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veutlcher Seitzsmg. U8. Sitzung. 7. Berlin, 18. Februar. (Priv.-Tel.) LtlmmungsvUü. Heute am dritten Tag wird dem Staatssekretär von Tirpitz da» Gehalt bewilligt, nur die Sozial demokraten und Polen stimmen dagegen. Dann erfolgt die aufgeschobene namentliche Abstimmung über den Antrag der Polkspartei und der Sozial demokraten, die Heizerzulage unverkürzt wieder in der alten Höhe festzusetzen. Die Antragsteller dringen es durch Zuzug seitens der Nationalliberalen aus 185 Stimmen, auf der Neinseite sind aber sieben mehr, und es verbleibt bei dem Kommissions- beschluh, wonach die Zulage an dem Tag ge währt wird, wo die Heizer Dienst tun. Die Heizerfreundlichkeit der Sozialdemokratie ist übrigens für die Heizer selbst nicht besonders viel wert; die Sozialdemokratie bringt ja heute selbst durch die Ablehnung des Staatssetretärgehalts in Erinne rung, daß sie gegen den ganzen Etat zu stimmen pflegt, also in dem Fall, daß der sozialdemotratische Antrag durchgegangen wäre, hätte die Sozialdemo kratie am Schlüsse doch dagegen gestimmt! Mit der einen namentlichen Abstimmung will man es genug sein lassen — aus Wohlwollen gegen die Abgeordneten, die nach der ersten Abstimmung das Haus verlassen haben. Die Sozialdemokraten haben nämlich einen -sozialpolitischen Ainrag ein gebracht, der die alte Forderung enthält, dasz Liefe rungen nur an solche Firmen vergeben werden, die sich verpflichten, auf den Abschluß von Tarifverträgen hinzuwirken. Durch diese und an dere Wünsche, die sich auf die Arbeitszeit der Be amten, auf die Wiederherstellung von Registratoren, Reaistraturassistenten und Kanzleisekretären beziehen, wird die Debatte auf wirtschaftliche und Berufs fragen gelenkt. Die Lohnverhältnisse im Ruhr gebiet, der Reingewinn der Firma Krupp, die Essener Arbeiterwohnungen — was hat das alles mit dem Marineetat zu tun'? Nun, die Berbindung wird hergestellt durch die Tatsache, daß Krupp Lieferant der Marine ist. Abg. Huü (Soz.) glaubt nachzählen zu können, das? die Firma Krupp einen Reingewinn von 46,8 Millionen Mark in den letzten 3 Jahren eingesteckt habe, natürlich nicht durch Lieferungen für die Marine. Staats sekretär vonTirpitz erklärte sogar, zum geringsten Teile kämen die Einnahmen dieser Firma aus Marinelieferungen. Zum sozialdemokratischen An trag mutz der Sozialpolitiker des Zentrums Gies- berts auch seine Meinung sagen. Wieder stiegen die beiden Dioskuren Struve und Leonhart von der Fortschrittlichen Polkspartei in allerlei Geheimnisse hinab, so in die Frage der Reisezulagen für die Offiziere und in die des Schicksals der im Kieler Werstprozetz als schuldig erwiesenen Beamten. Abg. Weber (Natt.) machte in etwas anderer Weise von seinen Marinekenntnissen Gebrauch. Er trat ritterlich für den durch den sozialdemokratischen Abgeordneten Severing angegriffenen Torpedodirektor Jsen- dahl - Wilhelmshaven ein. Der Beamte sei nicht so schlecht, wie er dargestellt werde. Auch brachte Weber die gestrige Mitteilung des Leipziger Tageblatts zur Sprache, datz bei dem Unterseebootunglück zwei Kieler Privatwersten die erste Hilfe anaeboten hätten, datz aber eine Ableh nung erfolgt sei. Der Staatssekretär von Tirpitz wußte-hiervon nichts, zog aber aus der Lage der Dinge, wie er sie ansah, die Folgerung, datz eine solche Hilfe nichts hätte nützen können. Er vermöge sich nicht vorzustellen, datz eine Chance, die sich geboten Hätte, nicht ausgenutzt worden wäre. Was der Staatssekretär zu der neuen Dar stellung heute sagte, trug mehr den Charakter einer vorläufigen Meinungsäußerung. Er will der Sache auf den Grund gehen und sich erkundigen. — Morgen, Donnerstag, wird die Beratung fortgesetzt. Sitzungsbericht. Am Bundesratstische: Staatssekretär o. Tirpitz. Präsident v. Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 18 Min. — Die weite»e Beratung des Mariueetars beginnt mit der Abstimmung über Kapitel 45 Titel 1 (-Staatssekretär), Kapitel 51 (GUd, Verpflegung, Besoldung und Zulagen), Kapitel 52 Titel 1 (Tafel gelder), Titel 2 (Schiffsverpflcgung) und Titel 2a (Feste Zulagen und Wohnungszuschüsse). — Die obigen Titel werden bewilligt. — Ueber den sozialdemokratischen und fortschrittliche,» Antrag auf Wiederherstellung der Heizerzulage in voller Höhe wird namentlich abgestimmt. Die Kommission beantragt Genehmigung der Hälfte. Für den Antrag stimmen von 321 Ab geordneten 155, dagegen 162, bei 4 Stimmenthal tungen. Der Antrag ist'somit abgelehnt. Die Kommissionsfassung wird angenom men. Bei Kapitel 45 Titel 3 beantragt die Kom mission, drei Registratoren bei den mittleren und Kanzlcibeamten zu streichen und dafür drei Registra torenassistenten zu bewilligen. Ebenso sollen vier Kanzlcisckretäre gestrichen werden. Abg. Freiherr v. Thüneseld (Ztr.) beantragt, zu sammen mit dem Abgeordenten Dr. Paasche (Natl), die Wiederherstellung der ursprünglichen Vorlage und dafür künftig drei Registratoren und vier Kanzlei sekretäre Wegfällen zu lassen. Abg. Noske (Soz.): Ich bitte, diesem Anträge nicht stattzugeben, dagegen sollte durch eine ver nünftigere Reform der Kanzlei eine Ver billigung des Schreibgeschäftes angestrebt werden. Junge Damen mit Schreibmaschinen vollbringen die doppelte Arbeit als die Militäranwärter. Staatssekretär v. Tirpitz: Hier handelt es sich nicht um Feststellung der Arbeitszeit, sondern des Arbeits pensums, und das ist be, der Marineoerwaltung wesentlich heraufgesetzt worden. Ich empfehle den Antrag Freiherr o. Thünefrld, zumal die Streichung der Stellen für die beteiligten Beamten eine autzer- ordentliche Härte sein wird. Wir haben den Be amten gegenüber eine Verpflichtung übernommen, die eingelöst werden mutz. Abg. Noske (Soz): Das jetzt geforderte Pensum ist immer noch nicht genügend. Für wichtige Geheim-- aktenstücke ist die Anstellung von Beamten gerecht fertigt, für rein mechanische Arbeiten sollten Maschi- nenschreiberinnen verwendet werden. Die Anträge werden abgelehnt, die Kom missionsanträge angenommen. Eine Resolution auf Neuordnung der Arbeitszeit der Beamten und auf Verbilligung der Kanzleiarbciten wird angenommen. Zu Kapitel 52 Titel 3 (Betriebs-, Reinigungs-, Veleuchtungs- und sonstiges Material) begründet Abg. Hue (Soz.) eine Resolution dieser Partei, bei Feststellung oder Neuordnung von Arbeitsbedingun gen in Marinebetrieben, die Arbeiteraus schüsse mitwirken zu lasten. Arbeiten und Lie ferungen sollten nur an solche Firmen vergeben wer den, die auf die Arbeitsbedingungen die gesetzlichen Vorschriften und die Tarifverträge innehalten. Der Arbeiterschutz verlange diese Maßnahme. Das be weise die llnglücksftatistik der Hütten- und Walz werke. Gegen die Tarifverträge sollte nichts ein zuwenden lein, denn sie sind Instrumente des Frie dens. Nach unserem Anträge kommen die der Marin« bewilligten Millionen den breiten Masten des Volkes, nicht kleinen Kreisen, zugute. Im „Königreich Stumm" sind die Wohnungsverhältniste äußerst schlecht, dabei ist die Ordnung der Wohnungsfrage ein Wertmesser für die Kultur eines Volkes. Ich bitte also, im Interesse der breiten Schichten des Volkes unsere Resolution anzunehmen. (Bravo bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär o. Tirpitz: Es ist unmöglich, auf die vom Vorredner berührten Einzelfragen einzu gehen. Kaum eine Firma hat soviel für ihre Ar- beitsverhältniste getan wie Krupp. Gewiß sind ihre Gewinne groß, aber ebenso ihre Kapitalanlage. Die Marine vergibt ihre Lieferungen heule schon nur an Firmen, die bezüglich der Arbeitsbedingungen die gesetzlichen Vorschristen innehaltcn. Im einzelnen können wir das natürlich nicht überwachen. Diese Ueberwachungist Sache der Landesregie rung. Auf den Abschluß von Tarifverträgen hin zuwirken, würbe die ganze Reichsrcgierung berühren. Heute schon regeln wir die Arbeitsbedingungen in den Reichsmarinebetrieben unter Mitwirkung der Ar beiterausschüsse. Im allgemeinen werden wir also den Forderungen der Resolution nach- kommen. Abg. Eicsberts (Ztr.): Die Resolution entspricht im allgemeinen nur der bereits früher angenomme nen, die weitestmögliche Heranziehung der Arbeiter ausschüsse bei Neuregelung auf den Werften aus spricht. Festzustellen ist, dag die Stadt Essen in Ver bindung mit der Firma Krupp und der Landes versicherungsanstalt im letzten Jahre außer ordentlich viel für die Herstellung von Ar beiterwohnungen getan hat. (Unterbrechung. Der diensttuende Neichstagsstenograph Dr. Neu- pert wird augenscheinlich von einer Ohnmacht befallen. Die Abgg. Struoe und Mugdan be mühen sich um den Erkrankten. Vizepräsident Dr. Schultz: Wir wollen hoffen, daß der Unfall, der den Herrn betroffen hat, ohne schwere Folgen vorüber gehen möge. Ich bitte fortzufahren.) Abg. Gies- berts bricht nach einer kurzen Bemerkung seine Rede ab. Abg. Hue (Soz.) empfiehlt nochmals die Reso lution. Staatssekretär o. Tirpitz: Wir werden selbstver ständlich möglichst dahin wirken, daß wir den Ar beitern gerecht werden. Ich habe die Reso lution nicht abgelehnt. Nach den Ausführungen Les Abgeordneten Hue scheint mir aber eine eingehende Prüfung des Wortlautes notwendig zu sein. Vizepräsident Dr. Schultz teilt m»t, Latz über diese Resolution morgen namentlich abgestimmt werden soll. Abg. Severing (Soz.): Wir wollen nicht, daß ein xbeliebiger Arbeiter bei der Lohnfestsetzung heran gezogen werde, sondern die vom Vertrauen der Ar beiterschaft getragenen Ausschüsse. Die Arbeiteraus- schüste solltdn nicht zu Karikaturen herab gewürdigt werden. Erheimer Admiralitätsrat Harms: Die Arbeiter ausschüsse werden beiBesch werden angehört, eine Einrichtung, die sich ausgezeichnet bewährt bat. In Kiel werden ständig Arbeiter zum Kalku- lationsbureau hinzugezogen. Nach nochmaligen Bemerkungen der Abga. Gie »- berts und Severing wird der Titel bewilligt. Kapitel 54 (Bekleidung und Besoldung). Abg. Werner (D. Refpt.) bringt Wünsche vor be züglich der Uniformierung der Jntenüantursekretäre. Vizeadmiral und Departementsdirektor Capelle: Die jetzt geltenden Lekleidungsbe st immun, gen gelten seit zwanzig Jahren; eine Neuord- n u n g ist in Vo r b e re i t u n g. Sie stößt aber bei den vielfach differierenden Wünschen auf erhebliche Schwierigkeit. Abg. Dr. Struve (Fortschr. Vpt.): Die Klagen der Schneiderrnnung über die Konkurrenz der Marine schneider sollten berücksichtigt werden. Verwun derlich ist ein Stationsbcfehl in Kiel, durch den einzelnen Chargen der Besuch des Theaters im Parkett verboten wurde. Staatssekretär v. Tirpitz: Der Vorredner mag be denken, ob es im Interesse der Marine liegt, Un zufriedenheit in ihre Reihen zu bringen. Abg. Dr. Struoe (Fortschr. Vpt.): 2venn ich das tue, so bin ich in guter Gesellschaft, nämlich in der des Staatssekretärs und Großadmirals v. Tirpitz. Er hat es durch Streichung der Heizerzulage getan. Staatssekretär o. Tirpitz: Ter Befehl über den Theaterbesuch ist jetzt für die Zahlmeister und Jngenieuraspiranten erlassen worden. Eine Diffe renzierung mit den Offiziersaspiranten liegt also nicht vor. Ich soll der Sündenbock wegen der Heizervorlage sein, (Hört, hört! rechts) aber der Abg. Struve vergißt dabei, daß er der Rufer im Streir " gen das Zu lage wesen war (Heiterkeit.) Gerade ich habe dafür qelorar, daß die Zahlmeister und Ingenieure erheblich bessergestellt worden sind; das sehe ich mich jetzt genötigt, vor dem Lande sesrzuftellen. Abg. Struoe (Fortschr. Vpt.): Ich war nicht Rufer im Streit gegen die Hcizerzulaaen! Staatssekretär v. Tirpitz: Ich habe nicht von diesem Streit gesprochen, sondern von dem Kampf gegen das Zulagewesen überhaupt. Mit ihm stellte uns das Haus vor die schwierige Lage, das Zulagen wesen zu revidieren, und hierbei war er Rufer im Streit. Die K o m m a n d a n t e n m e s s e n abzu schaffen, die auf jedem Handelsschiff bestehen, ist un möglich. Abg. Mommsen (Fortschr. Vpt): Hätten wir ge wußt, daß die Hälfte der gewünschten Ersparnisse auf Kosten der Mannschaften gemacht werden sollen, so hätte das Haus von vornherein nein dazu gesagt. (Sehr richtig! links.) Der Titel wird bewilligt, ebenso eine Reche weiterer Titel. Das Kapitel betr. Reise, Marsch- und Frachtkosten wird nach kurzen Erörterungen, an denen sich auch der Abg. Struve und Vizeadmiral Capelle beteiligen, bewilligt. Kapitel 60 (I n - standhaltung der Flotten und Werften) wird nunmehr beraten. Abg. Leonhart (Fortschr. Dpt.): Bedauerlich ist, daß junge Leute, die die Dinge doch nicht über sehen konnten, wegen ihrer Zeugenaussagen im Kieler Werftprozeß gemaßregelt worden sind. Man sollte nach dem Muster der Arberteraus- schüste auch Beamtenausschüsse bilden. (Sehr richtig!) DieWerftdirektionen werden sich daran ge wöhnen müssen, mit Verbänden der Angestellten zu verhandeln. Die Beschwerden der Maschinisten und Beamten sind vielfach auch nach anderen Richtungen berechtigt. Schärfere Aufsicht ist nötig. Weniger kaufmännischer Geist als Pflege des Geistes der Sparsamkeit tut der Marine not. (Bravo links.) Ksuts Vovllerztsll tolMäelM Xsilf- stSU8 N. 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