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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.02.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110211011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911021101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911021101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-11
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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Lnzeiften-Preis W» SM»»» »» U»wu, -»» d«, « M» »—» » U» U »» Sa»» »rLa m vU, > M» M«»aaa a- A»Na»»» l-L- JM*rar» »»» 0«»»»«» » «»lluhe» K.N! »» re »M d«r» B»nl«a» <0 «chchanaaruiarn «r «la^onchrura» «ch t» »« Udarchaasaad, ,m vr«x »ryShl. AaSarl »ach tarii. dnl-q«,»vadr L a» ». lauch»» «xv. PoiigrdlUn. q«st«ttlU» UaNrü»« kSnaev mchl prrack- »«»»,e» w«v<». Air da« wuchern« an iaNu»««» ta^a na» BUttza» «rr» lein« charaart» lldrrnomai«». »» chmUrcha» AtUala» «. all« »»«,««». Lx»tbltro»ei> da» Z» na» Nii.lmid»«. Haa»e-Xl»«1» w»»cuv Vavr. H^duch- an, IQ. Han»r SUtal» vrr«»a« Eaaklr^a 4. l lLUv»»» 4ü21>. llr. -t2 Sonnsdenü. üen N. /rdcusr ISli 105. Jahrgang. Das wichtigste. * Leipzig steht heute im Zeichen des Mar- garetentager. 7000 Damen und Herren haben sich in den Dienst der Wohltätigkeit gestellt, (S. 1. und 2. Beilage.) * Bei der fortgesetzten zweiten Lesung der Gerichtsverfassung im Reichstage wurde der Antrag Müller- Meiningen, die Strafkammern in beiden Instanzen mitzweiRichtern und drei Schöffen zu besetzen, angenommen. Ferner wurde die Zulassung der Lehrer zum Amt eines Schöffen ohne Einschränkung beschlossen. sS. d. Reichstagsbericht.) * Die Budgetkommission nahm den Ge- setzentwurf über die Friedenspräsenzstärke des Heeres an und bewilligte di« Neu- forderungen. * In München nahm ein« vom Aka demischen Freibund einberufene Protest oersammlung. in der Kaplan Wieland sprach, eine scharfe Resolution gegen den Moder nist e n e i d an. (S. Dischs. R.s * In der Nähe von Mulata (Mexiko) hat ein schwerer Kampf zwischen mexikanischen Bundes truppen und Revolutionären stattgefunden. sS. Letzte Depeschen.) * In einem Bergwerk in Colorado ereignete sich ein schweres Explosionsunglück. sS. Letzte Depeschen.) Keichslanüwirrnis. Im elsässisch-lothringischen Landes ans sch uh ist mit 44 gegen 1 Stimme der An trag angenommen worden, der für die Reichs lande die Gleichstellung mit den übrigen Bun desstaaten verlangt. In der Reichstags kommission für den Berfassungsentwurf ist mit überwältigender Mehrheit — 20 gegen 4 Stimmen bei ein paar Stimmenthaltungen — der Zentrumsantrag angenommen worden, Elsaß-Lothringen zum selbständigen Bundes staat zu machen und ihm 3 Stimmen im Bun desrat zu verleihen. Naive könnten angesichts dieser Koinzidenz der Ereignisse behaupten, daß die Mehrheit der reichsländischen Be völkerung wie die Mehrheit des deutschen Volkes einmütig die dem Neichslande vom Kanzler gebotene karge Abschlagszahlung verworfen habe; daß nicht nur die Elsässer und Lothringer selbst das Recht in sich fänden, in allem den Be wohnern der deutschen Bundesstaaten gleich gestellt zu werden, sondern daß auch die über wiegende Mehrheit der Bevölkerung der Bun desstaaten ihnen dieses Recht zuerkenne. So naiv, aus den Beschlüssen der beiden Ber- tretungskörperschasten dies zu folgern, wird nun ernsthaft kein Mensch sein. Wohl aber werden sich viele so naiv stellen. Und werden dadurch den Satirenstoff freundlich ver mehren, der einem schon so aus der reichs ländischen Verfassungsfrage so freundlich ent gegenlacht. Satirenstoff: ist es etwa keiner, wenn der preisliche Justizrat Preiß - Kalmar die Journalisten der gegnerischen Presse als Banditen und Apachen abtut, und wenn dann Herr Wetterle in angstvollem Eifer den treuen Freund, der ihm doch nur aus dem Herzen sprach, abschüttelt? Ist es keiner, den der viel gewandte liberale Herr Blumenthal bietet, der als Reichstagsabgeordneter antiklerikal war wie einer, als Kalmarer Bürgermeister flugs mit den Klerikalen intim ward und gegen die Liberalen vom Leder zog, nun seinen neuen Freunden den bleichen Schrecken ins klappernde Gebein jagt mit der Ankündigung, eine elsässisch-lothringische Verfassungspartei zu grün den, -die natürlich vor allem in den protestlerisch- klerikalen Jagdgründen auf die Mandatjagd gehen und deren Despot kein Geringerer als Herr Blumenthal selbst sein würde? Kein Satirenstoff, daß der Landesausschutz in der Voraussicht, soviel sei doch nicht zu erreichen, sich einstimmig auf Anträge festlegte, die nun der Verfassungsentwurf der Reichsregierung berücksichtigt, und daß alsbald die Erfüllung der einst einstimmig erhobenen Forderungen al« Werk finsterster Reaktion, als lächerlich ge ringe Abschlagszahlung, als schlimmer al« der gegenwärtige Zustand ausgeschrien wird? Und ist endlich nicht das Verhalten der Reichsregierung in dieser Frage der aller beste Satirenstoff? Herr von Bethmann Holl weg hat die Demokratien als gefährliche Nieder gangsgebilde im preußischen Wahlrechtskampfe wiederholt bezeichnet; nicht etwa gesagt, daß eine preußische Demokratie den Niedergang bringen müßte, sondern mit staatsphilosophie render Allgemeingültigkeit jene Ansicht aus gesprochen: und bringt jetzt für Esaß-Lothringen das demokratischste aller Wahlrechte, gemildert nur durch eine Zuweisung von Pluralstimmen, die ihrerseits wieder auf dem demokratischsten aller Wahlrechtsprinzipien, dem des Alters, beruht! Herr von Bethmann Hollweg hat, Bismarck ungenau zitierend, es für nötig er klärt, daß die gottgewollten Abhängigkeiten auch bei der Ausübung des Wahlrechts wirksam blieben und deshalb öffentliche Wahl für Preußen beizubehalten verlangt: den Elsaß-Lothringern aber gibt er die geheime Wahl. Ja, sind denn die Abhängigkeiten im Reichslande nicht gottgewollt? Oder kommt's im demokratisch verseuchten Süden auf ein bißchen mehr oder weniger schon nicht mehr an? . Die Frage der elsässisch-lothringischen Ver fassungsreform wird nicht vom Flecke kommen, ohne daß von einem der gesetzgebenden Fak toren, dem Bundesrat, vertreten durch den Herrn Reichskanzler, oder von der „über wiegenden Mehrheit" des Reichstages neuer « Satiren sto ff geboten wird. Wir möchten sehr energisch den sehr ergebenen Wunsch aus sprechen, daß der Herr Reichskanzler die Lieferung solchen Stoffes diesmal der Gegenpartei überlasse. Als die wackeren Herren, die sich mit gewaltiger Pose in die Brust werfen und ihr „Alles oder nichts" ver nehmlich in die Lande und ins Reichsland schmettern, werden jählings kleinlaut und bescheiden werden, wenn sie merken, daß die Reichsregierung (den staatsrechtlich un genauen , aber nun einmal üblich ge wordenen Ausdruck zu brauchen) diesmal nicht umfallen wird. Soviel Leute, daß die über wältigende Mehrheit sich in eine knappe Minder heit verwandelt, werden sicher abkommandiert werden. Und wenn der Rest sich dann desto radikaler gebärdet und durch verdoppeltes Ge schrei vergeßen machen wird, wie der abkomman- vierten Freunde Sinn sich wandelte — man wird es heiter lächelnd tragen können. Man würde es aber nicht tragen können, wenn sich dieses so völlig kreditlose Regime Bethmann Hollweg daran machen würde, mit ungeschicktem Finger an einem der feinsten Instrumente Bismarckischer Staatskunst, dem Bundes rate, zu rühren. Bismarck hat den Bundesrat, gerade in der Gestaltung und Stimmenzuwägung, in denen er von der Reichsverfassung geschaffen wurde, als noli mo tongcra gegenüber dem Reichstag, wie gegenüber dem alten Kaiser immer wieder verteidigt. Soweit er den süd deutschen Staaten bei ihrem Anschluß 1870 ent- gegenkam, in der Zuweisung von Bundesrats stimmen fragte er nicht seine Konnivenz, son- Vern allein seine staatsmännische Einsicht. Den Bundesrat wie er ist, den Bundesrat mit seinem sorgsam abgemessenen Stimmenverhält nis, das weder Preußen die übrigen Bundes staaten majorisieren läßt, noch die Majo risierung Preußens durch die anderen Staaten in den wichtigsten Fragen gestattet — ihn an zutasten hat Bismarck wieder und wieder ge warnt. „Ich sehe eine Art von Palladium für unsere Zukunft, eine große Garantie für die Zukunft Deutschlands gerade in dieser Gestaltung", so hat er sich am IS. April 1871 ausgesprochen. Und wir sollten es jetzt erleben, daß ein ungeschickter Adept an dem Werke des Meisters herumpfujchte? Wir haben jüngst erst, bei Gelegenheit der Relegierung des majestätsverbrecherischen Pri- munerleins, deutlich an den Tag gelegt, wie sehr wie wünschen, daß der Geist eines ver ständigen Liberalismus auch im Reichslande walte. Ein Liberalismus aber, der sich die nationalen Konsequenzen seines Tuns nicht vor Augen hält, ist stets unverständig. Die Konsequenz, die sich für unser gesamtes Reichsleben ergäbe, falls den Wünschen der Französlinge von der l.^rraino sportive samt ihren klerikalen, radikalen und sozialistischen Bundesgenoffen entsprochen würde, erscheint uns national unheilvoll. Wenn einmal an der Reichsverfaffung geändert werden muß, dann muß das ein Reichskanzler besorgen, der Ver trauensmann der Nation ist. Keiner war das je so wenig wir der jetzige. Und darum darf unter keinen Umständen der „entschiedenen Mehrheit" des Reichstags und ihren Reklame wünschen nachgegeben werden. Parlaments-Lröklmmg. König Georg hat sein erstes Parlament er öffnet. Das Gepränge üer Eröffnungssitzung hat Auf sehen gemacht, obgleich die von der alternden Königin Viktoria vernachlässigten Formen bereits von ihrem Sohne wiederhergestellt waren. Aber die Thronrede ist so farblos und nüchtern ausgefallen wie selten zu vor. War das Absicht oder Verlegenheit? Für Ab sicht möchte man sich ja entscheiden, wenn der Ver treter der Regierung Lord Crewe selber den Wunsch ausspricht, man möge di« Stellen über die auswärtige Politik für „wenig mehr als eine allgemeine Form" beurteilen! Es ist köstlich, dieses Eingeständnis eines konstitutionellen Ministers, daß bei Thronreden das das Wichtigste ist, was nicht darin steht! Aber wunderbar bleibt das trockene, geschäfts mäßige Königsdebllt im ersten Parlament eigenen Fabrikates. Was die auswärtige Politikan- belangt, so hat ja Lord Crewe völlig recht. Auf ihrem Boden beginnen nur politische Elementar schüler ihr Werk mit einer Programmred«: nur daß eben der Meister es auch nicht sagt, wenn er mit oder ohne tiefere Absicht sich über den Tag hinweggeholfen hat, 'andern die Kritik lieber Len Feinden überläßt. Aber über die inneren Fragen wär« doch eine Willenserklärung wünschenswert gewesen. Nicht eine Festlegung des königlichen Willens, dessen Ver kündigung im Gegenteil bis zum Tage des Schieds gerichtes zurückzuhalten ist. soll sie ihre Kraft be wahren. Aber in Thronreden sprechen doch die ge schäftsführenden Minister durch den Mund des Königs. Nun steht das englische Parlament an der Schwelle einer Tagung, deren Wichtigkeit, wenn di« Ver heißungen der Regierung ernst gemeint waren, von keiner anderen übertroffen wird, feit die Versamm lung von 1689 durch die ..Declaration of Right" eine 222jährige Verfassung gründete. Da durfte man wohl auf die amtliche Mitteilung eines Verhandlungs planes rechnen für die wenigen Monat« bis zur Krö nung. in denen das bedeutsam« Werk zum vorläufigen Abschlüsse gebracht werden soll, um die Feststimmung von der quälenden Sorge um die allernächste Zukunft zu entlasten. Aber das königliche Mundstück der leitenden Männer schweigt und gibt wirklich nichts mehr als die ganz „allgemeine Form", daß die Ver hältnisse zwischen den beiden Häusern geregelt wer den sollen. Freilich st es kein Wunder, wenn Empfindungen der Abspannung, der Schalheit die Regierung nach den Aufregungen der Wahlkämpfe erfüllen. Sie haben an das Land appelliert, weil ihre brüchige Mehrheit ihnen nicht Ansehen genug zu geben schien, um energisch gegen die Lords austreten zu können. Das Land hat ihnen fast genau dasselbe Volkshaus zurückgeschickt: die Opposition hat einen ganzen Sitz eingebüßt, die Kerntruppe des Ministeriums aber vier zugunsten der anspruchsvollen und «in bißchen kompromittieren den sozialistischen und irischen Bundesgenossen ver loren. Man weiß sich nicht anders zu helfen, als daß man dieses Verhältnis, das vor der Wahl unbefrie digend hieß, jetzt auf einmal befriedigend nennt, daß man mit bloß anderer Deutung sich über die betrübende Tatsache hinwegtröstet, kein« Fortschritte gemacht zu haben! Dazu tritt noch eins: dem Fahnenjunker ist das Banner aus der Hand gefallen, die volkstümlichste und willensstärkste Kraft des Ministeriums, die Zu kunftshoffnung der radikalen Draufgänger. Lloyd George scheint zusammengebrochen zu sein. Die Anstrengungen des Wahlfeldzuges scheinen einen nicht wetterfesten Körper in dem Augenblicke zermürbt zu haben, da der kühne Geist mit einer gewaltigen An strengung sich zum Gipfel der politischen Geltung auf zuschwingen unternahm, der dem aus den Niede rungen der gesellschaftlichen Schichtung Aufstrebenden auch im heutigen England noch schwer ersteigbar bleibt. Lloyd George, der nicht der Arbeitergruppe angeschlossen ist. mit deren Bestrebungen er sym pathisiert. wirkte als Bundesglied zwischen ihr und den bürgerlichen Liberalen um so entscheidender. Er war es. der ihr nicht abgerissenes Band zusammen hielt, ihn trugen die Mafien, und vielleicht mochte diese starke Bewurzelung und sein eigener Feuergeist den zähen Widerstand der Erbweisrn doch überwinden. Der qewiegte Finanzkenner Asquith ist kein Mann des Volkgs: einen solchen hätte die allgemein« Ent rüstung vor den nicht gerade erhebenden Szenen be- wahrt, in die ihn sein Widerspruch gegen die Frauen- rechtlerei verwickelt hat. Wir Fernerstehenden mögen mit gelassener Reu gier die Weiterentwicklung des englischen Verfassungs kampfes beobachten. Inzwischen beschäftigen sich beide Häuser mit „unfruchtbaren Analysen" der Taktik des Auswärtigen Amtes. Der nichtssagenden Thronrede entsprechen die gedankenleeren, verlegenen Debatten» die auch noch unter der Abwesenheit Greys leiden. Sonst möchte vielleicht etwas schärfer die allgemeine Abwärtsbewegung seit König Eduard» Tode unter die Lupe genommen werden. Insbesondere das beschämende Vorkommnis, daß das königliche Wappentier Britanniens in die vrrfische Wüst« hinein gebrüllt bat. ohne ein« Tat folgen zu lassen: früher gingen nicht stumpfe Worte Englands Taten voraus) Denn daß in den ominösen drei Monaten Persiens Wege „ein ganz klein wenig" sicherer geworden seien, ist doch ein herzlich kümmerliches Ergebnis und wahr scheinlich auch der Lerschneiung zu danken, di« mit den Kaufleuten auch die Rauoer in ihren Be hausungen zurückhalt Man hätte eben kein befristetes Mtimatum stellen sollen! Eigenartig berührt auch, daß von der ..Entente" mit Frankreich und Rußland so wenig und von der Freundschaft mit Italien so viel die Rede ist. Sollte das freundereiche England König Eduards plötzlich so vereinsamt sein? Und am merkwürdigsten mach) sich das Prunken mit der Förderung, die man vor 50 Iahr«n der Befreiung Italiens gewährte, in einer Epigonenzeit, di« für die nationale Emanzipation der mohammedanischen Völker nur Widerwillen und nörgelnde Kritik übrig hat. Sogar Lansdowne krebst wieder mit der Bedrückung der armen Mazedonier, die sich nicht mit Waffen -um Aufruhr versehen dürfen! Oie Prager Professoren unü üer Moüernisteneiü. Aus Prag wird uns geschrieben: Die Vereinigung der Prager deutschen Hochschul lehrer hielt am Mittwochabend im Hörsaale des Chemischen Institutes unter dem Vorsitze des Univ. Prof. Dr. Grafen Gleispach eine außerordent liche Vollversammlung ab. Den wichtigsten Pro grammpunkt der Tagesordnung bildete die Stellung nähme der Vereinigung zum Antimodernisteneid. Das Referat hierüber erstattete der Vorsitzende Graf Gleispach, der zunächst den Text des Antrmoder niste neid es verlas und seinen Inhalt kurz dahin charakterisierte, daß er das Bekenntnis zur völligen geistigen Abhängigkeit, di« Verwerfung der freien Forschung, kurz die Preisgabe der Grundsätze bedeute, die wir als Grundlagen der Wissenschaft unerläßlich halten. Ganz abgesehen von der Frage, ob jemand aus den Reihen der Hochschullehrer verpflichtet sei, den Eid abzulegen, müsse die Bereinigung zu der Sache Stellung nehmen, denn sie sehe es als ihre erste Pflicht an, für die Freiheit der Lehre und Forschung einzutreten. Sie erblicke darin die einzige mögliche Grundlage für den Kulturfortschritt überhaupt und auch für den Fortschritt in unserem Vaterlands und seine Größe und Kraft. Allein dce Wirksamkeit, die in diesem Geiste entfaltet werden könne, sei nicht unabhängig von dem Geiste, der von anderen Macht faktoren verbreitet nxrde. Es wäre überflüssig, ein Wort darüber zu sagen, welch ungeheure geistige Macht Rom ausübt. Für Mil tionen werde dort sozusagen die geistige Parole aus gegeben; für die Eltern der Heranwachsenden Jugend, die dann unsere Hochschulen füllt, für ihre Erzieher in frühen Ent Wicklungsperioden. Wenn der Geist, aus dem der Antimodernisteneid geboren ist, sich ungehemmt ent falten kann, dann mögen zwar vielleicht die Hoch schulen noch immer die letzte Zuflucht^tätt« für di« freie Forschung und Lehre bleiben, aber die Wirksam keit, die sie entfalten können, wird nur sehr gering sein. Allein er fehlt auch nicht an einem besonderen Zusammenhänge zwischen dem Antimodernisteneid und der Stellung des Hochschullehrers deswegen, weil an den theologischen Fakultäten Männer wirken, di« als Kleriker zur Ablegung des Eides verpflichtet er scheinen. Der Referent erörtert sodann die Aus nahmen, die hier allerdings zugelassen werden, verliest den Text des Schreibens, das der Papst an den Kardinal Fischer in Köln gerichtet hat, und kommt zu dem Ergebnis, daß zwar die juristische Ver pflichtung zur Ablegung der Eides für solche staat liche Lehrpersonen aufgehoben wurde, die nicht in der Seelsorge tätig find, daß man sich aber keinen schärferen moralischen Zwang denken kann, als er hier ausgeübt wurde. Dazu kommt noch ein Umstand. In Deutschland hat die Staats Verwaltung sich schon mehrfach veranlaßt gesehen, gegen den Zwang Stellung zu nehmen, der auf Kleriker in staatlicher Stellung ausgeübt wird. In Oesterreich hat man wenigstens bisher nichts davon gehört; ein Grund mehr für uns, nicht zu schweigen. Der Referent führte weiter aus, daß, wenn es feststehe, daß di« Vereinigung ihre Stimme erheben muffe, nunmehr die Frage der Form zu lösen sei. Hier sei nun die Richtung dadurch gewiesen, daß der vorbereitende Ausschuß für den Deutschen Hochschul lehrertag in Leipzig durch einen Beschluß bereits vorangegangen sei, und durch eine Zustimmung zu diesem Beschluss« auch dre Form der Stellung nahme gewählt werd«, die als richtig erscheine; näm lich einerseits die Ueberzeugung der Prager Vereint gung scharf und klar zum Ausdruck zu bringen, aus der andern Seite aber alles zu vermeiden, was als persönlicher Angriff gegen unsere Kollegen an der theologischen Fakultät gedeutet werden könne. Das liegt uns völlig fern. Wir dürfen sogar hoffen, daß unsere Stellungnahme nicht wenigen Theo logen nicht unerwünscht jein wird. Haben doch schon die theologischen Fakultäten in Münster. Straßburg und Bonn und einige Mitglieder der theo logischen Fakultät in München gegen den Anti modernisteneid Stellung genommen. Auf Grund eines einstimmigen Beschlußes des Ausschusses legte der Referent der Versammlung den Antrag vor, zu dem Beschlüsse des früher er wähnten vorbereitenden Ausschusses des Hochschul lehrertages seine Zustimmung auszusprechen und den Vorstand dieses Ausschusses, Wirkt. Geh. Rat Prof Dr. Binding in Leipzig zu verständigen Die Versammlung erhob sodann, wie bereits tele graphisch gemeldet, diesen Antrag mit allen gegen eine Stimme zum Beschlüsse. * Eine weitere scharfe Protestkundgebung gegendenModernisteneid fand am Donners tagabend in München statt. In einer außerordent. lich gut besuchten, vom Akademischen Frei- bund im großen Saal« der Schwabinger Brauerei veranstalteten Versammlung hielt der wegen der Der- Weigerung des Modernisteneides gemaßregelte Kaplan Konstantin Wieland au» Laumgen an der Donau einen überaus klaren und temperamentvollen Vortrag über das Thema: „Deutsch oder Welsch — «ine Zeitbetrachtungzum Modernisten. «i - Wieland erklärte gleich zu Anfang seines Vor ¬ trages, daß er sich trotz der Exkommunikation noch als i katholischer Priester betrachte und sich stets als solcher I betrachten werd«. Gerade seine Religiosität
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