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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.02.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110225027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911022502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911022502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-25
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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Durch dch Pcht: t«»ch»lr Druilchl-nd« und d« dmychi» «olon»» vikNeltädrl. 8.4* ownatl. 1L4 auttchU Postdetteügeld. gern« m Belgien, Dänemark, den Donanslaaten. Italien, Luremdurg, Nieder lande, Nor in«««. Oesterreich-Ungarn, Nirstlank, Schweden, Schwei, «. Spanien. In allen übrigen Staate» nur direkt durch di« Äe>chüft«sielle de« Blatte« erhältlich. Da« Leidiger Daqeblatt ericheint 2 mal läglich, Sonn- u. Ieierlag« nur morgen«, «voaoeu eni-Änuahme: Luguknäplatz 8, de, nnieren Dräger», Filialen, Spediteur« und Annahmestellen, iowir Postämtern und Briefträger». lringelverkaniäprei« der Morgen» autgabe 1V 2^, der Ädmd ia«gabe L ch. Nedaktton und Geschäft-stell«: Iohannl«gaste v. .',ernivr«b«r: 14682, 14SV8. 14604. Abend-Ausgabe. MpMerTagMatt Handelszeitung. Ämtsölatt des Rates ««d des Votizeiamtcs der Ltadt Leipzig. M. 56 Sonnsvenü. üen 25. /edruar lSll. Anzeigen-Preis M Interate aus 2eiv,ig und Umgebung die -gepalten« so MW breit« Petit,eil« 2L di« 7« mm brate Sieklainezeilc I von »««wärt« UV ««Namen 1.20 Inserate »»« Bebbrden 'M amllichen Lei! di« 74 ww breite PetttzeU« 40 ch. «eschätteni^eigen mit Platzvorschritten und in der Ldendaurgab« >m Preise erhöhe. Rabatt nach Daris. Be'laqegevübr S p. lautend exkl. Postgebühr. Hestert eilt« «usträge kännen nicht ,urü<k- gezogen werden. ,?ür da« Erscheinen an besttmmten Dagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Auguftutzplatz 8, der sämtlichen Filialen u. allen Ännoncen- trpeditionen de« In» und Aulland««. Haupt-Siltale Berlin: Larl Duncker, Her,ogl. Bayr. Hosbuch. Handlung Lüyowstiabe 10. (Telephon VI, Rr. 4603). Haupt-Ftllale Dresden: Leestratz- 4,1 (Telephon 462i). tos. Zshrgsng. Seht örisnü? Frankreich steht vor einer neuen Mnisterkrisis. Briand stößt bei der Durchführung seines Reform programmes immer mehr auf Schwierigkeiten. In der gestrigen Nachmittagssitzung der französischen Kammer warfen ihm die Abgeordneten Meunier und Malvy seine ungenügende Haltung in der Durchführung des Gesetzes gegen die Kongre gationen vor, und Briand konnte nur entgegnen, daß das Ziel sich nicht iu einigen Monaten erreichen lasse. Der Regierung wurde schließlich nach lebhafter Debatte das Vertrauen der Kammer votiert, aber nur mit einer Mehrheit von 16 Stimmen. Von Abstimmung zu Abstimmung schrumpfen die Mehrheitsziffern zusammen, so daß es sehr fraglich erscheint, ob das Ministerium Briand bei der Er örterung der nächsten Vertrauensfrage noch siegreich bleibt. Deshalb verstärken sich die Gerüchte, daß Briand bereits jetzt auf sein Portefeuille verzichten will. Die Republikaner suchen ihn zwar noch zu halten, weil angeblich Fallieres von dem gleichen Bestreben erfüllt ist. Aber trotzdem scheint die Krisis unvermeidlich. Ueber die Situation unterrichten folgende Draht meldungen. Paris, 25. Februar. Zn der gestrigen Nachmit tagssitzung der Kammer verlangte der Deputierte Paul Meunier die Vervollständigung der Gesetz gebung, um eine Wiederetablierung der K o n gr e- gationen zu verhindern. Malvy warf dem Ministerpräsidenten vor, daß er den Klerikalen Zu geständnisse mache und die Wiedererrichtung der Kongregationen in St. Etienne begünstige. Briand erwiderte, bezüglich der Eröffnung freier Schulen seien zahlreiche Klagen angestrengt worden. Die Kongregationen, die auf dem Boden Frankreichs so starke Wurzeln geschlagen hätten, könnten nicht in einigen Monaten verschwinden. Sie wür ben auf alle Weise versuchen, sich wieder zu etablieren. Die Schwierigkeiten seien vorauszusehen gewesen, und niemand habe Recht, der Regierung vorzuwerfen, daß sie sich durch die Schwierigkeiten ab sch recken ließ oder daß sie ihre Pflicht vernachlässigt habe. Wenn zwischen der Mehrheit und der Regierung eine Verstimmung herrsche, die der Mehrheit es un möglich mache, der Regierung ihr volles und ganzes Vertrauen zu schenken, so möge die Mehrheit die Ge legenheit ergreifen. Die Regierung sei nicht gewillt, sich ständig durch kleinliche Intrigen und grobe Unterstellungen verletzen zu lassen. In St. Etienne habe er einer Verlängerung der Pacht des Kollegs bis Ostern nur zu dem Zwecke zugestimmt, daß keine Unterbrechung der -Studien stattfinde. Grousseau beklagte, daß die Verfolgungen nicht nur ungerecht, sondern auch willkürlich seien. Die Regierung handle gegen die Freiheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit. Malvy brachte eine Tagesordnung ein, in der er die volle Anwen dung der Kongregationsgesetze fordert. Drelon brachte eine andere Tagesordnung ein, in der die Erklärung der Regierung gebilligt und ihr das Vertrauen ausgesprochen wird, daß sie die Kongregationsgesetze sicher durchführen werde. Briand lehnte die Tagesordnung Malvy ab und nahm diejenige Drelons an. Gleichzeitig stellte er die Ver trauensfrage. Die Priorität der Tagesordnung Malvy wurde mit 296 gegen 221 Stimmen ab- gelehnt und darauf die Tagesordnung Drelons im ersten Teile mit 262 gegen 238, in ihrem zweiten Teile mit 436 gegen 83 und schließlich im ganzen mit 238 gegen 242 Stimmen angenommen. Paris, 25. Februar. (Tel.) Die im Ministerium des Innern vorgenommene Prüfung der Abstimmung in der Kammer ergab für den ersten Teil der Tages ordnung Drelon sür die Regierung eine Mehr heit von 29 Stimmen. Dafür hatten die vier Gruppen der Linken gestimmt: die demokratische Vereinigung, die radikale Linke, die Sozialistisch-Radikalen und die sozialistischen Republikaner. Bei der Abstimmung über die ganze Tagesordnung hat die Regierung eine republikanische Mehrheit von 26 Stimmen erhalten. Paris, 25. Februar. (Tel.) Obgleich die Regie rung die Mehrheit der Republikaner auf ihrer Seite hatte, so ist es doch möglich, daß Briand in folge der fortwährenden Abnahme der Majorität und der wachsenden Schwierigkeiten in der Ausführung des Reformprogrammes die Verantwortung für die Lage nicht mehrauf sich nehmen will. Nach einer Mitteilung republikanischer Deputierter, die noch am Abend bei Briand waren, um ihm ihre Sympathie auszudrücken, soll der Ministerpräsident geäußert haben, er merke sehr wohl die systema tische Absicht einer gewissen Anzahl von Republi kanern, sein Werkzu hemmen, ihm dellen Ver wirklichung unmöglich zu machen, ihn zu schwächen, ja sogar zu stürzen. Die Deputierten hatten den Eindruck, daß einzig und allein die Erkenntnis einer höheren Pflicht, vielleicht sogar dringende Bitten des Präsidenten, ihn bestimmen könnten, auf seinem Posten zu bleiben. Paris, 25. Februar. (Tel.) Das Ministerium bleibt voraussichtlich, da die genaue PrL - fungderAbstimmungsliste nach der Partei stellung der Deputierten ergeben hat, daß die Mehr heit, die für die Regierung gestimmt hat, eine rein republikanische ist. Die endgültige Entschei dung wird von einem Ministerrät, unter Vorsitz des PräsidentenFalliLres, getroffen werden. Amerika unü Japan. Japan hat vor einiger Zeit die mit dem Auslande bestehenden Handelsverträge gekündigt, und infolge dessen stehen auch die Vereinigten Staaten von Amerika vor der Notwendigkeit, ihr im Fahre 1897 mit dem ostasiatischen Jnselreiche zustande ge kommenes Handelsabkommen durch ein neues zu er setzen. Die Washingtoner Regierung hatte einen Ent wurf ausgearbeitet, der u. a. jede Einschrän kung der japanischen Einwanderung in das Gebiet der nordamerikanischen Union beseitigt. Hiergegen erhob sich ein sehr energischer Widerspruch der Weststaaten, insbesondere Kali forniens, wo man befürchtet, daß künftig die Japaner in großer Zahl ins Land kommen und der ein heimischen Bevölkerung aufs schärfste in allen Er werbszweigen Konkurrenz machen werden. Die Unbeliebtheit der Japaner an der amerikanischen Pacificküste hat schon oft zum Austausch von Noten zwischen den beiden Regie rungen Anlaß gegeben. Zeitweise schien sogar eine Kriegsgefahr nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit zu liegen. Man wird sich erinnern, daß Japan über die Behandlung seiner Staats angehörigen in Kalifornien bei der Washingtoner Regierung ernstliche Beschwerde führte, insbesondere in den Jahren 1906 und 1907, wo die japanischen Kinder von dem Besuche der öffentlickien Schulen San Franciscos ausgeschlossen worden waren. Roosevelt gab sich damals große Mühe, einen Konflikt zu ver meiden und auf die Lokalbehörden zugunsten der Japaner einzuwirken. In der Einwanderungsfrage wurden den letzteren einzelne Erleichterungen zu gestanden, mit denen sich die Tokioer Regierung zu frieden erklärte. Zwischen beiden Staaten kam dann sogar Ende 1908 ein Vertrag über die im Pacific zu befolgende Politik zum Abschluß, was freilich nicht hinderte, daß bald darauf die Kali fornien sich über die in ihrem Staate überhand nehmende japanische Spionage beschwert fühlten und infolgedessen die Rassenfeindschaft der kalifornischen Bevölkerung neue Blüten trieb. Auch in diesem Falle vermittelte Roosevelt, und es gelang ihm. Japgn zu beruhigen. Es war zu ermatten, daß Japan beim Abschlüsse eines neuen Vertrages in bezug auf die völlige Gleich stellung seiner Landsleute in Amerika mit denjenigen anderer Staaten gewiße Forderungen erheben würde. In Washington zeigte man auch entsprechendes Ent gegenkommen, denn man mochte sich schließlich doch nicht gern den japanischen Absatzmarkt verscherzen, und so haben denn nunmehr die Vankees in den saueren Apfel gebißen und die Japaner als gleich gestellte Nation anerkannt. Folgende Depeschen orientieren über den Abschluß des Vertrags: Washington, 25. Februar. (Tel.) Der Senat nahm nunmehr den Vertrag mit Japan an. Washington, 25. Februar. (Tel.) Der Text des Vertrages mit Japan wurde gestern bekannt gegeben. Er umfaßt 18 Artikel. Der erste Artikel räumt den Bürgern der vertragschließenden Länder gegenseitige Rechte ein. Der Vertrag ist von Japan angeregt worden, das versprochen hat, die Auswanderung wie bisher zu kon trollieren. palitilche Nachrichten. Der Kronprinz in Bombay. Bombay, 25. Februar. (Tel.) Der Kronprinz ist hier eingetroffen und nahm im Gouvernements gebäude Wohnung. Die Blätter veröffentlichen in herzlichem Tone gehaltene Abschiedsartikel. Heute nachmittag um 1 Uhr begibt sich der Kronprinz an Bord der „A r a b i a", die unmittelbar darauf die Anker lichtet. Kränkung eines deutschen Gesandten? Es ist berichtet worden, derscrbischeKricgs- minister habe sich in der Skupschtina dahin ge äußert, der deutsche Gesandte v. Reichenau habe sich bei der Vertretung der Ehrhardtschen Interessen von Fami lienrücksichten leiten laßen. Eine Berliner Meldung der „Köln. Ztg." teilt Lazu mit, in Berlin liege der Wortlaut dieser Beschuldigung des serbischen Kriegsministers noch nicht vor. Selbstverständlich dürfte aber, wenn wirklich die angegebene Kränkung des deutschen Ge sandten ausgesprochen sein sollte, für nachdrück liche Remedur gesorgt werden. Der Verlauf der Pest. Der „Deutsche Reichsanzeiger" bringt eine amtliche Darstellung über den bis herigen Verlauf der Pest, die im wesentlichen eine Zusammenfaßung der bisher bekanntgegebenen Daten bietet. Hinzugefügt wird, daß das amtliche Organ ergänzende Wochennachweisungen über den Verlauf der Pest in Ehina auf Grund der eingehenden amtlichen Nachrichten veröffentlichen wird. Die russische Schulfrage und die Juden. Petersburg, 25. Februar. (Tel.) Der Minister- ra t hat beschloßen, die Vorschriften vom 4. September 1909 über den Prozentsatz der Juden in den Mittelschulen auch auf die externen Schulen auszudehnen. vorweg« uud Rußland. Thristiania, 2S. Februar. (Tel.) Das Odels- thing nahm gestern einstimmig den Gesetzentwurf über die Aufhebung der Vorrechte der russischen Fischer in den Finmarken an. Im Laufe der Debatte erklärte der Minister des Aeußern. zwischen Norwegen und Rußland bestehe ein gutes, freundnachbarliches Verhält- n i s. Red-ner wies die in auswärtigen Blättern ver- Der Moarhak. 10 j Von Max Geißler. „Ja", sagte der Bauer und stand auf, um an die Arbeit zu gehen, „kümmere dich man da ein büßchen um, Bekka Holsten: du nimmst mir damit eine schwere Sorge ab: denn es ist ein Elend, wenn der Sohn gegen die Mutter stehen muß, auch wenn er ein Recht dazu hat." „Tja, Lür, ich will dich das ganze Magazin reine machen, darauf kannst du dich verlaßen. Und Lu mußt nich verzagen, es geht ja erst los! Und übers Jahr, so Gott will, haben wir Len ganzen Unrat zortgesleppt. Ich will das schon machen und will nich mal einen Dank dafür haben, weißt du; denn ist estimiere: Eeffke Bolten ist ein richtiges Wespennest und muß ausgeräuchett werden. Und wenn wir denn mal alle Helle Augen kriegen und ein Helles Herz als so'n lieben lichten Frühlingstag, denn wird ja woll auch etwas Ordentliches wachsen. „Nun will ich aber gleich erst mal zu Zimmerling Reefsen laufen, daß er sie vernagelt. Adjlls, Lür!" Aber sie kam noch einmal wieder — „Was ich dir noch sagen wollte: es spukt da wieder mal was mit die Eisenbahn in die Welt! Weißt nich mehr — vor drei Jahren ist schon mal die Rede davon gewesen! Aber: die Aepfel müßen erst richtig reif sein, hab ich damals gesagt — opstunns is das noch zu früh. Na, alsdann ist es ja auck richtig zu früh gewesen. Aber, was der Bauer Richter ist, der bat s in die Zeitung gelesen: das Projett als er sagt, steht nunmehr vor die Aufführung. Na, wir können wohl mal warten, ob es kommt. Adjüs, Bolten." Aber sie kam noch mal wieder, als sie schon die Klinke der Tür in der Hand hatte.... „Lür Bolten, hast du nich mal einen Wagen ohne Pferde über das Moor laufen sehen und geradewegs durch deine Felder?" „Hm, das hab ich woll", sagte der Bauer und seine Hand glitt dabei so nachdenklich über den Bart, „das rst damals gewesen, als ich bet Lerz den Knecht machte." „Siehst du, damals hast du in die andere Zeit Hinüberaesehen l Ich habe immer gesagt: an dir is alles richtig, sie sollen dich bloß mal Zeit laßen. So mach das mal auch heute noch. Lür Bolten, . . . . hineinjehen in die andere Zett, das ist es! .. . Einen Berg Jahre hat Geffke Bolten dazu gebraucht, den Hof zu rungenieren; und wenn du ein einziges nötig hast, ihn wieder hoch zu bringen, so sollst du man sehen, was sie dich hernach für einen Kerl schimpfen! Den Hut müßen sie noch abnehmen vor dir. Sei man nich bange. Lür Bolten!" So tröstete sie den Bauer mit ihrer Freude und ihrer tüchtigen Arbeit besser als Frau Aleit ihn tröstete mit ihrem kargen Wesen. Aleit Bolten war zu keiner guten Stunde in das Moor gekommen. Nun hatte sie ihren Frohmut verloren. Auf ihre rotbäckige Kraft war der Staub der Sorge gefallen, und sie hatte kein Vertrauen in die Stärke ihres Mannes — das war cs! Vertrauen kann man niemandem einredcn: Ver trauen wächst auf dem Boden der Tat. Dieser Bauer hätte mit vielen Leuten arbeiten können müssen Aber es fehlte ihm das Geld. Wenn ihm nicht ein Wunder aufhilft, so muß er niederbrechen, — hatte der Lehrer gesagt. Es ist ein hartes Wort, daß die Sünden der Väter werden heimgesucht an den Kindern. Und es ist von einer furchtbaren Wahrheit. Wir leben nicht in einer Zeit der Wunder — Woher sollte Lür Bolten also Hilfe kommen? Die Hühnernester auf dem Moorhofe hotte Zimmerling Besten hinter Latten genagelt. Aber die Hühner legten doch nicht besser. Das fiel Bekka Holsten so aufs Herz, daß sie in diesen Tagen manchmal nahe daran war, aus ihrem fröhlichen Gleichmuts zu fallen. Da hatte sie in letzter Stunde einen Einfall. ..Fiekchen", sagte sie zu der Magd, „einen gesunden Slaf ist mehr wert als in diese Zett der ganze Moor hof! Aber wenn er ist wie deiner, so ist er zu gesund und ist in diesem Falle slimm für uns. >-'"7 l.ch was sagen, Fiekchen: heute abend släfst du mal heimlich in mein Bett. Wir machen darum gar kein großes Geschrei: denn ich nehm das alles auf mich, weißt du, weil es etwas werden soll, das zum Besten für Lür Bolten ist. Wenn du sagst du gehst slafen, so gehst du nich slafen, sondern kriechst ganz leise links hinter die Kühe zu dem Mistlo-He hinaus und gehst den Weg über das Moor durch die Machandelbüsche. In den Mackandelbüschen werde ich auf dir warten." So ist das denn auch geschehen. Wie der Mond kam, stieg das Mädchen gleich einem Schatten durch Nebelschleier und Silberlichi, und bei den Wacholdern trat ihr Bella Holsten ent ¬ gegen. Es war ein köstliches violettes Blühen über dem Moor, und war ein Leuchten in der Nacht — wunderbar. „Fiekchen, da geb ich dich den Slüßel zu . einen Haus. Du kannst morgen slafen, so lang r« dich gefällt: denn ich will dein« Arbeit tun und will Bolten sagen, daß du dich den Urlaub nicht aus bloßem Gefallen an der Faulheit genommen hast. Ist der Bauer schon schlafen? ,.Tjo." „Und Aleit auch?" „Tjo": sagt« die Deern, nahm den Schlüße! und flederte durch die Nacht. Bella Holsten aber schritt dem Moorhcf entgegen. Durch das Loch an der Stallseit« fand sie den Einschlupf, schritt über die Diehdiele und legte sich, wie sie war. in das Bett der Magd. Es war eine mondhelle Nacht und das Licht lag in blanken schönen Scheiben auf der Tenne. An der Butze, in der die Magd schläft ist keine Tür — oder: es war wohl eine vorhanoen, aber sie ließ sich nicht vorziehen: denn Geffke Bolten hatte nichts in gutem Zustande hinterlassen. Der Mondschein macht kein Geräusch: ab und zu schnaufte eine der Kühe oder raßelte mit der Kette. So mochte es Glock zwölfe geworden sein, oder ein wenig später. „Denn die Uhr auf Bottens Flett jlägt nich", erzählte Bekka Holsten hernach, „indem der Klöppel iminer neben die Glocke fällt bei Las Slagen und in die Luft haut... Da hör ich etwas, und — siehst du woll — durch das selbige Loch, durch das ich gekrochen bin, steigt auch die Bolten herein! „Ich habe mich rasch das Deckbett bis an die Nase herausaezogen und habe ein paar Snarcher ge macht als Zimmerling Reefsen seine Säge; denn es is ruchbar, daß Fiekchen Reefsen, was zu dem Zimmerling die Swester ist, sich das Snarchcn ange wöhnt hat bei das Slafen. .Un da is die Botten denn auch drauf rein gefallen. „Auf den Strümpfen ist sie gegangen, die Buddel — durch den Stallmist ist sie gelaufen und hat sich die Füße abgetreten auf der Tenne. In die Hand aber hat sie ein langes Instrument geführt als eine Bohnenstange, und oben ein Ring und ein Säckchen daran, ähnlich als der Schulmeister, wenn er Smetter- ling« sängt die er dann einbalsamiert, daß die Jungen an ihnen die Zolochic lernen. Vor der Butze hat sie sich ein büßchen verhalten — ob Fiekchen släft. Und dann ist sie dahingeschritten ins stille Schummern der Tenne, und es ist eine große Wir kung gewesen —: den Stab mit dem Sack hoch auf gerichtet, als ich's einmal auf «in Bild gesehen habe,' das eine Frau auf einem Denkstein dargestellt hat, nur mit dem Unterschied, daß die auf dem Denkstein hat lange Haare gehabt, die im Winde geflogen sind. Das ist bei Geffke Bolten nich gewesen; denn sie hat ia immer die olle smierige Haube auf, indem sie sagt, daß ihr die Haare darunter nich staubig werden. „Dann ist sie die Hühnerleiter hinangestiegen, dabei hat sie den Stab in der linken Hand genommen; denn die Leiter führt dicht an der Mauer hinauf. Und nü is auch ihre Hoheit von sie abgefallen. Als eine Kräh, die im Platzregen rumgesegelt is, hat sie auf der Leiter gehängt, und hat dabei gesnauft als eine Kuh, die einen recht sweren Traum hat. „Auf dem Moorhofe is die Horde der Hühner auf der Hille, als man zu sagen pflegt. Das is der freie Raum zwischen dem Dachboden und der Decke des Kuhstande«. Und weil da der Zimmerling Reefsen nur ein Loch gelaßen für die Hennen, und die Latten auch eng genug genagelt worden sind, so hat Geffke Bolten zuerst in ihre richtige Stellung sich hineinbalanzt, al« ich einmal gesehen habe, daß es ein Seiltänzer auf das Seil betreibt. Akkrat so hat sie mit die Bohnenstange umhergeswebt und dabei auf einem Strumpfe gestanden und hat mit das andere Bein in die Luft geslenkert. Dann hat sie sich mit der rechten Hand festgehattrn ans Gatter und hat mit der linken die Stange in das Loch gestochen ... ,T>en Odem hab ich vergeßen zu nehmen — so was von Aufführung und Spannung ist es gewesen. „Willst doch man zusehen, ob sie auch wirklich so einen runden weißen Smetterling erwischt", hab ich gedacht... es hat aber so gefährlich ausgesehen, und die Leiter hat unter ihrer Mißetat so ein Ge knatter vollführt, daß ich's mit der Angst bekam; denn ich hatte gedacht: wenn sie jetzt runterfällt und sich ein Bein zerbricht oder ihr Diebesgesicht ver- slägt, dann sagt sie; ich hätte ihr diese körperliche Verletzung angetan, und sie läuft am Ende mit ihr zerbrochenes Bein als Zeugungsmittel zu das Ge richt und macht ein großes Geschrei. „So bin ich lieber aus dem Bette gestiegen — „Geffke Bolten, hab ich zu ihr gesagt, fall du man nich ab; denn das is ein recht gefährlichen Standpunkt, den du dick da ausgewählt hast, fast so baumelig als der Hahn auf dem Buckel der Katz auf das Bild von die Bremer Etadtmufikanten. „Und so als die Katz hat die Botten denn auch ihr« Fisinomie in Falten gelegt. Du brauchst dich gar nich so zu betun, Bolten, komm nur erst mal runner von das Bäumchen! Du kannst immer getrost dein Beinwerk setzen, indem ich dir an die Kittel halte; denn es is nich halb so swer, in den Himmel zu fahren, als wieder runter auf die Erde . . . Und nun sag man bloß, Bolten, was du dich da für eine Sternangel zugelegt hast?" „Ei", sagte die Bolten, „zu das Mäusefangen! Indem von alters her immer eine richtig« Brut anstalt von Mäusen in den Hühnerstall gewesen ist: Spitzmäuse, Hausmaus«, Reitmäuse und Feld mäuse . . ." „Zs also kein Wunder, daß du das Mausen so gut gelernt hast! Aber ich verintresfier mich nich so für die Mäuse, die du in dein Kopf hast, sondern ich will oir sagen: ich habe dich jetzt über das Stehlen erwischt — als der Schandorm Wilhelm Busch Maxen und Moritzen bei's Hühnermausen! „Du brauchst gar nich so mit den Händen zu * fechten und nach Lust zu snappen! Ich hau dir heut nick wieder wie neulich; denn wenn die erste Auflage nich ««zogen bat — tüchtiger kann ich dich die zweite auch nick aufleaen. Und so müßen wir mit dich eine andere Heilkunst anstellen. „Aber die Sternangel läßt du mich, Bolten: denn das Ding sieht erfinderisch aus? Un nu kriechst du wieder durch das Mistloch und steigst in deinen Fenster hinein . . ." Damit schob Bekka Holsten die Alte in den Kuh stand, half ihr von hinten mit der Sternangel ein büßchen nach, streckte dann in gebückter Stellung ihren Kopf auch noch durch das Loch und spie hinter iyr her. „Die Schande will ich dich ersparen, daß ich dich heut nacht deinem Sohne vor das Angesicht stelle und sage: Mensch, siehe, das is dein« Mutter. Pfui, pfui, pfui!" . (Fortsetzung folgt.)
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