anderen die Basis ausschetdct. Gleichzei tig wird häufig das Wasser zerlegt; an dem einen Pole scheidet sich häufig Sauerstoff, an dem anderen Wasserstoff ans. Tränkt man ein mit Stärke geleimtes Papier mit Jodkaltum, legt es dann auf ein Metallblech, das mit dem einen Pole einer gal vanischen Batterie in Verbindung steht, und fährt alsdann mit einem Griffel aus Platin darauf herum, welcher mit dem anderen Pole der Batterie metallisch verbunden ist, so zerlegt sich das Jodkaltum zuerst in Kali und Jodwasserstoff, und letzterer dann wieder in Jod und Wasserstoff. Jod gicbt aber schon in den kleinsten Mengen mit Stärke eine intensive blaue Färbung. Tränkt man daS Papier mit Blutlau gensalz und führt einen eisernen Griffel darüber hinweg, so löst sich Eisen auf und cs bildet sich Bcrlincrblan. Wählt man eine Lösung von salpetcrsaurem Mangan, so scheidet sich Manganoxyd mit brau ner Farbe aus. Tränkt man endlich das Papier mit Kochsalzlösung und einer Vcilchentinklur, so kann man sogar rotbe und grüne Zeichnungen er halten, indem man nur die Pole, welche mit der Platte und dem Griffel in Verbindung stehen, zu wechielli braucht, um das eine Mal die Spuren des Griffels durch die frei gemachte Säure roth, das andere Mal durch das freie Alkali grün gefärbt zu scbcn. Kreist kein Strom durch Griffel und Platte, so hört augenblick lich alle Zersetzung auf. Die Farbe des Papiers bleibt unverändert. Denke man sich nun, der fragliche Griffel in Station Ik ziehe, durch