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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.02.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110215026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911021502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911021502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-15
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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BezugS-PreiS « sedrachl; VH H ».70 Ihr! vet »nie« KUtal« ». Ln. leLen «d,«h»lo 7» »»aatl^ R.RL viernIiLbrl. w»rch »» H,»: Numeh«N> L«ui1chtand» and d« Soloni« »irrreliLhrU SSt „»atl. ansichl. Poftdesrellgeld. gerne» i» Belgien, Dänemark, den D«»a»staarra, Ile! len, Lurrmvura, di«d«rla»de, Bme. wen« Oesterreich-Ung«», «intzle»», Lchwedeu, Lchw«j ». Spanien, In allen übrrgen Staaten «urr dir«» durch dt» GejchLttliielle de« Blau« «rhtlMch. Da» Leip»»,« Dagedlan «rstdeou «mal täglich. Sonn» ». Feiertag« -« ««gen», »donn«. ent-Snnahnt«, Ung»st»«vlatz 8, de» unteren LrLgern, Kilialen, Spediteur« und »nuahmrstellen, io«, Loütnit«» and Bnefträger». <rtai,l»,rk,,»«p„t« «, Btorg«. »»«gab« 1Vder Ldendnuggab» » ch» «edattion »»d «eichäft«stellv Iodanlliegasse v. Sernjp«ch«i 14ÜVL 14«^ r4S»4. Abend-Ausgabe. WMrrTagMaü Handelszeitung. Amtsölatt -es Nates un- -es Nolizeiamtes Ser LtaSt Leipzig. Lluzeigen-Preis M 8»»«» «« Ueivzi, und Umgedung di, ägespalten« bv m» dr»U» Petit,eV» 2d ch, dt» 74 NU» brett, »tetla meg eil« l ^g »« ««wart» SV ckrklainr» l.!L) Inserat» «» «eddrben ,» amtliche» Lml die 7« au» breit» Petit«!» 40 »eschatrsan,eigen MU PiaOporlchrtstr» und in der Sbenvautaad» >m Preise erhdhr. Nadal! nach Laris. Peilagegedühr ü ».Dausen» exkl. Postgedübr. Feftertrilt» Sustrta» Unnen nicht zurüst- a«»»ge» «erden, güt da» scheine» an veltiMMten Lagen ua» LIL««» wird kein« Garantie übernommen. Lnztigen. Snaahme, Lugustu«pl»tz 8, bet sämtlichen Filialen u. alle» elanon«»- HrpedUiotXv de« In» und Sulla ade«. Ha»pt-S1llal» tverltar T»rl L»»ck,e. perzogl. Bag«. Hosduch- danblung Lünowstras,» 1(1 Ülri-odo» Vl. kr. 4008). Hau»t-sttlt»l« Lrr»de« S«eltr,»e 4, l (leleptzon 462l>. Nr. 46. Mittwoch, üen t5. Mruar lSll. „Klar;um Gerecht!" Daß die gestrige Rede de» Herrn v. Heyde- brand im preußischen Abgeordnetenhaus«, in der er den Nationalliberalen in aller Form und mit heftiger Deutlichkeit den Krieg bis aufs Messer ankündigte, nicht der Ausfluß .einer momentanen Erregung war. sondern — bei diesem nüchtern-klaren Verstandesmenschen ist das eigentlich selbstverständlich — der Ausdruck einer sorgsam er wogenen, ganz scharf präzisierten Ansicht, beweist der Wortlaut eines gestern an leitender Stelle der partei offiziellen „Konservativen Korrespon denz" veröffentlichten Aufsatzes. Darin wird mit der gleichen Derbheit und Deutlichkeit wie in der Red« H«ydebrands allen Gegnern der Konservativen, ., von Bebel bis Basserman n". die schärfste Fehde ohne jede Rücksicht angekündigt. Diese in mehr als einer Beziehung für den gesamten Liberalismus wichtige Kundgebung hat folgenden Wortlaut: Am 10. d. M. fand in Berlin «ine fast voll zählig besuchte Versammlung des Wei- terenDorstand«» unserer Partei statt. Mit Bedauern wurde, wie wir schon kurz be richteten, vom Ausscheiden des bisherigen lang jährigen Vorsitzenden Freiherrn ».Manteuffel Kenntnis genommen und einstweilen bis nach Len Wahlen die Leitung der Partei den Herren v. Heydebrond, v. Normann und Stackmann übertragen. Den Hauptgegenstand der Beratungen bildeten die Vorbereitungen für die nächsten Reichs tagswahlen, insbesondere wurde das Ver hältnis zu den anderen Parteien einer eingehenden Betrachtung unterzogen. Ueber alle Beratungs gegenstände herrschte vollkommene Ueber- ein st immun g. Ohne die Schwere und den Ernst des bevor stehenden Wahlkampfes irgendwie zu verkennen, herrschte unter den Vertretern der Partei zugleich die einmütige Entschlossenheit, den Kampf mit Aufbietung aller Kräfte zu führen, und es herrschte zugleich die Zuversicht, daß jedes Mitglied der Partei sich von der Erkenntnis durch dringen lasten wird, daß es sich dabei nicht nur um die Ehre unserer Sache, sondern zugleich, im End ergebnis und in den Konsequenzen, um den Fort bestand unserer ideellen und materiellen, geistigen und wirtschaftlichen Interessen handelt. Wir werden also auf der Grundlage unseres Programms, das wir in allen seinen Teilen auf rechterhalten, mutig und opferbereit in den Kampf gehen. Um diesen Kampf wirksam und erfolgreich führen zu können, wird auf die Aufstellung der Kandidaten in den einzelnen Wahlkreisen be sondere Sorgfalt in persönlicher und sachlicher Hin sicht zu wenden sein. Tunlichst überall werden eigene Kandidaten unserer Partei aufzustellen sein Zugleich aber wird es unbedingt nötig sein, die engste Fühlung mit dem leitenden Parteivorstand nicht außer acht zu lassen. Nur dann ist dieser imstande, das Ganze zu übersehen, die nötigen Vorbedingungen aufrechtzuerhalten und die erforderlichen Unterstützungen zu gewähren. Die Schwierigkeit der Lage und die Kampfes- weise unserer Gegner werden es nötig machen, von früher beobachteten Praktiken hier und da abzu weichen, wo das Ziel erreicht werden soll, nicht nur überall unser Parteiinteresse rück sichtslos wahrzunehmen, sondern, wo es sich ebenfalls empfiehlt, mit unseren Gegnern „von Bebel bis Bassennann" gebührende Abrechnung zu halten. Die konservative Sache kann und wird nicht untergehen. Sie verlangt aber, daß jedermann, vom ersten bis zum letzten, seine Schuldigkeit tut. Diese Kundgebung trägt ganz außerordentlich zur Klärung der allgemeinen politischen Lage bei und wird wohl auch bei den hessischen upd westfälischen Nationalliberalen ihre Wirkung nicht verfehlen. Wir kommen morgen früh auf diese doppelte Kampfansage der Konservativen ausführlich zurück, erklären aber schon jetzt, daß wir in vollem Bewußtsein der Schwere des bevorstehenden Wahlkampfes mit Freuden diesen Fehdehandschuh der Konservativen auf nehmen. Eine neue Auflage ües Berliner prukeNorenltretts» Wie wir bereits mitteilten, hatte Prof. Bern hard von der Berliner Universität eine Erklärung angekündigt, die als Erwiderung auf die vor einigen Tagen im preußischen Lanüesökonomickollegium ab gegebene, von uns hier veröffentlichte Kundgebung des Professors Sering dienen sollte. Die heutigen Berliner Morgenblätter bringen diese Bernhardich« Erklärung zum Abdruck. Sie hat folgenden Wortlaut: „Herr Professor Gering ist in den letzten Wochen wiederholt mit rrreführenden Acußerungen an dre Oesfentlichkeit getreten, insbesondere mit einer irreführe ndenErklärung. die er am Sonn abend, den 11. Februar 1911, vor dem Landes ökonomiekollegium abgegeben hat. Ich glaube im Interesse der Universi tät, der anzugehären ich die Ehre habe, zu handeln, wenn ich es zurzeit noch ab lehne, in eine öffentliche Diskussion der ganzen Vorgänge einzutreten. Zn dieser Haltung bestärkt mich die mir soeben bekanntgewordene, unglaublich klingende Tatsache, daß meine Herren Fachgenossen hinter meinem Rückenan eine Reihe auswärtiger akademischer Lehrer ein Rundschreiben mit vertraulichen Dokumenten gesandt haben, welches durch Entstellung und Unterdrückung wahrer Tatsachen und durch Hinzufügung falscher Behaup tungen geeignet ist, in weiten Kreisen falsche Vor stellungen üoer die tatsächlichen Vorgänge im soge nannten „Professorenstreit" zu verbreiten. Der gütigen Vermittlung der Herren Geheimrat Lujo Brentano und Professor Edgar Jaffä in München verdanke ich es, daß ich heute in den Besitz dieser Schriftstücke gekommen bin. Schon einmal im Verlaufe des Streits haben meine Herren Fachgenossen zu solchen Waffen ge griffen, indem sie am 31. Zuli 1910 hinter meinem Rücken an etwa 60 Ordinarien der Berliner Univer sität ein geheimes Rundschreiben richteten, welches unter Verschweigung wichtiger Tatsachen eine irre führende Berichterstattung enthielt. Da jetzt meine Herren Fachgenosscn wiederum ver suchen, mich hinter meinem Rücken durch falsche An gaben zu verdächtigen, eine Handlungsweise, zu deren Charakterisierung es keines Wortes bedarf, bin ich zu neuen Schritten gezwungen. Der Oesfentlichkeit gegenüber aber begnüge ich mich» or läufig damit, folgendes festzustellen: Der Herr U n t e r r i ch t s m i n i ste r hat das ge samte Material des Prostssorenstreitcs eingehend untersucht und ausdrücklich festgestellt, daß er keinen Anlaß gefunden habe, gegen mich in irgendeiner Weise e i n z u s ch r e i t e n. Die „Tgl. Rdsch." druckt einige Stellen aus dem Schiedssprüche der Kommission ab, die den ersten Streitfall zu schlichten hatte. Das Urteil, das darin über Bernhard abgegeben wird, enthält für ibn nichts weniger, als schmeichelhafte Stellen. Hoffentlich sorgt der Unterrichtsminister dafür, daß die neue Auflage des alten Streites recht bald ihre endgültige Er ledigung findet. Vsnülungen. Die konservative Presse hat die Verabschiedung des Reichswertzuwachs st euergesetzes laut gepriesen als Schlußstein in dem stolzen (Gebäude der Reichsiinanzreform und gleichzeitig als Ersatz für die abgeleynte Erbschaftssteuer. Wiederum haben sich die selbstlosen Herren Konservativen die Rolle der Retter des Vaterlandes beigelegt. Offenbar haben ie aber dabei an einen nicht gedacht, der ihnen chon so oft einen Strich durch die Rechnung gemacht tat, an den Herrn v. Oldenburg. Der hat am 22. Juni v. I. auf der Konferenz der Vorstände der preußischen Landwirtschaftskammcrn in Halle soffizieller Bericht, Adolf Gertz, Charlottenburg, S. 93) über die Wertzuwachssteuer u. a. ausgeführt: „Mein Standpunkt bei Aufnahme der Wtertzu- wachssteuer.... ist folgender gewesen: Ich habe geglaubt, daß dies eine Steuer ist, die in hervor ragendem Maße von den Gemeinden zu er beben ist, weil die Verhältnisse in den verschiedenen Gemeinden ganz verschieden liegen. Die Wert zuwachssteuer hat für mich —ich sage es ganz offen — als Hebel gedient, um auch meinerseits dazu beizutrage». der Erbschaft s- steuer das Genick zu brechen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ich als Landmann und konservativer Mann glaube, daß die Einfüh rung einer direkten Steuer im Reiche der Anfang der Expropriation jeglichen Vermögens ist — sehr richtig —, und wenn das Projekt dazu gedient hat, uns diese Steuer vom Halse zu schaffen, dann hat es sein «Schuldig keit getan: und nun meinetwegen Schwamm drüber!" (Heiterkeit.) Auf Seite 94 sagt der Vorsitzende Graf Schwerin-Löwitz, Präsident des Reichstages: v. ein aber ein Begräbnis immerhin." Freilich werden die Herren sagen, daß diese ver einzelten Stimmen nicht die Meinung ihrer Partei zum Ausdruck bringen, aber es ist nun einmal so: Was der Januschauer in seiner polternden Offen herzigkeit frei heraussagt, das halten die anderen fest im Busen verschlossen. So ist's schon oft gewesen, jo wird es auch hier sein. „Für mich liegt die Sache ähnlich wie für Herrn Oldenburg ... ich wünsche dem Gesetzentwurf möglichst ehrenvolles Begräbnis, 105. Jahrgang. püllMche Nachrichten. Zum französischen Flottenprogramm. Paris. 13. Februar. (Tel.) Der M arinc - ausschuß der Kammer hat durch die Forderung, daß sämtliche Liefcruugsabjchlüsse noch vor der Kiel lcguug der Panzerschiffe erfolgen, eine Kostenver ringerung von 5 Millionen Franken für jedes Panzerschiff erzielt. An Stelle der ur jprünglich eingestellten 64 Millionen wird für ein Panzerschiff nur die Summe von 59 Millionen Franken verausgabt. Zm Hinblick daraus, daß das Flottenprogramm 22 Panzerschiffe oufweisl. beträgt die Gesamtersparnis somit 110 Millionen Franken. Revision im Durandprozeß. Paris, 13. Februar. (Tel.) Die Rcvijions kommistion begann gestern die Prüfung des Ge suchs Durands um Revision seines Prozesses und ver tagte sich auf morgen, ^n politischen Kreisen gilt als wahrscheinlich, daß die Kommission sich für die Wiederaufnahme des Verfahrens aussprechen werde. Der russische Studentenstreik nimmt immer üblere Formen an. Ein Telegramm meldet folgendes: Warschau, 13. Februar. lTel.) Als gestern nach mittag 400 streikende Studenten im Uni - verkitätsgebäude erschienen, um die wenigen zu den Vorträgen anwesenden Kollegen am Arbeiten zu verhindern, wurde eine Petarde ge schleudert. die mit einem Knall explodierte. Auch Stinkbomben wurden geworfen. Die vom Rektor herbeigerufene Polizei verhaftete zwei hundert Studenten. Die Finanzlage Bulgariens. Sofia, 15. Februar. lTel.) Zn der Sobranje be sprach Finanzminister L i a p t s ch c w die Finanz- lagc Bulgariens. Er führte aus, Las Budget für 1910 weise einen Ucberschuß von mindestens 2(5 Millionen aus. Zur Vollendung aller im Bau befindlichen Bahnstrecken und Landstraßen brauche der Staat noch 36 Millionen. Der Eisenbahndirektor be nötige 29 Millionen zur Anschaffung der notwendigen Rohmaterialien und Requisiten. Zur Deckung dieser außerordentlichen Ausgaben von 85 Millionen soll die Anleihe von 1892 durch Aufnahme von 150 M,l lionen konvertiert werden. Die allgemeine Finanzlage bezeichnete Liaptschew als sehr gilt. Bulgarien bezahle pünktlich und beanspruche dafür entsprechendes Entgegenkommen bei den Finanz geschäften. Zur Kakinettskrisis in der Türkei. Konstantinopel, 14. Februar. (Tel.) Die jung türkische Kammerpartci sprach dem Großwesir und den Ministern der Marine, der Finanzen, der Justiz und des Ackerbaues mit großer Mehrheit, dem K r i e g s m i n i st e r und dem Scheich ül Islam einstimmig das Vertrauen aus. Dem Bauten mini st er wurde mit 70 gegen 33 und dem Unterrichtsminister mit 56 gegen 33 Stimmen das Mißtrauensvotum erteilt. Ueber Len Minister des Aeußern fand keine Ab stimmung statt, da eine Erkläruitg des Eroßwesirs dem Obmann mitteilte, daß der Minister eine Per sönlichkeit sei, die sein Vertrauen genieße. Der Bautenminister und der Unterrichtsminister sollen un aufgefordert ihre Entlassung nehmen, da sie sonst durch Interpellationen oder während der Budget debatte gestürzt werden. Die seit den Anleihever- Der Maorhal. 1s Von Max Geißler. Weit draußen standen ein paar Hütten im Moor. Zn der einen wohnte die Witwe Holsten — ganz allein. Ihren Mann hatte sie vor einem halben Jahre begraben; nun hatte sie aber schon wieder das schnee weiße Kräuschen um den Hals und eine Haube auf den blanken Haaren, di« sah aus, als bleichte sie die Sonne jeden Tag von neuem und als würde sie an jedem Morgen gewaschen. Im übrigen ging die Witwe Holsten noch schwarz; einen schwarzen Woll rock trug sie, schwarze Strümpfe, schwarze Holzschuhe und eine schwarze Jacke — die Kleider selbst gewebt und gesponnen. Und so Mute di« kleine flinke Frau mit ihren Hellen Augen über das Torfmoor hinüber bis in den Moorhof, wo sie schaffen half und Freude zu bringen suchte; denn auf dem Moorhofe war das Leid daheim. Zn der andern Hütte, die nicht weit von der der Witwe Holsten entfernt lag, wohnte Trina Renken mit ihrem Sohne, den die Leute den Erddüwel nannten. Auf diese Leute war die Witwe Holsten übel zu sprechen. In der letzten Zeit erst recht. Das kam so: als der Bauer Lerz drüben seinen kleinen Hof erbaute und das Haus noch nicht fertig war, quartierte er sich für einige Tage bei Frau Holsten ein. Und als die Familie Lerz kam, hatte Frau Holsten kein Brot im Hause. Sie bäckt immer erst Sonnabend abend, und weil's ein Freitag war, so war ihr Vorrat gerade zur Neige gegangen. Aber: — „wart ein bißchen, Lerz; leicht, die schwarze Trine kann helfen!" Mit diesen Worten lief die Witwe Holsten nun noch spät über das Moor — und der Himmel hielt ihr die Laterne. Die dicke Trina hatte ihre Abendpfeife schon aus- geraucht und die Tür ihrer Hütte verriegelt. Da pochte Bekka Holsten — Von drinnen: „He, wat is?" Und Bekka Holsten: „Nawersche, släpst do oder wackst do?" „Ick wacke!" ..Nawersche, künnst do mi nich een Brot lehnen?" .„Zckslapk Zck slap!" . Bekka rannte fauchend zurück. Eie hat Brot, Butter und Schinken herzugetragen für ihre Gäste, auch ohne Trina Renkens Hilfe. Aber mit Trina Renken wollte fie abrechnen. . . . Allein: die schwarze Irina war ihr zu faul, als daß sie wegen ihrer hätte ordentlich zornig werden können. Wenn sie auf die schalt, war sie doch hell wie ein Herbstmorgen, durch den der Wind klingt. Die Frau wurde nicht müde im Plänemachen, Raten und Helfen. Und mit ihrer Freude und ihrer klugen Erfahrenheit wurde manchem geholfen, ter in jener einsamen Gegend sich ansiedelte und ein land fremder Mann war. So ging's Friech Lerz und seinen Leuten — er ist doch zu etwas gekommen im Moor. War einer, der nach Amerika auswandern wollte. Aber Bekka Holstens Freude hat ihn im Lande behalten. Wie Friech Lerz noch über dem Baue war und der Winter die Moore schon so dick in seine Nebel ein spann, mußten alle Fäuste herzu, die in der Einsam keit jenes Moores zu haben waren. Auch den Erd düwel, Trina Renkens Sohn, holten sie — den, von dem Bekka Holsten immer prophezeite: an dem wür den sie noch Schlimmes erleben. Den Erddüwel hatten sie Rohrschneiden geschickt für das Dach. Aber richtig — sitzen hat er sie lassen mitten in der Arbeit. Er war zwar immer um die Mitte des Vormittags ausgezogen — als sic aber holen wollten, was er geschafft hatte, so lag da nur ein niederträchtig Häuflein, vier Garben groß. Seit drei Tagen hatte er sich nicht mehr blicken lassen. Da hat Trina Renken ein verschlagenes Gesicht gemacht, als wäre sie im geheimen lustig darüber, daß er die „Neuen" zu seinen Narren gemacht: sie hat aber in einem Scheinzorn greulichen Lärm geschlagen und bedauert, „dat de Zong nich noch een Lüttjen wär, denn möt he sien „Schmier" kreegen!" Am vierten Tage war der Erddüwel wieder herzu gekommen. Er war auf der Brautfahrt gewesen — und demnach doch eine nicht zu schlecht, ihn zu nehmen. Und noch dazu eine Bauerntochter! Die hieß Trina Bolten. Wenn man nach dem Erddüwel auf sein Mädchen schließen sollte — das konnte einmal eine vergnügte Wirtschaft geben! Der Erddüwel war der schwarzen Trina einziger Sproß — wenn die beiden Trinen dann gemeinsam Regiment führten und cs dem Manne im Faulsein und im Schmutz zuvortaten .... dann hatre die Witwe Holsten etwas zu lachen! Der Hof. auf dem die junge Trina saß. war seit langem in Verfall. Der Bauer war schon seit Jahren tot und die Bäuerin wollte nicht aufs Altenteil. Sie hieß Geffke Bolten, bewachte ihren Sohn Lür wie ein Drach und war seit einem Jahre dabei, ein Frau für ihn zu Züchen. Es mochte aber keine — aus Furcht vor Geffke Bolten. Lür Bolten war sechsunoüreißia. Die Alte gab ihm aber den Hof nicht' und wenn sie ihn gäbe, sagte sie ... nein, das sagte ne. nicht, das dachte ste nur —: dann würde sie ein Altenteil fordern, das sie selbst, dazu ihre drei verheirateten Töchter und die jüngste versorgen müßte, die noch daheim war. Diese war also des Erddüwels Braut. Lür Bolten war über seinem Leid ein stiller Mann geworden. Wer ihm begegnete, dem trat er entgegen wie ein verstürmter Spatherbsttag. Der Mann trug Lasten. Er war der einzige Tüchtige auf dem Moor hofe; aber die Narrheit der Schwestern und der eiserne Wille seiner Mutter legten ihm Ketten an. Die muß ten ihn unter di« Erde ziehen, wenn da nicht bald eine Aenderung eintrat. Das vierte Gebot ist köstlich . . . deshalb trug Lür Bolten seinen Kummer schweigend. Aber es sollte auch eins geben, das den Eltern gebeut: ihr sollt eure Söhne und eure Töchter ehren. Ein solches Gebot hätte den Hof Geffke Boltens ret ten können. * * * Um diese Zeit gab es einen großen Skandal zwischen Trina Renken und dem Förster. Der Erddüwel war seit zwei Tagen wieder ein mal nicht sichtbar gewesen — aber der Förster hatte ihn ertappt. Run war es heraus: der Erddüwel war ein Wilderer, und sein heimlich Gewerbe sollte er schon seit Jahren getrieben Haden. Als ihn der Förster verfolgte, warf er sein rostiges Schießeisen in die saure Lake. Es ging eine Zag«, daß dieses dumpfige Moor tausend Meter tief sei . . . nach der Flinte konnte darin also kein Mensch suchen. Der Erddüwel aber hatte gemeint: er habe gar keine Flinte, sondern einen nassen eichenen Knüppel hineingeschleudert. . . Danach ist der Förster auf Umwegen in Trina Renkens Hütte gegangen, Haussuchung zu halten. Es hat ein Rehziemer ,m Rauch gehängt bei Trina Renken und der Förster jagte der Alten ins Gesicht, daß ihr Sohn in der Heide nch umhertreibe und nrchts anderes täte, als Böcke abschießen und Schlingen stellen. Hei, hat da Trina Renken . . . Ach, Trina Renken nannte die Alte ja kein Mensch. Wenn sie von ihr sprachen, sagten sie immer nur „die suere Lake"; denn sie vergaß über ihrer Pfeise Arbeit und Sauberkeit, und stand 'n ihren Tagen still und sumpfig wie der tote Morast drüben, den sie die „suere Lake" heißen. Und nun stand sie dem Förster gegenüber . . . Hei, da ist Leben in dre suere Lake gekommen! in ihren Augen hat es geirrlichtert wie auf der an deren sueren Lake in einer feuchten Frühlingsnacht! Sie hat dem Manne mit der Pfeife vor dem Gesicht herumgefuchtelt und ihn hart bedroht. Der Rehziemer wäre ein Ziegenziemer; denn sie hätten die Graue gut angemästet und vor acht Tagen geschlachtet. Gesehen batte den Erddüwel noch keiner mit dem Gewehr; aoer für Messingdraht und Pferoehaare hatte er schon seit seiner Jugend Verwendung gehabt. Und Bekka Holsten sagte: „Watt von 'r Katt ts, Lat miaut ook." Als es weihnachtete über den Mooren, traf Leu neuen Bauer Lerz ein harter Schlag; sein Weib Katreen starb ihm. Sie begruben die Tote, und die Witwe Holsten hatte in diesen Tagen ein Uebermaß an Arbeit im Hause des Lerz. Ein Uebermaß auch im Trostbringen. Allen waren die Herzen rein und tief gestimmt um diese stille Weihnachtszeit — nur der Erddüwel hatte sich auch am Christtage nicht heimgefunden. Sic hatten gemeint, er wäre auf der Brautfahrt hinübar in den Moorhof. Ist aber nicht gewesen. Auf die Jagd ist er ge gangen. Und wo hat er denn genächtigt? kragten die Leut« und erschauerten bis ins Mark; denn die letzten Nächte waren grausam kalt gewesen und voll von klingendem Mondlichte. Der Schnee hatte unter de« Holzichuhen gesungen. Der Erddüwel hatte warm gesessen in dieser Zeit! Einen Flintenschuß weit über die suere Lake hi» lag ein verödeter Torfstich. Dort batte man ein« Erdhütte entdeckt, drei Meter tief im oraunen Grund; das Dach flach wie die Ebene, aus alten Eichenbohke» gelegt, aber längst überwachsen von Heide und Moormyrte. Zm Neuschnee hatte der Förster seinen Hund auf die Fährte eines Fuchses gesetzt, und der Hund war bis in die Moorkuhle gelangt, und auch hinein in dich Hütte. Der Förster ihm nach.
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