Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110227018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911022701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911022701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-27
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
- Links
-
Downloads
- Einzelseite herunterladen (PDF)
- Ganzes Werk herunterladen (PDF)
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bedeutung. Im Deutschen Buchgewerve- haus wurde gestern mittag die Wanderausstellung gegen die Schmutz- und Schundliteratur. die die Deutsche Dichter-Eedächtnis- Stiftung veranstaltet, eröffnet. Tin der Euten- berghall« hatte sich eine stattliche Anzahl von An gehörigen aller Kreise, die Interesse an der Unter drückung der Schundliteratur haben, eingefunden. Wir bemerkten u. a. den kommandierenden General von Kirchbach, Divisionskommandeur Mül ler, Kreishauptmann von Burgsdorfs, Amtshauptmann von Nostitz - Wallwitz, Oberbürgermeister Dr. Dietrich, Oberschulrat Prof. Dr. Müller sowie zahlreiche Buchhändler, Geistliche, Juristen und Lehrer. Im Namen des Deutschen Buchgewerbevereins begrüßte Herr Dr. Volckmann die erschienenen Gäste. Er sprach den Dank für ihr Interesse an der guten Sache, das sie durch ihr Erscheinen bekundet hätten, aus. Weiter betonte er, daß der Deutsche Buchgewerbe verein, dieselben dankenswerten Ziele wie die Deutsche Dichter-Gedächtnisstiftung verfolge, frei von jeder Prüderie und Sittenrechterei dem deut schen Volke gute Bücher sowohl nach dem Inhalte als auch nach der Ausstattung zu bieten. Er hoffe, dasi der Deutsche Buchaeweroeverein noch oft Ge legenheit habe, durch ähnlich« Veranstaltungen diese Absichten in die Tat umzusetzen. Er wünsche, daß die gegenwärtige Ausstellung einen recht qnten Er- folg habe. Der Redner schloß feine eindrucksvollen Ausführungen mit der Aufforderung an die Er schienenen, Herrn Dr. Ernst Schultze-Hamburg- Großborstel zu einem Rundgang durch die Aus- stellung zu folgen. Don der Ausstellung selbst haben wir unseren Lesern bereits in unserer Sonnlagsausgabe ein Hinreithendes Bild entworfen. Nur weniges fei hier hinzugesiigt. Dor allem inter essiert auch das statistische Material, das die Aus stellung bringt. Eine Tabelle zeigt, dasi ein Schundroman dem menschenfreundlichen Verleger 75 000 -4t einbrachte. Er hatte beim 6. Heft« — man musi annehmen, dasi die ersten fünf Hefte gratis verteilt werden — 175 000 Abonnenten, während dem 150 Hefte nur 13 000 getreue SHäflein anhingen. Welche geringe Meinung ein derartiger Verleger von seinem Lesepublikum hat, zeigen Proben aus dem „Arsenal der Schundliteratur. Da sieht man die „abgehauene Hand des Räuberhauptmanns Einhand, gezeichnet nach dem Original in der Dorfkirche zu Proschnu", den „Säbel von Eisensaust" und andere interessante Insignien der bekannten Helden der Hin tertreppen- und Kolportageromane, den „Beschützer der Unschuld, der Rächer der verlorenen Ehre". Charakteristisch ist auch der Querschnitt eines Höhlen konglomerats aus einem solchen Roman, — das Er zeugnis der krankhaften Phantasien eines bedauerns werten Schriftstellers. In dieser Hinsicht ist die Ten denz der Ausstellung sehr gut gewählt. Diesen Blöd sinn gibt man am besten der Lächerlichkeit preis. Wir wenden uns mit Abscheu von diesen Literaturproduk ten weg, und raten unseren Lesern, nur nochmals den von uns bereits eingebend geschilderten Sammlungen guter Jugendlettüre ihre Aufmerksamkeit zu schenken, denn in ihrer empfehlenden Wirkung beruht doch der höchste Zweck der Ausstellung. Nach dem gestrigen Rundgang durch die Aus stellung hielt Herr Dr. Schultze in der Gutenberg- Halle einen Vortrag über die Bekämpfung der Schmutz- und Schundliteratur. Der Redner gab einleitend einen geschichtlichen Rückblick über die Entwicklung der Schundliteratur. Er erzählte von dem Roman AMalis von Gallien, der im Mittelalter geschrieben, zum ersten Male seinen Lesern aus aller Herren Länder — der Roman wurde in fast alle Sprachen, sogar in das Hebräische übersetzt — einen Helden schilderte, der der edelste, tapferste, gerechteste usw. Mensch war, der aus allen widerwärtigen Gefahren als Sieger heroorgina und so die ungeteilte Begeiste rung aller Leser fand. Dieser Roman batte natür liche ungezählte Nachahmungen zur Folg«: In der späteren Literatur spielten die Ritterromane die größte Rolle, erst Cervantes Meisterroman „Don Quichote" konnte diesem literarischen Geschmack Ab bruch tun. Eine andere beliebte Gattung von Romanen waren die R ä u b e r r o m a n e, die ja selbst grosie Dichter vielleicht unwillkürlich beeinflußten, ohne dasi natürlich die entstehenden Werke die Schwächen jener Sorte von Räuberromanen hatten. Aus diesen Räuberromanen entwickelten sich die typischen Hin tertreppenromane, die einen Verbrecher zum Helden stempeln. Der Redner ging ferner auf die Indianer. geschichten ein und betonte, dasi man zweierlei Arten von Schundliteratur unterscheiden müsse 1s die lite rarisch wertlose und moralisch unschädliche und 2j die literarisch schon etwas höher stehende, aber moralisch desto schädlichere. Die letztere Art habe in den vergangenen Jahren durch die sogenannte Nick-Carter-Literatur eine geradezu unheimliche Verbrettung gewonnen, da di« Art ihres Vertriebes in voneinander un abhängigen Einzelheften auch der Jugend den Kauf ermöglicht habe. Der Redner gab neben Zahlen material über Verbreitung und Kosten dieser Hefte „Perlen" solcher Literatur zum Besten. Schließlich sprach Dr. Schultze über die Ab wehrbewegung. Er konstatierte mit Freude, dasi die eingeschlagenen Wege versprechen, zum Ziele zu führen. Die Aufklärungsarbeit, die Gründung von Ortsgruppen, Flug- und Merkblätter, die Ar beit von Verlagsanstalten und Lehrern, alles das habe mit Erfolg auf die reiche, schon bestehende gute Iugendlektüre hingewiesen. Der Referent schlosi mit der Hoffnung, dasi die weiter« Einrichtung von Volks bibliotheken und staatliche Beihilfe zur Jugend fürsorge dazu verhelfe, den Kampf gegen die Schund literatur mit einem grösseren Erfolg zu führen. Der interessante Vortrag fand lebhaften Beifall. vr. ?. 8. Aunlt-Sulttionen. Im kommenden März wird sich für die gesamte an Kunst interessierte Welt ein ganz seltenes Ereignis abspielen, die 2. Auktion der Sammlung v. Lanna - Prag im Auktionshaus Rudolf Lepke-B e?- l i n (21.—28. März). Schon an der Form und Aus stattung des Katalogs, der mehr einem gediegenen, wissenschaftlichen Werk als einem Katalog gleicht, bemerken wir, dasi etwas nicht Alltägliches geboten werden soll. Und in der Tat, di« Schätze, di« Adalbert Frhr. v. Lanna, nicht ein Sammler gewöhnlichen «chlages, ein hervorragender Kenner und Kunst freund, während eines langen Lebens in seinem Prager Palais angehäust hat, werden dem Kunst- martt eröffnet. Es ist nicht möglich, auf knappem Raum all' di« Pracht zu schildern, die in den 1775 Nummern zusammengebracht ist: nur die Kunstfreunde Leipzigs mochte ich auf diese einzige Gelegenheit hin- Lezugtz-Prets chr »8» P«r»r»« »4— T«4o«r «nd Stxdtirurk 2»«l täZltch »IH-ll« ««brach:: SU 4 noaaU., ».7V »8r«t»hel. vel linier» Filiale» «. »a. »«hmsPrfle» «»«ch»Ur 7S 4 »avatl., »ieneylbel. vsrch dt« Post; TealjchianLs und der doUchea Uoiani«» vierteljLdtt. U.»S monatl. IIS aa«schl. Postdeslrllgrld. Ferner >» Bei-,«», Dänemark, den Dommliaateii, Italien, Luxemburg, Niederlande, s!or< weae», Oesterreich-Ungarn, Rnilanb, Schweix«, Schweiz n. Spanien. Ja alle» übrig«, Staaten nur direkt durch di« »eschättlslell« de« Blattes erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2 mal täglich. Sann. u. Feieriag» nur morgen». Ldouueu enl-Lanahme: Auguftusplatz 8, bei unteren Träger», Filmten, Spediteuren und Annahmestelle», sowie Postämter» und Bries träger». Lt»,«l»,rka»t«prei» der Morgen ausgabe tv der Abendausgabe S ch, Strdatttoa und Geschäftsstelle: Johannitgaste v. Fer»I»r«cherr 14692. 14 «Li, 14604. Morgen-Ausstabe. WMrrTlWblaü Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Rolizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis istr Inserat« au» Leivzig ,in» Umgebung die Sgripalten« SV mm breit« Petitzeile 2S H, di« 74 mm breit« Neklamezei!« 1 von autwättt 90 H, Reklamen I.2V Inserat« von Behörde» '« amllichen Teil dt« 74 mm breit« Petitzelle Pt -H. Geschästsanirigen mit P atzvorschristen und in der Abendausgabe im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Leilagegebübr L u» p. Tausend «xN. Postgebühr. Fefterteilte Austräge können nicht zurück gezogen werden. Für das scheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen «neigen-Annahme! AugustuSplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- iLzpeditionen Les In» »nd Auslände«. Haupt-Filiale Verls«: llarl Duncker, Herzogt. Baqr. Hofbuch. Handlung Lüyowstrabe lO. (Telipfton Vl, Nr. 46W>. Haupt-Filiale Dresden: Seestrabe 4, t (Telephon 462l>. Montag, üen 27. /edriiar lSll. Nr. 58 105. Ishryany. Das Wichtigste. * Die Ausstellung gegen die Schund literatur in Leipzig wurde gestern im Buchge werbehause eröffnet. (S. Feuill.) * Der Zustand des ehemaligen Ministerpräsidenten Baron Desider Banffy gilt als ho'ffnungs, los. * Der serbische Kriegsminister wird zur Genugtuung für den deutschen Gesandten in Belgrad demissionieren. (S. Letzte Dep.) * Das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten hat den Gesetzentwurf, in dem für die Er bauung des Panamakanals 45500000 und für seine Befestigung 3 000 000 Dollar gefordert werden, angenommen. * Die bulgarische Sobranje hat beschlossen, die Mehrzahl der früheren stambulowistischen Mini ster in den An klage zu stand zu versetzen. (S. Letzte Dep.) * Dem Institut für Kultur und Univer salgeschichte an der Universität Leipzig wurde eine Sammlung von 30 000 unveröffent lichten Briefen neuerer Autoren geschenkt. (S. Kunst u. Wissensch.) Zmmenstklüt-Linüsu. Nicht nur alte konservative Hochburgen werden vom Liberalismus gestürmt, nicht nur die „Ri- viera"-Kreise ostelbischer Agrarier kommen um ihren Ruf, auch dem bisher schier unbezwinglichen Zentrumsturm droht ernste Gefahr. Dem Ergebnis der Reichstagsersatzwahl in I m m e n st a d t-L i n- dau sah man im ganzen Deutschen Reiche mit wachsender Spannung entgegen Früher national liberaler Besitz und als solcher durch den späteren Sezessionsmann Völk vertreten, gelangte dieser Wahlkreis in den achtziger Jahren einmal, seit >890 dauernd in die Gewalt des Zentrums. Die Tatsache, dasi mehr als 91 Prozent der Bevölkerung dieses dicht am Fuße der Alpen liegenden Kreises katholisch sind, und dasi die „sach- und sinngemähe" Bearbeitung der Wähler durch die bekannten Wahl helfer des Zentrums stets in ausgiebigster Weise er folgt ist, haben zwei Jahrzehnte lang dem Zen trumskandidaten den Sieg ermöglicht. Zwar stand ihm stets als gefährlicher Gegner ein national liberaler Kandidat gegenüber, aber die Stichwahl hilfe der Sozialdemokratie rettete dann noch stets dem Zentrumsmanne den Reichstagsitz. Diesmal wird es anders kommen. Die Nach wahl hat natürlich wie alle ihre Vorgänger seit dem Unglückssommer 1909 unter dem Zeichen der Reichs finanzreformgesetze gestanden. Während die Konser vativen schon in zwei Kreisen sehr empfindlich füh ¬ len mutzten, wie empört das Boll über die konser vativ-klerikale Steuerpolitik ist, hatte ein freund liches Geschick das Zentrum bisher vor bitteren Erfahrungen in dieser Beziehung bewahrt. Jetzt hat es sein erstes Philippi nun auch erlebt. Nach dem bereits gemeldeten Wahlergeb nis erhielt Amtsrichter Emminger (Ztr.) 11856 Stimmen: der verstorbene Abgeordnete Schmidt hatte es 1907 noch auf 12 013 Stimmen gebracht: das Zentrum hat also trotz einer geradezu unglaublichen Wahlagitation, trotz wildester Auspeitschung der Wählermassen eine Einbusie von 157 Stim men erlitten. Diese Ziffer kann nur dem unbe deutend erscheinen, der die Wahlpraktiken des Zen- trums nicht kennt, oder der gegenwärtig, wie die Konservativen, stark an einer Verschleierung dieser für das Zentrum sehr bedenklichen Tatsache inter essiert ist. Der nationalliberale Gegenkandidat, Rechtsanwalt Dr. Thoma ist mit 10 588 Stimmen zwar auch um 45 Stimmen hinter dem national liberalen Mitbewerber von 1907 zurückgeblieben, der es damals auf 10 633 Stimmen gebracht hatte. Aber dieser Rückgang fällt weniger ins Gewicht, weil trotzdem die Spannung zwischen den natio nalliberalen und den ultramontanen Stimmen ge ringer geworden ist. Die Sozialdemokra tie hat natürlich das beste Geschäft gemacht: ihre Stimmenzahl schnellte von 1999 auf 3808 hinauf, hat sich also nahezu verdoppelt. Das Gesamtbild ist hier dasselbe wie in allen Kreisen, die Nachwahlen vornehmen mutzten: Die Abrechnung der Bevölkerung mit dem schwarz-blauen Block wird fortgesetzt, die Konservativen und die Klerikalen ernten die Früchte ihrer Steuersünden. Für die liberalen Parteien liegt nichr die ge ringste Veranlassung vor, entmutigt zu sein. Gewisi hätten wir lieber gesehen, wenn für Thoma noch ein paar Dutzend Stimmen mehr als 1907 zu zählen ge wesen wären. Wer indessen die Berichte über den fügung gestellt: für das Ergebnis ist jeder Künstler Verlauf dieses Wahlkampfes verfolgt bat, we" davon Kenntnis besitzt, wie ungeheuer strupellos von ultra montaner Seite gegen diesen Mann auch persönlich ge kämpft worden ist, wird den Wert des Ergebnisses bester zu würdigen wissen, als jene Kritiker, die diesen Vorgängen mit Fleitz Auge und Ohr ver schlossen haben. Es ist auch von liberaler Seite tüchtig und kräftig gearbeitet worden. Zahlreiche bayrisch« Landtagsabgeordnete, der Führer der Na- tionalliberalen Bassermann und von fortschritt licher Seite Naumann haben energisch in den Wahlkampf eingegriffen, und dazu beigetragen, dasi der Liberalismus sich in Ehren auf dem Wahl schlachtfeld« behauptet hat. Dieser Erfolg wäre unmöglich geworden, wenn man sich etwa den Luxus zweier liberaler Kandidaten geleistet hätte, und darum sollte der Wahlausgang in Immenstadt-Lindau auch eine ernste Mahnung an National liberale wie an Fortschrittler sein, die Neigung zu Sonderkandidaturen von Grund aus auszurotten. Geeint vermögen die Libe ¬ ralen dem Anprall der Sozialdemokratie standzu halten und zugleich dem schwarzblauen Block empfind liche Niederlagen zu bereiten: gespalten und getrennt vermehren sie nur die Aussichten ihrer Gegner. Für die Stichwahl hat der „Vorwärts" be reits angekündigt, dasi die Sozialdemokratie „gegen den Kandidaten des schwarzblauen Blocks" votieren wird. Der Sieg Thomas dürste demnach ge sichert sein, denn es ist nicht anzunehmen, dasi das Zentrum noch über wesentliche Reserven verfügt. Seine Niederlage ist so gut wie unvermeidlich. Am heutigen Montag hat das Zentrum aber mals im Feuer zu exerzieren. Heute findet die Nachwahl in dem ostpreusiischen Wahlkreise Allen- ftein-Rössel statt. Wird dem ersten Schlag im Süden ein zweiter im Osten des Deutschen Reiches folgen? Aus üen NeirhsisyskiimmiMmien. Die Budgetkommistion beendet« am Freitag, wie schon kurz berichtet, die Ver handlungen über das Tempelhofer Feld. Sie drehten sich zum großen Teil noch um die Frage, ob nur der westlich der Tempelhofer Chaussee belegens Teil des Feldes verkauft und bebaut werden solle, oder auch ein Längsstreifen an der östlichen Seite der Chaussee. Der Kriegsminister erklärte, daß hierüber noch keinerlei Abmachungen getroffen oder auch nur Ver handlungen eingeleitet seien. Gegen eine Veräuße rung auch nur eines Teiles des östlichen Feldes habe aber der kommandierende General militär dienstliche Bedenken erhoben, denen er sich unbedingt anschliesien müsse. Der zum Uebungsplatz für die Infanterie verfügbare Teil sei schon jetzt auherordentlich klein und kaum ausreichend. Auch aus sozialen Gründen sei es bedenklich, die Freifläche des östlichen Feldes zu verringern. Die Aussprache endete mit der Zurück ziehung einer hierauf bezüglichen Resolution des Zentrums. Eine Resolution der Volks partei. die mit Rücksicht auf die öffentlichen Interesten die Einleitung neuer Verhandlungen mit den Beteiligten über den Verkauf des Tempelhofer Feldes überhaupt verlangte, wurde gegen Volkspartei, Sozialdemokraten und einen Teil der Nationallibe ralen abgelehnt. — Am Dienstag beginnt die Budgetkommistion di« Beratung des Postetats. Die Reichsversichernngskommistion hatte eine einwöchiae Pause gemacht, um inzwischen der Subkommisfton Zett zu lassen für eine Durchsicht der Bestimmungen der Versicherungsord- nuna über die Ausländer und über die durch die Beschlüsse erster Lesung herbeigeführten finan ziellen Mehrbelastungen. Die Subkom- mistion bat, wie wir schon berichteten, die Bestim mungen über die Ausländer bei den einzelnen Ver sicherungszweigen miteinander in Uebereinstimmung gebracht, und zwar insbesondere im Sinne der Möglichkeit einer Abfindung der Rentenansprüche. In bezug auf die finanzielle Mehrbelastung hatte die Regierung vor allem gegen zwei Beschlüsse der ersten Lesung Einspruch erhoben: die Verpflichtung zur Ge währung der Hebammendienste an versiche- runaspflichtige Ehefrauen und die sogenannte In- oalidenkinderrente, wonach, wenn der Emp fänger der Invalidenrente Kinder unter 15 Jahren hat, sich die Invalidenrente für jedes Kind um ein Zehntel bis zu dem höchstens anderlhalbfachen Betrage erhöhen sott. In der Subkommission kam ein Kom promiß mit der Regierung dahin zustande, dasi die obligatorische Bestimmung über die Heb ammendienste beseitigt, dagegen die Jnva- lidenkinderrente bei behalten wird. Die hierdurch herbeigeführte Mehrbelastung von 9 Mil lionen Mark soll durch eine Erhöhung des W o che n b e i t r a g o in der dritten und vierten Klasse gedeckt werden: der Wochenbeitrag wird in den fünf Lohnklassen danach auf 16, 24, 32, 40 und 48 Pf. festgesetzt. Die H a u p t k o m m i s s i o n bestätigte die Vorschläge der Subkommistion durchweg. Der Ver treter der Volkspartei gab hierbei die Er klärung ab, dasi seine Freunde bei den Beschlüssen der ersten Lesung der Kommission stehen blieben und aufs tiefste bedauerten, dasi die Reichsversicherungs ordnung durchaus Ungenügendes für einen Muttcr- und Säuglingsschutz beitrage. Die Schiffahrtsabgabenkommission führte auch am Freitag die allgemeine Aussprache noch nicht zu Ende. Zunächst äußerte sich ein Re aierungsvertreter über die Zahlenangaben, die dem Regierungsentwurf beigefügt waren und bemängelt worden sind. Von sozialdemokratischer Seite wurde auf das schweigende Verhalten der Konservativen und des Zentrums Hingelviesen, die sich anscheinend planmäßig an der Besprechung nicht beteiligen wollten, sondern einfach der Regierung die Diskussion überließen. Aus den Verhandlungen ergebe sich, daß nur verkehrsfeindliche Motive zu der Vorlage geführt hätten, um vom preußischen Eisenbahnstandpunkt aus die unbequeme Konkurrenz der Schiffabrt auszuschließen und um das Tor zuzumachen, durch das billiges Getreide nach Deutschland gebracht werden könnte. In der Re gierungsvorlage fehle auch der Nachweis, wer künftig die Tarifhoheit aus,zuüben hab«, die jetzt unbestreitbar dem Reich zustehe. Von nationalliberaler Seite wurde heroorgehoben, daß in den Reden und Peti tionen ein großes Manko vorhanden sei. näm lich was dann geschehen solle, wenn die preußische Regierung kein Mittel finden würde, um die Schiff fahrt auf den natürlichen Strömen zu verbessern. Die Vorflutsverhältnisse seien auf dem Rhein und der Elbs geregelt. Die Abgabe solle den Ausgleich für die Schiffahrtsinteressen bilden. Es gebe auch in Sachsen Kreise, die der Meinung seien, wer den Nutzen von der Schiffahrt habe, solle auch die Abgaben tragen. Der Regierungs oertreter wies darauf hin, dasi der Verkehr auf dem Dortmund-Ems-Kanal sich kolossal entwickelt und der Emder Verkehr sich verzwanzigfacht habe. Die Strombaukasse betrachtet der Regierungsvertreter als sog. Zuschutzkaste, soweit die Mittel nicht aus reichen. Von fortschrittlicher Seite wird eben falls bedauert, daß die Freunde der Vorlage sich bis her an der Debatte noch nicht beteiligt und keine Auskunft über ihre Motive gegeben hätten. Es wäre besser gewesen, die Verhandlungen nicht bei 8 1 zu beginnen. Ob überhaupt nur ein einziger Bau aus geführt werden wird, wie oorgeschlagen. entziehe sich vollständig dem Einflüsse des Reichstags. Das Material sei sehr schnell beschafft worden, aber Fixigkeit stimme nicht immer mit Richtigkeit überein. Das fiskalische Interesse für die Einführung der Abgaben sei zweifellos vorhanden. Man wolle die einzelstaatlichen Budgets entlasten. Richtiger hätte man die Vorlage als ein Gesetz zur Einführung von „Peters"-Pfenntgen bezeichnet. Wenn die Ab Seyen Sie Schunüliterstur. Ein Buch hat ost einen Menschen für seine ganze Lebenszeit gebildet oder verdorben. Lvväor. Dasi die Bekämpfung der Schundliteratur für uns zu einem sozialpolitischen Problem geworden ist, wird von keiner Seite mehr bestritten. Die Bücher mit den schreiend bunten, grauenerregenden Titelbildern haben schon allzu viel schlechten Einfluß auf den Ge schmack unseres Volkes ausgeübt. Abertausende von sauer verdienten Groschen sind schon dazu ver schwendet worden, di« mit Spannung erwartete Fort setzung eines Schundromans zu erstehen, weil seine letzte Lieferung in der raffiniertesten Weise in der oerworrendsten. spannendsten Situation mit einem Ge dankenstriche endete. Sollen hier noch die schreck lichsten Folgen der Schundliteratur angeführt wer den, wo Jugendliche nachgewiesenermasien verführt durch die Lektüre jener Bücher, von denen jedes ein zelne ein Schandfleck für di« deutsche Literatur be deutet, ihr« Geschmacksverirrung auf der Anklagebank büßen mutzten? Nun, der Kampf gegen diesen Krebsschaden für unser deutsches, gesundes Dolksempfinden Hut be gonnen, alle Kreise, die in Frage kommen, haben willig ihre Hand dazu geliehen und — was im deut schen Volke selten der Fall ist — all« Parteien haben einmütig die Notwendigkeit dieses Kampfes an erkannt. Doch nicht nur diese negative Bewegung können wir begrüßen, positives Schaffen hat bereits eingesetzt, gute Jugendliteratur ist zusammengestellt worden, und mit ihrer Hilfe wird man wohl am besten dem Schmutz in der Schundliteratur begegnen können. Zu diesen Bestrebungen sollt« jeder Deutsche sein Teil beitragen, damit spätere Geschlechter, die die Folgen de: Schundliteratur erst recht fühlen wer den. uns nicht den berechtigten Vorwurf machen können, dasi wir unser« Pflicht nicht getan hätten. G Für Leipzig war der gestrige Sonntag ein Kampf gegen vi« Schundliteratur von besonderer
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite