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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.01.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110125011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911012501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911012501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-01
- Tag 1911-01-25
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Monat
1911-01
-
Jahr
1911
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fleht und sie aus das hinweist, was patriotisch deutsche Männer eint, Monarchentreu« und Vater- . landsliebe. Da» deutsche Kriegervereinswejen kennt al» Gegner nur diejenigen, die nicht monarchisch gesinnt sind und den bestellenden nationalen Staat nicht anerkennen, also hauptsäch lich Sozialdemokraten, dann Welfen »nid Gropole n." Der Vorstand des Preußischen Ländeskrieger- verbandes wird von der „Kreuzzeilung" und der „Deutschen Tageszeitung" wahrscheinlich sehr bald die Zensur erhalten, das; er keine blasse Ahnung davon hat, was wirklich königstreue und monarchische Par leien sind. Deuttches Keich. Leipzig, 25. Januar. * Erweiterung der Zuständigkeit des sächsischen Obcroerwaltnngsgcrichtes. Zwischen den Fürsten- > ümern Neuß j. L. uitd Reuß ü. L. ist vorbehält lich der tOenchmigung der Landiage ein Beitrag ab geschlossen worden, dahingehend, das; in allen Streit sachen das sächsische Olierverwaltungsgericht in letzter Instanz zuständig sein soll. Dem kürzlich ins Leben gerufenen thüringischen O'oervcrwaltungsgericht sind die beiden Fürstentümer nick: beigetreten. * Zweiter Deutscher Wobnungskongreß. Durch die Debatten über die Zuwachs,teuer, durch die An gelegenheit des Tcmpelhoter Feldes, durch die be vorstehende Schaffung von kommunalen Zweckver- bänden für Grosz Berlin und andre Städte in Preußen, sowie durch das Vorgehen der süddeutschen Staaten ist in der letzten Zeit das Interesse für die Fragen der Wohnüngs- und Ansiedlungs reform besonders rege geworden und es wird durch die große Internationale Hygiene Ausstellung in Dresden noch eine weitere Steigerung erfahren. Unter diesen Umständen dürste weiten Kreisen, ins besondere auch in unseren lommunalen Verwaltungen, eine Gelegenheit zur gründlichen fachmännischen Be sprechung der Fragen der Wcchnungs- und Ansicd- lungsreform sehr willkommen sein. Eine solche Ge legenheit wird in reichem Masie der bevorstehende Zweite Deutsche Wohnungskongreß bieten, der, wie jetzt sestjteht, in Leipzig und zwar vom ll. bis 1-1. Juni d. 2. abgehalten wird. Ein Besuch der Dresdner Ausstellung wird sich also leicht mit dem Besuch des Kongresses verbinden lassen. Aus dem Kongreß werden sowohl die städtische Bodcnfrage wie die Frage der Finanzierung unserer Bautätig keit, d. h. der allgemeinen, nicht bloß der gemein nützigen, zur Verhandlung lammen. Borträge her vorragender Fachmänner sind bereits gesichert. Es werden sprechen u. a. Stadtrat Prof. Dr. Stein- Frantfurt a. M., Geh. Iustizrat Pros. Dr. Erman- Müufier und voraussichtlich Geh. Ober-Rcgierungsrat Dr. Freund, der Kommunaldezernent im Ministe rium des Innern in Berlin. Auch die Praktiker und Vertreter der kleinen Orte werden reichlich zu Worte kommen. Der Betrag der Kongreßtarte ist aus 1" festgesetzt. Mitgliedsanmeldungen nimmt entgegen und weitere Auskunst erteilt die Geschäftsstelle des Deutschen Bersins sür Wobnungsresorm, Frank furt a. M., Hochstraße 23. * Aus dem 23. ländliche» Landtagswahlkreise wird uns geschrieben: Am 23. Januar sprach in Wachau in einer gulbejuchten üffentliclren Versammlung Gewerbe schullehrer Dr. Schubert zu den dortigen Wühlern. Redner schilderte die Mißwirtschaft, die der Konser vatismus im Reich und in unserem Vaterlande her- vorgc'usen l>abe. Di« Sozialdemokratie, die ihrer seits auä' eine Klasse ine.rgbast ausrichten wolle, iri deshalb durch die große Masse der Unzusr'.cd.nen außerordentlich gewachsen. Die wirtschaftliche Zr.- gleichheit zu beseitigen, widerspreche der Ratur des Menschen. Das Ideal des entschlossenen Liberalismus sei, eine Versöhnung der einzelnen Klassengegensätze herbeizuführen. Der Liberalismus trete auch für die Landwirtschaft ein. Redner besprach sodann die Fragen dcI^andespolitik und nahm Stellung dazu. Die Anwesenden zollten dem Redner reichen Beifall. Zn der Debatte wandte sich Herr Hennings gegen den Borwurf, daß die Fortschrittliche Dolkspartei Gegnerin der Landwirtschaft sei und widerlegte dies durch treffende Beispiele. Parteisekretär Ehrich be leuchtete in kurzen Zügen die Tätigkeit de» schwarz blauen Blockes und der konservativen Partei in Sechsen. Zn einem Schlußworte widerlegte Dr. Schubert die Zwischenrufe eines Antisemiten unter allgemeinem Beifall. * Die Ortsgruppe Dresden de» Verbandes Sächsi scher Andustrieller hielt am Montag unter dem Vor sitze Les Kommerzienrates Marwitz-Dresden ihre oiesjührige Hauptversammlung ob. Nach der Erstattung des Geschäftsberichtes, der einstimmig ge nehmigt wurde, wurden die ausscheidenden Vor standsmitglieder wieder in ihre Aemtcr berufen, während Generaldirektor Kommerzienrat Foersier von der Aktiengesellschaft Seidel <L Raumann, Gene raldirektor Ruppe von der Firma Villeroy <L Boch und Direktor Bausch von der Firma Gehe L Co. neu in Len Vorstand eintraten. Die Bersammluna nahm hieraus Stellung zu den Angriffen des Herrn Geh. Hofrates Opitz in der letzten Hauptver sammlung des Konservativen Landesvereins und be schloß, nach einem Referate des Reichstagsobgeord neten Dr. Strescmann, sich in allen Punkten der Vertrauenskundgebung der Plauener Ortsgruppe für die gegenwärtige Leitung des Verbände« sächsi scher Industrieller anzuschließen. Hieran schloß sich ein Vortrag des Herrn Syndikus Dr. Schneider- Berlin vom Bunde der Deutschen Industriellen über das Thema: „Industrie und Lcsetzgebun g." Der Redner wies besonders auf die Gefahren einer immer größeren Betastung der Industrie durch Steuern und durch die sozialpolitische Gesetzgebung hin. Weit-r nahm die Versammlung noch Stellung zu dem Ausschluß der nicht organisierten industriellen Arbeiter von den Volksvorstcuungen in den Königl. Hoftheatern, zur Beteiligung am Zentralarbeitsnach- wris der Kreishauptmannschaft Dresden sowie zu der geplanten Einschränkung der Messenger-Voy- Institute. Zum Schlüsse machte Aba. Dr. Stresemann noch interessante Mitteilungen über den gegen wärtigen Stand der Frage der Er höhung der Fernsprechgebühren im Reichstage, wonach die Gefahr einer derartigen Er höhung für die nächste Zeit wenigstens als abge wendet betrachtet werben kann. tir * Der Kaiser sandte aus Anlaß des Todes der Richte Hintz peters an den Gatten der Ver storbenen, den Rittergutsbesitzer v. Ditfurth, folgendes Beileidstelegramm: „Ick spreche Ihnen meine herzlichste Teilnahme aus. Im Hause Ihres unvergeßlichen Vaters habe ich Ihre Gattin von Jugend au aufwachfen sehen. Ihr lo früher Heimgang erfüllt mich daher mit aufrichtiger Trauer. Der Herr tröste Sie in Ihrem Schmerz. Wilhelm, c. li." * Die Zahl der Ordensauszeichnungen, die an läßlich des diesjährigen Ordensfestes verliehen wurden, beträgt nach dem „B. T." insgesamt 4082. Diese Zahl verteilt sich auf die einzelnen Orden wie folgt: Großkreuz des Roten Adlerordens mit Eichen laub 1; Roter Adlerorden 1. Klasse 7; Roter Adler orden 2. Klasse 82; Roter Adlerorden 3. Klasse 201; Roter Adlerorden 4. Klasse INI; Kronenorden 1. Klasse 13; Kronenorden 2. Klasse 174; Kronen orden 3. Klasse 325; Kronenorden 4. Klasse 324; Hausorden von Hohenzollern 51; Allgemeines Ehren reichen 1793. Im vorigen Jahre waren zum Ordens fest 4115 Orden verliehen worden. * Die Budgetkommission des Reichstages hat den gemeinsamen Antrag der Nationalliberaleu und Zen- trumsahgevrdnkten angenommen, unter Berücksichti gung des Umstandes, daß für Schiffe, die während der Indiensthaltung etwa die Hälft« der Zeit in See und dio ändere HTtst« im Hafen verbringen, die Stellen zulagen des dienstpflichtigen Maschinen- und Heizer personals auf die Hälfte der bisherigen Beträge be meßen werden, da der gänzliche Fortfall dieser Zu lagen. wie «s im jetzigen Etat vorgesehen ist, als ver- fehlt anzusehen ist. Im weiteren Verlaufe der Sitzung der Budgetkommission erklärte Staatssekretär v. Tirpitz, dos; sehr erhebliche Erfolae bei der Marine und den Werften in bezug aus die Ein schränkung des Alkoholverbrauches fe;tzustellen sind. * Der Entwurf über Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit befindet sich gegen- wärtig zur Durchberatung beim preußischen Staatsministerium. Nach dem Stande der Dinge ist die Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundesrat zur weiteren gesetzlichen Behandlung in etwa 8 Tagen zu erwarten. * Zur dritten Lesung über die Aenderung der Strasprozeßreiorm haben die Abgg. Dr. Müller (Meiningen), Gyßling, Haußmann und Träger (Fr«. Dpt.) im Reichstage den Antrag eingebracht, die Bel eidigungs Paragraphen 185 und 187 des Strasqesetzduchs in ihrer jetzt geltenden Fassung wieder Herzufiellen und den 193 (Wahrnehmung be- rechtratcr Interessen) wie folgt zu fassen: „Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische, gewerb liche Leistungen, seiner Aeußerungen, die zur Aus führung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen, insbesondere auch öffentlicher Interessen auf politischem oder religiösem Gebiete gemacht werden, sowie Vorhal tungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Unter gebenen, dienstliche Anzeigen öder Urteile vonseiten eines Beamten, wahrheitsgetreue Berichte über öffentliche Gerichtsverhandlungen, an deren Wieder gabe der Miitcilende ein berechtigtes Interesse hat. und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Aeußerung oder aus den Umiräuden, unter welchen sie geschah, hervorgeht." Für den Fall, daß diese Fassung keine Annahme finden wird, ist folgen der Eventualantrag gestellt worden, 8 193 wie folgt zu fassen: „Eine Beleidigung, die öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen geschieht, ist straffrei, wenn sie im öffentlichen Interesse erfolgt, und wen» der Täter bei sorgfältiger Prüfung der Tatsachen hinreichenden Grund hatte, sie sür wahr zu halten." * Der Stand der schwedischen Handelsvertrags verhandlungen. Wie der „2uf." mitgeteitt wird, findet gegenwärtig die zweite Lesung des deutjch- Ichwcdischen Handelsvertragsentwurfs zwischen den deutschen und schwedischen Delegierten statt. Man kann damit rechnen, daß sich dieie Beratungen noch über den ganzen Monat Februar hin erstrecken werden. Zurzeit ist noch nicht abzusehen, ob dann noch eine dritte Lesung des Vertragsentwurfs not wendig werden wird, und dementsprechend läßt sich auch noch nicht sagen^ zu welchem Zeitpunkt der Wirtschaftliche Ausschuß zu einer erneuten Beratung zusammentretcn wird. In der Anaeleaenkeit Sorblet-Wagner hat Reichstags- und Lanötagsabgeordneter Dr. Osann (Natt.) an die hessische Regierung die An frage gerichtet, ob sie bereit lei. Aufschluß zu geben, wie weit die Angriffe des Professors Soxhlet- gegen Professor Wagner begründet sind, und be sonders auch darüber, ob und welche Verbindung zwischen der Landwirtschaftlichen Versuchsstation in Darmstadt und dem Kalisyndikat besteht. — Auch im Ersten Ausschuß der Zweiten hessischen Kammer kam der Fall Wagner zur Sprache. Die Regierung hat. wie der Minister des Innern von Hombergk aussührte. die disziplinäre Unter suchung gegen Hofrat Wagner sofort nach Er scheinen der bekannten Zeitungsartikel eingeleitet. Es soll diese Untersuchung auch auf alle Vorwürfe Sorhlcts und sonstiger Personen ausgedehnt werden. Hosrat Wagner habe gegen die Witwe des verstorbe nen Professors Dorsch wegen Erpreßungsversuchs Klage eingeleitet, ebenso Klage gegen Sorhlet wegen Beleidigung. Die Negierung wolle l-iese Klagen durch den Staat als im öffentlichen Ifftereß« liegend behandelt wissen. - * Reichstagskandidaturr«. Die Vertrau« nsuräuner des Bunde, der Landwirte im Kreil« Rothenburg-H-yerrwerda haben be schloßen, die Kandidatur de, freikonfervativen Land- rats Dr. Hegenscheidt in Hoyerswerda zu unter stütze». — Der Deutsche v«»er»-,nd erklärt, vag er im Wahlkreis« Marburg auf Grund von Vereinbarungen mit der »ationalliberalen und mit der konservativen Partei die Kandi- datur de» freikonfcrvatioen Professor, Bredt unter stützen werd«. (Sollte die konservative Partei sich wirklich auf Verhandlungen mit dem Bauernbunde eingelassen haben?) — Im Wahlkreise Kreuznach- Simmern gedenkt die Fortschrtttliche Dolks- parki einen eigenen Kandidaten aufzustcllen. * Zur Kanalisierung de» Neckar». Die württe m- bergische Regierung überreichte den wü't e n- öerglschcn Standen eine Denkschrift über di: Kanalisierung des Neckars von Mannheim bis Hei.bronn. Der Konaldau fall ohne oie Bor arbeiten in drei Iabren durchgeführt werden. Bon 17 Kraftwerken w?rd»n 29 000 Pferdekräfte im Werte von 12,(i Millionen Mark gewonnen. Die Vor arbeiten sind ihrem Abschluß nahe, so daß der Ent wurf über die Kanalisierung demnächst den Re gierungen der drei Userstaaten übermittelt werden rann. * Ein fortschrittlich - nationalliberale» Wahl abkommen für Hannover und Oldenburg. Der „Voss. Zeitung" wird geschrieben: In Emden-Norden, Ler- Len-Hanuaver, Hannover-Linden und Harburg treten die Rationalliberalen gleich im ersten Wahlgang für den Kandidaten der Fortschrittlichen Vollspartei ein, währens diese in Aurich-Osnabrück, Melle-Diepholz, Stade und Geestemünde die Nationalliberalen u n t e r st ü tz c ii. Für den 1. und 2. oldenburaischen Reichstagsröahlkreis hat sich die Zentralleitung der Natioualliberalen verpflichtet, die Ausstellung von nationalliberaleu Kandidaten zu verhindern, even tuell trotzdem ausgestellte Kandidaten nicht zu unter stützen. Die nationalliberalen Führer dieser beiden oldenburaischen Reichstaaswablkreile baden aber be reits erklärt, daß sie unbekümmert um etwaige Abmachungen ihre eigenen Wege gehen würden. Sie wollen ihre Kandidaturen auf die Wahlhilfe des Bundes der Landwirte stützen. — Ob das letztere zu trifft, wird man wohl demnächst von nationallibe raler Seite hören, wie überbaust noch «ine offizielle Bekanntgabe Les Abkommens aussteht. * Herr v. Heyl und der Bund der Landwirte. Der aus der nationalliberalen Reichstags fraktion ausgcjchiedcne Abg. Freiherr v. Heyl (Wormsi hat den Führer des Bundes der Landwirte Abg. Dr. D. Hahn in letzter Zeit wiederholt in seinem Wahl kreise reden laßen. Wenn man bedenkt, daß es gerade Dr. Hahn ist, der im Reichstag keine Ge legenheit vorübergehen läßt, die Nationalliberalen auf das schärfste und gehässigste anzugreifen, ist dieses Verhalten Heyls an sich schon eine Provokation gegen die nationalliderale Partei, der er trotz seines Austritts aus der Fraktion noch angehört. Schenkt man aber den Berichten Glauben, dann hat es zwischen Heyl und seinen Freunden einerseits und Dr. Hahn mit seinen Bündlern anderseits geradezu Berbrüderungsszenen g geben, die als direttc Verspottung der natronalliberalen Reichstagsfraltion angesehen werden müssen. Man scheint sich dies auch auf nationalliberaler Seite nicht gefallen lassen zu wolle«. Wie das „V. T." hört, kennzeichnete der Vorstand der nationalliberalen Partei in Offenbach jetzt dieses Verhalten in seiner letzten Sitzung als nn schärfsten Widerspruch zu der Stellung der natronalliberalen Gesamtpartei stehend, das den politischen Kredit der Partei schwer in Mitteiden- Ichaft ziehe, und er bcychloß, in einem Schreiben an den Landesoorstand die in Worms beschriebene Art der Agrtation darzulegen und seine ernsten Bedenken darüber zum Ausdruck zu bringen. — Und das von Rechts wegen! » Folgen der Grenzsperre. Die konservatio » Fraktion des preußischen Abgeord-" netenhauses bat Len Antrag gestellt, die Sraats regierung zu ersuchen, Mittel im Landwittschajtsctat. bereitzustellen zur Unterstützung derjenigen Landwirte — namentlich in den Grenzkreisen —, die durch Sverrrnaßregeln. die im Interesse der heimi schen Viehzucht getroffen werden müßen, tn ihrer Existenz bedroht werden. Lin Brief vsrnhsgens von Lnle. Mitgetcilt und eingeleitet von Dr. Otto Klein (Bitterfeld). ^imbdruck verbot«!.) Drei Berliner, unter dem Einflüsse des Popular- philoiophen Moics Mendelssohn zu hoher geistiger Reife erwachsene Jüdinnen waren es. um die sich am Ausgange des 18. bis in oie Mitte Les folgenden Jahrhunderts ein auserlesener Kreis der gebildetsten Männer eng zusammenschloß, und die als erste nach französischem Vordilde einen sogenannten Salon in ihren Häusern dem freie» gesellschaftlichen Verkehr offen hielten. Was Berlin an namhaften Gelehrten, Dichtern, Adels- und Mililärperjonen besaß. Las alles »chatte sich um Rahel Levin, Henriette Herz unv Dorothea Beit. Die Humboldis. Schlegels. Fougu«, Chamisjo, Gcntz, Tieä, Schleiermacher, Barnhagen von Ense, die alteren Engel, Ricolai, Ramler, die von Burgsdorfs, von Ser Marwitz uno selbst Prinz Louis Ferdinand von Preußen waren ihnen stets will kommene Gäste. Aus ihren glänzenden Zirkeln heraus, in denen „die überwältigende Macht des Goetheschen Genius voll unerkannt wurde", brach sich die Begeisterung Bahn, die endlich auch Preußens Hauptstadt dem großen Menschen, Dichter und Ge lehrten Goethe zollte. Ja, von diesen Salons aus „wurde die allgemein- und unbedingte Herrschaft Goethes in Berkin proklamiert", und es bildete sich bald eine ansehnliche Goethe Gemeinde, an deren Spitze vornehmlich Rahel Levin stand, die von frühester Jugend „an sich gewöhnt hatte, in Goethes Worten ein Evangelium" zu finden. Als Tochter des jüdischen Kaufmanns Marcus Levin 1771 in Berlin geboren, verweilte sie dorr bis zum Jahre 1814, wurde Christin, nachdem sie ihren Freund Alexander von der Marmitz durch den Helden tod in der Schlacht bei Montmirail verloren hatte, und vermählte sich mit Barnhagen von Ense, der ihr schon 1807 näher getreten war. Mit ihrem Gatten ;og sie »ach Wien und Karlsruhe, kehrte 1819 in die Heimatstadt endgültig zurück und starb hier 1833, ge liebt und verehrt von allen, die ihr nahestanden und van dem Zauber ihrer bestrickenden Persönlichkeit um fangen waren, geachtet und anerkannt auch in den literarisch gebildeten Kreisen des engeren und weiteren Vaterlandes. Karl A u g u st 2t arnhagen von Ense l178'> 18..8) hatte als Student der Medizin in Berlin die Vorlesungen Wilhelms von Schlegel und Fichtes und Halle die F. A. Wolfs, Schleiermachers und Stessens gehört und sich neben seinem Berussstudium eingehend mit Philosophie und Literatur beschäftigt. Schon frühzeitig machte sich seine literarische Be gabung geltend in den von ihm gemeinsam mit Chamifso 1804 -180«» herausgegebenen Musen almanachen. die seine Bewunderung für Deutschlands größten Dichter klar erkennen ließen. Als öster reichischer Soldat kämpfte er bei Aspern, wurde als Offizier in der Schlackt bei Wagram schwer ver mundet und begleitete als Adjutant den öster reichischen General und Prinzen Bentheim aus mehreren Reisen, so 1810 nach Paris 1812 verließ er die österreichischen Dienste, trat als Hauptmann in die russische Armee, ging mit dem General Tettenborn abermals nach Paris, folgte 1814 dem Staatskanzler Hardenberg als preußischer Diplomat zu dem Wiener Kongreß und zog sich schließlich nach manchen Ent täuschungen 1819 als Geheimer Legationsrat nach Berlin zurück. Hier lebte er lange Jahre al, Literat, zeichnete sich durch eine in bewußter Weise an Goethe gebildete Schreibweise aus und verstand cs meister lich, durch Klarheit des Stils, literarische Empfeh lungen. Besprechungen der neuesten Schriften, durch seine Veröffentlichungen im „Morgenblatt", tm „De- sellsclfaster" und in den „Jahrbücher» für wissenschaft liche Kritik" und durch seine ständigen lobpreisenden Hinweise auf Goethe, selbst die Widerwilligsten zur Bewunderung des Meisters zu zwingen, worin ihm allerdings seine Gattin, die Hohepriesterin des Goethekultus, unermüdlich zur Seite stand. Beide waren durch Briese und durch Besuche, die Barnhagen teils allein, teils mit Rahel in Weimar dem Dichter abgestattet hatte, diesem auch persönlich nahe ge treten, und Goethe, in jenen Jahren durch an erkennende Liebe keineswegs sonderlich verwöhnt, wußte solche um so mehr zu schätzen und bewahrte dem Ehepaare eine dauernde Freundschaft, die sich in einem regelmäßigen Briefwechsel kund tat. Als bedeutendstes Werk Varnhagens in bezug auf diesen Freundschaftsbnnd gilt die 1823 bei Dümmler anonym erschienene erste und einzige Sammlung „Goethe in den Zeugnissen der Millebendcn". der zehn Jahre später „Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde" folgte, eine Anzahl Briese aus dem Nachlaße der soeben verstorbenen Lebensgefährtin. Der nachstehend wicdergegebene und jedenfalls an Dr. Schlesier, Leu Freund Barnhagens, gerichtete, in meinem Besitze befindliche Bries ist ein Jahr nach Rahcls Tode geschrieben worden und beschäftigt sich eingehend mit der in Arbeit befindlichen und noch in demselben Jahre veröffentlichten Ncuansgabe des Buches „Rahel", läßt daneben aber auch erkennen, mit welcher gleichbleibenden Liebe Varnhagen auf seinen zwei Jahre zuvor aus dem Leben geschiedenen Meister Goethe zurückschaut und wie sehr er bemüht ist, dessen Andenken der Nachwelt in hellstrahlendstem Lichte zu erhalten. Der eingangs erwähnte junge Freund des Adressaten iit niemand anders als der betannte Dichter und spätere Dramaturg Heinrich Laube (1805 bis 1884), der damals im Alter von 28 Jahren stand und soeben den zweiten Band seiner „Reisenovellen" heransgegeben hatte. Rachdem er in Halle uns Breslau Theologie studiert, hielt er sich seit 1832 in Leipzig auf, wurde aber der leidigen Politik halber zwei Jahre später aus Sachsen verwiesen und neun Monate lang in der Hausvogtei zu Berlin fest gehalten. Ob die Widerwärtigkeiten, auf die Dörn hagen in seinem Schreiben anspielt, hiermit in Ver bindung stehen? Außer von den Reisenovellcn spricht Barnhagen besonders noch von einer Novelle, bezeichnet sie aber nicht näher, so daß kne Vermutung nahe liegt, es sei damit der lvu> erschienene Anfang de» Halbromane „Das junge Europa" gemeini, zumal di« Varnhagen gewidmete Laubejche Novelle „Die Schauspielerin" erst 183«» in den Buchhandel kam. Da» Schreibe» hat folgende» Wortlaut: Sie haben an meiner Daukbaileit, auch wenn ich bisher versäumte, sie auszusprechen, gewiß nicht zweifeln können, Vcrehrtester, Sie wußten es mit Sicherheit, daß die Bekanntschaft Ihres jungen Freundes mir angenehm und werth sein würde! Ich habe mich seiner Erjcheinung wahrhaft gefreut, sie entspricht seinem Talente sichtbar, und dies allein schon macht jedesmal einen guten Eindruck, Len man, wo er kehlt, auch immer vermißt. Denn der Zu sammenhang zwischen Person und Talent, der immer bestehen muß, der aber nicht sichtbar ist, den man suchen und ergrübeln muß, erfreut und befriedigt nicht. Ihr Freund aber ist wie sein Buch, sie stimmen überein, und tragen sich wechselsweise. Er ist un gezwungen, sicher, muthig, dabei fein, aufmerksam und gewandt, völlig freien Geistes, mit großer Ergeben heit in die Bedingungen, unter denen ihm zu wirken erlaubt ist; klar heraustretende Gestalt aber fehlt ihm noch, wie seinem Buche; doch betragen sich beide hübsch bei diesem Mangel. Er müßte meines Erachtens Militair oder Diplomat sein; dies zu werden, möchte jetzt schwierig sein; aber nichts hindert ihn, mittler weile seine Schriften das werden zu laßen, war sie sein können. In diesem Sinne habe ich auch mit ihm gesprochen, und wiewohl die Wellen des Tages und die Strömungen der Jahre unsere Ziele und Bahnen arg verrücken und zerstören, so hoffe ich doch unser Zusammentreffen nicht ganz unfruchtbar bleiben zu sehen. Die Widerwärtigkeit, welche er zuletzt er fahren, beklage ich sehr; besonders da die Ungunst der Witterung, die ihn getroffen, fürerst noch im Zu nehmen zu sein scheint. Wenn Sie ihm schreiben, so grüßen Sie ihn bestens von mir! — Ich habe Ihnen aber auch noch sehr zu danken für die ausführliche Mittheilung Ihrer Ansicht und Beurtheilung der Novelle Ihres Freundes. Es ist mir eine große Be ruhigung, Sie auf dem Standpunkte zu sehen, den Sie hier bekennen; nun faße ich um so größeres Vertrauen zu dem Werke, das Sie über die deutsche Litteratur *) schreiben. Nach allen von Ihnen zugegebenen Miß billigungen stimm' ich vollkommen in alles Lob ein, welches Sie der Novelle zu geben sich dennoch be rechtigt halten, und was Sie erklärend darüber dringen, leuchtet mir genügend ein. Freilich sind es unverarbeitete Konfessionen, der Wirklichkeit ent nommen, der Dichtung zugeführt, aber in ihr nach ohne neue Heimoth; und selbst dieser Schwebezustand ist bezeichnend, ist nicht bloßer Mangel in dem Schrift steller, sondern ein dämonischer Ausdruck der Zeit entwickelung selbst, in die jein Leden und Dichten fällt. Ich habe große Lust, Ihre Worte irgendwo zum Abdruck zu geben; sie scheinen dazu bestimmt, und ich würde sie dem Fürsten Pückler **). der von Ihnen bei dieser Gelegenheit erwähnt wird, unbedenklich in den Mund legen, wären nicht schon andere Worte — und auch gute — dort schon früher gefunden worden. *1 Ä<erifien von A. d. 'Nieich. Ein Tenlmul. Aon Gu'tov Tl-Icsier. T. I i"'aiuift«i>n: Host. —40. -5t'rn»ann c.'ni'wla .§«inriH Zdr" do:, Pü-Nc. —18711 eiroglc SLriNstellrr ,nerN ?5»c'okien durch die nnondmen .Vr«e*e eine« BerNorbonen" (ISSO—Al), denen I8LL s-llUe r»tt, Nrulti, a»H den Pepieren de« Ber. Norden»» Seine Keilen»veNen erschienen er» fpMer. Die Reisenooellen habe ich mir gleich bestellt, und sie sollen auch dem Fürsten Pückler nicht entgehen, wenn ich nur erst wieder weiß, wohin ich ihm schreiben kann. Er muß zuletzt in München gewesen sein; unser Verbindungsfaden ist für den Augenblick abgerissen, wird sich aber nach jedem gelegenen Orte hin gleich wieder anknüpfen. Ich halte große Stücken auf ihn, und wenn ich ihm auch in vielem gar nicht beipflichte und oft sogar entgegenstehe, so vertrete ich ihn Loch stets gegen die gemeinen und niedrigen Widersacher, die sein Talent läugnen, weil sic dessen Dichtung haßen. — In einigen Wochen kann das neue Buch Rahel in Ihren Händen sein: ich ersuche Herrn Duncker*), Ihnen gleich einen Abdruck Hugehen zu laßen, da ich selbst vielleicht in jenem Zeitpunkte nicht mehr hier bin, sondern auf -em Wege nach Wien, wo ich meine Kränklichkeit etwas abzustreifen hoffe. Dieses Buch ist «nein eigentliches Lebensdenk mal; hier ist mein Inbalt. mein Ver dienst. mein Elück, meine Bestimmung; hier haftet meine Erinneruna. mein Gewissen, meine Phantasie; was ich außerhalb dieses Kreises lebe, treibe, leiste, ist alles nur untergeordnet, blaß, erlöschend! Sie werden die alten Schätze durch neu reichlich vermehrt finden, das Persönliche deutlicher, dreister, die Beziehungen vollständiger und ge schloßener. Es ist mir um Lob des Buckes nicht zu thun; dasselbe wird der Theilnahme nicht entbehren: ich kann mich hier auf die Sache ganz verlaßen, und werde nicht irre werden, auch wenn die nächste Gegen wart nicht günstig sein wollte. Aber in Einem Be treff möchte ich mir günstige Stimmen sogleich sammeln, und meine Freunde darum angehcn. Ich kann nicht längnen, daß die öffentliche Mfttbeilung die Schranken der früheren vertraulichen weit über schreitet; anstatt scheuer zu sein, bin ich nur dreister geworden; man wird klagen, ich hätte Sachen weg laßen, Verhältnisse umschleiern, Personen schonen sollen. Hier nun wünsche ich von Wohl- und Frei gesinnten nicht nur gebilligt, sondern auch vertheidigt zu werden. Ich haße die deutsche, philisterhafte, haus bürgerliche Scham, die nickt öffentliche Berührung vertragen kann; ich oerabscheude die frömmelnde Empfindlichkeit, die mit Tugend und Ehrbarkeit scheinheilig tut, und in jedem Tadel ein Verbrechen gegen die gute Sitte sehen will: ich führe gegen diese böse Ziererei durch Wort und That Krieg; aber ich möckte nun auch gern den Beistand der Genoßen er fahren, nicht allein in diesem Gefecht bleiben! Können Sie mich in diesem Punkte freisprecken, so thun Sie es, und sagen Sie. daß ich recht gethan, die Stellen über Eckleiermacker, Tieck, und manchen andern, so wie über eine Menge Bezeichnungen des Privatlebens, nickt zu unterdrücken! Wir müßen dieke Sckwäcke unsres Karakters überwinden. Ich habe von frühster Zeit diese Lebre nickt nur bekannt sondern auch aeübt. und kein Tadel b>ft mich je ge- beuat. ader nur unaewßbnlnick verdroßen. — Ich höre, daß ein Aufsatz, der vor einigen Monaten in der Allg. Zeitung über Schleiermacher stand, und der hier viel Aufsehen und Nachfrage veranlaßte, von B) Berliner Berle«er.
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